Urteil des SozG Kassel vom 13.07.2009

SozG Kassel: grobe fahrlässigkeit, verwaltungsakt, arbeitsentgelt, zuschuss, sorgfalt, mitteilungspflicht, minderung, unverzüglich, firma, vollzeitbeschäftigung

Sozialgericht Kassel
Urteil vom 13.07.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Kassel S 3 AL 293/06
Hessisches Landessozialgericht L 6 AL 131/09
1. Der Bescheid vom 8.6.2006 (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.7.2006 wird aufgehoben.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat dem Kläger 2/5 der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen
Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung des Existenzgründungszuschusses ab 11. November 2005
und Erstattung von 2.400,- EUR und Fortzahlung des Existenzgründungszuschusses für die Zeit ab 1. Juni 2006 bis
31. Mai 2007.
Der Kläger beantragte am 28. April 2004 die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer
selbständigen Tätigkeit im Rahmen der Schaumstoffverarbeitung und zwar der Bestellung von Blöcken, dem
Zuschneiden und dem Liefern an Möbelfabriken und Raumausstatter. Durch Bescheid vom 29. Juni 2004 bewilligte die
Beklagte einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 1. Juni 2004 bis 31. Mai 2005 in Höhe von monatlich
600,- EUR als Zuschuss. Am 1. Juni 2005 beantragte der Kläger die Weitergewährung des
Existenzgründungszuschusses; dieser wurde ihm durch Bescheid vom 30. Juni 2005 für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis
31. Mai 2006 in Höhe von monatlich 360,- EUR als Zuschuss gewährt.
Am 23. Mai 2006 teilte der Kläger mit, seit 11. November 2005 bei der Firma A. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit
von 37 Stunden beschäftigt zu sein. Die selbständige Tätigkeit übe er nicht mehr überwiegend aus. Hieraufhin hörte
die Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 31. Mai 2006 über eine beabsichtigte Aufhebung der Bewilligung des
Existenzgründungszuschusses und Erstattung von 2.400,- EUR an.
Durch Bescheid vom 8. Juni 2006 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 30. Juni 2005 mit Wirkung vom
11. November 2005 auf und forderte die Erstattung eines Betrages von 2.400,- EUR. Zur Begründung führte sie aus,
die Voraussetzungen für die Gewährung des Existenzgründungszuschusses seien weggefallen, da der Kläger seine
selbständige Tätigkeit ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr überwiegend ausübe.
Am 16. Mai 2006 beantragte der Kläger die Weitergewährung eines Existenzgründungszuschusses für das dritte
Förderjahr und führte im Antrag aus, seine selbständige Tätigkeit in einem Umfang von ca. 30 Wochenstunden
auszuüben.
Durch Bescheid vom 8. Juni 2006 lehnte die Beklagte die Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses für das
dritte Förderjahr mit der Begründung ab, der Kläger habe seit dem 11. November 2005 eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von 37 Wochenstunden aufgenommen und übe seine
selbständige Tätigkeit seitdem nicht mehr überwiegend aus.
Gegen den Aufhebungsbescheid richtete sich der Widerspruch vom 27. Juni 2006, zu dessen Begründung der Kläger
ausführte, es sei zwar richtig, dass er eine abhängige Beschäftigung ausübe. Letztere sei jedoch durch die beigefügte
Kündigung zum 31.7.2006 beendet worden. Die abhängige Beschäftigung sei nicht derart ausgeübt worden, dass er
hierneben nicht vollumfänglich und mit einer höheren Stundenzahl seiner selbständigen Tätigkeit nachgegangen sei.
Gegen die Ablehnung der Fortzahlung des Existenzgründungszuschusses richtete sich der am 27. Juni 2006
erhobene Widerspruch.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur
Begründung u.a. aus, dass die Aufnahme einer hauptberuflichen unselbständigen Tätigkeit zum Wegfall der
Leistungsvoraussetzung für den Existenzgründungszuschuss führe. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der
Leistungsbewilligung und Erstattung der überzahlten Leistung lägen ebenfalls vor, da der Kläger einer durch
Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich
oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. In der Anlage zum Bewilligungsbescheid vom 9. September 2004 sei
ihm das Hinweisblatt zum Existenzgründungszuschuss übersandt worden. Dem Hinweisblatt sei eindeutig zu
entnehmen, dass der Existenzgründungszuschuss mit der Maßnahme gewährt werde, dass eine hauptberufliche
selbständige Tätigkeit aufgenommen und ausgeübt werde. Auf die Verpflichtung, unverzüglich alle Änderungen
mitzuteilen, die Auswirkungen auf die Leistung haben könnten, sei hingewiesen worden. Der Kläger habe eine
unselbständige Tätigkeit von 37 Stunden wöchentlich aufgenommen, so dass die von ihm ausgeübte selbständige
Tätigkeit nur nebenberuflich erfolgen könne. Selbst wenn man von einer, wie von ihm selbst angegebenen,
Wochenstundenzahl von 30 ausgehe, handele es sich nicht um eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit.
Entsprechend dem Beiblatt des Bescheides und des an den Kläger ausgehändigten Merkblattes 3 Nr. 10 habe er von
seiner Verpflichtung gewusst, Änderungen der Beklagten mitzuteilen und habe auch die Voraussetzungen des
Existenzgründungszuschusses gekannt. Gegen die zurückweisenden Widersprüche richten sich die am 18. August
2006 zum Sozialgericht Kassel erhobenen Klagen. Zur Begründung trägt der Kläger vor, er habe neben seiner
Vollzeittätigkeit, die er in einer abhängigen Beschäftigung verrichtete, hauptberuflich selbständig gearbeitet. Neben
seiner abhängigen Beschäftigung habe er im Schnitt 50 Stunden die Woche in selbständiger Tätigkeit gearbeitet.
Der Kläger beantragt, die Bescheide vom 8.6.2006 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20.7.2006 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihm Existenzgründungszuschuss auch für die Zeit vom 1.6.2006 bis 31.5.2007 in
gesetzlichem Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich zur Begründung ihres Antrags auf die während des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens
gemachten Ausführungen. Ergänzend trägt sie vor, dass der zeitliche Umfang, in dem die selbständige Tätigkeit
ausgeübt worden sein soll, jeglicher Plausibilität entbehre.
Durch Beschluss vom 13.Juli 2009 hat das Gericht die Verfahren S 3 AL 293/06 und S 3 AL 94/07 zur gemeinsamen
Verhandlung und Entscheidung verbunden. Führend ist das Aktenzeichen S 3 AL 293/06.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten; weiterhin wird Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die nach § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gemeinsam zu verhandeln und entscheiden war,
sind zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der Bescheid vom 8.Juni 2006 (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.Juli 2006 ist rechtswidrig. Der Kläger wird hierdurch in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte hat zu Unrecht die
Bewilligung des Existenzgründungszuschusses mit Wirkung vom 11. November 2005 aufgehoben und die Erstattung
eines Betrages in Höhe von 2.400,- EUR gefordert.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft
aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit
Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
In dem den Existenzgründungszuschuss bewilligenden Bescheid vom 30.Juni 2005 ist insoweit eine wesentliche
Änderung eingetreten, als der Kläger mit Wirkung vom 11. November 2005 eine versicherungspflichtige Beschäftigung
mit einem Umfang von 37 Wochenstunden aufgenommen hat und damit die leistungsrechtlichen Voraussetzungen für
die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorgelegen haben.
Nach § 421 l Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der hier anzuwendenden, ab dem 27. November
2004 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer
Gesetze vom 19. November 2004 (BGBl. I, 2902) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen
hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen
Existenzgründungszuschuss.
Mit der Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung, die einen Umfang von 37 Wochenstunden umfasste,
ist ein Tatbestandsmerkmal, das für die Gewährung des Existenzgründungszuschusses konstitutiv ist, entfallen,
nämlich das der Ausübung einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit. Mit der Aufnahme der abhängigen
Beschäftigung entfiel das Tatbestandsmerkmal der Hauptberuflichkeit. Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung
von § 421 l Abs.1 Satz 1 SGB III durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und
anderer Gesetze stellt die Änderung klar, dass nur die Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit
förderfähig ist. Die selbständige Tätigkeit ist insbesondere dann hauptberuflich, wenn der zeitliche Schwerpunkt der
beruflichen Tätigkeit auf ihr liegt (BT-Drucks. 15/3674, S. 10 f. zu Nr. 18). Zwar ist Hauptberuflichkeit grundsätzlich
nicht absolut bestimmbar, sondern es ist der Zeitaufwand und das erzielte Entgelt zu ermitteln und miteinander zu
vergleichen. Gleichwohl wird bei einer mehr als halbschichtigen Beschäftigung die selbständige Tätigkeit in der Regel
nebenberuflich sein, außer unter Umständen, wenn das Arbeitseinkommen das Arbeitsentgelt deutlich übersteigt (vgl.
Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 60. Ergänzungslieferung 2009, § 5 SGB V, Rdnr. 154/157).
Ausgehend hiervon war die selbständige Tätigkeit des Klägers ab dem 11. November 2005 zur Überzeugung des
Gerichts eindeutig als nebenberuflich zu bestimmen. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die abhängige
Beschäftigung mit 37 Wochenstunden der ausgeübten selbständigen Tätigkeit deutlich überwog. Hierbei kann nicht
von den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Klageschrift ausgegangen werden, in der dieser
angab, der Kläger habe im Schnitt 50 Stunden die Woche für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit ausgeübt,
sondern es ist von den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren auszugehen. Hier hat er, zeitnah zur Mitteilung
der Aufnahme einer nichtselbständigen Tätigkeit, nämlich am 17.Mai 2006 angegeben, für seine selbständige
Tätigkeit ca. 30 Wochenstunden aufzuwenden. Somit überwog die nichtselbständige Tätigkeit deutlich. Aber auch aus
dem Erlös im maßgeblichen Zeitraum lässt sich ohne weiteres der Schluss ziehen, dass die selbständige Tätigkeit im
streitigen Zeitraum nicht hauptberuflich ausgeübt wurde. Zwar liegen der Kammer keine Erkenntnisse über das im
Rahmen der abhängigen Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt vor; gleichwohl zieht sie den Schluss, dass der Kläger
in jedem Fall ein positives Entgelt aus dieser Beschäftigung erhalten haben wird. Dies traf auf seine selbständige
Tätigkeit im streitigen Zeitraum nicht zu. Ausweislich der von ihm vorgelegten Kosten- und Einnahmenaufstellung
erzielte er im strittigen Zeitraum nach dem 11. November 2005 ein Defizit von 1.488,95 EUR. Somit lagen keinerlei
Anhaltspunkte dafür vor, dass die selbständige Tätigkeit bezüglich des erzielten Arbeitseinkommens dem im
streitigen Zeitraum erzielten Arbeitsentgelt deutlich überwog. Ausgehend hiervon lag mit Aufnahme der abhängigen
Beschäftigung ab 11. November 2005 keine hauptberufliche selbständige Tätigkeit mehr vor.
Gleichwohl war die Beklagte nicht befugt, die Leistungsbewilligung für die Vergangenheit aufzuheben.
Nach § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der
Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit 1. die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt, 2. der Betroffene
einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der
Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, 3. nach Antragstellung oder Erlass des
Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs
geführt haben würde, oder 4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen
gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X kam nicht in Betracht, da die Änderung nicht zu Gunsten des
Betroffenen erfolgte; auch eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X stand nicht im Raum, da der Kläger
kein Einkommen oder Vermögen erzielt hat, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben
würde. Aber auch eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X war vorliegend nicht statthaft. Zwar hat der
Kläger es unterlassen, eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn
nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorzunehmen, indem er die Aufnahme der abhängigen Beschäftigung am 11.
November 2005 nicht angezeigt hat. Zur Überzeugung des Gerichts ist er dieser Pflicht indessen weder vorsätzlich
noch grob fahrlässig nicht nachgekommen. Vorsätzliches Handeln scheidet vorliegend aus; hiervon geht auch die
Beklagte aus. Zur Überzeugung des Gerichts hat der Kläger indessen auch nicht grob fahrlässig gehandelt. Grobe
Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition von § 45 Abs.3 Satz 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die
erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Hierbei sind auch die persönliche Urteils- und
Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen – subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff
(vgl. Kasseler-Kommentar/Steinwedel, a.a.O., § 45 SGB X, Rdnr. 39). Insbesondere bedeutsam ist auch, in welchem
Umfang bei Bewilligung der Dauerleistung auf eine Mitteilungspflicht hingewiesen worden ist. Ist jemand
unmissverständlich darüber belehrt worden, dass er bestimmte, für den Leistungsempfang wesentliche Umstände
mitzuteilen hat und unterlässt er dies, liegt in aller Regel grobe Fahrlässigkeit vor (vgl. von Wulffen/Schütze, SGB X,
Kommentar, 6. Aufl. 2008, § 48 Rdnr. 23). Vorliegend ist der Kläger zur Überzeugung des Gerichts nicht in
ausreichendem Maß über seine Verpflichtung unterrichtet worden, die Aufnahme einer versicherungspflichtigen
abhängigen Beschäftigung anzuzeigen. Zwar wurde der Kläger verpflichtet, Änderungen gegenüber seinen Angaben im
Antrag, die sich auf die Zahlung des Existenzgründungszuschusses auswirken können, unverzüglich mitzuteilen. In
diesem Zusammenhang verwies die Beklagte auf die allgemeinen Hinweise unter Nr. 10 des Merkblattes 3. Darüber
hinaus fügte sie als Anlage eine Gesetzesfassung von § 421 l in der ursprünglichen Fassung bei. Somit konnte dem
Kläger aber nicht klar sein, dass nur die Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die
Leistungsverpflichtung zur Zahlung eines Existenzgründungszuschusses bedingt, da diese Gesetzesfassung den
Zusatz "hauptberuflichen" nicht enthielt. In Zusammenhang mit dem ausgehändigten Merkblatt "Häufig gestellte
Fragen zur Ich-AG" mag der Kläger davon ausgegangen sein, dass eine abhängige Beschäftigung nur dann
anzeigepflichtig ist, wenn diese zusammen mit der ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu einem Arbeitseinkommen
von mehr als 25.000,- EUR jährlich führt. Dies zumindest ist aus der Formulierung: "Bei der Ich-AG bzw. Familien-AG
darf nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit während eines Jahres das Arbeitseinkommen 25.000,- EUR nicht
übersteige. Die Einkommensgrenze wird auch dann nicht erhöht, wenn es zu einer Mitarbeit von Familienangehörigen
kommt. Nimmt der Selbständige eine oder mehrere zusätzliche (abhängige) Beschäftigungen auf, so werden die
daraus erzielten Einkünfte mit dem Arbeitseinkommen der Ich-AG zusammengerechnet und bei der Überprüfung der
Obergrenze von 25.000,- EUR im Jahr als Summe berücksichtigt." Diese Formulierungen legen den Schluss nahe,
dass es sich bei der Ausübung der selbständigen Tätigkeit keinesfalls um eine hauptberufliche Tätigkeit handeln
muss, um einen Leistungsanspruch zu erhalten. In jedem Fall war es aus den von der Beklagten an den Kläger
ausgehändigten Informationen und Merkblättern nicht ersichtlich, dass die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung ohne
weiteres eine Mitteilungspflicht auslöste.
Ebenso wenig lagen mithin die Voraussetzungen einer Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr.4 SGB X vor, da der
Kläger aus den gleichen Gründen keine grob fahrlässige Unkenntnis hatte, dass der sich aus dem Verwaltungsakt
ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Da mithin die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht vorlagen, war die
Beklagte ebenso wenig befugt, die Erstattung des Existenzgründungszuschusses in Höhe von 2.400,- EUR nach § 50
Abs. 1 SGB X zu fordern.
Indessen hat die Beklagte es zutreffend abgelehnt, Existenzgründungszuschuss für das dritte Förderjahr vom 1. Juni
2006 bis 31. Mai 2007 zu gewähren. Die Klage war insoweit abzuweisen. Die Voraussetzungen für die Gewährung
eines Existenzgründungszuschusses lagen, wie oben ausgeführt, nicht vor. Insoweit kann auf die vorstehenden
Ausführungen Bezug genommen werden. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das mit dem Kläger
bestehende Arbeitsverhältnis durch die Firma A. zum 31. Juli 2006 gekündigt wurde. Streitentscheidend ist insoweit,
dass zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Anspruch auf Existenzgründungszuschuss nicht bestanden hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Die Zulässigkeit der Berufung folgt aus § 143 SGG.