Urteil des SozG Kassel vom 14.09.2010

SozG Kassel: innere medizin, erwerbsfähigkeit, gerichtsakte, arbeitsmarkt, physikalische therapie, form, kirche, leistungsfähigkeit, sozialversicherungsrecht, persönlichkeitsstörung

Sozialgericht Kassel
Urteil vom 14.09.2010 (rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 6 R 263/09
Der Bescheid vom 11.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.05.2009 wird aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines
Eingliederungszuschusses vom 09.09.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt einen Eingliederungszuschuss als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1963 geborene Kläger erhält seit dem 01.11.2006 von der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 09.09.2008 stellte er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Einem ärztlichen Gutachten vom 27.02.2008 durch die Fachärztin für Innere Medizin Dr. F. ist zum beruflichen
Werdegang zu entnehmen, dass der Kläger die Sonderschule mit Abschluss absolvierte und 16-jährig eine Ausbildung
zum Dachdecker begann, welche er wegen eines Sehfehlers beenden musste. Danach habe er verschiedene
Tätigkeiten im Hoch- und Tiefbau, als Dachdecker und im Straßenbau absolviert. Es sei jedoch immer wieder zu
längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Rückenschmerzen und Gelenkerkrankungen gekommen. Zuletzt habe er als
Aushilfskraft beim Apotheker gearbeitet und Medikamente ausgefahren. Im Jahr 1996 erkrankte er an Morbus
Bechterew. Im Jahr 2003 erfolgte eine Bandscheibenoperation im Klinikum A-Stadt. Seit 2006 besuche der Kläger die
ambulante Therapie in der Institutsambulanz des Psychiatrischen Krankenhauses D. in A-Stadt wegen einer
depressiven Episode mit Angstsymptomatik. An jetzigen Beschwerden sind dem Gutachten zu entnehmen, dass der
Kläger rund um die Uhr unter Schmerzen in allen großen Gelenken und im Rücken leide, wobei die Lokalisation und
Schwere der Schmerzen differiere (Bl. 60 Verwaltungsakte). Seine Stimmung sei wechselhaft. Es sei für ihn sehr
belastend, dass er keine Arbeit habe. Die Decke falle ihm auf den Kopf. Er habe aufgrund fehlender Arbeit kein
Selbstwertgefühl. Zur Wirbelsäule und den Gliedmaßen heißt es in dem Gutachten, dass das Gangbild unauffällig
gewesen sei. Es bestehe eine ausreichende Fähigkeit zum flüssigen Treppengehen einer Etage. Hinsetzen und
Aufstehen, Hinlegen und Aufrichten, An- und Ausziehen seien problemlos möglich. Die HWS- und BWS-Beweglichkeit
sei nicht eingeschränkt. Es bestehe ein Schultergelenkgeradestand. Der Zehen- und Fersenstand sei beiderseits
möglich. Zu den oberen Extremitäten heißt es in dem Gutachten, dass der Nacken- und Schürzengriff beiderseits
problemlos möglich seien. Der Faustschluss sei beiderseits möglich und sehr kräftig. Die Schultergelenke seien frei
beweglich, wobei die Sehnenansätze jedoch beiderseits druckschmerzhaft seien. Es bestehe keine
Bewegungseinschränkung der Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke beiderseits. Zu den unteren Extremitäten heißt
es im Gutachten, dass sich das Durchbewegen der Gelenke wegen angegebener Schmerzen im LWS-Bereich als
schwierig gestalte. Die Sprung- und Kniegelenke seien beiderseits frei beweglich. Eine Hüftbeugung gelinge nur bis
90°. Ein längeres Sitzen auf einem Stuhl sei problemlos möglich. Die Untersuchung des Nervensystems kam zu
keinen Auffälligkeiten. In psychischer Hinsicht habe der Kläger einen bewusstseinsklaren, örtlich und zeitlich voll
orientierten Eindruck gemacht. Es habe eine ausgeglichene Stimmungslage bestanden (Bl. 58 Verwaltungsakte).
Teilweise habe sich eine leichte Affektlabilität gezeigt. Es seien keine manifesten Ängste erkennbar gewesen.
Allerdings bestehe eine subdepressive Verstimmung. Eine Störung von Konzentration und Gedächtnis sei nicht
erkennbar. An Diagnosen sind dem Gutachten zu entnehmen: 1. Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bei
undifferenzierter positiver Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung, therapieresistentes LWS-Syndrom bei
Zustand nach Versteifung L5/S1 nach Bandscheibenoperation im September 2003. 2. Depressive Episode mit
Angstsymptomatik. 3. Bluthochdruck. 4. Benigne Nephrosklerose mit Eiweißausscheidung. 5. Allergische Diathese.
6. Selbstunsichere Persönlichkeit. In der Epikrise heißt es, dass eine telefonische Rücksprache mit der behandelnden
Psychiaterin in der Institutsambulanz durchgeführt worden sei. Aus psychiatrischer Sicht bestehe nur eine drei- bis
sechsstündige Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt pro Tag, weil der Zustand des Klägers insgesamt
instabil sei. Es sei fraglich, ob eine ausreichende Ausdauer für eine regelmäßige achtstündige Tätigkeit vorliege. Mit
einer Besserung des Leistungsvermögens sei angesichts Grunderkrankung nicht zu rechnen (Bl. 55 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 11.02.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die persönlichen Voraussetzungen für die
Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe nicht erfüllt seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schriftsatz vom 05.03.2009 Widerspruch ein.
Zur Untermauerung des Widerspruchs überreichte der Prozessbevollmächtigte eine fachärztliche Bescheinigung des
Zentrums für Soziale Psychiatrie YZ. vom 17.03.2009, der zu entnehmen ist, dass der Kläger für leichte bis
mittelschwere Tätigkeiten bis acht Stunden täglich ausreichend belastbar sei (Bl. 13 Gerichtsakte).
Einer Bescheinigung der Abteilung für Nephrologie und Rheumatologie des Zentrums für Innere Medizin der
Universitätsmedizin VC. vom 17.02.2009 ist ebenfalls zu entnehmen, dass der Kläger täglich acht Stunden leichte bis
mittelschwere Arbeiten verrichten könne (Bl. 11 Gerichtsakte).
Weiterhin überreichte der Kläger eine "Verpflichtungserklärung" vom 11.03.2009, der zu entnehmen ist, dass der
Kläger zur Vorbereitung für den Beruf des Hausmeisters in der Evangelischen Kirchengemeinde in A-Stadt
unentgeltlich arbeite (Bl. 12 Gerichtsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2009 wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit den Gründen des
Ausgangsbescheids als unbegründet zurück. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zwar erfüllt. Auch
sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers derzeit gemindert im Sinne des § 10 SGB VI. Allerdings würden die
Voraussetzungen des § 10 SGB VI wegen fehlender Erfolgsaussichten nicht vorliegen.
Am 10.06.2009 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 11.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
19.05.2009 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben.
Im Rahmen eines ersten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat der Kläger eine "Psychiatrische fachärztliche
Bescheinigung zur Vorlage bei der Deutschen Rentenversicherung" der Fachärztin für Psychiatrie Dr. E. vom
14.07.2009 vorgelegt, der zu entnehmen ist, dass der Kläger derzeit etwa 6-8 Stunden täglich ehrenamtlich bei der
Kirche als Hausmeister arbeite. Diese Tätigkeit habe zu einer Besserung des Gesundheitszustands beigetragen (Bl. 5
f. Gerichtsakte zu S 6 R 8/09 ER).
Der Kläger hat eine Praktikumsbescheinigung der Evangelischen Kirche vorgelegt, der zu entnehmen ist, dass er von
15.03.2009 bis 31.07.2009 das Praktikum absolvierte. Der Kläger habe Instandsetzungs- und Renovierungsarbeiten,
Reinigungs- und Gartenarbeiten sowie die Pflege der Außenanlagen übernommen. Er habe sich die Zeiten selbst
einteilen können. Die ihm übertragenen Arbeiten habe er gewissenhaft, kompetent und zügig ausgeführt (Bl. 93
Gerichtsakte, S 6 R 8/09 ER).
Einem Befundbericht von Frau Dr. E. vom 27.10.2009 kann entnommen werden, dass der Kläger beim letzten
Gesprächstermin am 22.10.2009 in allen Qualitäten voll orientiert gewesen sei. Die Stimmungslage sei leicht
niedergedrückt. Der Antrieb und die affektive Schwingungsfähigkeit seien erhalten. Psychomotorisch sei der Kläger
ruhig. Seit Anfang 2008 habe sich der psychische Zustand des Klägers durch die Psychotherapie stabilisiert. Eine
eindeutige Besserung des Gesundheitszustands habe während der Zeit des Praktikums hergestellt werden können. Er
sei schwingungsfähig und mit ausreichendem Antrieb gewesen (Bl. 87 f. Gerichtsakte, S 6 R 8/09 ER).
Das Gericht hat sodann ein psychiatrisch-psychosomatisches Fachgutachten beim Facharzt für Psychiatrie Dr. C. in
Auftrag gegeben, welches dieser nach ambulanter Untersuchung am 22.12.2009 erstellt hat (Bl. 67 ff. Gerichtsakte).
An aktuellen Beschwerden gab er Schmerzen in der Wirbelsäule, den Hüften, Schultergelenken, Ellenbogen und Knien
an. Er habe sich an diese Schmerzen jedoch gewöhnt. Kopfschmerzen habe er nur selten. Es handele sich
insbesondere um keine Migräne. Er habe seit 10 Jahren einen nicht optimal eingestellten Bluthochdruck, eine durch
links kompensierte Sehschwäche rechts und eine Colitis ulcerosa mit 2-3 Schüben pro Jahr, die mit Cortison
beherrschbar sei. Weiterhin habe er Panikattacken, Herzrasen und Schweißausbrüche bei Arztbesuchen, Stress- und
Belastungssituationen. Diese träten 3 4 Mal pro Jahr auf. Eine Agoraphobie und spezifische Phobien habe er nicht.
Das Einschlafen falle ihm schwer. Wegen der Schmerzproblematik könne er auch nicht durchschlafen, sondern wache
drei- bis viermal pro Nacht auf. Seine Vitalität sei erhalten. Seit dem 3. Dezember arbeite er wieder, die Stimmung sei
deshalb besser. Dadurch gehe es ihm gut. Wenn er nichts zu tun habe, fühle er sich wert- und lustlos (Bl. 85
Gerichtsakte). An Diagnosen sind dem Gutachten zu entnehmen: 1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig
remittiert, bei vorhandener emotionaler Instabilität. 2. Geringgradige Agoraphobie mit Panikstörung in
Belastungssituationen, ca. 3 – 4 Mal pro Jahr. 3. Chronische Schmerzstörung. Als Strukturdiagnose wird auf eine
selbstunsichere Persönlichkeitsstörung mit schizoid-narzisstischen und dissozialen Zügen hingewiesen (Bl. 96
Gerichtsakte). An Fremddiagnosen benennt Dr. C. insbesondere die Schmerzproblematik und
Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet bzw. eine Morbus Bechterew-Erkrankung. Im
Rahmen der Beurteilung führt Herr Dr. C. aus, dass die Würdigung des Gesamtleidens und Beeinträchtigungsgrades
eine Rentengewährung angemessen erscheinen lasse (Bl. 107 Gerichtsakte). Unter Berücksichtigung der
Psychodynamik und Persönlichkeitsstörung sei es für den Kläger besonders wichtig, eine Arbeit ausführen zu
können. Zum Umfang und der Effizienz der bisherigen Maßnahmen wird ausgeführt, dass eine Besserung der
Schmerzstörung und der degenerativen Wirbelsäulenbeschwerden nicht wahrscheinlich sei. Hinsichtlich der
psychischen Störung bestehe inzwischen wieder eine Stabilisierung. Dies sei durch die ehrenamtliche Tätigkeit bei
der Kirche erreicht worden. Die Prognose würde vom weiteren Verlauf der körperlichen Erkrankung abhängen. Eine
absolut positive prognostische Einschätzung sei bei der Eigenart und Schwere der Störung nicht möglich. Derzeit sei
das körperliche und psychische Krankheitsbild ausreichend stabil, so dass eine Hausmeistertätigkeit mit 7 Stunden
pro Tag durchgeführt werden könne. Die Tätigkeit verlange vom Kläger eine Willensanstrengung bezüglich der
Schmerzen und orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen, welche aufgebracht werde, um Bestätigung zu
erlangen. Weiterhin heißt es: "Vom derzeitigen Standpunkt aus bestehen aufgrund der besonders geeigneten
Arbeitsstelle mit Freiheitsgraden gerade bei der Eigenart und Schwere der Persönlichkeitsstörung ausreichend
günstige Arbeitsmöglichkeiten, längerfristig eine kontinuierliche Arbeit durchzuführen." Hinsichtlich der Anpassungs-
und Umstellungsfähigkeit sei bei jeder Arbeit zu berücksichtigen, dass der Kläger möglichst autonom und
selbstständig arbeiten könne, da es bei ihm aufgrund der Selbstunsicherheit zu Kommunikationsproblemen kommen
könne. Eine gewisse freie Arbeitseinteilung sei von Vorteil. Der Kläger sei auf Grund seiner Persönlichkeitsstörung nur
für bestimmte Tätigkeiten geeignet, die ihm Selbstständigkeit und keine zu hohe Abhängigkeit abforderten. Aufgrund
der persönlichkeitsspezifischen Verhaltensweisen seien nur Tätigkeiten mit besonderen Freiheitsgraden bzw. ohne
hohe psychosoziale Anforderungen auszuüben. Die angestrebte Tätigkeit als Hausmeister sage dem Kläger aufgrund
seiner Persönlichkeitseigenschaften besonders zu. Er wäre der angestrebten Tätigkeit als Hausmeister durchaus
gewachsen. Es müsse jedoch vorher abgeklärt werden, ob er von seiner rheumatologischen gesundheitlichen
Verfassung her hierzu in der Lage sei (Bl. 114 Gerichtsakte). Insgesamt sei als "Fazit" festzustellen, "dass die
geklagten Funktionsbeeinträchtigungen bestehen, diese aber willentlich und in wesentlichem Umfang für die Tätigkeit
als Hausmeister überwunden werden können."
Das Gericht hat sodann ein "Internistisch-rheumatologisches Gutachten" durch den Facharzt für Innere Medizin,
Rheumatologie und physikalische Therapie Dr. D. in Auftrag gegeben, welches dieser am 25.06.2010 nach
ambulanten Untersuchungen am 19.04.2010 und 26.05.2010 erstellt hat (Bl. 141 ff. Gerichtsakte). Der Kläger gab an
jetzigen Beschwerden einen klopfenden Schmerz im Rücken an. Allerdings habe er in den letzten eineinhalb Jahren
ehrenamtlich für die Kirche eine Hausmeistertätigkeit durchgeführt und keine Krankheitsausfälle gehabt. Er habe
immer wieder Schmerzen an Schultern, Hüften und Knien. Bei der körperlichen Untersuchung zeigten sich im Bereich
der Kopf- und Halsorgane keine druckschmerzhaften Nervenaustrittspunkte. Auch hinsichtlich der Bauchorgane
zeigten sich keine Druckschmerzen und krankhaften Widerstände. Bei der Untersuchung des Nervensystems und der
Psyche stellte Dr. D. einen unauffälligen Hirnnervenbefund fest. Es ergaben sich keine Hinweise auf periphere
sensible oder motorische Ausfälle. Er stellte seitengleiche und prompte Muskeleigenreflexe an den oberen und
unteren Gliedmaßen fest. In psychischer Hinsicht sei der Kläger gut kontaktfähig, kooperativ und lebhaft in der
Schilderung. Er betone seine konkrete Motivation, wieder eine Arbeit aufzunehmen. Sein Affekt sei voll
schwingungsfähig. Er vermittele den Eindruck, hart im Nehmen zu sein, wenn die Motivation da sei (Bl. 150
Gerichtsakte). Bei der Untersuchung des Bewegungsapparates stellte Dr. D. eine freie Beweglichkeit der Kopfgelenke
und der Halswirbelsäule fest. Es zeige sich kein Nackenmuskeldruckschmerz. Es wurde ein Finger-Boden-Abstand
von 24 cm gemessen. Die Seit- und Rückneigung der Lendenwirbelsäule sei erheblich schmerzhaft eingeschränkt.
Das Aufrichten des Oberkörpers aus der Bauchlage sei möglich, jedoch schmerzhaft. Die Schultergelenke seien
schmerzfrei in allen Richtungen beweglich. Die Ellenbogen- und Handgelenke seien frei beweglich. Hier zeigten sich
keine Schwellungen. Die Hüftgelenke seien ebenfalls frei beweglich, wobei Schmerzen im linken Bereich angegeben
worden. Auch bei den Kniegelenken und Sprunggelenken zeigten sich keine Einschränkungen der Beweglichkeit und
keine Entzündungszeichen (Bl. 151 Gerichtsakte). Im Rahmen der Beurteilung führt Dr. D. aus, dass seit 1997 eine
Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung diagnostiziert worden sei und behandelt werde. Eine Spondarthritis sei
gekennzeichnet durch entzündliche Veränderungen im Bereich des Achsenorgans, wobei die Entzündung der
Iliosakralgelenke im Vordergrund stehe. Entlang der Wirbelsäule komme es im Laufe eines längeren
Krankheitsgeschehens zu so genannten Syndesmophyten, d.h. knöchernen Verbindungen der Wirbelkörper um die
jeweilige Bandscheibe herum. Im vorliegenden Fall sei trotz 13-jährigen Verlaufs keine Röntgenveränderung im Sinne
einer aktuellen oder abgelaufenen Sakroileitis erkennbar. Auch fehlten Syndesmophyten z. B. im besonders häufig
befallenen Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule. Was die Beteiligung peripherer Gelenke angehe, so sei in
den vorliegenden früheren Befunden von druckschmerzhaften Gelenken, nicht aber von geschwollenen Gelenken die
Rede. Bei der jetzigen Untersuchung fehlten Zeichen abgelaufener Gelenkentzündungen. Auch sei trotz erhöhter
Entzündungsparameter im jetzigen Befund keine aktuelle Gelenkentzündung zu verzeichnen. Eine undifferenzierte
Form der Spondarthritis sei deshalb nicht festzustellen. Dr. D. hält selbst die rheumatologische Diagnose einer so
genannten Alterspolyarthritis vom polymyalgischen Typ für zutreffend (Bl. 157 Gerichtsakte). Weiterhin bestehe eine
benigne Nephrosklerose mit leichten Zeichen einer Niereninsuffizienz. Eine wesentliche, davon ausgehende
Funktionsbeeinträchtigung sei nicht anzunehmen. Der Kläger habe im Jahr 1997 einen Bandscheibenvorfall gehabt,
der vollständig konsolidiert sei. Es sei zusammenfassend davon auszugehen, dass die Alterspolyarthritis vom
polymyalgischen Typ im akuten Zustand oder in der Schubsituation zur Arbeitsunfähigkeit führe. Sie sei aber durch
entzündungshemmende Maßnahmen gut unter Kontrolle zu halten. Derzeit bestehe keine dauerhafte Einschränkung
der Erwerbsfähigkeit. Tätigkeiten sollten in wechselnder Körperhaltung zwischen Sitzen, Gehen und Stehen ausgeübt
werden. Zwangshaltungen seien nicht mehr zumutbar. Die Hebe- und Bückarbeiten sollten wegen der orthopädischen
Vorgeschichte auf Gewichte bis 20 kg beschränkt werden. Häufiges Bücken, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und
mit Absturzgefahr seien zu meiden. Schichtarbeit sei wegen der rheumatischen Erkrankungen nur im Bereich des
Tages möglich. Tätigkeiten mit besonderen nervlichen Belastungen und unter Zeitdruck seien nicht mehr möglich. Er
sei davon auszugehen, dass insbesondere in den Morgenstunden mit größeren Schwierigkeiten als im weiteren
Tagesverlauf zu rechnen sei. Deshalb sei die genannte Einteilungsmöglichkeit bei einer Tätigkeit als Hausmeister
eine gute Voraussetzung für eine längere Zeit aufrechtzuerhaltende Leistungsfähigkeit in einem Beruf wie zum
Beispiel Hausmeister oder ähnlichem. Die rheumatische Erkrankung habe sich in den letzten Jahren gut stabilisiert.
Sie könne aber immer "Schübe" ergeben, die jedoch medikamentös abzufangen seien. So habe der Kläger bei seiner
ehrenamtlichen Tätigkeit als Hausmeister in einer Kirche nach eigenen Angaben keine Krankheitsausfälle über
eineinhalb Jahre gehabt. Aus dem bisherigen Verlaufs der rheumatischen Erkrankung würden sich keine ungünstigen
Prognoseparameter ergeben (Bl. 161 Gerichtsakte).
Der Kläger ist der Auffassung, dass durch die medizinischen Unterlagen und das absolvierte Praktikum seine Eignung
für eine Stelle als Hausmeister hinreichend sicher feststehe. Ohne einen Eingliederungszuschuss bestehe für ihn auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine realistische Chance mit seinen Gesundheitsstörungen, für die ein Grad der
Behinderung (GdB) von 90 festgestellt worden sei, einen Arbeitsplatz zu erhalten.
Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 11.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.05.2009
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben in Form eines Eingliederungszuschusses vom 09.09.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass eine Eignung des Klägers für eine ganztägige Tätigkeit als Hausmeister nicht erwiesen
sei. Nach dem Gutachten von Herrn Dr. C. bestehe ein Leistungsvermögen für eine entsprechende Tätigkeit nur unter
besonderen Bedingungen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch regelmäßig nicht erfüllt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und auf die
Gerichtsakten zu den Verfahren S 6 R 263/09, S 6 R 8/09 ER und S 6 R 2/10 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat Erfolg. Die Klage ist zulässig und in Form eines Bescheidungsurteils begründet.
Die Klage ist vorliegend zunächst zulässig, da bei Eingliederungszuschüssen neben dem Arbeitgeber auch der
behinderte Versicherte klagebefugt ist (Luik in: jurisPK-SGB IX, 1. A. 2010, § 34 Rn. 62).
Die Klage ist auch in dem genannten Umfang begründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines Eingliederungszuschusses gem. §§ 9, 10, 16 SGB VI in Verbindung mit § 34
SGB IX unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Gem. § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um
1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die
Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem
Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Gem. § 9 Abs. 2 SGB VI können die Leistungen erbracht werden, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen
Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über das "Ob" der Leistung der
uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "Wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der
Beklagten steht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil v. 17.10.2006, B 5 RJ 15/05 R, juris, Rn. 12).
Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI erfüllt sind und auch ein Ausschlussgrund im
Sinne des § 12 SGB VI nicht ersichtlich ist, hatte die Kammer lediglich zu entscheiden, ob der Kläger die
persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI für Leistungen zur Teilhabe erfüllt. Die Kammer ist davon überzeugt,
dass dies der Fall ist.
Für Leistungen zur Teilhaben haben Versicherte nach § 10 Abs.1 SGB VI die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1.
deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet
oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbfähigkeit eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben
abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren
wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine
wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten
werden kann.
Hierbei hat das BSG mit Urteil vom 17.10.2006 (B 5 RJ 15/05 R, juris) zutreffend hervorgehoben, dass § 10 SGB VI
auch für Versicherte gilt, die zuletzt eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt haben. Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe
haben mithin auch Versicherte, die keinen Berufsschutz im Sinne des § 240 SGB VI genießen.
Nach § 13 Abs. 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze
der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die
Rehabilitationseinrichtungen nach pflichtgemäßen Ermessen.
Als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können nach § 16 SGB VI in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX
u.a. Eingliederungszuschüsse erbracht werden. Die Höhe der Eingliederungszuschüsse bestimmt sich nach § 34 Abs.
3 SGB IX. Eingliederungszuschüsse sollen danach grundsätzlich höchstens 50 % der vom Arbeitgeber regelmäßig
gezahlten Entgelte betragen und im Regelfall für nicht mehr als ein Jahr gezahlt werden.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) SGB VI vorliegen.
1. Zunächst ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers gemindert, da er unter verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden
leidet, die eine konkurrenzfähige Arbeitsvermittlung des Klägers erheblich erschweren und zur Folge haben, dass der
hoch arbeitsmotivierte Kläger bislang über keinen Arbeitsplatz verfügt.
2. Die Kammer ist des Weiteren davon überzeugt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben voraussichtlich wesentlich gebessert und unter auch wiederhergestellt werden kann.
Eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Minderung der Leistungsfähigkeit im
Erwerbsleben zumindest teilweise und nicht nur vorübergehend behoben werden kann. Hierbei reichen nach der
obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, für eine wesentliche Besserung der
Erwerbsfähigkeit die bloße Linderung des Leidens oder eine sonstige Erleichterung in den Lebensumständen nicht aus
(Kreikebohm in: Ders. (Hrsg.), SGB VI, 3. A. 2008, § 10 Rn. 8). Aus dem Wortlaut des § 10 SGB VI ist vielmehr zu
folgern, dass die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich spürbar beeinflusst werden muss. Dementsprechend liegt eine
wesentliche Besserung der Erwerbfähigkeit nicht vor, wenn der Versicherte die Voraussetzungen einer Rente wegen
Erwerbsminderung erfüllt und die Erwerbsfähigkeit zwar gebessert werden kann, ohne dass dies jedoch Auswirkungen
auf die Erwerbsminderungsrente hat (Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, 66.
Ergänzungslieferung 2010, beck-online, § 10 Rn. 11; Luthe in: JurisPK-SGB VI, 1. A. 2008, § 10 Rn. 52). Ausreichend
ist jedoch, dass die Leistungen zur Teilhabe die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich so erheblich
bessern, dass ein Versicherter, der gegenwärtig eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, nur noch auf eine
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung angewiesen ist (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil
v. 09.09.2009, L 8 R 579/08, juris, Rn. 46 f.; Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, §
10 Rn. 11; Slottke in: Hauck & Haines (Hrsg.), SGB VI, Lfg. 2/2007, § 10 Rn.10).
Eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit liegt vor, wenn die Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben
dauerhaft behoben werden kann. Der Versicherte muss also in das Erwerbsleben vollständig integriert werden (Luthe
in: JurisPK-SGB VI, 1. A. 2008, § 10 Rn. 53).
Durch das Wort "voraussichtlich" wird zum Ausdruck gebracht, dass der Träger der Rentenversicherung im Rahmen
einer Prognoseentscheidung zu beurteilen hat, ob Leistungen eine hinreichende Erfolgsaussicht haben. Dies ist dann
der Fall, wenn die Erreichung des angestrebten Rehabilitationsziels wahrscheinlich ist, wenn also mehr Gründe dafür
als dagegen sprechen, dass die Leistung zu einer wesentlichen Besserung oder Wiederherstellung der
Erwerbsfähigkeit führt (Kater in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 10 Rn. 14; Luthe in:
JurisPK-SGB VI, § 10 Rn. 61). Im Rahmen seiner Prognoseentscheidung hat der Rentenversicherungsträger eine
umfassende Würdigung sämtlicher zur Verfügung stehender Informationen über den Gesundheitszustand des
Versicherten vorzunehmen. Entsprechend des prospektiven Blickwinkels von Prognoseentscheidungen darf der
Rentenversicherungsträger insbesondere Misserfolgen und gesundheitlichen Rückschlägen im bisherigen Lebensweg
des Versicherten keine zu große Bedeutung zuschreiben, wenn sich Anhaltspunkte für eine Stabilisierung des
Versicherten in der Gegenwart abzeichnen, die einen Erfolg der Rehabilitationsmaßnahmen als Wahrscheinlich
erscheinen lassen (vgl. auch: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.10.1998, L 6 A 5/97, juris). Die bloße Möglichkeit des
Erfolgseintritts reicht grundsätzlich nicht aus (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 21.10.1998, L 6 A 5/97, juris, Rn. 27).
Auf der anderen Seite dürfen Leistungen nicht wegen verbleibender Zweifel bzw. Unsicherheiten, die mit jeder
Prognoseentscheidung verbunden sind, abgelehnt werden (BSG, Urteil v. 24.03.1983, 8 RK 2/82, juris; Kater in:
Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 10 Rn. 14). Hierbei hebt Luthe (in: JurisPK-SGB VI, §
10 Rn. 65) zutreffend hervor, dass die Erfolgsprognose nicht nur auf der Basis einer rein empirischen
Betrachtungsweise vorzunehmen ist. Vielmehr hat in die Entscheidung – insbesondere in Grenzfällen – auch die
Bedeutung der Leistung für den Betroffenen einzufließen und erhöht die Anforderung an den argumentativen Aufwand,
wenn der Leistungsträger den Antrag ablehnen will. Bei psychischen und anderen chronischen Erkrankungen (z.B.
Drogenabhängigkeit) dürfen an die Erfolgsaussichten keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden (Kater in:
Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 10 Rn. 14; Luthe in: JurisPK-SGB VI, 1. A. 2008, §
10 Rn.73). Hier hat der Leistungsträger zu beurteilen, ob während der maßgeblichen Dauer der Leistungsgewährung
auf Grund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls die realistische Chance besteht, dass das Reha-Ziel erreicht
werden kann (vgl. auch: SG Karlsruhe, Urteil v. 23.06.2005, S 15 R 4584/03, juris, Rn. 27).
Hat der Rentenversicherungsträger seine Leistungspflicht grundsätzlich verneint, hat keine maßnahmenbezogene
Prüfung der Erfolgsaussicht zu erfolgen. Das BSG hebt in diesem Zusammenhang zur Prognose bei § 10 SGB VI
(BSG, Urteil v. 17.10.2006, B 5 RJ 15/05, juris, Rn. 29) hervor:
"Die nach dieser Norm gebotene Feststellung der Erfolgsaussicht zur Teilhabe muss sich auf die Prüfung
beschränken, ob der Versicherte grundsätzlich rehabilitationsfähig ist, was unter Berücksichtigung seiner körperlichen
sowie geistigen Leistungsfähigkeit, seiner Motivation und seines Alters positiv festzustellen ist."
Dieser Auffassung des BSG schließt sich die Kammer an.
Die Kammer ist unter Abwägung folgender Gesichtspunkte davon überzeugt, dass ein Eingliederungszuschuss mit
der erforderlichen Wahrscheinlichkeit geeignet ist, die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers in rentenrelevantem
Umfang und damit wesentlich zu bessern und mit Wahrscheinlichkeit sogar wieder herzustellen:
Zunächst ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger einer geeigneten Tätigkeit auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt gesundheitlich grundsätzlich gewachsen ist.
Die Hauptleiden des Klägers bestehen auf dem psychiatrischen Fachgebiet. Der Kläger leidet ausweislich des
Sachverständigengutachtens von Herrn Dr. C. unter einer rezidivierenden depressiven Störung, einer geringen
Agoraphobie mit Panikstörung in Belastungssituationen, einer selbstunsicheren Persönlichkeit und einer chronischen
Schmerzstörung. Unter diesen Störungen leidet der Kläger bereits seit mehreren Jahren. Es ist allerdings nicht
ersichtlich, dass diese Störung seit der Behandlung durch die psychiatrische Ambulanz D. noch so stark ist, dass
diese mit einer Erwerbstätigkeit des Klägers nicht zu vereinbaren wäre. Im Rahmen der Begutachtung durch Frau Dr.
F. machte der Kläger einen bewusstseinsklaren, örtlich und zeitlich vollorientierten Eindruck. Dr. F. ging von einer
ausgeglichen Stimmungslage beziehungsweise von einer lediglich subdepressiven Verstimmung des Klägers aus (Bl.
58 Verwaltungsakte). Die behandelnde Ärztin Dr. E. beschreibt eine psychische Stabilisierung des Klägers durch die
ambulante Psychotherapie. Der Gerichtssachverständige Dr. C. ist damit übereinstimmend davon überzeugt, dass der
Kläger zwar unter erheblichen psychischen Beschwerden mit qualitativen Leistungseinschränkungen leidet, aber
derzeit psychisch so stabil ist, dass die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen willentlich für eine Tätigkeit als
Hausmeister überwunden werden könnten. Diese Einschätzung wird durch die durchgeführte ehrenamtliche Tätigkeit
des Klägers bei der evangelischen Kirche bestätigt, für die er über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahre ohne
Arbeitsausfälle tätig war. Mag es sich hierbei auch um eine Tätigkeit handeln, bei der der Kläger besondere
Freiheitsgrade und besondere Möglichkeiten der Zeiteinteilung hat, so kann aus dem erfolgreichen Absolvieren dieser
Tätigkeit jedoch der Rückschluss gezogen werden, dass der Kläger für eine entsprechende Tätigkeit mit einer
vergleichbaren Arbeitssituation körperlich und psychisch hinreichend belastbar ist.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht auf Grund der sonstigen gesundheitlichen Leiden des Klägers. Der
orthopädisch-rheumatologische Sachverständige Dr. D. geht in seinem Gutachten vom 26.05.2010 nachvollziehbar
und übereinstimmend mit den behandelnden Ärzten der Universität VC. davon aus, dass auch die orthopädischen und
rheumatischen Erkrankungen des Klägers bereits seit längerer Zeit so stabil sind, dass diese mit einer
Erwerbstätigkeit des Klägers in einem geeigneten Arbeitsplatz zu vereinbaren sind. Auf Grund des bisherigen Verlaufs
der rheumatischen Erkrankung würden sich insgesamt keine ungünstigen Prognoseparameter ergeben.
Mit diesen Feststellungen hält die Kammer den Sachverhalt auch in medizinischer Hinsicht für hinreichend geklärt und
den Kläger für körperlich und psychisch hinreichend belastbar, um voraussichtlich bestimmte Erwerbstätigkeiten mit
größerer Freiheit hinsichtlich der Zeiteinteilung längerfristig auszuüben. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die
Beklagte zu hohe Anforderungen an die zu prognostizierende Erfolgswahrscheinlichkeit knüpft. Prognostische
Unsicherheiten sind angesichts der chronischen Erkrankung des Klägers unvermeidlich. Die eingeholten
medizinischen Unterlagen sprechen jedoch dafür, dass sich der gesundheitliche Zustand des Klägers durch die
Aufnahme der ambulanten Psychotherapie so stark stabilisiert hat, dass mehr dafür als dagegen spricht, dass er
voraussichtlich eine geeignete Arbeitsstelle langfristig ausüben könnte, wenn nicht zusätzliche Gesundheitsstörungen
hinzutreten sollten. Hierfür gibt es allerdings keine Anhaltspunkte. Der Gesundheitszustand des Klägers ist derzeit
seit dem Jahr 2008 weitgehend stabil. Auch hatte die Kammer zugunsten des Klägers dessen hohe Arbeitsmotivation
zu berücksichtigen, die ihm voraussichtlich dabei helfen wird, eine entsprechende Tätigkeit trotz der bestehenden
körperlichen und psychischen Funktionsbeeinträchtigungen und hierbei insbesondere der Schmerzsymptomatik
auszuführen. Auch wird von der Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt, dass es auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt neben einer Vielzahl von Stellen, denen der Kläger auf Grund seiner körperlichen und gesundheitlichen
Beschwerden nicht gewachsen sein dürfte, in einem gewissen Umfang auch Stellen gibt, die dem Leistungsvermögen
des Klägers mit den Gerichtssachverständigen beschriebenen notwendigen Freiheitsgraden und Möglichkeiten der
freien Zeiteinteilung entsprechen. Es spricht damit zusammenfassend mehr dafür als dagegen, dass der Kläger einer
Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit weitgehend freier Zeiteinteilung (z.B. als Hausmeister) gewachsen
wäre, so dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Gewährung eines Eingliederungszuschusses, der den
Kläger beim Erhalt eines entsprechenden Arbeitsplatzes nachhaltig unterstützen würde, voraussichtlich gebessert und
wahrscheinlich sogar wiederhergestellt werden kann. Weiterhin hat die Beklagte übersehen, dass die persönlichen
Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) SGB VI im Falle des Klägers mit einer Rentengewährung wegen voller
Erwerbsminderung bereits bei einer Besserung der Erwerbsfähigkeit durch die Aufnahme einer Teilzeitarbeitsstelle mit
einem rentenrelevanten Umfang von täglich mehr als drei Stunden erfüllt sind.
Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 b) SGB VI in
Verbindung mit § 16 SGB VI und § 34 SGB IX sind damit erfüllt.
3. Die Kammer ist ferner davon überzeugt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Falle des Klägers auch
erforderlich sind.
Der Kläger hat in den letzten Jahren keine dauerhafte Anstellung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gehabt, verfügt
über keine abgeschlossene Ausbildung und leidet unstreitig unter verschiedenen gravierenden gesundheitlichen
Beschwerden, welche vom Versorgungsamt mit einem Grad der Behinderung von 90 bewertet wurden.
Es ist gerichtsbekannt, dass Arbeitnehmer mit entsprechenden gesundheitlichen Beschwerden und ohne formal
abgeschlossene Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne einen entsprechenden Eingliederungszuschuss
praktisch keine Chance erhalten, um ihr Können gegenüber Arbeitgebern zu beweisen. Die Kammer ist daher davon
überzeugt, dass der Eingliederungszuschuss auch erforderlich ist, um die geminderte Erwerbsfähigkeit zu bessern.
4. Die Kammer hatte die Entscheidung in Form eines Bescheidungsurteils zu treffen.
Liegen die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe vor, hat der
Rentenversicherungsträger nämlich ein Auswahlermessen (Slottke in: Hauck & Haines (Hrsg.), SGB VI, Lfg. 2/07, § 9
Rn. 15 f.).
Dieses Auswahlermessen der Beklagten ist vorliegend nicht auf Null reduziert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.