Urteil des SozG Kassel vom 01.11.2010

SozG Kassel: aufschiebende wirkung, konzept, hauptsache, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, stadt, schutz der menschenwürde, öffentliche gewalt, zahl, vorläufiger rechtsschutz

Sozialgericht Kassel
Beschluss vom 01.11.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 12 SO 39/10 ER
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem
Vorbehalt der Rückforderung im Rahmen der diesem bewilligten Grundsicherung im Alter bis zur Bescheidung seines
Widerspruchs gegen den Bescheid vom 11. Oktober 2010 sowie bei anschließender fristgerechter Klageerhebung bis
zur Entscheidung in der Hauptsache im 1. Rechtszug, jedoch zunächst längstens bis zum 31. Juli 2011 unter
gleichzeitiger Anrechnung der insoweit bereits bewilligten Gelder ab 19. Oktober 2010 Grundsicherungsleistungen
unter Berücksichtigung einer angemessenen monatlichen Grundmiete von 230,00 EUR statt einer solchen in Höhe
von monatlich lediglich 195,80 EUR zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 19xx geborene, alleinlebende Antragsteller macht im Rahmen der ihm von der Antragsgegnerin ab dem 1. August
2010 bis vorläufig 31. Juli 2011 nach dem Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) mit Bescheid vom 29. Juni 2010
bewilligten Grundsicherungsleistungen im Alter im einstweiligen Rechtsschutz eine Leistungsgewährung unter
Berücksichtigung einer angemessenen Grundmiete von monatlich 230,00 EUR und insoweit unter Berücksichtigung
der tatsächlichen monatlichen Grundmiete geltend, die die Antragsgegnerin auf der Grundlage des von ihr erstellten
grundsicherungsrelevanten Mietspiegels für die Stadt Kassel mit Stand 1. September 2010 und des diesem
zugrundeliegenden Konzeptes zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet Kassel
jedoch für unangemessen erachtet. Stattdessen geht die Antragsgegnerin bei einer Wohnungsgröße bis zu 45 qm -
die Wohnfläche der bei einem Baujahr 1985 Ende 2005 bezogenen 1-Zimmer-Wohnung des Antragstellers beträgt
45,86 qm - insoweit allein von einer angemessenen monatlichen Grundmiete in Höhe von 195,80 EUR aus, was bei
einer Wohnungsgröße von 45 qm einem Quadratmeterpreis von 4,35 EUR entspricht. Gleichzeitig erfolgt die weitere
Leistungsgewährung darüber hinausgehend unter Zugrundelegung der tatsächlichen monatlichen
Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 51,50 EUR sowie zusätzlich monatlich laufenden
Nebenkosten/Betriebskosten in Höhe weiterer 51,50 EUR, wobei der Antragsteller gegen den Bescheid vom 29. Juni
2010 dann zwar zunächst keinen Widerspruch einlegte, sodass dieser bestandskräftig wurde, am 8. Oktober 2010
dann jedoch sinngemäß eine Überprüfung des vorgenannten Bescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch –
Verwaltungsverfahren (SGB X) und insoweit eine höhere Leistungsgewährung auf der Grundlage der tatsächlichen
Grundmiete geltend machte, was die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 ablehnte.
Insoweit war vom Antragsteller vorgebracht worden, dass es sich bei seiner tatsächlichen Grundmiete von monatlich
230,00 EUR um keine unangemessenen Unterkunftskosten handeln würde, nachdem der Beurteilung angemessener
Mieten in Kassel nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Kassel derzeit kein schlüssiges Konzept zugrunde
liege, mit der Folge, dass hier die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Sicherungszuschlages von 10 %
zugrunde zulegen seien. Die Antragsgegnerin hatte dann ihren ablehnenden Bescheid vom 11. Oktober 2010 damit
begründet, ihr entgegen der vorgenannten Rechtsprechung schlüssiges Konzept inzwischen geändert und auch
dahingehend modifiziert zu haben, dass ein einfacher Wohnungsstandard definiert worden sei und damit die
Anforderungen auch des Bundessozialgerichts (BSG) an ein schlüssiges Konzept im hier erforderlichen Sinne erfüllt
würden.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2010, bei Gericht eingegangen am 19. Oktober 2010 sodann
den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Gleichzeitig hat er mit Schriftsatz vom selben Tag gegen den
Bescheid vom 11. Oktober 2010 Widerspruch eingelegt.
Der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin habe kein schlüssiges Konzept für die Angemessenheit von
Wohnraummieten. Von daher sei an seinem Vorbringen im Rahmen der Antragsstellung vom 8. Oktober 2010
festzuhalten, wobei er mit einer Grundmiete von monatlich 230,00 EUR für die von ihm bewohnte 45,86 qm große
Wohnung noch weit unter dem o.a. Wohngeldtabellenwert liege, sodass der Antragsgegnerin bei der Berechnung
seiner Grundsicherungsrente die volle Kaltmiete zu berücksichtigen habe. Dass das vorgelegte Konzept schließlich
nicht schlüssig sei, folge schon daraus, dass, auch wenn das Konzept zwischenzeitlich eine Definition des
Wohnungsstandards enthalte, aus dem Konzept heraus nicht ersichtlich sei, dass die ausgefertigten Daten auf die
genannten Parameter hin tatsächlich untersucht, gesichtet und aussortiert worden seien. Grundlage der Daten seien
nämlich offensichtlich die Mietbescheinigungen der Vermieter der Hilfeempfänger, wobei Mietbescheinigungen über
den Wohnungsstandard nichts aussagen würden. Weiterhin sei unter anderem zu beanstanden, dass für die
Bemessung der angemessenen Mieten Mietbescheinigungen der letzten 6 Monate zugrunde gelegt würden. Dies
seien aber auch Mietbescheinigungen über Mietverhältnisse, die unter Umständen schon seit Jahren bestünden.
Solche Mietverhältnisse verzerrten das Gesamtbild, da diese Wohnungen zu einem bestimmten Mietpreis vermietet
worden seien, der damals gegolten habe. Eine Mieterhöhung führten Vermieter häufig nicht durch, da die
Mieterhöhungsverfahren sehr kompliziert und auch kostenintensiv seien. Häufig würden die Vermieter abwarten, bis
der Mieter ausgezogen sei, um dann die Wohnung zu einem höheren Mietzins zu vermieten. In einen
grundsicherungsrelevanten Mietspiegel dürften daher nur Wohnungen eingestellt werden, deren Mietdauer nicht eine
bestimmte Zeit überschreite. Nachdem er keine weiteren Einkünfte habe, aus denen er die Mietdifferenz von
monatlich 34,20 EUR finanzieren könne und die Altersrente, die er erhalte ja auch abzüglich seiner
Versicherungsbeiträge in voller Höhe auf die Grundsicherungsrente angerechnet werde, liege neben einem
Anordnungsanspruch auch ein Anordnungsgrund vor, so dass ihm nicht zuzumuten sei, bis zum Abschluss des
Hauptsacheverfahrens monatlich die vorgenannten 34,20 EUR vorzustrecken.
Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten. Zunächst sei zutreffend, dass in der Zeit von August 2008 bis
Juli 2010 bei der Berechnung der monatlichen Sozialhilfeleistungen Pauschalen für Unterkunfts- und Heizkosten
berücksichtigt worden seien. Zuletzt seien dies auch vorliegend 258,00 EUR monatlich für die Grundmiete inklusive
der Betriebskosten sowie 49,00 EUR monatlich für Heizkosten gewesen, wobei der entsprechende
Bewilligungsabschnitt auf der Grundlage des insoweit letzten, bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 24.
März 2010 mit dem 31. Juli 2010 abgelaufen und die Bescheiderteilung vom 29. Juni 2010 im Anschluss an einen
Folgeantrag des Antragsteller für die Zeit ab dem 1. August 2010 erfolgt war. Erstmals für August 2010 seien dabei
die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten (ausschließlich Grundmiete) auf die aus
sozialhilferechtlicher Sicht angemessene Höhe umgestellt worden, wobei die vom Antragsteller geschuldeten
Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten bei der Bedarfsberechnung in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden
seien. Die vom Antragsteller für die von ihm bewohnte Wohnung geschuldete Grundmiete von monatlich 230,00 EUR
sei aus sozialhilferechtlicher Sicht jedoch unangemessen hoch. Nach § 29 Abs. 1 SGB XII würden Leistungen für die
Unterkunft dann aber auch nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit die geschuldeten
Unterkunftskosten sozialhilferechtlich angemessen seien. Innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Antragsgegnerin
seien monatliche Unterkunftskosten (Grundmiete) bei einem 1-Personen-Haushalt mit einer angemessenen
Wohnfläche von 45 qm in Höhe von 195,80 EUR aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen, wobei diese
Festsetzung auf einem schlüssigen Konzept der Antragsgegnerin beruhe, das die Antragsgegnerin insoweit
schriftsätzlich in Bezug nahm.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte insgesamt; ebenso wird Bezug genommen auf die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, deren jeweils wesentlicher, das Vorliegen der Antragsverfahren betreffende
Inhalt gleichfalls Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
II.
Der zulässige Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung ist im entschiedenen Umfang begründet.
Die Berechtigung der Sozialgerichte zum Erlass Einstweiliger Anordnungen in anderen als den ausdrücklich im
Sozialgerichtsgesetz (SGG) normierten Fällen leitete sich bis 1. Januar 2002 unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4
Grundgesetz (GG) ab (vgl. BVerfGE 46, S. 166). Einstweilige Anordnungen durften dabei aber grundsätzlich die
endgültige Entscheidung nicht vorwegnehmen. Nur ausnahmsweise konnte es im Interesse der Effektivität des
Rechtsschutzes erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn anders ein Rechtsschutz
nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar gewesen wäre.
Voraussetzung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war insoweit, dass dem Betroffenen schwere und
unzumutbare, auf anderem Wege nicht abwendbare Nachteile drohten, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der
Hauptsache voraussichtlich nicht mehr oder nur noch teilweise in der Lage gewesen wäre. Dies galt zumindest bei so
genannten "Vornahmesachen", d.h. bei Verfahren, bei denen sich der Bürger gegen die Unterlassung oder Ablehnung
einer beantragten Amtshandlung wandte. Gleiches galt jedoch auch für die so genannten "Anfechtungssachen", bei
denen der Bürger geltend machte, durch die öffentliche Gewalt mittels einer belastenden Maßnahme in seinen
Rechten verletzt zu sein. Danach konnte vorläufiger Rechtsschutz in "Anfechtungssachen" entsprechend dem
Grundgedanken des § 80 Abs. 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach der Rechtsprechung der Kammer
grundsätzlich dann gewährt werden, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes
bestanden, d.h., wenn der Erfolg des Rechtsstreites in der Hauptsache, d.h. in einem sich anschließenden
Klageverfahren, zumindest ebenso wahrscheinlich war wie der Misserfolg und wenn die Vollziehung eines
angefochtenen Verwaltungsaktes für den Antragsteller eine unbillige, nicht überwiegend durch öffentliche Interessen
gebotene Härte zur Folge gehabt hätte (vgl. hierzu Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. März 2000, L 1 KR
226/00 ER, das insoweit neben den Erfolgsaussichten in der Hauptsache das Vorliegen erheblicher Nachteile forderte,
die ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar machten). Darüber hinaus war in
"Vornahmesachen" entsprechend § 123 VwGO auf die Gefahr abzustellen, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden
könnte. Des Weiteren waren einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um
wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erschien
(vgl. weiter grundsätzlich Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 29. Juli 1987, L 8 Kr 362/87 A mit zahlreichen
weiteren Nachweisen und Beschluss vom 11. November 1992, L 6 Ar 461/92 A in info-also 1993, S. 59 ff.;
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 1990, L 3 S 42/90 in info-also
1991, S. 74 ff.; Meyer-Ladewig, SGG, § 97 Rdnr. 20 ff.; Timme, Der einstweilige Rechtsschutz in der Rechtsprechung
der Landessozialgerichte, NZS, 1992, 91 ff.).
Seit 2. Januar 2002 ist der einstweilige Rechtsschutz ausdrücklich im SGG normiert, wobei die vorstehenden
Grundsätze weiterhin Beachtung finden.
Insoweit regelt § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG zunächst, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung
haben, was nach Satz 2 auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei
Verwaltungsakten mit Drittwirkung gilt. Nach Abs. 2 Nr. 1 entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch bei der
Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und
sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Ebenso entfällt die
aufschiebende Wirkung z.B. nach Nr. 3 für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei
Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.
Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache sodann auf Antrag in den Fällen, in denen
Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise
anordnen. Nach Satz 1 Nr. 2 kann das Gericht darüber hinaus in den Fällen, in denen Widerspruch oder
Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, ganz oder teilweise anordnen sowie nach Nr. 3 in den Fällen
des § 86 a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wieder herstellen. Ist der Verwaltungsakt im
Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht nach § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG
die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wobei nach Satz 3 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder
die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Auflagen versehen oder befristet werden kann und darüber hinaus nach
Satz 4 das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben kann. Soweit ein Fall
des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind dabei nach Satz 2 auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 4 SGG entscheidet das Gericht sodann durch Beschluss.
Hinsichtlich der Begründetheit des Antrages des Antragstellers als sogenannter Vornahmesache bzw.
Regelungsanordnung ist auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen danach allein auf § 86 b Abs. 2 SGG
abzustellen. Bei der Entscheidung ist also in erster Linie auf die Aussichten im Hauptverfahren abzustellen. Ist eine
Klage offensichtlich begründet, wird die Anordnung in der Regel erlassen, ist sie offensichtlich unbegründet, wird sie in
der Regel abgelehnt.
Liegen schließlich beide Voraussetzungen nicht offensichtlich vor, ist darüber hinaus im Rahmen des Ermessens eine
Interessenabwägung durchzuführen. Dabei müssen in Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz die Gerichte bei der
Auslegung der anzuwendenden Vorschriften der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den
Anforderungen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung tragen und insbesondere die Folgen der Versagung des
vorläufigen Rechtsschutzes berücksichtigen. Je schwerer die Belastungen hieraus wiegen und je geringer die
Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können,
umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung zurückgestellt werden. Insoweit reicht es in diesen
Fällen aus, dass bei einer überschlägigen Prüfung der Sach- und Rechtslage Gründe dafür sprechen, dass ein
Anspruch auf Gewährung der begehrten Leistung besteht (Anordnungsanspruch).
Dies deshalb, weil mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) u.a. vom 22. November 2002, 1
BvR 1586/02 und vom 19. März 2004, 1 BvR 131/04, das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der
geltend gemachten Rechtsposition um so weniger zurückgestellt werden darf, je schwerer die Belastungen des
Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind. Art. 19 Abs. 4 GG verlangt
insoweit auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn ohne ihn schwere und
unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung
in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 (74); 94, 166 (216)). Die Gerichte sind, wenn sie
ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der
Hauptsache orientieren, in solchen Fällen gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gehalten, die Versagung vorläufigen
Rechtsschutzes auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen. Dies bedeutet auch, dass die
Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen muss, wenn dazu
Anlass besteht (vgl. Beschluss der 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, Seite 479).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen mit dem Hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 21.
März 2007, L 7 AY 14/06 ER, mzwN) sodann aber auch nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine
Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw.
Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Dies deshalb, weil
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System
bilden.
Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige
Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht
vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die
Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung
stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei
offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im
Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei diese regelmäßig dann
zugunsten des Bürgers ausfällt, wenn dessen grundgesetzlich aus dem Gebot zum Schutz der Menschenwürde in
Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot herzuleitender Anspruch auf Führung eines menschenwürdigen Lebens
gefährdet wäre. Insoweit sind grundrechtliche Belange eines Antragstellers umfassend in der Abwägung zu
berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die z.B. darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich
geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem
Sozialstaatsprinzip) ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die
soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu
gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht
vollständig klären lässt. Denn im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des
Leistungsträgers ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich
gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. u.a.
Hessisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 27. Juli 2005, L 7 AS 18/05 ER und vom 19. Juni 2008, L 7 AS
32/08 B ER).
Für die Zeit ab Antragseingang ist dem Antrag danach auf der Grundlage der Ausführungen des Antragstellers und der
von ihm insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung für den Bereich des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung
für Arbeitssuchende (SGB II) u.a. der 6. und dem folgend auch der 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel, letztlich
aber auch des BSG, der sich die erkennende Kammer für den Bereich des SGB XII zumindest im Rahmen der im
einstweiligen Rechtsschutz hier letztlich in erster Linie vorzunehmenden Interessensabwägung anschließt, im
entschiedenen Umfang stattzugeben. Zumindest für die hier allein zu treffende vorläufige Entscheidung muss
letzteres mit den weiteren o.a. Ausführungen für einen Anordnungsanspruch insoweit ausreichen, als die Kammer
nach den vorstehenden Ausführungen im entschiedenen Umfang davon ausgeht, dass die Erfolgsaussichten der
Klage im Hauptsacheverfahren mehr als offen, nämlich erheblich sind und schon aus diesem Grund auch ein
Anordnungsanspruch besteht.
Zur Frage der Bestimmung der Angemessenheit i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II führt die 6. Kammer des
Sozialgerichts Kassel in einem Beschluss vom 23. Juni 2010, S 6 AS 144/10 ER u.a. aus:
"Die Rechtsprechung hat den gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der
Aufwendungen für die Unterkunft konkretisiert. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist in einem mehrstufigen
Verfahren vorzugehen. Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen
Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards wird in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welche konkreten
räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist.
Anschließend ist hierbei zu untersuchen, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen
eingestufte Wohnung auf dem für den Hilfsbedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist nicht
nur auf die im streitgegenständlichen Zeitraum auf dem Markt tatsächlich angebotenen Wohnungen abzustellen,
sondern auch auf vermietete Wohnungen. Hierbei vertritt die Rechtsprechung die sog. Produkttheorie. Danach
müssen nicht beide Faktoren, Wohnungsgröße und der im Quadratmeterpreis ausgedrückte Wohnungsstandard, je für
sich betrachtet angemessen sein. Vielmehr ist es ausreichend, dass das Produkt aus Quadratmeterzahl und
Quadratmeterpreis eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete ergibt (BSG, Urteil v. 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R;
Hessisches LSG, Urteil v. 24.09.2008, L 6 AS 130/07; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Für die
Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Wohnungsfläche ist auf die Kriterien abzustellen, welche die Länder aufgrund
des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgelegt haben (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten
der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S.16). Dies richtet sich in Hessen nach den Hessischen Richtlinien zur
sozialen Wohnraumförderung vom 20.03.2003 (Hessisches Staatsanzeiger S. 1346) geändert durch die Richtlinien
vom 19.01.2004 (Hessischer Staatsanzeiger S.628). Nach den Richtlinien ist eine Wohngröße für eine Person bis 45
Quadratmetern angemessen. Bei zwei Personen ist eine Wohnfläche von 60 Quadratmetern angemessen." Für jede
weitere Person ist eine weitere Wohnfläche von 12 m² hinzuzurechnen. "Bei der im zweiten Schritt vorzunehmenden
Festlegung des maßgeblichen Wohnungsmarktes muss zunächst der räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt
werden, wobei das Recht der Leistungsempfänger auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld Berücksichtigung finden
muss (Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.16). Aus diesem Grund ist
grundsätzlich vom Wohnort des Hilfsbedürftigen auszugehen. Die Grundsicherungsträger müssen hierzu die konkreten
örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt ermitteln und berücksichtigen. Als Erkenntnismittel kommen in
Betracht: Örtliche Mietspiegel, Mietdatenbanken, Wohnungsmarktanzeigen in der örtlichen Presse oder im Internet;
Anfragen bei Maklern, Wohnungsbaugesellschaften, Mietervereinen etc. Entscheidend ist hierbei nicht das Vorliegen
eines qualifizierten oder einfachen Mietspiegels. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss
vielmehr auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das die Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des
Wohnungsmarktes wiederzugeben. Liegen keine entsprechenden Mietspiegel beziehungsweise Mietdatenbanken im
Sinne der §§ 558c ff. BGB vor, können die Grundsicherungsträger für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich eigene
Mietspiegel oder Tabellen erstellen. Die vom Grundsicherungsträger hierbei gewählte Datengrundlage muss aber – wie
schon ausgeführt wurde – auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die
aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Dies kann u.a. dann der Fall sein, wenn die
Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestands beruht (BSG, Urteil
vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R; SG Kassel, Urteil v. 11.03.2009, S 7 AS 276/06). Ferner müssen die Faktoren,
die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Es muss hierbei insbesondere
sichergestellt sein, dass bestimmte Wohnungen, die das Bild von der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft
verzerren (vgl. BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn. 22) im Rahmen des schlüssigen Konzeptes nicht
berücksichtigt wurden. Einer der Faktoren, der für die angemessenen Kosten der Unterkunft bestimmend ist, ist der
sog. Wohnungsstandard. Den Standard bestimmen u.a. Kriterien wie die Lage, Infrastruktur, das Wohnungsumfeld,
die Verkehrsanbindung, die Umweltbelastung und die Ausstattung der Wohnung wie die Zahl und Größe der einzelnen
Räume, deren Belichtung, Belüftung, sanitäre Ausstattung und die Art der Heizung (vgl.
Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, Stuttgart 2009, S.16). Diese Auflistung dürfte
weder abschließend sein noch dürfte es für ein schlüssiges Konzept zwingend erforderlich sein, dass sämtliche
aufgeführten Kriterien von den Leistungsträgern im Rahmen ihres schlüssigen Konzeptes Berücksichtigung finden.
Die Kammer ist jedoch überzeugt, dass es Sache der Sozialleistungsträger ist, zunächst zu definieren, was sie unter
einem einfachen Wohnungsstandard verstehen. Ein schlüssiges Konzept setzt nämlich ein planmäßiges Vorgehen
der Grundsicherungsträger im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung der relevanten Tatsachen für
sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsmaßstab voraus (BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R,
juris, Rn. 19). Das BSG geht davon aus, dass die Leistungsträger bei einem schlüssigen Konzept sowohl auf
Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen
nur einfachen Standards abstellen können. Werden – wie von der Antragsgegnerin vorgetragen – nur Wohnungen des
einfachen Segments im Rahmen des Konzeptes berücksichtigt, ist es aber zwingend erforderlich, dieses einfache
Segment zunächst abstrakt zu definieren, um eine Überprüfbarkeit der Annahmen des Leistungsträgers zu
ermöglichen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn.23; BSG, Urteil v. 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R; s.
auch: Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, Stuttgart 2010, S.90). Ist der
Leistungsträger nicht in der Lage, ein schlüssiges Konzept zu präsentieren, sind nach der neuen Rechtsprechung des
BSG die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren, welche "nach oben" jedoch durch die
Angemessenheitsgrenze begrenzt werden. Es ist den Gerichten in diesen Fällen nicht verwehrt, die Angemessenheit
der Unterkunftskosten unter Rückgriff auf die Wohngeldtabelle des § 12 Wohngeldgesetzes zu bestimmen (BSG,
Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn. 27). Da allerdings beim Fehlen eines schlüssiges Konzeptes nicht
hinreichend beurteilt werden kann, wie hoch die angemessenen Kosten tatsächlich sind, hält es das BSG im Einzelfall
für angemessen, im Interesse der Leistungsberechtigten die jeweils maßgeblichen Werte der Wohngeldtabelle um
einen "Sicherheitszuschlag" zu ergänzen (BSG, Urteil v. 17.12.2009, Urteil v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, juris, Rn.
27; Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S.17 f.). Dem schließt sich das Gericht
an."
Zu der Frage, ob die Antragsgegnerin mit dem vorliegenden ein solches schlüssiges Konzept zur Bestimmung der
angemessenen Kosten der Unterkunft i.S. der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellt hat, führt die 6. Kammer
in der genannten Entscheidung weiter aus:
"Dies ist nach Überzeugung des Gerichts nicht der Fall. Es ist vorliegend zwar nicht zu verkennen, dass die
Antragsgegnerin einen enormen organisatorischen Aufwand betreibt, um die angemessenen Kosten der Unterkunft zu
bestimmen, so dass ihr ein systematisches und nicht nur punktuelles Vorgehen zu bescheinigen ist. Bei der
Beurteilung des Konzeptes fällt jedoch auf, dass in diesem keine Ausführungen zum Begriff des "spezifischen
Wohnungsmarktsegments" (Bl. 58 Gerichtsakte) enthalten sind. Die Antragsgegnerin hätte diesen Begriff definieren
und ausführen müssen, welche Kriterien aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um einem angemessenen
Wohnungsstandard im Sinne des unteren Preissegments zu entsprechen. Es ist für das Gericht naheliegend, dass in
den Wohnungslisten der Antragsgegnerin über die SGB II- und SGB XII Leistungsbezieher keine Wohnungen
enthalten sein dürften, die die angemessen Kosten der Unterkunft zu Unrecht zu sehr in die Höhe treiben, weil diese
Wohnungen nicht mehr einfachen und damit angemessen Wohnungsstandards entsprechen. Das Gericht kann jedoch
überhaupt nicht beurteilen, ob nicht in den Listen möglicherweise Wohnungen enthalten sind, welche die
angemessenen Wohnungsstandards des unteren Wohnungssegments unterschreiten. In welchen Fällen ein
Unterschreiten der angemessenen Wohnungsstandards im Sinne des unteren Wohnungssegments vorliegt, kann an
dieser Stelle dahinstehen. Exemplarisch sei auf den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.12.2005 (S 31
AS 562/05 ER, juris), in dem das Sozialgericht feststellt, dass eine Wohnung ohne Bad zur heutigen Zeit nicht mehr
den Standard des Angemessenen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II erreicht. Die Antragsgegnerin hat sich in dem von
ihr vorgelegten Konzept mit den Wohnungsstandards überhaupt nicht beschäftigt, obwohl das BSG in seiner
ständigen Rechtsprechung auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis"
bestimmen, in die Auswertung einfließen zu lassen (vgl. Knickrehm in: Spellbrink (Hrsg.), Das SGB II in der Praxis
der Sozialgerichte, 2010, S.88)."
Die 3. Kammer des Sozialgerichts Kassel (Beschluss vom 14. Oktober 2010, S 3 AS 282/10 ER) hat sich alledem
sodann u.a. mit folgenden weiteren Ausführungen angeschlossen:
"Die - zwischenzeitliche - "Nachbesserung" des Konzepts und Erweiterung um eine Anlage 1 in der ein
Wohnungsstandard "definiert" ist, kann zu keiner von der 6. Kammer abweichenden Beurteilung führen. Aus der
Formulierung: "Das Spektrum der unterschiedlichen Wohnungsstandards im Vergleichsraum Kassel ist durch
mindestens folgende Parameter gekennzeichnet" und die folgende Auflistung
- Küche, auch Kochnische - Badezimmer, auch Duschbad - Wasserklosett (in der Wohnung) - fließendes Wasser,
warm und kalt - Stromversorgung - Heizung - Fenster zur Beleuchtung und Belüftung - Doppelverglasung
ergibt sich nicht, ob hiermit ein einfacher Wohnungsstandard definiert werden soll. Im Übrigen geht die
Antragsgegnerin selbst davon aus, dass sie in ihrer Datenbank zur Bestimmung angemessenen Wohnkosten nicht nur
Daten über Wohnungen mit einfachem Wohnungsstandard erfasst, so dass für das Gericht unklar ist, welchen Zweck
die Definition haben soll. In jedem Fall ist sie selbst nach Angabe der Antragsgegnerin nicht für die Auswahl der Daten
zugrunde gelegt worden, die zur Berechnung der angemessenen Wohnkosten herangezogen wurden. Das zu dem
hiesigen Verfahren übersandte "Konzept" zur Bemessung von angemessenen Unterkunftskosten für das Stadtgebiet
Kassel entspricht den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung eindeutig nicht. Ein Konzept liegt nach der
Rechtsprechung des 4. Senats dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen
Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum
sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09
R). Der 4. Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4
AS 18/09 R): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten
Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung) (a.), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes
der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und
Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße (b.), - Angaben über den Beobachtungszeitraum
(c.), - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel) (d.), - Repräsentativität
des Umfangs der einbezogenen Daten (e.), - Validität der Datenerhebung (f.), - Einhaltung anerkannter mathematisch-
statistischer Grundsätze der Datenauswertung (g.) und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert
oder Kappungsgrenze) (h.) - vgl. BSG 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R, zit. nach juris. Ein Konzept, das diesen
Anforderungen genügt, hat die Antragsgegnerin, selbst unter der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen
kursorischen Betrachtung, nicht erarbeitet. Bedenken hat die Kammer schon wegen der Definition der
Wohnflächenspannen, da diese nicht begründet und hergeleitet sind. Insbesondere die Außerachtlassung von
Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² ist aus dem Datenmaterial nicht hergeleitet. Ausweislich des von
der Antragsgegnerin übersandten Datenmaterials mit einer Anzahl von 17.640 Datensätzen beträgt die Anzahl der
Datensätze von Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 37,5 m² 1.968. Von diesen 1.968 Datensätzen fallen
1.902 Datensätze auf 1-Personen-Haushalte, die im Gesamtdatenbestand mit 7.965 Datensätzen vertreten sind.
Damit fallen nahezu 25 % der von der Antragsgegnerin erfassten 1-Personen-Haushalte aus der Betrachtung heraus,
ohne dass dies im Konzept plausibel begründet wird. Die reine Vermutung, dass kleine Wohnungen teurer sind, reicht
hierzu nicht aus; dies müsste statistisch hergeleitet und sodann begründet werden. Aus dem Datenmaterial lässt sich
sodann nicht nachvollziehen, wie der zugrundegelegte Standard definiert ist. Geht die Antragsgegnerin davon aus,
dass Transferleistungsbezieher grundsätzlich in Wohnungen mit einem einfachen Wohnungsstandard leben? Dies
scheint nicht der Fall zu sein, da sie selbst ausführt, im Datenmaterial seien auch Wohnungen mit höherem Standard
erfasst. Welchen Anteil diese Wohnungen ausmachen und ob dies im Weiteren bei der Auswertung der Daten zu
entsprechenden Schlüssen führen kann, ist nicht begründet, sondern allenfalls behauptet. Die Angaben über den
Beobachtungszeitraum im laufenden Verfahren sind nicht kongruent. Im Ergebnis sind die von der Antragsgegnerin
vorgelegten Daten somit ungeeignet die Schlüssigkeit bezogen auf den streitigen Zeitraum zu begründen. Auch die
Art und Weise der Datenerhebung ist unklar. Im Wesentlichen scheint die Datenerhebung auf einer Auswertung der
Mietbescheinigungen zurückzugehen. Im Konzept führt die Antragsgegnerin dagegen aus, dass auch Angebotsmieten
in die Gesamtauswertung einfließen würden. Insoweit würden als Quellen auch Angebote in den Medien sowie die
Meldung freier Wohnungen durch die Wohnungsbaugesellschaften in die Gesamtauswertung einfließen. Wie dies
geschieht, lässt sich dem übersandten Datenmaterial nicht entnehmen. Hier scheint es vielmehr so, dass die
Datenbank ausschließlich die Auswertung der Mietbescheinigungen enthält, da die entsprechende Rubrik bei jedem
erfassten Datensatz einen Eintrag enthält. Auf dem Konzept lässt sich nicht entnehmen, inwieweit diese Daten in die
Gesamtauswertung einfließen. Die Repräsentativität der einbezogenen Daten ist nicht belegt. Eine Überprüfung ist
aufgrund der von der Antragsgegnerin vorgelegten veralteten Daten nicht möglich. Im Weiteren bestehen erhebliche
Zweifel, ob die Datenerhebung valide ist. Entgegen der Ausführungen im Konzept scheinen in die Erhebung keine
Daten von sogenannten Angebotsmieten eingeflossen zu sein, wie dort ausgeführt wurde. Somit dürfte die
Datenerhebung auf den Kreis der SGB II- und SGB XII-Leistungsbezieher beschränkt sein, was der Validität
entgegensteht (hierzu S. Knickrehm, a.a.O., S. 90), da zu befürchten ist, dass es durch die Beschränkung der
Datenerhebung auf den Kreis der Leistungsbezieher zur Bildung von Zirkelschlüssen kommt. Erhebliche Zweifel hat
die Kammer schließlich bezüglich der aus der Datenerhebung gezogenen Schlüsse. Die Antragsgegnerin bildet aus
den erfassten Daten, bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße, einen Durchschnittswert des maßgeblichen
Quadratmeterpreises. Sie geht hierbei offenbar davon aus, dass in den erfassten Daten in erheblichem Umfang
Wohnraum enthalten ist, der nicht nur einfachem Standard entspricht. Dies ist indessen in keiner Weise
nachgewiesen oder gar quantifiziert. Sollte aber davon ausgegangen werden können, dass der überwiegende Anteil
der erfassten Wohnungen einen einfachen Standard aufweisen, wofür der Umstand spricht, dass die Daten
ausschließlich aus dem Kreis der SGB II/SGB XII-Leistungsbezieher erhoben wurden, die überwiegend Wohnraum mit
angemessenem Umfang der Kosten der Unterkunft bewohnen, führt die Bildung eines Durchschnittswertes, der als
Höchstbetrag für angemessene Wohnkosten herangezogen wird, zu einer Herabbemessung der
Angemessenheitsgrenze. Für den Fall, dass in die Auswertung nur die Wohnungen des einfachen Segments eingehen
ist es zwingend erforderlich, dass der oberste ermittelte Wert - der so genannte Spannenoberwert - die angemessene
Vergleichsmiete darstellt. Andernfalls wäre nämlich den Leistungsberechtigten ein Teil des zur Verfügung stehenden
Wohnungsmarktes finanziell nicht zugänglich (S. Knickrehm, a.a.O., S. 90)."
Die vorstehenden Bedenken gegen die Schlüssigkeit des hier maßgebenden Konzeptes sind bei alledem - für den
Bereich des SGB XII gilt insoweit nichts grundlegend anderes - auch nach Auffassung der erkennenden Kammer
insoweit mehr als erheblich, der Verfahrensausgang, wenn nicht sogar von einer überwiegenden Erfolgsaussicht
auszugehen sein dürfte, also zumindest offen. Dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 2010
zunächst bestandskräftig geworden war, bleibt unbeachtlich. Im Hinblick auf den zeitgerecht gestellten und schließlich
abgelehnten Antrag nach § 44 SGB X und den gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegten Widerspruch, steht
dem die vorgenannte Bestandskraft nicht entgegen, da der Antragsteller nach wie vor i.S.d. SGB XII hilfebedürftig ist.
Zu alledem kommt schließlich noch hinzu, dass über die o.a. abstrakte Angemessenheit als weitere konkrete
Angemessenheitsprüfung zusätzlich festzustellen bleibt, ob für die jeweiligen Hilfeempfänger eine andere
bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung überhaupt konkret verfügbar und tatsächlich auch zugänglich ist (vgl.
BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R), was aktuell für den Bereich der Stadt Kassel zumindest für Ein-
Personen-Haushalte mehr als fraglich sein dürfte.
Hierzu hatte die erkennende Kammer selbst mit ebenfalls gegenüber der Antragsgegnerin ergangenem Beschluss
vom 28. Oktober 2009 (S 12 SO 17/09 ER) u.a. bereits auf einen damaligen Bericht in der örtlichen Presse (HNA vom
22. Oktober 2009) verwiesen, wonach kleine Wohnungen in der Stadt Kassel knapp, aber gleichzeitig besonders
gefragt seien, nachdem ausweislich des damals aktuellen Wohnungsmarktberichtes 2009 des Wohnungsamtes der
Antragsgegnerin lediglich 9,4 Prozent des Kasseler Bestandes 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen seien, wobei derjenige,
der eine kleinere Unterkunft wolle, lange suchen müsse. Dies treffe nicht wenige. Denn inzwischen lebe in annähernd
der Hälfte aller Haushalte in der Stadt Kassel nur noch eine Person. Diese hohe Zahl der Single-Haushalte, der
Ansturm von Studenten auf die Kasseler Uni und die große Zahl von Menschen, die aus finanziellen Gründen eine
preiswerte, kleine Wohnung bräuchten, seien die Gründe dafür, dass 1- oder 2-Zimmer-Wohnungen derzeit nur schwer
zu finden seien. Weiter wurde insoweit ausgeführt, dass es dagegen an großen Wohnungen keinen Mangel gebe. Zwei
Drittel der Bleiben in der Stadt Kasel hätten vier oder mehr Zimmer. 24 Prozent seien 3-Zimmer-Wohnungen. Insoweit
sei und bleibe der Wohnungsmarkt nach Experteneinschätzung im Sinne einer "allgemeine Sättigung im Markt", der in
Kassel ein Mietermarkt sei, zwar auch in den kommenden Jahren entspannt, bei Kleinwohnungen gebe es aber einen
Engpass, wobei die Antragsgegnerin den Wohnungsmarktbericht ihres Wohnungsamtes 2009 auf ihrer Internetseite
(siehe www.stadt-kassel.de/cms01/verwaltung/aemter/wohnungsamt), wo der Bericht auch selbst einsehbar ist und
heruntergeladen werden kann, ihrerseits selbst als wichtige Informationsquelle für alle Akteure des Wohnungsmarktes
bezeichnete. In diesem wurde die Zahl der Wohnungsleerstände sodann als seit Jahren relativ konstant beschrieben,
wobei exakt nachprüfbare Daten jedoch nur für den Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen vorlägen. Dabei
hätten sich die Leerstände im Bereich der öffentlich geförderten Wohnungen von 299 Wohneinheiten im Jahr 2006 auf
207 Wohneinheiten im Jahr 2008 verringert, was belege, dass eine unveränderte Nachfrage an günstigem Wohnraum
bestehe. Dabei sei die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant
geblieben und habe sich um 35 auf 2.223 verringert. Unverändert hoch sei die Nachfrage nach kleinen Wohnungen für
Einpersonenhaushalte. Die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine für diesen Bereich liege bei 41 %.
Große Wohnungen mit mehr als 5 Zimmern bzw. über 85 qm würden kaum nachgefragt. Der Anteil liege lediglich bei 4
%. Aufgrund des immer noch ausgeglichenen Wohnungsmarktes in Kassel hätten aber alle Wohnungssuchenden,
trotz der sinkenden Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen, mit Wohnraum versorgt werden können. Wohnungen
im freifinanzierten Bereich, die im unteren Preissegment lägen, verfügten jedoch oft über keinen zeitgemäßen
Standard. Die gestiegenen Energiekosten führten dann zu einer Belastung, die von den Haushalten mit geringem
Einkommen kaum getragen werden könnten.
An alledem hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert, wobei zwischenzeitlich unter www.stadt-
kassel.de/verwaltung/aemter/wohnungsamt/ auch bereits der Wohnungsmarktbericht der Stadt Kassel für das Jahr
2010 vorliegt, ausweislich dessen "erwartungsgemäß" die Anzahl der 1-Personen-Haushalte weiter gestiegen sei und
nunmehr bei über 50.000 Haushalten liege. Die durchschnittliche Personenzahl im Haushalt sei weiter gesunken. Eine
Umkehr dieser Entwicklung sei nicht zu erwarten.
Insoweit führt dann erneut die örtliche Presse (HNA vom 23. Oktober 2010) unter der Überschrift "Kleine Bleiben
fehlen" wieder weiter aus, dass kleine Wohnungen in der Stadt Kassel besonders gefragt, aber gleichzeitig auch
Mangelware seien. Dies umso mehr, als nur 9,4% des Kasseler Wohnungsbestandes ausweislich des
Wohnungsmarktberichtes 2010 1- und 2-Zimmer-Wohnungen seien, in der Hälfte aller Kasseler Haushalte nur noch ein
einziger Mensch wohne und 27% in 2-Personen-Haushalten. Insgesamt sind ausweislich des aktuellen
Wohnungsmarktberichtes der Stadt Kassel für das Jahr 2010 3,8% des Wohnungsbestandes 1-Zimmer-Wohnungen
(3.957), 5,6% sind 2-Zimmer-Wohnungen (5.740).
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erhalten im Bereich der Stadt
Kassel (vgl. www.stadt-kassel.de/stadtinfo/zahlen/soziales/) dann aber auch wieder bereits 2076 1-Personen-
Haushalte. Darüber hinaus lebten ausweislich des aktuellen Geschäftsberichtes der Arbeitsförderung Kassel-Stadt
(AfK) in weiteren 13.006 Bedarfsgemeinschaften insgesamt 24.599 hilfebedürftige Personen nach dem SGB II, wobei
sich diese 13.006 Bedarfsgemeinschaften im Juni 2010 bei einem Anteil von insoweit 53,9% ihrerseits wieder in 7.252
1-Personen-Haushalte sowie bei einem Anteil von 20,4% in 2.564 2-Personen-Haushalte aufgliederten (vgl. hierzu
www.arbeitsfoerderung-kassel.de/start/default.asp).
Unabhängig von der stetig wachsenden Anzahl von Studenten in Kassel sind also bereits rund 9.300 Haushalte im
Bereich der Stadt Kassel, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II erhalten, 1-Personen-Haushalte, wozu
noch rund 2.500 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB II hinzukommen; die entsprechende Zahl
für 2-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB XII ist nicht gesondert erfasst. Dies dann aber auch mit
der Folge, dass zumindest hinsichtlich des Mangels an sogenannten "kleinen Bleiben" wiederum die Frage erlaubt
sein muss, in welchen aktuell tatsächlich verfügbaren und vom Mietpreis angemessenen 1- oder 2-Zimmer-
Wohnungen all diese 1- oder 2-Personen-Haushalte in Kassel denn dann überhaupt leben sollen.
Letztlich ist also im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch eine Folgenabwägung im o.a.
Sinne vorzunehmen. Im Rahmen dieser Folgenabwägung zwischen einem im konkreten Einzelfall offenen
Verfahrensausgang in der Hauptsache einerseits und der Eilbedürftigkeit der Bewilligung laufender Leistungen sowie
unter Berücksichtigung der Grundsätze eines wirksamen Grundrechtsschutzes andererseits macht die Kammer
sodann von ihrem nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG eingeräumten Ermessen durch Erlass einer einstweiligen
Anordnung im hier entschiedenen Umfang Gebrauch, zumal zumindest im hier streitigen einstweiligen
Anordnungsverfahren und der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung keinerlei rechtlich durchgreifende
Anhaltspunkte bestehen, ausweislich derer die vom Antragsteller geltend gemachte Grundmiete, ohne dass insoweit
die entsprechenden einschlägigen Wohngeldtabellenwerte überschritten würden, nicht im o.a. Sinne angemessen
wäre.
Insoweit sind in Fallgestaltungen der vorliegenden Art an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes mit den weiteren
o.a. Ausführungen dabei auch keine hohen Anforderungen zu stellen. Dem Antragsteller ist das Abwarten der
Entscheidung aus den oben genannten Gründen im Hauptsacheverfahren nicht zuzumuten. Darüber hinaus ist ein
Anordnungsgrund in diesem Sinn insoweit vorliegend auch schon allein auf der Grundlage des im Übrigen unstreitig
vorliegenden Grundanspruchs glaubhaft gemacht.
Der einstweiligen Anordnung steht abschließend auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen,
da eine Rückforderung vorliegend nicht ausgeschlossen ist und es sich somit nicht um eine echte Vorwegnahme der
Hauptsache handelt (vgl. hierzu Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 8. November 2007, L 1 KR 230/07
ER). Somit hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im entschiedenen Umfang ab Antragseingang bei
Gericht Erfolg, wobei die Mitwirkungsverpflichtungen des Antragstellers nach den §§ 60 ff Sozialgesetzbuch -
Allgemeiner Teil (SGB I) von der vorliegenden Entscheidung selbst unberührt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 172 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), da der Wert des
Beschwerdegegenstandes, worauf allein abzustellen ist, im hier allenfalls streitigen Bewilligungsabschnitt bis 31. Juli
2011 insgesamt 750,00 EUR nicht übersteigt. Insoweit ist mit dem Hessischen Landessozialgericht die Beschwerde
im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch dann nicht eröffnet, wenn für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren
gemäß § 144 Abs. 2 SGG Zulassungsgründe vorlägen, ohne dass die vorgenannte Regelung selbst wiederum
sinngemäß auf das Beschwerdeverfahren übertragen werden könnte (vgl. Hessisches Landessozialgericht,
Beschlüsse vom 11. August 2008, L 7 AS 213/08 B ER, vom 1. Juli 2008, L 7 SO 59/08 B ER, vom 26. Juni 2008, L
7 AS 164/08 B ER und vom 12. Januar 2009, L 7 AS 421/08 B ER; ebenso Schleswig-Holsteinisches LSG, 6.
November 2008, L 11 B 526/08 AS ER, LSG Berlin-Brandenburg, 16. Oktober 2008, L 20 B 1647/08 AS ER, LSG
Niedersachsen-Bremen, 29. September 2008, L 8 SO 80/08 ER und 8. September 2008, L 13 AS 178/08 ER, LSG
NRW, 15. August 2008, L 19 B 146/08 AS ER; aA LSG Niedersachsen-Bremen, 21. Oktober 2008, L 6 AS 458/08
ER).