Urteil des SozG Gelsenkirchen vom 26.08.2003

SozG Gelsenkirchen: pflegebedürftigkeit, herzinsuffizienz, leistungsklage, nacht, leistungsbegehren, verwaltungsakt, subjektiv, anfechtungsklage, ausbildung, hirninfarkt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Sozialgericht Gelsenkirchen, S 3 KN 11/03 P
26.08.2003
Sozialgericht Gelsenkirchen
3. Kammer
Urteil
S 3 KN 11/03 P
Pflegeversicherung
rechtskräftig
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Herabsetzung von Leistungen für vollstationäre
Pflege von der Pflegestufe III auf die Pflegestufe II seit dem 01.08.2002.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen das Risiko der
Pflegebedürftigkeit versichert. Sie leidet an einer gutartigen Neubildung der nicht näher
bezeichneten Meningen, Hirninfarkt durch Thrombose intrakranieller Arterien und
Herzinsuffizienz.
Die Klägerin bezog seit Dezember 1999 Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung
nach der Pflegestufe I. Sie lebt seit Februar 2002 in einer stationären Pflegeeinrichtung in
E.
Am 02.07.2002 stellte der Betreuer der Klägerin einen Antrag auf eine erneute
Begutachtung der Pflegebedürftigkeit aufgrund der Verschlechterung des
Gesundheitszustandzustandes und des damit verbundenen erhöhten Pflegebedarfs. Zur
Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte ein Gutachten des Sozialmedizinischen
Dienstes (SMD) ein. In einem aufgrund einer Untersuchung der Klägerin in der stationären
Pflegeeinrichtung erstellten Gutachten vom 16.10.2002 gelangte die untersuchende
Fachärztin für Allgemeinmedizin I zu der Feststellung, dass im Bereich der Grundpflege ein
Hilfebedarf von im Tagesdurchschnitt 241 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen
Versorgung ein Hilfebedarf von im Tagesdurchschnitt 60 Minuten bestehe. I führte aus,
dass es bei der Klägerin zu einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinzustandes im
Sinne von Durchblutungsstörungen des Gehirns sowie einem Hirntumor gekommen sei bei
gleichzeitiger Verschlechterung der kardialen Leistung mit Ausbildung einer
Herzinsuffizienz. Als allgemeine Erschwernisfaktoren für die Pflege seien bei der Klägerin
einschließende unkontrollierbare Bewegungen, eingeschränkte Belastbarkeit und
Abwehrverhalten mit Übernahmebehinderung zu berücksichtigen. Die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Pflegestufe III lägen seit August 2002 vor.
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Unter Bezugnahme auf das vorbezeichnete Gutachten bewilligte die Beklagte der Klägerin
ab August 2002 Leistungen für vollstationäre Pflege nach der Pflegestufe III.
Hiergegen erhob der Betreuer der Klägerin am 14.11.2002 Widerspruch. Er machte
geltend, dass die Pflegezeitbemessung zur Bestimmung der Pflegebedürftigkeit nicht
richtig angesetzt worden sei. Der Pflegeaufwand sei u.a. mit dem Gewicht der Klägerin
begründet worden, die Klägerin wiege jedoch 69 kg. Die Höhe des Zeiteinsatzes für die
zusätzliche Nahrungsaufnahme neben der Sondenkost sei völlig unverständlich, da die
Klägerin die Aufnahme anderer Nahrung verweigere. Da die Klägerin viel schlafe, sei es
nicht erklärlich, wie die Häufigkeit von 6 bis 8 mal beim Gehen und Stehen zustande
kommen soll. Im übrigen glaube er nicht, dass bestimmte Tätigkeiten wie z. B.
"Vorlagenwechsel meist 2 x mal in der Nacht" tatsächlich erforderlich seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2003 wies der Widerspruchsausschuss der
Beklagten den Widerspruch als unzulässig zurück. Die Klägerin habe einen Antrag auf
Zuordnung in eine höhere Pflegestufe gestellt. Diesem Leistungsbegehren sei im vollem
Umfange entsprochen worden, so dass eine Beschwer nicht vorläge.
Mit ihrer am 19.02.2003 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur
Begründung führt der Betreuer der Klägerin aus, dass die Zuordnung in die Pflegestufe III
falsch sei, da die Pflegestufe II ausreiche. Auch wenn dem Antrag auf Zuordnung in eine
höhere Stufe entsprochen wurde, rechtfertige dies nicht die ungerechtfertigte Zuordnung in
die Pflegestufe III.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.10.2002 in der Fassung des
Widerspruchbescheides vom 04.02.2003 zu verurteilen, ihr ab dem 01.08.2003 Leistungen
zur vollstationären Pflege lediglich in der Pflegestufe II nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Entscheidung weiterhin für rechtmäßig und verweist auf den Inhalt ihres
Widerspruchbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht
beschwert.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4
Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die Klägerin begehrt die teilweise Aufhebung der
Bewilligung vom 23.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.02.2003
über Leistungen für vollstationäre Pflege in der Pflegestufe III sowie die Verurteilung der
Beklagten zur Gewährung von Leistungen der Pflegestufe II seit 01.08.2002.
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Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist eine Anfechtungsklage nur dann zulässig, wenn der
Kläger durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert ist. Die Beschwer des Klägers
ist subjektiv bzw. formell zu ermitteln. Der Kläger ist beschwert, wenn die angefochtene
Entscheidung ihm etwas versagt, was der beantragt hatte (SG Dortmund 12 Kammer, Urteil
vom 07. März 2000, Az: S 12 P 158/98; Mayer-Ladewig, SGG, vor § 143 RdNr.5).
Die Klägerin hat einen Antrag auf Höherstufung in der sozialen Pflegeversicherung gestellt,
wobei sie den Antrag nicht auf eine bestimmte Pflegestufe beschränkt hat. Der Antrag vom
02.07.2002 beschränkte sich entgegen dem Vorbringen des Betreuers der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung auch nicht auf einen Antrag zu einer erneuten Begutachtung der
Pflegebedürftigkeit ohne Änderung der Pflegestufe. Aus dem Antrag geht hervor, dass die
Klägerin einen erhöhten Pflegebedarf geltend macht. Dies ergibt sich sowohl aus der
Betreffzeile "Verschlimmerung meines Gesundheitszustandes und vermehrter
Pflegebedarf" als auch aus den Ausführungen "aufgrund der Verschlechterung meines
Gesundheitszustandes und dem damit verbunden erhöhten Pflegebedarf, beantrage ich ...".
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.