Urteil des SozG Gießen vom 28.05.2009

SozG Gießen: stadt, verein, mitgliedschaft, verfügung, unfallversicherung, sport, versicherungsschutz, genehmigung, satzung, anerkennung

Sozialgericht Gießen
Urteil vom 28.05.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Gießen S 3 U 202/06
Hessisches Landessozialgericht L 6 U 182/09
1. Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2006 wird
aufgehoben und die Beklagte verurteilt, unter Anerkennung des Ereignisses vom 14.10.2000 als Versicherungsfall
gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII dem Kläger für die Unfallfolgen gesetzliche Entschädigungsleistungen dem Grunde nach
zu erbringen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sowie des Beigeladenen in gesetzlichem
Umfang zu erstatten.
Tatbestand:
In Streit steht die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 14.10.2000 als Arbeitsunfall.
Der 1973 geborene Kläger ist gelernter Energieelektroniker und war zum Zeitpunkt des Unfalles Mitglied des Motor
Sport Clubs (MSC) H. e. V., einem Ortsclub im ADAC Hessen-Thüringen e. V., mit Sitz in J-Stadt, dessen
Vorsitzender zum Zeitpunkt des Unfalles der Zeuge F. war. Am 13. und 14.10.2000 nahm der Kläger an der 41. Rallye
XY. als Streckenposten teil. Veranstalter war der Motor Sport Club C-Stadt e. V., der Beigeladene in vorliegendem
Verfahren.
Im Rahmen dieses Rennens kam es am 14.10.2000 um 19:10 Uhr zu einem Verkehrsunfall, als ein Rallyeteilnehmer
infolge überhöhter Geschwindigkeit von der Strecke abkam und in die Absperrung geriet. Dabei wurden u. a. ein
Zuschauer getötet, der Kläger als Streckenposten erlitt schwere Verletzungen, im Wesentlichen eine
Hüftgelenksluxationsfraktur mit Acetabulum-Trümmerfraktur, Abbruch des Trochanter Major und Schädigung des
Plexus lumbosacralis links und Sprengung des Iliosakralgelenkes, ein Schädel-Hirn-Trauma I. Grades sowie eine
Weichteilverletzung links gluteal. Aufgrund einer sich entwickelnden posttraumatischen Hüftkopfnekrose musste der
Kläger schließlich mit einer linksseitigen Hüft-TEP versorgt werden. Nach dem SGB IX ist ein Grad der Behinderung
von 50 sowie eine erhebliche Beeinträchtigung der Beweglichkeit im öffentlichen Straßenverkehr (Merkzeichen G)
anerkannt.
Mit Anwaltsschreiben vom 19.02.2003 zeigte der Kläger das Ereignis bei der Beklagten an und beantragte
Entschädigung als Arbeitsunfall. Auf dem entsprechenden Fragebogen gab er an, die Verletzung in seiner Tätigkeit
als Sportwart der Streckensicherung erlitten zu haben. Es handele sich um eine freiwillige, ehrenamtliche Tätigkeit,
die Einteilung erfolge durch die Wertungsprüfungsleitung. Nicht jedes Vereinsmitglied könne diese Tätigkeit ausüben,
man benötige einen Lehrgang zum Sportwart der Streckensicherung. Durch Bescheid vom 05.12.2005 lehnte die
Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Ereignisses vom 14.10.2000 ab, da der Unfall
sich nicht während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe und auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB VII
nicht vorlägen. Der fristgerecht eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 als
unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger hat hiergegen am 28.08.2006 vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Im Hinblick auf das
sozialrechtliche Haftungsprivileg hat das Gericht durch Beschluss vom 18.12.2006 den Motor Sport Club C-Stadt e.
V. beigeladen. Der Kläger hat zahlreiche Arztbriefe zur Akte gereicht, das Gericht hat außerdem bei der
Stadtverwaltung C-Stadt die Unterlagen bezüglich der Genehmigung und Durchführung der 41. XY. Rallye beigezogen,
sowie die Akte der Staatsanwaltschaft NM. gegen die Unfallverursacher. Darin sind u. a. die "Richtlinien für Rallye-
Leiter, DMSB-Rallye-Reglement 2001 für Automobil-Rallyes" enthalten. Der Beigeladene hat eine Liste der
teilnehmenden Fahrer vorgelegt, der MSC H. e. V. hat die aktuelle Satzung zur Akte gereicht. Die Beklagte hat einen
Telefonvermerk über ein Gespräch mit dem Sportsekretär des ADAC Hessen-Thüringen, dem Zeugen E., vom
23.04.2008 sowie eine Kopie des Internetauftritts des MSC H. e. V. vorgelegt.
Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung der Beklagten sei der Unfall in keiner Weise Ausfluss der
Mitgliedschaft in einem Motorsportverein. Die Tätigkeit als Streckenposten sei in keiner Weise durch eine
mitgliedschaftliche Verpflichtung geprägt. Er sei unter keinem denkbaren Gesichtspunkt dazu verpflichtet gewesen,
als Streckenposten an der Rallye teilzunehmen.
Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Anerkennung des Ereignisses vom 14.10.2000 als
Versicherungsfall gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII ihm für die Unfallfolgen gesetzliche Entschädigungsleistungen dem
Grunde nach zu erbringen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die getroffenen Feststellungen für zutreffend. Man müsse davon ausgehen, dass es bei den
einzelnen Vereinen einen Pool von Streckenposten gebe, die sich gegenseitig bei derartigen Veranstaltungen
aushelfen würden, und dass die einzelnen Motorsportvereine sogenannte Partnerschaften bildeten, so dass der Kläger
im Rahmen einer solchen Partnerschaft zur Förderung des Vereinszweckes bei dem Motor Sport Club C-Stadt e. V.
tätig geworden sei.
Der Beigeladene schließt sich dem Vortrag sowie dem Antrag des Klägers an.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2009 hat das Gericht die Zeugen E. und F. gehört. Der Zeuge E. hat eine
vertragliche Verpflichtung des MSC H. e. V. zur Stellung von Streckenposten für den MSC C-Stadt e. V. nicht
bestätigen können, der Zeuge F. hat eine Verpflichtung, dem Veranstalter einer Rallye einen Streckenposten zur
Verfügung zu stellen, ausdrücklich verneint.
Zum Sach- und Streitstand, insbesondere zu den Aussagen der beiden Zeugen, wird auf die Gerichtsakte und die
Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogenen Gerichtsakten der Vorverfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Gericht erhobene Klage ist zulässig und begründet.
Der angegriffene Bescheid der Beklagten ist aufzuheben, denn er ist rechtswidrig. Der Kläger war im Zeitpunkt des
Unfalles versichert.
Versicherungsfälle in der Gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 SGB
VII. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz
begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Zur Annahme eines Arbeitsunfalls ist es somit erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls
einer solchen versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese
Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis dem Unfallereignis - geführt
hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten
verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Ob die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignet hat, der
versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, muss wertend entschieden werden, indem untersucht wird, ob sie innerhalb
der Grenze liegt, bis zu der nach dem Gesetz der Unfallversicherungsschutz reicht. Maßgebend ist, ob die zum Unfall
führende Handlung der versicherten Tätigkeit dienen sollte und ob diese Handlungstendenz des Versicherten durch die
objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 5 RdNr. 5, 6 m. w. N.). Der in der
gesetzlichen Unfallversicherung versicherte und damit grundsätzlich leistungsberechtigte Personenkreis ergibt sich
aus den §§ 2, 3 und 6 SGB VII.
Vorliegend steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für die Kammer fest, dass der Kläger bei der Ausübung
einer versicherten Tätigkeit verunfallt ist, so dass die Beklagte Entschädigungspflichten trifft. Der Kläger stand bei der
Tätigkeit als Streckenposten, in der er verunfallte, nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII unter dem
Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, denn er war "wie ein Beschäftigter" für den MSC C Stadt e. V. tätig.
§ 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) definiert Beschäftigung als die nicht selbstständige Tätigkeit,
insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dies setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem
fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (BSG, Urteil vom
19.08.2003 in SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).
Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers zum MSC C-Stadt e. V. im obigen Sinne lag zwar nicht vor,
denn es bestand kein auf den Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses gerichteter Wille, vielmehr erfolgte die
Tätigkeit des Klägers als freiwilliger Helfer.
Wie sich aus Anhang IV-Sicherheitsbestimmungen für Automobil-Rallyes, Art. 2 der Richtlinien für Rallyeleiter,
DMSB-Rallye-Reglement 2201 ergibt, war der Kläger als Sportwart der Streckensicherung ("Streckenposten") jedoch
den Weisungen des Wertungsprüfungsleiters (WP-Leiter) unterlegen und dieser wiederum dem Leiter der
Streckensicherung (LS) weisungsgebunden. Der MSC C-Stadt e. V. war außerdem aufgrund der Auflagen in der
behördlichen Genehmigung zur Durchführung des Rennens ausdrücklich dazu verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von
Streckenposten einzusetzen. Bei Nichterfüllung wäre die Genehmigung zur Austragung des Rennens erloschen.
Demzufolge musste der Rennausrichter die entsprechende Anzahl Streckenposten stellen. Hätte er dies nicht über
freiwillige, unentgeltlich tätige Mitarbeiter wie den Kläger oder Mitglieder des DRK, der Feuerwehren etc. erreichen
können, wäre die entgeltliche Beschäftigung von Arbeitnehmern als Sicherungskräften erforderlich geworden.
Der Kläger zählte demnach zum Kreis der Versicherten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, so dass ein
Leistungsanspruch gegen die Beklagte resultiert.
Nach § 2 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 des SGB VII sind Personen versichert, die wie Beschäftigte tätig werden. Ein
Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" setzt voraus (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R;
Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 35/04 R), dass es sich um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handelt,
die dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz), die dem wirklichen oder
mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss, tätig zu
werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie ihrer Art nach sonst von einer Person verrichtet
werden könnte, welche in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht und nicht auf einer Sonderbeziehung z.
B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruht. Eine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit vom
unterstützten Unternehmen ist nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für den Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB
VII ist weiter, ob der Verletzte gegen ein Entgelt oder aus ideellen Gründen handelte (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens,
Gesetzliche Unfallversicherung, § 2, 34.7).
Die Mitgliedschaft in einem Verein schließt dabei grundsätzlich die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses
und damit auch eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 13.08.2002, B 2 U
29/01 R; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2, 34.32). Es ist jedoch nach der Rechtsprechung
des BSG danach zu unterscheiden, ob die Arbeitsleistung nur auf Mitgliedschaftspflichten beruht, oder ob es sich um
Arbeitsleistungen handelt, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nach den Zeugenaussagen ist in
vorliegendem Fall jegliche Verpflichtung zur Tätigkeit als Streckenposten beim MSC C-Stadt e. V. aufgrund der
Mitgliedschaft des Klägers im MSC H. e. V. zu verneinen.
Der Zeuge E. konnte hierzu keine Angaben machen, da ihm konkrete Abmachungen dieser Art im Rahmen seiner
Tätigkeit nicht bekannt geworden sind. Seine bloße Vermutung, es könne mündliche Absprachen geben, wurden vom
Zeugen F. glaubhaft widerlegt. Ausdrücklich hat der Zeuge E. aber darauf hingewiesen, dass es keine Verpflichtung
eines Vereins gebe, einem anderen Verein z. B. Streckenposten zur Verfügung zu stellen. Aus der bloßen Tatsache,
dass ein Fahrer des MSC H. e. V. an dem Rennen teilgenommen habe, resultiere keine Verpflichtung für diesen
Verein, einen Streckenposten deswegen für das Rennen zu stellen. Es gebe Veranstaltungsserien im Kartsport, das
sei der sogenannte Kart-Youngster-Cup, da sei es so, dass ein Verein, der einen Fahrer stelle, einen Streckenposten
zur Verfügung stellen müsse. Das gebe es aber nur in diesem speziellen Fall und man könne dies nicht übertragen.
Der Zeuge E. kannte auch keine anderen Fälle, wo dies galt.
Der Zeuge F. hat hierzu ausdrücklich ausgesagt, dass es keine Verpflichtung gebe, dem Veranstalter einen
Streckenposten zur Verfügung zu stellen, nur weil der eigene Club einen Fahrer bei der Rallye teilnehmen ließ. Er hat
weiter ausgeführt: "Die Beziehung zwischen dem aktiven Fahrer und dem Verein besteht letztlich deshalb, weil dieser
dann unter erleichterten Bedingungen an derartigen Veranstaltungen teilnehmen kann. Die Lizenz erhält er etwas
erleichtert. Das hat dann z. B. zur Folge, wenn er gegen eine Wertung vorgehen will, dann muss das über den Verein
gehen. Er kann das nicht ohne unsere Zustimmung machen. Aber es ist auf keinen Fall so, dass der Verein, der einen
Fahrer dort fahren hat, auch in irgendeiner Form für die Streckensicherung verpflichtet ist. Die Partnerschaft mit dem
MSC C-Stadt e. V. bestand infolge der Grenzöffnung. Das war eine Beziehung, um dem Club zu helfen im Rahmen
des Motorsportes. Es gab zumindest während der Zeit meiner Vorstandstätigkeit dort keine Verpflichtung zur
Hilfeleistung. Hinsichtlich der Streckenposten war es so, dass diese Streckenposten auch nicht offiziell vom Verein
angefordert wurden, und das müsste ja bei solchen Anfragen an den Verein erfolgen, sondern dass da jedes Mal
telefoniert wurde, ob man nicht aushelfen könne und man dann die Adressen weitergereicht hat. Ich war selber
Streckenposten und habe an dieser Eisenachrallye teilgenommen und das war dann so, dass mich der Sportwart
angerufen hat und gefragt hat, hast du Zeit, und wenn man dann Zeit gehabt hat, hat man sich getroffen und ist dort
hingefahren. Das war bei den anderen nicht anders."
Anders als in dem vom LSG Baden-Württemberg zu entscheidenden Fall (Urteil vom 22.02.2007, L 10 U 229/04;
Revision beim BSG anhängig unter B 2 U 7/07) bestand somit für den Kläger keinerlei Verpflichtung, die Tätigkeit als
Sportwart der Streckensicherung für den MSC C-Stadt e. V. auszuüben. Dies ergibt sich für das Gericht schlüssig
aus den vorstehend zitierten glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen E. und F ...
Eine "Verpflichtung" wäre im Übrigen auch dann anzunehmen, wenn die Verrichtung nicht über das hinausgehen
würde, was Vereinssatzung, Beschlüsse der Vereinsorgane oder allgemeine Vereinsübung als generelle
Arbeitsverpflichtungen der Vereinsmitglieder festlegen. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden
Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein
von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet
werden wie z. B. allgemeine Arbeitseinsätze zur Pflege der Vereinsanlage etc.
Hebt der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraus, dass er ihnen ehrenamtliche
Vereinsfunktionen überträgt, so treffen diese Funktionäre auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als
"einfache" Vereinsmitglieder. Gleiches gilt dann, wenn der Verein von bestimmten "einfachen" Mitgliedern die
Ausführung gefährlicher und besondere Fachkunde erfordernde Arbeiten verlangt. Daraus ergibt sich, dass hinsichtlich
der Vereinsübung allein wesentlich ist, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten
Mitgliedern wahrgenommen werden und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch
nachkommen (BSG, Urteil vom 24.03.1998, B 2 U 13/97 R in SozR 3-2200 § 539 Nr. 41).
Auch dies war hier nicht der Fall bezüglich einer Tätigkeit des Klägers als Streckenposten bei einem Rennen des
MSC C-Stadt.
Zum einen hatte der Kläger nach Auffassung des Gerichts als Sportwart der Streckensicherung keine
herausgehobene Stellung innerhalb seines Vereines, so dass ihn aus einer solchen besonderen Position heraus eine
Verpflichtung getroffen hätte, sich dem MSC C-Stadt e. V. als Streckenposten zur Verfügung zu stellen.
Der Kläger war zwar im MSC H. e. V. Mitglied, und die Tätigkeit als Streckenposten ließe sich unter den in der
Satzung des Vereins festgelegten Zwecken und Zielen des Clubs "Förderung des Motorsportes" subsumieren.
Allerdings ergab sich aus den in dieser Satzung niedergelegten Zielen und Aufgaben keinerlei Verpflichtung zu wie
auch immer gearteten Helfertätigkeiten bei Motorsportveranstaltungen befreundeter Vereine. Die Tätigkeit des Klägers
gegenüber dem MSC C-Stadt e. V. stellte sich zu keinem Zeitpunkt als die Erfüllung von Vereinspflichten resultierend
aus seiner Mitgliedschaft im MSC H. e. V. dar.
Hierzu hat der Zeuge F. glaubhaft ausgesagt: "Es ist so, dass wir die Ausbildung zum Sportwart nicht an die
Verpflichtung oder die Erwartungshaltung geknüpft hatten, dass die Leute dann unbedingt auch für uns als
Streckenposten eingesetzt werden mussten. Natürlich war es wünschenswert. Wir waren ja auch in einem
Motorsportverein. Aber es kam vielfach vor, dass die Leute nach dieser Ausbildung niemals als Streckenposten tätig
waren. Der Verein erwartet nicht, dass die Ausgebildeten dann als Streckenposten tätig werden."
Zum anderen war der Kläger nicht einmal Mitglied im ADAC Hessen-Thüringen, so dass ein Tätigwerden im Rahmen
mitgliedschaftlicher Verpflichtungen dem ADAC gegenüber als übergeordneter Organisation, wie vom LSG Baden-
Württemberg diskutiert, hier ohnehin ausscheidet.
Somit bestand weder eine Verpflichtung des Klägers zur Tätigkeit als Streckenposten aufgrund seiner Mitgliedschaft
im Verein MSC H. e. V. noch aufgrund der Tatsache, dass er dort eine Ausbildung zum Sportwart der
Streckensicherung erfahren hatte, noch aufgrund sonstiger Mitgliedschaften, etwa im ADAC als übergeordnete
Organisation, so dass das Gericht davon überzeugt ist, dass sich der streitige Unfall im Rahmen einer Versicherung
nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ereignet hat.
Aufgrund des durch die Unfallfolgen dauerhaft erheblich beeinträchtigten Gesundheitszustandes des Klägers sowie
der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und der hieraus dem Kläger aufgrund des Unfallereignisses
zustehenden Leistungen konnte eine Verurteilung dem Grunde nach gemäß § 130 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
erfolgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 143 SGG.