Urteil des SozG Hamburg vom 23.11.2004

SozG Hamburg: gesetzliche vermutung, einstellung des verfahrens, verleiher, freier mitarbeiter, verfügung, abhängigkeit, arbeitskraft, heim, arbeitsvermittlung, besitz

Sozialgericht Hamburg
Urteil vom 23.11.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Hamburg S 13 AL 5/99
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die mit Zwangsgeldandrohung verbundene Untersagung der unerlaubten
gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung durch die Beklagte. Nach ihrer Auffassung vermittelt sie selbstständig
tätige Honorarkräfte.
Die früher als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), später in der Rechtsform einer GmbH betriebene Klägerin
vermittelte im Rahmen ihres Gewerbebetriebes seit 1990 berufsmäßig den Kontakt zwischen stationären
Pflegeeinrichtungen und einer Vielzahl von Pflegekräften, die im Besitz einer Gewerbeerlaubnis waren. In den mit den
Pflegekräften abgeschlossenen Verträgen für freiberufliche Pflegekräfte (Honorarkräfte) verpflichteten sich diese,
gegen Zahlung eines Stundenhonorars zu bestimmten, von ihnen selbst vorgegebenen und von der Klägerin nach dem
jeweiligen Bedarf der Pflegeeinrichtungen in Auftrag gegebenen Terminen für Pflegeeinsätze verfügbar zu sein,
vorbehaltlich einer Verhinderung aus wichtigem Grund (z. B. Krankheit). Die Pflegekräfte, die einen Pflegeauftrag
annahmen, erbrachten unter anderem bei Personalengpässen, z.B. wegen Krankheit oder Urlaubs, in den
Einrichtungen in der Regel zeitlich begrenzte Pflegedienstleistungen als Pflegehilfen und examinierte Pflegerinnen und
Pfleger. Soweit eine Einweisung erforderlich war, z.B. wenn ihnen die jeweilige Einrichtung noch nicht bekannt war
oder Besonderheiten bei einzelnen Patienten bestanden, wurden die Pflegekräfte von der Pflegedienst - oder
Stationsleitung eingewiesen, im Übrigen arbeiteten sie weitgehend eigenverantwortlich im Rahmen ihrer Qualifikation.
Die eigentliche Pflegetätigkeit erfolgte Hand in Hand mit den vor Ort beschäftigten Pflegekräften und wurde durch die
Bedürfnisse der Pflegeeinrichtungen bestimmt. Das Arbeitsmaterial wurde gestellt, für die Arbeitskleidung waren die
Pflegekräfte selbst verantwortlich. Für die erbrachten Arbeitsleistungen erhielt die Klägerin von diesen Einrichtungen
ein von ihr nach den gesammelten Arbeitsstunden berechnetes Entgelt, von dem sie den überwiegenden Teil an die
Pflegekräfte auszahlte und einen geringeren Anteil für ihre Bemühungen einbehielt.
Auf dieser Grundlage wurden von 3.6.1996 bis mindestens Juli 1998 die examinierte Krankenschwester R. W., von
September 1992 bis mindestens Juli 1998 der examinierte Altenpfleger G. T1, von Juni 1997 bis mindestens Juli 1998
der examinierte Altenpfleger J. L. und vom 1.9.1991 bis mindestens 31.8.1998 die examinierte Altenpflegerin A. T.
(PA 41) in verschiedenen Krankenhäusern und Altenheimen im Raum Hamburg eingesetzt. Zur Deckung ihrer
Dienstleistungsbedarfe hatten sich im streitigen Zeitraum ab 12.1.1998 die Stiftung St. G., das M.-C.-Heim, die G.
mbH & Cie. KG und die Seniorenheim R. GmbH, alle mit Sitz in Hamburg, an die Klägerin gewandt und ihren
Dienstleistungsbedarf teilweise über diese gedeckt.
Seit Januar 1991 stellte die Beklagte durch ihre Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung bei
dem Arbeitsamt Hamburg Ermittlungen im Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen des Verdachts der unerlaubten
Arbeitnehmerüberlassung gegen die Klägerin und zwei weitere Vermittler von Pflegekräften an. In ihrem
Schlussvermerk vom 18.3.1993 kam sie zu dem Ergebnis, dass der Klägerin ordnungswidriges Handeln gem. Art. 1 §
16 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vorzuwerfen sei. Sie erließ den Bußgeldbescheid vom
19.3.1993, mit dem gegen die Klägerin eine Geldbuße von insgesamt 37.610 DM festgesetzt wurde. Auf den
hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin stellte das Amtsgericht Hamburg das Verfahren mit Beschluss vom
10.2.1994 – Aktenzeichen 132g-98/93 – gem. § 47 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ein und
legte der Staatskasse die Kosten des Verfahrens zur Last. Das Gericht vertrat im Verhandlungstermin am 10.2.1994
die Auffassung, dass die eingesetzten Pflegekräfte selbstständig und nicht weisungsabhängig als Arbeitnehmer tätig
seien und die gegenteilige Auffassung des Arbeitsamtes nicht durch hinreichende Ermittlungsansätze gestützt sei.
Die Klägerin zog daraufhin am 15.4.1994 die von ihr vor dem Sozialgericht Hamburg erhobene Feststellungsklage 7
AR 481/93 zurück, mit der sie die Feststellung hatte erreichen wollen, dass sie im Zeitraum von Juni 1990 bis Juni
1991 durch Tätigkeit selbstständiger Pflegekräfte in Alten - und Pflegeheimen nicht gegen die Bestimmungen des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verstoßen habe. Sie sah durch die Einstellung des Verfahrens ihre Position als
bestätigt an.
Die AOK Hamburg prüfte ab September 1991 das Vorliegen von Versicherungspflicht hinsichtlich der eingesetzten
Pflegekräfte. Mit Bescheiden vom 27.11.1992 und 16.2.1995 machte sie gegen die Klägerin Beitragsforderungen für
eine Vielzahl eingesetzter Pflegekräfte für die Zeit vom 1.6.1990 bis 30.6.1991 in Höhe von 105.359,06 DM geltend.
Bezüglich ihrer Mitglieder P. E. und C. S. legte sie mit Bescheid vom 16.2.1995 Lohnsummen von 8266,25 DM (E.)
und 19.710,- DM (S.) zu Grunde und errechnete hieraus Beitragsforderungen von insgesamt 3256,90 DM (E.) und
4365,66 DM (S.) für die Zeit vom 1.4. bis 30.6.1991. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren
(Widerspruchsbescheid vom 11.8.1995) erhobene Klage der Klägerin ist, nachdem das SG Hamburg das Verfahren
wegen der Versicherten E. und S. abgetrennt hatte, insoweit bisher ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts
Hamburg vom 25.4.2001 – Aktenzeichen S 23 KR 72/98 und 94/98 - ; Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom
18.5.2004 – Aktenzeichen L 1 KR 65/04 und 80/04), die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist
derzeit beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig.
Nachdem die Beklagte gegenüber dem Seniorenheim R. und gegenüber dem M.-C.-Heim auf deren Anfragen im Jahre
1997 weiter die Auffassung vertreten hatte, die Vermittlungstätigkeit der Klägerin sei als unerlaubte
Arbeitnehmerüberlassung anzusehen, und hieran ändere auch die Einstellung des Ordnungswidrigkeitsverfahrens
durch das Amtsgericht Hamburg nichts, suchte die Klägerin, deren Geschäftstätigkeit durch das Vorgehen der
Beklagten beeinträchtigt wurde, beim Sozialgericht Hamburg um vorläufigen Rechtsschutz nach. Mit Beschluss vom
10.12.1997 – 2 AR 1313/97 – untersagte das Gericht der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes für jeden
Fall der Zuwiderhandlung, Dritten, insbesondere Pflegeeinrichtungen, Altenheimen und Krankenhäusern gegenüber zu
behaupten, sie dürften ihren Personalbedarf nicht über die Klägerin decken, ihnen von der Inanspruchnahme der
Dienste der Klägerin abzuraten und insbesondere die Einleitung eines Bußgeldverfahrens für einen solchen Fall in
Aussicht zu stellen. Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Gericht aus, mit ihrer Vorgehensweise greife die
Beklagte unzulässig in das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Es könne
dahinstehen, ob die Klägerin tatsächlich unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betreibe. Wenn die Beklagte dies meine,
habe sie gem. § 6 AÜG eine Untersagungsverfügung zu erlassen und diese nach den Vorschriften des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes durchzusetzen. Sie sei zum Einschreiten verpflichtet und habe kein
Handlungsermessen. Diese Verpflichtung könne sie nicht dadurch umgehen, dass sie sich mit ihren Bedenken an die
Kunden der Klägerin wende und diesen von einer Zusammenarbeit mit dieser ausdrücklich abrate. Etwaigen Anfragen
von Pflegeeinrichtungen könne die Beklagte auch dadurch begegnen, dass sie die Kriterien für das Vorliegen von
Arbeitnehmerüberlassung allgemein und abstrakt darlege und so die Pflegeeinrichtungen in den Stand versetze, den
Sachverhalt selbst zu subsumieren.
Daraufhin erließ die Beklagte den mit Zwangsgeldandrohung verbundenen Untersagungsbescheid von 12.1.1998, mit
dem sie der Klägerin untersagte, Pflegekräfte an Pflegeeinrichtungen zu verleihen, weil ihr die Erlaubnis zur
gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach Art. 1 § 1 AÜG fehle. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.1998, der Klägerin zugestellt am 4.12.1998, zurück.
Die Klägerin hat am 10.3.1998 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den
Bescheid vom 12.1.1998 gestellt und am 4.1.1999 Klage erhoben: Die von ihr vermittelten selbstständigen
Pflegekräfte seien nicht als persönlich abhängige Arbeitnehmer anzusehen. Die Beklagte habe die Kriterien zur
Abgrenzung von Arbeitnehmereigenschaft und selbstständiger Tätigkeit nicht hinreichend beachtet. Die jahrelangen
Ermittlungen der Beklagten und ihr rufschädigendes Verhalten gegenüber den Kunden der Klägerin glichen einer
"Hexenjagd" und seien, wie ihre Niederlagen vor verschiedenen Gerichten zeigten, nicht geeignet, auch nur den
Anschein einer persönlichen Abhängigkeit der Pflegekräfte und eines Verstoßes gegen das AÜG zu begründen. Die
Klägerin vermittele vielmehr ausschließlich selbstständige, z. T. examinierte Pflegekräfte mit einer eigenen
Einkommensteuernummer, eigener Krankenversicherung und z. T. eigener Rentenversicherung. Sie wirke damit dem
akuten Pflegenotstand entgegen und handele im wohlverstandenen Interesse pflegebedürftiger Personen, deren
menschenwürdige Versorgung ohne die Tätigkeit der Klägerin nicht gewährleistet sei. Es treffe nicht zu, dass die
Pflegekräfte vollständig in die Betriebsabläufe der Pflegeeinrichtungen integriert und den Weisungen des in den
Heimen tätigen Personals unterstanden hätten. Dies ergebe sich aus den im Verfahren S 2 AL 372/98 eingeholten
Auskünften verschiedener Pflegeeinrichtungen und Pflegekräfte (Anlagen K 5 und K 7 zur Klageschrift vom
30.12.1998). Die Pflegekräfte seien nicht gehindert, auch ohne Einschaltung der Klägerin Dienstleistungsverträge mit
Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern oder Altenheimen zu schließen. Es könne auch nicht darauf abgestellt werden,
dass die Pflegekräfte in gewissem Umfang Weisungen der Auftraggeber der Klägerin unterworfen seien. Einem
Weisungsrecht der Auftraggeber unterlägen auch selbstständige Dienstnehmer und Werkunternehmer. Entscheidend
sei, dass die Pflegekräfte in ihrer Entscheidung, einen Auftrag zu übernehmen und diesen auszuführen, völlig frei
seien. Dies betreffe insbesondere Lage und Dauer ihrer Arbeitszeit. Der von den Pflegeeinrichtungen vorgegebene
Rahmen der Auftragserteilung stelle einzig und allein ein Angebot dar, welches die Pflegekraft nur dann binde, wenn
sie den Auftrag annehme. Auch seien die Pflegekräfte in keiner Weise in die betriebliche Organisation der
Pflegeeinrichtungen oder der Klägerin eingebunden. Vielmehr stellten sie ihre Dienstleistungen stets nur
vorübergehend und wechselnden Pflegeeinrichtungen zur Verfügung. Die klassischen Kriterien zur Einordnung der
unselbstständigen Tätigkeit (auf Dauer angelegt, Arbeit nur für einen Auftraggeber, Arbeit in eigener Person, ohne
Mitarbeiter, in wesentlichen ohne eigenes Kapital und eigene Organisation), bedürften zudem unter heutigen
Gegebenheiten der Korrektur und könnten nicht schematisch angewandt werden. Anderenfalls sei die – gesetzlich in §
2 Nr. 2 SGB VI anerkannte - Tätigkeit als selbstständiger Krankenpfleger im stationären Bereich überhaupt nicht
möglich, und das anerkannte Berufsbild des selbstständigen Franchise – Nehmers zeige, dass trotz Abhängigkeit von
den Vorgaben des Franchise – Gebers seine Selbstständigkeit allgemein angenommen werde. Schließlich müsse die
Beklagte auch die Grundsätze des Bestandsschutzes gelten lassen, weil sie die Klägerin über 8 Jahre ohne eine
Verbotsverfügung habe tätig werden lassen. Insbesondere nach dem 1994 eingestellten Ermittlungsverfahren habe die
Klägerin darauf vertrauen dürfen, nicht mehr von der Beklagten behelligt zu werden. Ihr Rechtsstandpunkt werde im
Übrigen durch das Ergebnis arbeitsgerichtlicher Verfahren bestätigt. Das Arbeitsgericht Hamburg habe mit Urteil vom
6.8.2003 – Aktenzeichen 13 Ca 575/02 – die Klage des früher für die Klägerin tätigen F. G1a abgewiesen, und ein
weiteres arbeitsgerichtliches Verfahren einer ehemaligen Pflegekraft sei auf den Hinweis des Arbeitsgerichts, dass
man dazu neige, der Entscheidung der 13. Kammer zu folgen, zurückgezogen worden. Einige bei der Klägerin tätige
Kräfte seien von der Beklagten mit Überbrückungsgeld für eine selbstständige Tätigkeit gefördert worden; hierzu legt
die Klägerin den Antrag und den Bewilligungsbescheid der Beklagten für A. G1 vor. In einem
Statusfeststellungsverfahren habe die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheid vom 31.5.2002
festgestellt, dass der Auftragnehmer W. Z. selbständig tätig sei, und ihre Disponenten K. und P. könnten bezeugen,
dass dieser ebenso wie alle selbständigen Pflegekräfte tätig gewesen sei, dass die Pflegekräfte mit den Einrichtungen
regelmäßig Auftragsmodalitäten wie Honorierung, Dauer des Auftrags etc. diskutierten und die Einzelheiten des
selbstständigen Pflegeauftrags aushandelten. Die dem Gericht offenbar bekannten Urteile des Landessozialgerichts
Hamburg vom 8.5.2004 überzeugten nicht.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.1.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.12.1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide. Die Klägerin sei nicht in dem Besitz der nach Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG
erforderlichen Erlaubnis, Dritten Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung zu überlassen. Ihre Auffassung, sie
betreibe keine Arbeitnehmerüberlassung, sondern stelle lediglich den Kontakt zwischen Pflegeeinrichtungen und
selbstständigen Pflegekräfte her, sei nicht haltbar. Vielmehr verschaffe sie den Einrichtungen die Möglichkeit, die
Arbeitskraft der ihnen zur Verfügung gestellten Pflegekräfte nach eigenen Vorstellungen einzuplanen und einzusetzen
und diese Kräfte auf Grund eines Direktionsrechts bedarfsgerecht in den eigenen Betrieb einzugliedern. Die
Arbeitnehmer übten ihre Tätigkeit überwiegend zusammen mit den fest angestellten Kräften der Pflegeeinrichtungen
aus und überbrückten auf diese Weise vorhandene Vakanzen. Sie seien im Rahmen ihrer Tätigkeit den Weisungen
der jeweiligen Einrichtung unterworfen gewesen, vor Ort durch fest angestellte Mitarbeiter in die Tätigkeiten
eingewiesen worden und hätten deren Instruktionen zu befolgen gehabt. Die Bezahlung sei aufgrund einer
Sammelrechnung der Klägerin erfolgt, die wiederum auf den geleisteten Arbeitsstunden basierte.
Das Gericht hat die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Leitzordner der Bearbeitungsstelle zur Bekämpfung der
illegalen Beschäftigung bei dem Arbeitsamt Hamburg über die 1990 bis 1993 durchgeführten Ermittlungen und 2
Schnellhefter der Beklagten über Schriftverkehr zwischen Juli 1997 und Juni 1998), 2 Bände Prozessakten zum
Aktenzeichen S 2 AL 378/98 ER (L 5 B 145/98) sowie die den Beteiligten bekannten Urteile des Landessozialgerichts
Hamburg vom 18.5.2004 (Aktenzeichen L 1 KR 65/04 und 80/04) beigezogen und die Beteiligten in den
Verhandlungsterminen am 11.5. und 23.11.2004 angehört.
Wegen der Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte S 13 AL 5/99 sowie der
genannten beigezogenen Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung der Kammer gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Sie finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 1, §§ 1 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 des Gesetzes zur Regelung der
gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) (AÜG) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158 mit späteren Änderungen) und §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 b, 11 und
13 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG). Danach bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern)
Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen wollen, der Erlaubnis. Fehlt es an
dieser, hat die Erlaubnisbehörde dem Verleiher die Überlassung zu untersagen und das weitere Überlassen nach den
Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes zu verhindern. Der mit Zwangsgeldandrohung verbundene
Untersagungsbescheid vom 12.1.1998 entspricht diesen Anforderungen.
Die Klägerin ist im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG Arbeitgeberin der bei ihr als Arbeitnehmer beschäftigten
Pflegekräfte und überlässt diese als Verleiherin den stationären Pflegeeinrichtungen als Entleihern zur Arbeitsleistung.
Dies trifft jedenfalls für den Einsatz derjenigen Pflegekräfte zu, die seit 1990 bis heute so wie die examinierte
Krankenschwester R. W. vom 3.6.1996 bis mindestens Juli 1998, der examinierte Altenpfleger G. T1 von September
1992 bis mindestens Juli 1998, der examinierte Altenpfleger J. L. von Juni 1997 bis mindestens Juli 1998 und die
examinierte Altenpflegerin A. T. vom 1.9.1991 bis mindestens 31.8.1998 in verschiedenen Krankenhäusern und
Altenheimen im Raum Hamburg Arbeitsleistungen nach den Bedürfnissen und Weisungen dieser Einrichtungen
erbracht haben. Diese Pflegekräfte sind nach ihren Angaben im Verfahren S 2 AL 372/98 und den Angaben der sie
einsetzenden stationären Pflegeeinrichtungen, auf die sich die Klägerin selbst bezieht (Anlagen K 5 und K 7), als
Arbeitnehmer der Klägerin anzusehen und an stationäre Pflegeeinrichtungen wie die Stiftung St. G., das M.-C.-Heim,
die G. mbH & Cie. KG und die Seniorenheim R. GmbH als Entleiher verliehen worden. Diese konkreten Fälle
unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung sind typisch und auf alle vergleichbaren Fälle übertragbar. Dies schließt, wie
weiter unten noch auszuführen ist, nicht aus, dass einzelne Pflegekräfte gleichwohl als selbstständig tätig anzusehen
sind, ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit des Untersagungsbescheides vom 12.1.1998 für die typischen Fälle.
Schließlich handelt es sich bei der Tätigkeit der Klägerin auch nicht um Arbeitsvermittlung.
Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von Art. 1 § 1 AÜG liegt vor, wenn ein selbstständiger Unternehmer, der Verleiher,
seine Arbeitnehmer zum Zwecke der Arbeitsleistung einem Dritten, dem Entleiher, aufgrund einer mit diesem
zumindest konkludent geschlossenen Vereinbarung überlässt, und der Arbeitnehmer in den Betrieb des Entleihers
eingegliedert ist und dessen arbeitsbezogenen Weisungen unterliegt (Röller in Küttner, Personalbuch 2004, 11.
Auflage, Randnummer 2 zu Arbeitnehmerüberlassung; Niebler/Biebl/Ullrich, AÜG, Randnummern 11, 16). Wesentlich
ist hierbei, dass dem Verleiher das Direktionsrecht hinsichtlich eines Tätigkeitsrahmens (Organisation der Einsätze in
den Einsatzbetrieben, Einsatzdauer, Art der Tätigkeit) verbleibt, der Arbeitnehmer aber hinsichtlich der
Arbeitsausführung und ihrer näheren Modalitäten, die der Verleiher nicht nach seinen betrieblichen Vorstellungen
gestalten kann, einem Weisungsrecht des Entleihers unterstellt wird, die Arbeitsausführung also maßgeblich nach
dessen betrieblichen Bedürfnissen erfolgt (BSG EzAÜG, § 1 AÜG Arbeitsvermittlung Nr. 7). Dies erfordert
Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht einerseits des Verleihers in Bezug auf den
Rahmen der Tätigkeit, andererseits des Entleihers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung im
einzelnen (BSG EzAÜG a.a.O.). Hierbei sind die in der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien zwischen
einer versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung und einer versicherungsfreien selbstständigen Tätigkeit
maßgeblich (Nachweise bei Seewald in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand 1.7.2004, § 7 SGB IV
Randnummern 45 ff mit Einzelfällen in Randnummern 84 ff, 125). Zwar kann das Weisungsrecht erheblich
eingeschränkt sein, wie das insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall ist, vollständig entfallen darf es jedoch
nicht; es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer
Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSGE 16, 289, 293 f = SozR Nr 30 zu § 165 RVO; BSGE 38,
53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr 1). Hinweistatsachen für eine abhängige Beschäftigung sind die auf Dauer angelegte
Arbeit nur für einen Auftraggeber, ohne Ausgewogenheit im Hinblick auf unternehmerische Chancen und Risiken, in
eigener Person, ohne Mitarbeiter, im Wesentlichen ohne eigenes Kapital und im Wesentlichen ohne eigene
Unternehmensorganisation (Wank, Arbeitnehmer und Selbstständige, 1988, S. 29 ff; Röller, a.a.O., Randnummer 14
zu Arbeitnehmer (Begriff)). Ist ein arbeitsbezogenes Weisungsrecht nicht vorhanden, kann der Betreffende seine
Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere unter Nutzung seines Wagniskapitals und der eigenen
Unternehmensorganisation über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, liegt keine
abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu
sein pflegt (gesetzliches Leitbild des selbstständigen Handelsvertreters gemäß § 84 Handelsgesetzbuch (HGB), vgl.
BSGE 13, 196, 201 f = SozR Nr 5 zu § 1 AVG aF; BSG SozR Nr 68 zu § 165 RVO; BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 §
56 Nr 1; Röller, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Die danach vorzunehmende und die weiter erforderliche Abgrenzung
zwischen Arbeitnehmerüberlassung einerseits und anderen erlaubnisfreien Vertragsformen des Personaleinsatzes bei
einem Dritten, insbesondere zum Dienst- oder Werkvertrag andererseits, beurteilt sich nach einer wertenden
Betrachtung aller Gesamtumstände des Einzelfalls (BSG Die Beiträge 1993, 481; Niebler/Biebl/Ulrich, a.a.O.,
Randnummer 45; Röller, a.a.O, Randnummer 21 bis 23 zu Arbeitnehmerüberlassung; weitere umfangreiche
Nachweise bei Wank, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Auflage 2004, Randnummern 15 bis 31 zu § 1 AÜG).
Unter Berücksichtigung des objektiven Geschäftsinhalts, der zunächst aus den schriftlichen Vereinbarungen der
Beteiligten, entscheidend aber aus den tatsächlichen Gegebenheiten zu ermitteln ist (BSGE 45, 199, 201; BSG, Urteil
vom 12.2.2004 – Aktenzeichen B 12 KR 26/02 R – nicht veröffentlicht; BAG, AP Nr. 37 zu § 5 ArbGG 1979 und BAG
AP Nr 116 zu § 611 BGB Abhängigkeit), sprechen insbesondere folgende Anhaltspunkte für das Vorliegen von
Arbeitnehmerüberlassung:
• Vorliegen einer Vereinbarung zwischen dem Verleiher und dem Dritten, wonach der Arbeitnehmer auf Grund der
damit eingegangenen Verpflichtung seines Arbeitgebers bei dem Dritten gegen Zahlung einer Überlassungsvergütung
zur Förderung von dessen Betriebszwecken tätig wird (BAG EzAÜG § 1 AÜG Konzerninterne
Arbeitnehmerüberlassung Nr. 3; Sandmann/Marschall, AÜG, Stand Juni 2004, Anm. 13 zu Art. 1 § 1;
Niebler/Biebl/Ulrich, a.a.O., Randnummer 70).
• Die Bestimmung der erforderlichen Qualifikation des einzusetzenden Arbeitnehmers durch den Dritten nach den bei
ihm durchzuführenden Aufgaben und dem bei ihm, nicht dem Verleiher vorhandenen "know-how"
(Sandmann/Marschall a.a.O, Anm. 16 zu Art. 1 § 1).
• Die arbeitsbezogene Weisungsbefugnis des Entleihers gegenüber den ihm zum Arbeitseinsatz überlassenen
Arbeitnehmern, wie z.B. die Zuweisung bestimmter Aufgaben, die Bestimmung von Arbeitszeit, Arbeitstempo und
Arbeitspausen nach seinen betrieblichen Bedürfnissen (BAG NZA 1995, 572; Sandmann/Marschall, a.a.O., Anm.13
zu Art. 1 § 1; Niebler/Biebl/Ulrich, a.a.O., Randnummer 59).
• Die Zusammenarbeit der überlassenen Arbeitnehmer mit dem Stammpersonal, die Übernahme von Tätigkeiten, die
sonst von Mitarbeitern des Dritten ausgeführt werden, die Koordination des Arbeitseinsatzes des überlassenen
Arbeitnehmers mit den Arbeitsabläufen und der Arbeitsorganisation des Dritten und die Durchführung der Arbeit
gemeinsam mit dem vom Beschäftigungsbetrieb gestellten Personal (LAG Köln, BB 1987, 335; Niebler/Biebl/Ulrich,
a.a.O., Randnummer 63).
• Die Abrechnung erbrachter Leistungen durch den Verleiher nach geleisteten Arbeitsstunden statt nach Mengen,
Aufmaßen o.ä., wobei auch hier auf Scheinverträge zur Verdeckung unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung zu achten
ist (BSG NZA 1988, 263; Röller, a.a.O, Randnummer 21, 23 zu Arbeitnehmerüberlassung; Niebler/Biebl/Ulrich, a.a.O.,
Randnummer 73).
Nach diesen Grundsätzen ist die im Tatbestand beschriebene Tätigkeit der Klägerin in den als typisch bezeichneten
Fällen der Pflegekräfte W., T1, L. und T. als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung anzusehen.
Für eine selbstständige Tätigkeit der Pflegekräfte spricht allerdings, dass sie ihre Einsatztermine im Rahmen der
Terminplanung selbst vorgaben, die Planungstermine zu den im Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.8.2002 –
13 Ca 575/02 – genannten Konditionen stornieren konnten (Anlage K 12 zum Schriftsatz vom 17.11.2004, Blatt 156 f
der Prozessakte), im Besitz von Gewerbescheinen waren, für ihre Arbeitskleidung selbst sorgen mussten, sie nicht
gehindert waren, und zum Teil, wie die Pflegekräfte W. und T1, von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, auch
unter Berücksichtigung der Wettbewerbsbeschränkung, die mit der Vereinbarung eines pauschalierten
Schadensersatzes für den Fall der Vereinbarung von Aufträgen während der Laufzeit einer Honorarvereinbarung oder
innerhalb von 6 Monaten danach mit einem von der Klägerin vermittelten Auftraggeber verbunden war (Urteil des
Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.8.2002, a.a.O., Blatt 163 der Prozessakte), von anderen Pflegeeinrichtungen Aufträge
zu akquirieren und durchzuführen, und dass ihre zeitliche Bindung von der Annahme des Auftrags abhing. Auch kann
das Gericht die Behauptung der Klägerin als richtig unterstellen, dass sie mit den Einrichtungen regelmäßig
Auftragsmodalitäten wie Honorierung, Dauer des Auftrags etc. diskutierten und Einzelheiten des Pflegeauftrags
aushandelten. Schließlich spricht auch die Gestaltung der Honorarkraft- und Überlassungsverträge dafür, dass den
Pflegeeinrichtungen nur selbstständig tätige Honorarkräfte zur Verfügung gestellt werden sollten.
Gegenüber diesen, für eine selbstständige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkten überwiegen bei wertender
Gesamtbetrachtung jedoch die Anhaltspunkte für eine in persönlicher Abhängigkeit ausgeübte Beschäftigung der
Pflegekräfte und für eine Arbeitnehmerüberlassung. Zwischen der Klägerin und den Pflegeeinrichtungen bestand in
diesen Fällen eine Vereinbarung, in der sich die Klägerin verpflichtet hatte, der jeweiligen Einrichtung die Pflegekräfte
gegen Zahlung eines Entgelts zur Arbeitsleistung und damit zur Förderung ihrer betrieblichen Zwecke (Ausgleich
fehlender Arbeitskraft im eigenen Betrieb) zur Verfügung zu stellen. Die Organisation der Einsätze in den
Einsatzbetrieben lag wesentlich in den Händen der Klägerin, denn nur sie war in der Lage, den Einsatz- und
Kräftebedarf nach der Nachfrage der Pflegeeinrichtungen zu übersehen und durch die von ihr vorgegebene Ordnung
der Terminplanung sowie die Auswahl geeigneter Pflegekräfte diesen Bedarf zu decken. Zwar waren die Pflegekräfte
in ihrer Entscheidung, einen Pflegeauftrag abzulehnen oder zu übernehmen und auszuführen, frei, und es mag auch
sein, dass sie die Auftragsmodalitäten wie Honorierung, Dauer des Auftrags in einzelnen Fällen besprachen oder
aushandelten. Sie hatten aber im Vorfeld den von der Klägerin vorgegebenen Ablauf der Terminplanung, die
Stornierungsbedingungen und die Verbindlichkeit angenommener Pflegeaufträge, d.h. die ihnen insoweit vorgegebene
Ordnung der Klägerin zu beachten. Auf diese Weise wurden der Klägerin die für sie notwendige Planungssicherheit
und ein flexibler Personaleinsatz erst ermöglicht. Die Dienstleistung der Pflegekräfte war damit bereits im Vorfeld der
Einsatzplanung teilweise fremdbestimmt, denn sie ging in einer von der Klägerin vorgegebenen Ordnung ihres
Betriebes auf. Vor allem aber waren die Pflegekräfte nach Annahme eines Auftrags in Bezug auf Ort, Zeit, Art und
Dauer ihrer Einsätze dem Direktionsrecht der Klägerin unterworfen und konnten – bei sonst gleichen
Einsatzbedingungen – auch in einer anderen als der ursprünglich geplanten Einsatzstelle verwendet werden. Dafür,
dass es sich hier nicht nur um eine theoretisch mögliche, sondern bei Bedarf konkret in Anspruch genommene
Weisungsbefugnis der Klägerin handelte, spricht der Vortrag des Klägers F. G1a im arbeitsgerichtlichen Verfahren 13
Ca 575/02. In dem von der Klägerin vorgelegten Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 6.8.2003 ist der Vortrag des
Klägers G1a wiedergegeben, die Klägerin habe ihn im September 2002 angewiesen, in Hamburg - Bahrenfeld in der
Klinik "B." einen Frühdienst zu verrichten, und sich über den Einwand hinweggesetzt, dass dies für 5 Stunden Arbeit 2
Stunden Wegezeit von Hamburg – Bergedorf bedeuten würde; er habe dort anzutreten, weil ein examinierter
Altenpfleger gebraucht werde, und er sei dieser Anweisung gefolgt (Anlage K 12, Blatt 158 der Prozessakte). Für eine
abhängige Beschäftigung spricht weiter, dass die Pflegekräfte ihre Tätigkeit in eigener Person ohne Mitarbeiter, ohne
eigenes Kapital und ohne eine eigene Unternehmensorganisation ausübten. Soweit sie nicht nur für die Klägerin,
sondern auch für andere Auftraggeber tätig wurden, war ihr Auftreten am Markt nicht durch ein ausgewogenes
Verhältnis unternehmerischer Risiken und Chancen geprägt, sondern sie konnten im Wesentlichen nur ihre eigene
Arbeitskraft mit den vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten zur Verfügung stellen und hatten sich auch dabei in
die betrieblichen Abläufe der stationären Pflegeeinrichtungen einzuordnen und deren Weisungen zu befolgen. Die
näheren Einzelheiten der Arbeitsausführung waren durch die Anforderung der jeweiligen Einrichtung festgelegt, und die
Pflegekräfte hatten die ihnen vor Ort erteilten Instruktionen zu befolgen. Sie unterschieden sich insoweit nicht
wesentlich von Zeitarbeitnehmern, die ebenfalls in wechselnden Einsatzbetrieben und in unterschiedlich langen
Zeiträumen nach der Disposition ihrer Arbeitgeber und nach den Bedürfnissen der Entleiher eingesetzt werden. Dass
über Einzelheiten eines Auftrags wie dessen Modalitäten und die Vergütung verhandelt wurde und die Pflegekräfte für
ihre Arbeitskleidung selbst zu sorgen hatten, ist auch für Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich. Hinsichtlich der
Arbeitsausführung und ihrer näheren Einzelheiten, waren sie den Weisungen der Pflegeeinrichtungen unterstellt, denn
sie hatten unter Verwendung der ihnen von den Einrichtungen zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel genau die
Arbeiten zu erledigen, für die sie wegen der bestehenden Vakanzen (z.B. wegen Urlaubs, Erkrankung oder zur
Entlastung von Arbeitsspitzen) von den Einrichtungen angefordert worden waren und die sonst das Stammpersonal
verrichtet hätte. Mit diesen bei den Einrichtungen angestellten Kräften arbeiteten sie "Hand in Hand" zusammen.
Soweit erforderlich, wurden sie durch die Heim- oder Stationsleitung der jeweiligen Einrichtung in ihre Tätigkeit
eingewiesen. Die Arbeitsausführung in den Pflegeeinrichtungen richtete sich maßgeblich nach deren betrieblichen
Bedürfnissen. Hieran ändert es auch nichts, dass die Pflegekräfte z. T. in Einrichtungen eingesetzt waren, deren
Abläufe ihnen bereits vertraut waren, und insoweit eine besondere Einweisung durch die Mitarbeiter der Einrichtungen
nicht erforderlich war. Denn auch insoweit war das Weisungsrecht der Einrichtung allenfalls eingeschränkt, aber nicht
entfallen. Sie unterschieden sich in Bezug auf die Modalitäten der Arbeitsausführung nicht von den fest angestellten,
abhängig beschäftigten Pflegekräften. Für ihre Leistung erhielten sie eine nach Stunden abgerechnete Vergütung von
der Klägerin. Die vertragliche Ausgestaltung der Honorarkraft- und Überlassungsverträge als Verträge für selbstständig
tätige Pflegekräfte dient offenkundig der Umgehung der sonst üblichen Arbeitgeberpflichten und muss bei wertender
Betrachtung hinter der tatsächlichen Ausgestaltung der Rechtsbeziehung zurücktreten.
Die Pflegekräfte waren auch nicht auf dienst- oder werkvertraglicher Basis in den Pflegebetrieben selbstständig tätig.
Denn sie schuldeten keinen Erfolg, und die Modalitäten der Arbeitsausführung konnten von ihnen nicht beeinflusst
werden. Vielmehr waren insoweit allein die betrieblichen Bedürfnisse der Pflegeeinrichtungen maßgeblich, angefangen
bei der erforderlichen Qualifikation der Pflegekraft bis zu den konkreten Pflegebedarfen vor Ort.
Soweit die Klägerin die für sie tätigen Pflegekräfte mit anderen Personengruppen vergleichen will, die nach ihrer
Auffassung stets selbstständig tätig sind (Franchisenehmer) und Ergebnisdiskrepanzen bei der Anlegung des
Maßstabs der persönlichen Abhängigkeit in aus ihrer Sicht vergleichbaren Fällen rügt (Lehrer, Hochschuldozenten), ist
ihr entgegenzuhalten, das Franchisenehmer nach den Gegebenheiten des Einzelfalles in der Rechtsprechung
durchaus als Arbeitnehmer angesehen worden sind (vgl. BAG, AP Nr. 37 zu § 5 ArbGG 1979), andererseits auch
Konstellationen denkbar sind, in denen die Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen ist (vgl. BAG EzA § 611 BGB
Arbeitnehmerbegriff Nr. 32). Auch hier richtet sich die Frage, ob ein Franchisenehmer Arbeitnehmer oder
Selbständiger ist, allein danach, ob er weisungsgebunden und abhängig ist oder ob er seine Chancen auf dem Markt
selbständig und im Wesentlichen weisungsfrei suchen kann. Aus einer bloß verbalen Typisierung der Vertragsart lässt
sich für die Frage der Arbeitnehmereigenschaft nichts herleiten. Nichts anderes gilt für Dozenten und Lehrkräfte, die je
nach ihrer Abhängigkeit von Vorgaben zur Regelung ihrer Dienstverhältnisse teils als Arbeitnehmer (LAG Stuttgart, BB
1997,683 – Dozent an Berufsakademie -; BAG AP Nr 133 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten – Dozent in beruflicher
Bildung - ; BAG AP Nr 1 zu § 611 BGB Freier Mitarbeiter – Lehrkraft an einer Lehranstalt für pharmazeutisch –
technische Assistenten – ), teils als Selbstständige angesehen worden sind (BAG EzA § 611 BGB
Arbeitnehmerbegriff Nr 45 – Dozentin in Schulabschlusskursen an einer Volkshochschule -; BAG AP Nr 116 zu § 611
BGB Abhängigkeit - Lehrerin für Deutschkurse an einer Volkshochschule -). Für die jeweilige Abgrenzung lassen sich,
wie die Klägerin zu Recht bemerkt, keine abstrakten, schematisch übertragbaren Abgrenzungskriterien bilden. Der
Klägerin ist einzuräumen, dass durch die nicht immer einheitliche Verwendung des Arbeitnehmerbegriffs im Arbeits-,
Lohnsteuer- und Sozialrecht, die hieraus entstandene Fülle kasuistischer Rechtsprechung, unterschiedliche
Orientierungen in der Literatur und die Zuständigkeit verschiedener Behörden und Gerichte für die Festlegungen im
Einzelfall eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit entstanden ist, die selbst bei gleichen Sachverhalten nicht
selten zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Andererseits sind diese Schwierigkeiten nicht zuletzt durch eine
freiheitliche Wirtschaftsordnung entstanden, die dem – auch von der Klägerin in Anspruch genommenen -
Gestaltungswillen der in ihr tätigen Menschen grundsätzlich Raum lässt. Sie sind deshalb weitgehend unvermeidlich
und müssen hingenommen werden.
Die Klägerin betrieb auch keine – inzwischen rechtlich zulässige – Arbeitsvermittlung. Die hierfür sprechende, in der
Literatur (vgl. Wank, a.a.O., Randnummern 54 bis 56 zu § 1 AÜG mit weiteren Nachweisen) zum Teil als historisch
überholt angesehene gesetzliche Vermutung nach § 1 Abs. 2 AÜG ist nämlich widerlegbar, und das Gericht sieht sie
als widerlegt an. Zwar vermied die Klägerin durch die Gestaltung der Honorarkraftverträge die Übernahme des
Arbeitgeberrisikos und weitgehend auch der üblichen Arbeitgeberpflichten, insbesondere die Meldungen zur
Sozialversicherung, Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen etc. Andererseits hatte die Klägerin bei rechtlicher
Bewertung zumindest teilweise Arbeitgeberfunktionen inne, indem sie von den Pflegeeinrichtungen die Aufträge zur
Überlassung geeigneter Pflegekräfte entgegennahm, diese aus ihrem Bestand auswählte, sie nach der Annahme des
jeweiligen Auftrags der jeweiligen Einrichtung zur Arbeitsleistung überließ, die absolvierten Stunden erfasste und
abrechnete und nach Zahlung durch den Auftraggeber der Pflegekraft den ihr zustehenden Betrag überwies. Hiernach
bestanden wie bei einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma die wesentlichen vertraglichen Beziehungen der Klägerin mit
den Pflegekräften. Demgegenüber beschränkte sich der Kontakt der Pflegekräfte mit den Pflegeeinrichtungen auf die
Ableistung des konkreten Arbeitseinsatzes und die hierzu nötigen Absprachen. Eine Erfassung durch die hierfür
zuständigen Personalabteilungen der Pflegeeinrichtungen erfolgte nicht, sondern die Pflegekräfte hatten sich lediglich
in der jeweiligen Station oder Abteilung zu melden, in der ihre Arbeitsleistung erforderlich war.
Die Tätigkeit der Klägerin diente auch gewerblichen Zwecken, weil sie dauerhaft selbstständig ausgeübt und auf die
Erzielung von Gewinn angelegt war (gewerberechtlicher Begriff der Gewerbsmäßigkeit, vgl. Wank, a.a.O.,
Randnummer 41 f zu Art. 1 § 1 AÜG; Niebler/Biebl/Ulrich, a.a.O., Randnummern 99, 100, beide mit weiteren
Nachweisen).
Fest steht weiter, dass die Klägerin nicht in Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis war. Sie übte deshalb
unerlaubt Arbeitnehmerüberlassung aus.
Das Gericht sieht keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich in den genannten und vergleichbaren typischen
Fällen seit dem Erlass des Untersagungsbescheides vom 12.1.1998 die Sach- und Rechtslage wesentlich geändert
hat. Zwar hat die Klägerin im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in ihrer Beschwerde gegen den Beschluss
des Sozialgerichts Hamburg vom 4.9.1998 behauptet, ihren Geschäftsablauf in der Weise geändert zu haben, dass
die Pflegekräfte künftig nicht mehr die Dienstleistung der Klägerin zur Rechnungsstellung in Anspruch nehmen,
sondern ihre Honorare direkt mit den jeweiligen Pflegeeinrichtungen abrechnen würden (Blatt 126 der Prozessakte S 2
AL 372/98 ER), und im Verhandlungstermin am 11.5.2004 hat sie ebenfalls von wesentlichen Änderungen in der
vertraglichen und sonstigen Gestaltung ihrer Beziehungen zu den von ihr vermittelten Pflegekräften und den
Pflegeeinrichtungen gesprochen. Der aus diesen Gründen erteilten Auflage, hierzu bis zum 30.6.2004 Näheres
vorzutragen, ist die Klägerin jedoch auch nach Fristverlängerung nicht nachgekommen; ihrem Vortrag fehlt deshalb
die notwendige Substanz.
Nach § 6 AÜG war und ist die Beklagte deshalb nach wie vor verpflichtet, der Klägerin die weitere unerlaubte
Arbeitnehmerüberlassung zu untersagen und deren Fortdauer mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung zu
verhindern. Auch insoweit begegnen die angefochtenen Bescheide der Beklagten keinen rechtlichen Bedenken.
Gemäß § 6 AÜG in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 b, 11 und 13 VwVG war sie zu Maßnahmen der
Verwaltungsvollstreckung verpflichtet und bei der Auswahl des Zwangsmittels nach pflichtgemäßem Ermessen
berechtigt, der Klägerin zur Erzwingung der Unterlassung für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld zwischen
3 und 2.000,- DM anzudrohen. Sie hat von dieser Befugnis in rechtlich einwandfreier Weise Gebrauch gemacht.
Anhaltspunkte, die für ein anderes Zwangsmittel sprechen oder gegen die Auswahl des Höchstbetrages des
Zwangsgeldes sprechen könnten, liegen nicht vor und sind auch von der Klägerin nicht genannt worden. Die
Fortsetzung der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung führt dazu, dass die Schutzzwecke des AÜG gefährdet
werden, den sozialen und arbeitsrechtlichen Schutz der Leiharbeitnehmer sicherzustellen und über die Prüfung der
Erlaubnisversagungsgründe des Art. 1 § 3 AÜG zu gewährleisten, dass die Arbeitnehmerüberlassung nicht von
möglicherweise unseriösen Verleihfirmen betrieben wird (vgl. dazu Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Auflage, Einleitung
Randnummer 118). Nach § 9 Abs. 2 VwZG muss das Zwangsmittel in einem angemessenen Verhältnis zu seinem
Zweck stehen (Satz 1). Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, dass der Betroffene und die
Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden (Satz 2). Das Gericht sieht auch diese, den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit konkretisierenden Anforderungen als erfüllt an. Es ist geeignet, die weitere illegale
Arbeitnehmerüberlassung durch die Klägerin wirkungsvoll zu unterbinden, und es ist erforderlich, weil die Klägerin
offenbar alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpft, um ihre Tätigkeit fortsetzen zu können. Da das
Zwangsgeld nur angedroht, bisher aber nicht festgesetzt ist, hat sie zudem eine Schonung erfahren, die den Eingriff in
ihre Rechtsposition mildert.
Die Klägerin kann sich entgegen ihrer Auffassung nicht auf Bestandsschutz berufen. Die Beklagte hat seit Beginn der
Ermittlungen im Ordnungswidrigkeitsverfahren zu keiner Zeit einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Tätigkeit der
Klägerin als unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung bewertet. Dass sie hierbei teilweise zu rechtlich fehlerhaften Mitteln
gegriffen hat, begründet kein Vertrauen der Klägerin, in Zukunft ihre Tätigkeit unbehelligt fortsetzen zu können. Die
Klägerin musste vielmehr auch nach der Einstellung des Ordnungswidrigkeitsverfahrens mit weiteren Sanktionen
rechnen, zumal sie bereits während dieses Verfahrens anwaltlich vertreten und das durch die AOK Hamburg
eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Erhebung und Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen seit September
1991 anhängig war.
Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, dass die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Fall W. Z. mit Bescheid
vom 31.5.2002 eine Statusfeststellung gemäß § 7 a Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für
die Sozialversicherung – (SGB IV) getroffen hat, dass dessen Tätigkeit im Bereich der Alten - und Krankenpflege seit
1.12.2001 selbstständig ausgeübt werde und eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege (Anlage K 14, Blatt 170 der
Prozessakte). Es kann offen bleiben, ob die Beklagte bei der Beurteilung der Frage, ob die Klägerin unerlaubt
Arbeitnehmerüberlassung betreibt, an diese Feststellung gebunden ist. Eine Tatbestands- oder Feststellungswirkung
würde nämlich nur den Fall Z. betreffen mit der Folge, dass die Beklagte in seinem Fall gehindert wäre, das Betreiben
unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung durch die Klägerin anzunehmen. Dies ändert jedoch nichts an den von der
Kammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen und ihrer Beurteilung zu der Einordnung der Tätigkeit der Klägerin
als Arbeitnehmerüberlassung. Denn entweder beruht die Statusfeststellung auf unzutreffenden tatsächlichen
Grundlagen oder einer fehlerhaften rechtlichen Bewertung, oder es liegen in diesem Fall Besonderheiten vor, die von
den beschriebenen typischen Gegebenheiten abweichen. Soweit die Klägerin Zeugenbeweis dafür anbietet, dass W.
Z. in genau der gleichen Art und Weise selbstständig tätig geworden sei, wie alle selbstständigen Pflegekräfte, die
sich bei der Klägerin hatten listen lassen, sieht die Kammer keine Veranlassung, Beweis durch die Vernehmung der
angebotenen Zeugen K. und P. zu erheben. Denn erstens handelt es sich um eine keinem Beweis in tatsächlicher
Hinsicht zugängliche Rechtsfrage, ob eine Tätigkeit als selbstständig zu bewerten ist, und zweitens müsste die
Behauptung, unterstellt man sie in Bezug auf ihren tatsächlichen Inhalt in dem Sinne als richtig, dass die von der
Klägerin vermittelten Pflegekräfte sämtlich in gleicher Weise tätig sind, notwendig dazu führen, die im Falle Z.
getroffenen Statusfeststellung als fehlerhaft und nicht auf die übrigen Pflegekräfte übertragbar anzusehen.
Soweit die Klägerin durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen im Verhandlungstermin am 11.5.2004 belegt hat,
dass die Beklagte Herrn A. G1 mit Bescheid vom 30.9.2002 Überbrückungsgeld und einen Zuschuss zu den Kosten
einer freiwilligen Kranken -, Pflege -, und Altersversorgung für eine selbstständige Tätigkeit als freiberuflicher
Krankenpfleger im häuslichen und stationären Bereich für die Zeit vom 1.11.2002 bis 30.4.2003 gewährt hat (Blatt 133
f der Prozessakte), wird die Beurteilung der Kammer hierdurch ebenfalls nicht in Frage gestellt. Zu Recht hat die
Vertreterin der Beklagten im Verhandlungstermin am 23.11.2004 darauf hingewiesen, dass weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich sei, dass die genannten Leistungen in Kenntnis der Tätigkeit für die Klägerin gewährt wurden, und
dass der Bewilligungsbescheid vom 30.9.2002 möglicherweise rechtlich fehlerhaft ist. Es ist gerichtsbekannt, dass im
Verfahren zur Gewährung von Überbrückungsgeld und ergänzenden Leistungen die Kundenbeziehungen der
Antragsteller und die Frage, ob sie tatsächlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen oder in Wirklichkeit abhängig
beschäftigt sind, in aller Regel nicht geprüft werden. Vielmehr erstreckt sich die Prüfung auf die (rechtzeitige)
Antragstellung, das Vorliegen der erforderlichen Unterlagen, insbesondere einer Bescheinigung einer fachkundigen
Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung und das Vorliegen der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen des §
57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) (Vorbezug von Leistungen nach SGB III oder
vorherige Beschäftigung in einer Arbeitsbeschaffungs - oder Strukturanpassungsmaßnahme), nicht aber auf die
näheren Einzelheiten der geplanten und durchgeführten Tätigkeit.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sie mit ihrer Tätigkeit dem akuten Pflegenotstand entgegenwirke und im
wohlverstandenen Interesse pflegebedürftiger Personen handele, deren menschenwürdige Versorgung sonst nicht
gewährleistet sei, führt auch dieser Einwand zu keiner anderen Beurteilung. Die Klägerin verkennt, dass die durch
Urlaubs- und Krankheitszeiten in den Pflegeeinrichtungen zusätzlich oder kurzfristig entstehenden
Dienstleistungsbedarfe ebenso gut durch erlaubte Arbeitnehmerüberlassung gedeckt werden können. Im Übrigen
negiert der Einwand die oben bereits genannten Schutzzwecke des AÜG.
Die Klägerin kann für die Tätigkeit der Pflegekräfte nicht die gesetzliche Vermutung nach § 7 Abs. 4 SGB IV in
Anspruch nehmen. Danach wird für Personen, die (seit Inkrafttreten der Vorschrift ab 1. 1. 2003) für eine selbständige
Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III beantragen, widerlegbar vermutet, dass sie in
dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind (Satz 1). Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses gelten diese
Personen als selbständig Tätige (Satz 2). Im vorliegenden Fall ist jedoch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich,
dass Pflegekräfte, die bei der Klägerin tätig sind, einen solchen Existenzgründungszuschuss beantragt oder bezogen
haben.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die die Untersagungsverfügung stützenden Vorschriften bestehen nicht. Das
insoweit einschlägige Grundrecht auf Gewerbefreiheit und Unternehmerfreiheit im Sinne freier Gründung und Führung
von Unternehmen (Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) ist nicht verletzt. Der Gesetzgeber ist mit der Erlaubnispflicht des
Art. 1 § 1 AÜG dem Hinweis des Bundesverfassungsgerichts in dessen Urteil vom 4.4.1967 nachgekommen, dass für
die – bis dahin noch als mit dem Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit nach § 37 Abs. 3 des Gesetzes
über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) unvereinbar angesehene – Arbeitnehmerüberlassung
ein wirtschaftlicher Bedarf bestehe und die hiermit verbundenen Gefahren für die überlassenen Arbeitnehmer und für
die Sicherstellung der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen durch Anwendung milderer Mittel als des
generellen Verbots sozialverträglich zu beherrschen seien (vgl. BVerfGE 21, 261, 268 f). Da bei Nichtvorliegen der
Versagungsgründe des Art. 1 § 3 AÜG ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
besteht, liegt ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung, nicht der Berufswahl vor, der im Interesse überragender
Gemeinschaftsgüter, nämlich des sozialen und arbeitsrechtlichen Schutzes der Leiharbeitnehmer und des
Ausschlusses unseriöser Verleihfirmen aus diesem Gewerbezweig gerechtfertigt ist (vgl. Becker/Wulfgramm, a.a.O.,
Randnummern 14 – 16 zu Art. 1 § 1 AÜG). Auch durch die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und
abhängiger Beschäftigung, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung vorgenommen hat, wird das Grundrecht der
Klägerin aus Art. 12 GG nicht verletzt, auch wenn sich nach den Umständen des Einzelfalles eine abhängige
Beschäftigung ergibt und danach bestimmte Dienstleistungen praktisch nur in Form einer abhängigen Beschäftigung
verrichtet werden können (vgl. BSG, Die Beiträge 1993, 481).
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abzuweisen.