Urteil des SozG Kassel vom 05.11.2004

SozG Kassel: minderung, meldung, verletzung der meldepflicht, angemessene frist, unverzüglich, arbeitssuche, rahmenfrist, beendigung, verspätung, datum

1
2
3
4
Gericht:
SG Kassel 17.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 17 AL 2141/04
Dokumenttyp:
Gerichtsbescheid
Quelle:
Normen:
§ 37b S 1 SGB 3 vom
23.12.2002, § 37b S 2 SGB 3
vom 23.12.2002, § 140 S 1
SGB 3 vom 23.12.2002, § 117
Abs 1 Nr 3 SGB 3, § 40 SGB 1
(Minderung des Arbeitslosengeldes - verspätete Meldung -
frühzeitige Arbeitssuche - wiederbewilligter Restanspruch -
Verschulden des Arbeitnehmers - mehrfache Verlängerung
eines befristeten Arbeitsverhältnisses)
Leitsatz
1. Nur der nach der verspäteten Meldung entstandene (§ 40 SGB I)
Arbeitslosengeldanspruch unterliegt der Minderung nach §§ 140, 37 b SGB III. Die
Minderung eines wiederbewilligten Rest-Anspruches ist von der Regelung nicht gedeckt.
2. Zur Frage einer verschuldet verspäteten, weil nicht unverzüglichen Arbeitssuchend-
Meldung iSv § 37 b SGB III bei einem mehrfach hintereinander verlängerten befristeten
Arbeitsverhältnis.
Tenor
Die Beklagte wird unter Änderung ihres Bescheides vom 1.10.2004 und unter
Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2004 verurteilt, dem Kläger ab
dem 1.9.2004 ungemindertes Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen
Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen aussergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Minderung des Arbeitslosengeldes gem. § 140
Sozialgesetzbuch (SGB) III wegen verspäteter Meldung.
Ausweislich der Leistungsakten stand der Kläger in der Zeit vom 10.12.1999 bis
zum 30.6.2003 ununterbrochen in einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis.
Am 1.7.2003 meldete er sich persönlich arbeitslos. Ihm wurde daraufhin
Arbeitslosengeld ab dem 1.7.2003 bewilligt. In der Folgezeit war der Kläger vom
3.11. bis zum 31.12.2003 und vom 8.1. bis zum 31.1.2004 befristet beschäftigt; für
die Zeit vom 1.1.2004 bis 7.1.2004 und vom 1.2.2004 bis 30.4.2004 wurde dem
Kläger jeweils Arbeitslosengeld von der Beklagten wiederbewilligt.
Im Mai 2004 ging der Kläger sodann bei der Fa. X. GmbH ein befristetes
Arbeitsverhältnis als Zeltaufbauer ein. Der Kläger sprach am 4.5.2004 persönlich
bei der Beklagten vor und teilte mit, dass er die Beschäftigung am 3.5.2004
aufgenommen habe; sie sei bis zum 30.6.2004 befristet. Am 5.5.2004 meldete
sich der Kläger erneut – diesmal telefonisch - bei der Beklagten und teilte mit,
dass er für die Zeit bis zum 30.6.2004 befristet versicherungspflichtig beschäftigt
sei. Nach einem Vermerk der Beklagten vom selben Tag wurde der Kläger auf das
Erfordernis einer persönlichen Arbeitslosmeldung spätestens am 1.7.2004
hingewiesen. Der Kläger meldete sich schließlich am 31.8.2004 bei der Beklagten
arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1.9.2004.
Zuvor hatte der Beklagte am 15.7.2004 das Bewerberangebot des Klägers
5
6
7
8
9
10
11
Zuvor hatte der Beklagte am 15.7.2004 das Bewerberangebot des Klägers
gelöscht, da dieser sich bis zu diesem Datum nicht wieder gemeldet hatte.
Zur Frage einer möglichen verspäteten Meldung befragt, teilte der Kläger in seiner
„Stellungnahme zu § 140 SGB III" vom 24.9.2004 anlässlich einer persönlichen
Vorsprache bei der Beklagten mit, dass sich das befristete
Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. X. GmbH zunächst um einen Monat bis zum
31.7.2004 und sodann erneut um einen weiteren Monat bis zum 31.8.2004
verlängert habe. Hierzu legte er eine Kopie des Arbeitsvertrages mit der Fa. …
GmbH vor, auf dem sich handschriftliche Verlängerungsvermerke bis zum 31.7.
bzw. 31.8.2004 - jeweils versehen mit einem Stempel der Arbeitgeberin - finden.
Mit Bescheid vom 1.10.2004 (Datum ist dem Widerspruchsbescheid vom
14.10.2004 entnommen) bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld nach
einem Bemessungsentgelt von 535,94 Euro. Der wöchentliche Zahlbetrag betrug
ungemindert 197,61 Euro; der tägliche Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes wurde
um 14,11 Euro gemindert. Diese Entscheidung stützte die Beklagte auf § 140
i.V.m. § 37 b SGB III. Mit Schreiben vom 29.9.2004 (im Widerspruchsbescheid als
Schreiben vom 30.10.2004 bezeichnet) erläuterte sie ihre Entscheidung
dahingehend, dass sich der Kläger nach den vorliegenden Unterlagen spätestens
am 2.7.2004 bei der Agentur für Arbeit hätte arbeitssuchend melden müssen. Er
habe sich jedoch erst am 21.8.2004 gemeldet, so dass die Meldung um insgesamt
50 Tage zu spät erfolgt sei. Daher mindere sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld
gem. § 140 SGB III um 35,00 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung,
längstens jedoch für 30 Tage. Im Falle des Klägers errechne sich ein
Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1050,00 Euro. Die Höhe des Abzuges
von der täglichen Leistung betrage 14,11 Euro; die Anrechnung beginne am
1.9.2004 und sei voraussichtlich mit Ablauf des 14.11.2004 beendet.
Gegen diese Minderung wandte sich der Kläger mit seinem am 4.10.2004 bei der
Beklagten zur Niederschrift erklärten Widerspruch. Er machte geltend, er sei in der
Zeit vom 3.5. bis 31.8.2004 befristet beschäftigt gewesen. Hiervon sei auch die
Agentur für Arbeit und der zuständige Arbeitsvermittler informiert worden. Dieser
habe gewusst, dass das Beschäftigungsverhältnis auf die entsprechenden Monate
befristet war, und somit sei eine weitergehende Arbeitssuchend-Meldung für ihn
nicht erforderlich gewesen. Er habe sich niemals bei der Agentur für Arbeit
abgemeldet und habe weiterhin arbeitssuchend gemeldet bleiben wollen. Mit
Widerspruchsbescheid vom 14.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des
Klägers als unbegründet zurück. Die Meldung zur Arbeitssuche des Klägers sei
sogar um 60 Tage zu spät erfolgt, da der Kläger sich bereits am 30.6.2004 hätte
arbeitssuchend melden müssen. Dies ändere jedoch am Minderungsbetrag nichts,
der gem. § 140 Satz 3 SGB III auf einen Verspätungszeitraum von maximal 30
Tagen begrenzt sei. Dem Kläger sei auch die Hälfte des Betrages verblieben, der
ihm als Leistung zugestanden habe (§ 140 Satz 4 SGB III).
Hiergegen richtet sich die am 19.10.2004 erhobene Klage, zu deren Begründung
der Kläger geltend macht, dass der mit der Fa. X. GmbH im Mai 2004
geschlossene Arbeitsvertrag ursprünglich nur bis zum 30.6.2004 befristet gewesen
sei. Allerdings sei ihm in Aussicht gestellt worden - und so habe er es dem
zuständigen Bearbeiter der Beklagten auch mitgeteilt -, dass eine Verlängerung
dieses Vertrages möglich gewesen sei. Ende Juni habe er schließlich erfahren, dass
sich der Arbeitsvertrag um einen Monat bis zum 31.7.2004 verlängert. Am
31.7.2004 sei eine weitere Verlängerung bis zum 31.8.2004 zustande gekommen.
Eine frühere Kenntnis von diesen Verlängerungen als am jeweiligen Monatsende
habe er nicht erlangen können, da sich der Arbeitgeber in dieser Hinsicht vorzeitig
nicht geäußert habe. Auch habe der Arbeitgeber in Aussicht gestellt, dass
möglicherweise über den 31.8.2004 hinaus eine weitere Verlängerung des
Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen könne. Hierzu sei es letztlich aber nicht
mehr gekommen. Die Entscheidung hierüber sei jedoch bis Ende August 2004
noch in der Schwebe gewesen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 1.10.2004 und unter
Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2004 zu verurteilen, ihm für
die Zeit ab dem 1.9.2004 ungemindertes Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu
gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
13
14
15
16
17
18
Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den im Widerspruchsbescheid
genannten Gründen für rechtmäßig. Der Kläger habe sich nicht unverzüglich im
Sinne von § 37 b Abs. 1 Satz 1 SGB III bei der Beklagten arbeitslos gemeldet.
Spätestens am 30.6.2004 bzw. am 31.7.2004, also zu den Zeitpunkten, an denen
eine Verlängerung des Arbeitsvertrages feststand, hätte er der Beklagten über die
nunmehr neuen Beendigungszeiträume zum 31.7. bzw. 31.8.2004 Mitteilung
machen müssen. Die Minderung des Arbeitslosengeldes sei daher nach § 140 SGB
III zu Recht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch wegen des weiteren
Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand
der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung gem. § 105 Abs. 1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid in Beschlussbesetzung – ohne
ehrenamtliche Richter – entschieden werden, nachdem die Beteiligten im
Erörterungstermin vom 5.11.2004 sich mit einer Entscheidung durch
Gerichtsbescheid einverstanden erklärt hatten und sowohl auf eine angemessene
Frist zur Stellungnahme als auch auf weitere Stellungnahmen selbst verzichtet
hatten. Die Sache weist darüber hinaus keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist, so wie er für die
Entscheidung allein rechtlich relevant ist, geklärt. Der Gerichtsbescheid wirkt
insoweit als Urteil (§ 105 Abs. 3 1. Halbsatz SGG).
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Arbeitslosengeld
ohne eine Minderung nach der Vorschrift des § 140 SGB III. Der Kläger hat
unstreitig Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 1.9.2004. Er hat
darüber hinaus Anspruch auf ungeminderte Auszahlung der Leistungsbeträge für
die jeweiligen Zeiträume. Die Voraussetzungen für eine Minderung wegen
verspäteter Meldung gem. § 140 SGB III i.V.m. § 37 b SGB III liegen nicht vor.
Soweit der Bescheid der Beklagten vom 1.10.2004 eine Minderung des
Arbeitslosengeldes des Klägers bestimmt, war er abzuändern; der ihn stützende
Widerspruchsbescheid vom 14.10.2004 war aufzuheben. Denn diese Bescheide
sind, soweit eine Minderung des Zahlbetrages festgesetzt wurde, rechtswidrig und
verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Nach § 140 SGB III mindert sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen
aufgrund des Anspruches zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist,
wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich
arbeitssuchend gemeldet hat. Die Minderung beträgt 1. bei einem
Bemessungsentgelt bis zu 400,00 Euro 7,00 Euro, 2. bei einem
Bemessungsentgelt bis zu 700,00 Euro 35,00 Euro und 3. bei einem
Bemessungsentgelt über 700,00 Euro 50,00 Euro für jeden Tag der verspäteten
Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung
von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der
sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet
wird. Nach § 37 b Satz 1 SGB III sind Personen, deren
Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis
des Beendigungszeitpunktes persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu
melden. Nach Satz 2 dieser Vorschrift hat die Meldung im Falle eines befristeten
Arbeitsverhältnisses jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu
erfolgen.
Die Voraussetzungen für eine Minderung wegen verspäteter Meldung gem. § 140
SGB III liegen bei dem Kläger nicht vor.
Für die Kammer bestehen bereits deutliche Hinweise darauf, dass die am
31.8.2004 bei der Beklagten erfolgte Meldung des Klägers zur Arbeitssuche
unverzüglich im Sinne des § 37 b Satz 1 SGB III erfolgte. Bei der Bestimmung des
Begriffes „unverzüglich" ist auf die aus dem Zivilrecht bekannte und im
Rechtssystem einheitlich angewandte allgemeine Formel „ohne schuldhaftes
Zögern" zurückzugreifen (vgl. Kruse in Gagel, SGB III – Kommentar, § 37 b Rdnr. 5).
Insoweit haben die betroffenen Personen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.
Vorliegend hat die Kammer bereits deswegen Zweifel an einer fahrlässigen
Verspätung der Arbeitssuchendmeldung, weil dem Kläger – nach seinem
19
20
21
22
Verspätung der Arbeitssuchendmeldung, weil dem Kläger – nach seinem
glaubhaften Vortrag – erst jeweils zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses
bekannt geworden ist, daß sich eine weitere Verlängerung zum einen über den
30.6.04 und zum anderen über den 31.7.04 hinaus ergeben werde. Insoweit
bestehen durchaus Anhaltspunkte, dass auch eine weitere Verlängerung des
Arbeitsverhältnisses des Klägers über den 31.8.2004 hinaus durch den Arbeitgeber
in Aussicht gestellt worden ist, und der Kläger erst am Ende des
Arbeitsverhältnisses, am 31.8.2004, Gewissheit über die Nichtverlängerung des
Arbeitsverhältnisses hatte. Unter diesen Umständen würde es an einer die
Minderung des § 140 SGB III auslösenden Pflichtverletzung des Klägers mangeln.
Denn dann hätte sich der Kläger unverzüglich nach Kenntnis des
Beendigungszeitraumes, nämlich am 31.8.2004, persönlich bei der Beklagten
arbeitssuchend gemeldet. Eine frühere Kenntnis über die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses hätte bei dem Kläger dann nicht vorgelegen.
Darüber hinaus erscheint es der Kammer zweifelhaft, dass die Beklagte in ihrem
Widerspruchsbescheid eine um 60 Tage zu späte Meldung angenommen hat.
Letztlich wäre dem Kläger – selbst wenn man der Argumentation der Beklagten
folgte – nur eine Verspätungszeit von 23 Tagen anzurechnen. Denn dass sich der
Kläger nicht spätestens am 30.6. für die Zeit ab dem 1.8.2004 arbeitssuchend
gemeldet hat, ist ohne Bedeutung, da das Arbeitsverhältnis schließlich noch bis
zum 31.8.2004 verlängert wurde. Eine Pflichtverletzung des Klägers kann daher
erst zum Zeitpunkt der zweiten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses am
31.7.2004 entstanden sein. Nur hierfür könnte die Beklagte dem Kläger vorwerfen,
dass er sich nicht unverzüglich am 31.7.2004 zum 1.9.2004 arbeitssuchend
gemeldet hat. Somit ergäbe sich unter Berücksichtigung der von der Beklagten
selbst gewährten siebentägigen Karenzfrist bei einer Verspätung von 30 Tagen
eine anzurechnende Minderungszeit von 23 Tagen und nicht von 60 Tagen.
Die vorstehenden Gesichtspunkte können jedoch letztlich dahinstehen, da es
hierüber keiner abschließenden Entscheidung bedarf. Die Minderung des
Arbeitslosengeldanspruches der Beklagten verstößt bereits deswegen gegen § 140
Satz 1 SGB III, weil es sich bei dem Anspruch auf Arbeitslosengeld, der dem Kläger
seit dem 1.9.2004 zusteht, nicht um einen Anspruch handelt, der nach der
Pflichtverletzung entstanden ist.
§ 140 Satz 1 SGB III spricht von dem nach der Pflichtverletzung entstandenen
Arbeitslosengeldanspruch. Gem. § 40 Abs. 1 SGB I entstehen Ansprüche aus
Sozialleistungen – die keine Ermessensleistungen sind -, sobald ihre im Gesetz
oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Die
Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld sind
niedergelegt im § 117 SGB III. Anspruch auf Arbeitslosengeld gem. § 117 Abs. 1
SGB III haben Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt
arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben.
Bei dem Anspruch auf Arbeitslosengeld des Klägers ab dem 1.9.2004 handelt es
sich jedoch nicht um einen neu entstandenen Arbeitslosengeldanspruch. Vielmehr
handelt es sich um eine Wiederbewilligung des am 1.7.2003 entstandenen
Arbeitslosengeldanspruches. Aus diesem Anspruch stand dem Kläger am 1.9.2003
noch ein Restanspruch von 138 Tagen zu. § 140 SGB III erfasst nach seinem klaren
Wortlaut nur diejenigen Arbeitslosengeldansprüche, die nach der Verletzung der
Meldepflicht entstanden sind. Ist kein neuer Anspruch entstanden, besteht aber
noch ein früherer noch nicht verbrauchter Anspruch, der noch geltend gemacht
werden kann, tritt keine Minderung ein (Winkler in Gabel, SGB III-Kommentar, § 140
nF, Rdnr. 5; Spellbrink in Hennig, SGB III-Kommentar, § 140, Rdnr. 37; ebenso
Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 29.6.2004, Az.: S 12 AL 369/03 – juris -). Für
einen zum 1.9.2004 neu entstandenen Arbeitslosengeldanspruch mangelt es bei
dem Kläger an der Voraussetzung des § 117 Abs. 1 Nr. 3 SGB III. Der Kläger hat
nämlich die Anwartschaftszeit für einen neu entstandenen
Arbeitslosengeldanspruch ab dem 1.9.2004 im Sinne des § 123 SGB III nicht erfüllt,
da er in der Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III nicht mindestens 12 Monate in
einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Die
Rahmenfrist reicht gem. § 124 Abs. 2 SGB III nicht in eine vorangegangene
Rahmenfrist hinein, in der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Eine
vorangegangene Rahmenfrist begann jedoch am 30.6.2003. In der maßgebenden
Rahmenfrist vom 1.7.2003 bis zum 31.8.2004 stand der Kläger nur weniger als
sieben Monate in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und war
in der übrigen Zeit arbeitslos. Damit handelt es sich bei dem
Arbeitslosengeldanspruch des Klägers ab dem 1.9.2004 um einen
23
24
25
Arbeitslosengeldanspruch des Klägers ab dem 1.9.2004 um einen
wiederbewilligten Anspruch, was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
Es findet im Gesetz keine Stütze, wenn die Beklagte einwendet, der Gesetzgeber
habe die Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs nach § 140 SGB III ersichtlich
nicht nur auf neu entstehende Arbeitslosengeldansprüche beschränken, sondern
auch wiederbewilligte Ansprüche erfassen wollen. Denn der Wortlaut des § 140
Satz 1 SGB III, der auf die Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs nach der
Pflichtverletzung abstellt, ist eindeutig.
Diese Regelung ergibt auch Sinn, weil eine nachträglich eingetretene
Obliegenheitsverletzung im Sinne einer verspäteten Arbeitssuchendmeldung nach
§§ 37 b, 140 SGB III keinen Einfluss mehr auf eine in der Vergangenheit und somit
vor der Obliegenheitsverletzung erworbene Anwartschaft auf Arbeitslosengeld
auszuüben vermag. Insoweit ist es konsequent, wenn der Gesetzeswortlaut
lediglich auf Arbeitslosengeldansprüche abstellt, die nach der
Obliegenheitsverletzung entstanden sind, da nur bezüglich dieses neu
entstehenden Arbeitslosengeldanspruches eine Obliegenheitsverletzung der
Betroffenen Bedeutung erlangen kann. Denn es ist erst dieser neu entstandene
Arbeitslosengeldanspruch, der mit einer Obliegenheitsverletzung im Sinne des §
37 d SGB III behaftet ist, weil der Betroffene durch eine schuldhaft verspätete
Arbeitssuchendmeldung die Gefahr des Eintrittes der Arbeitslosigkeit – nach dem
Rechtsgedanken des § 37 b SGB III – entscheidend vertieft hat, indem er die bis
zur Beendigung des aktuellen Beschäftigungsverhältnisses verbliebene Zeit ohne
die Möglichkeit einer durch die Beklagte unterstützten aktiven Arbeitssuche
verstreichen ließ. Für eine Minderung eines wiederbewilligten, nicht neu
entstandenen Arbeitslosengeldanspruches ist jedoch kein Raum, da dieser in der
Vergangenheit entstanden ist. Diese in der Vergangenheit bereits erworbene
Rechtsposition lässt einen Eingriff i.S.v. § 140 SGB III nicht mehr zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Berufung bedurfte nicht der
besonderen Zulassung, da der im § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG genannte Wert des
Beschwerdegegenstandes von 500,00 Euro im vorliegenden Fall überschritten wird
(1050,00 Euro).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.