Urteil des SozG Hildesheim vom 25.04.2008

SozG Hildesheim: erwerb, arbeitsstelle, erlass, leistungsbezug, notlage, form, darlehen, wahrscheinlichkeit, aufnehmen, eingliederung

Sozialgericht Hildesheim
Beschluss vom 25.04.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hildesheim S 45 AS 212/08 ER
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht erstattungsfähig.
Gründe:
I. Der Antragsteller, der von Beruf Maler und seit längerem arbeitslos ist, erhält von der Antragsgegnerin laufende
Leistungen nach dem SGB II. Er begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung deren Verpflichtung, ihm die
Übernahme der Kosten für den Erwerb eines Führerscheins zu bewilligen.
Bereits im März 2007 hatte der Antragsteller einen entsprechenden Antrag erfolglos gestellt. Die Ablehnung wurde
tragend damit begründet, der Antragsteller habe keine konkrete Stelle in Aussicht, für die er unbedingt einen
Führerschein benötigen würde.
Am 20.08.2007 beantragte er erneut bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für den beabsichtigten Erwerb
des Führerscheins. Zur Begründung führte er aus, dass die meisten Arbeitgeber einen Führerschein forderten. Wenn
er einen Führerschein hätte, würden seine Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden, steigen. Er müsse in der Lage sein,
selbstständig die Materialien zur jeweiligen Arbeitsstelle zu transportieren, hierfür sei ein Führerschein zwingend
notwendig.
Mit Bescheid vom 21.08.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit der Begründung ab, ein neuer Sachverhalt
liege gegenüber dem ersten Ablehnungsbescheid nicht vor. Der dagegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg
und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die
angefochtene Entscheidung.
Hiergegen hat der Antragsteller fristgerecht Klage (S 45 AS 167/08) erhoben und zugleich um einstweiligen
Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Ansicht, dass die Leistung als Eingliederungshilfe für Arbeitslose zu erbringen
sei, weil er dann größere Chancen habe, einen Arbeitsplatz zu finden.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), die Antragsgegnerin im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB XII zum Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse BE auf
Darlehnsbasis zu erbringen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und verteidigt sie. Sie verweist darauf, dass nach § 16 Abs. 2
Satz 1 SGB II Leistungen erbracht werden können, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in
das Erwerbsleben erforderlich seien. Dabei sei Voraussetzung, dass dadurch eine konkrete Arbeitsaufnahme
ermöglicht werde. Da der Antragsteller jedoch keinen Arbeitsvertrag oder eine Einstellungszusage habe, könne der
Führerschein nicht gefördert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und
die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen, die dem Gericht bei der Entscheidungsfindung
vorgelegen haben.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges
Rechtsverhältnis gem. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein
Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein
Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen
Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 - ZPO -).
Der Antragsteller hat bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Es mag zwar sein,
dass sich seine Vermittlungschancen durch den Erwerb des Führerscheins erhöhen würden. Da er aber weiterhin im
Leistungsbezug nach dem SGB II steht, hat er nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne die streitbefangene
Leistungsbewilligung in eine existenzielle Notlage geraten würde.
Aber auch ein Anordnungsanspruch liegt nicht vor. Der Antragsteller hat nämlich keinen Anspruch auf darlehnsweise
Bewilligung der Kosten für den Erwerb eines Führerscheins. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Erwerb
des Führerscheins besteht nicht nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. SGB III. Gemäß § 16 SGB II können bestimmte
Leistungen des SGB III ergänzend beim Bezug nach dem SGB II erbracht werden. So können unter anderem
ergänzende Leistungen in Form von Fahrgeld erbracht werden. Insofern können aber lediglich die durch bestimmte
Reisetätigkeiten entstehenden Kosten übernommen werden, nicht jedoch die Kosten für den Erwerb eines
Führerscheins. Weiterhin können bestimmte Zuschüsse gewährt werden, damit der Leistungsberechtigte eine
bestimmte Arbeitsstelle aufnehmen kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch das Vorhandensein einer ganz konkreten
Arbeitsstelle. Sinn und Zweck des § 16 SGB II i.V.m. SGB III ist es insofern, den Leistungsbezug zu beenden (Eicher
in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rz. 10). Eine konkrete Arbeitsstelle ist vom Antragsteller weder vorgetragen noch
dargelegt worden. Die Vergabepraxis des Antragsgegners, entsprechende Darlehen erst dann zu gewähren, wenn der
Leistungsbezieher eine konkrete Arbeitsstelle in Aussicht hat, ist sachgerecht und aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Sie entspricht den Arbeitshilfen SWL - Stand August 2006 - der Bundesanstalt für Arbeit, die die
Antragsgegnerin regelmäßig und so auch hier anwendet.
Auch nach § 23 Abs. 1 SGB II kommt eine darlehnsweise Erbringung nicht in Betracht. Insoweit soll ein von der
Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, wenn
er auf andere Weise nicht gedeckt werden kann, durch die Erbringung eines entsprechenden Darlehens bewilligt
werden. Es ist hier nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen worden, dass ein unabweisbarer
Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht. Insofern wird lediglich vorgetragen, dass sich seine
Vermittlungschancen verbessern würden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.