Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 30.07.2007

SozG Frankfurt: krankheitsfall, private krankenversicherung, versicherungspflicht, aufenthaltserlaubnis, drucksache, besitz, subsidiarität, geburt, schwangerschaft, ausschluss

Sozialgericht Frankfurt
Beschluss vom 30.07.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 18 KR 416/07 ER
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 244/07 ER
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Durchführung einer Pflichtmitgliedschaft durch
die Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin besitzt die bosnische Staatsangehörigkeit und hält sich (nach eigenen Angaben, Bl. 14
Verwaltungsakte) seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet als Bürgerkriegsflüchtling im Jahr 1992 seitdem in der
Bundesrepublik Deutschland auf. Seit Dezember 2005 ist die Antragstellerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach
§ 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die bis zum 10.03.2008 befristet ist (Bl. 8 Gerichtsakte). Die
Antragstellerin wohnt im Haushalt ihrer Tochter und wird von ihr finanziell unterstützt. Sie ist nicht erwerbstätig.
Ausweislich eines Bescheids des H.k. an die Antragstellerin vom 11.01.2006 (Bl. 38 Verwaltungsakte) bezog die
Antragstellerin bis zum 31.01.2006 Leistungen nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Danach wurden
die Leistungen eingestellt; der Rechtsgrund für die bis dahin gewährte Hilfe liege nicht mehr vor, da die Antragstellerin
im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei (vgl. auch Bl. 24 Verwaltungsakte).
Nach Angaben des H.k. (Bl. 9 Verwaltungsakte) bezog die Antragstellerin von dort Hilfe zur Gesundheit nach dem
Fünften Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII), jedoch keine Leistungen nach dem Dritten, Vierten,
Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII oder nach § 2 AsylbLG und wurde bis zum 31.03.2007 von der
Antragsgegnerin gemäß § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) versorgt (vgl. auch Bl. 19 Verwaltungsakte).
Am 03.05.2007 (Bl. 16 Verwaltungsakte) zeigte die Antragstellerin (aufgrund einer entsprechenden Beratung durch den
H.k., Bl. 11 Verwaltungsakte) der Antragsgegnerin die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V an. Sie gab
an, bisher weder selbst oder über ihre Eltern/ihren Ehegatten bzw. Lebenspartner gesetzlich oder privat versichert
gewesen zu sein. In einem zusätzlichen Schreiben gab die Antragstellerin unter dem 23.05.2007 (Bl. 7
Verwaltungsakte) an, dass sie nach dem Aufenthaltsgesetz nicht verpflichtet sei, ihren Lebensunterhalt selbst
sicherzustellen. Es bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG.
Mit Bescheid vom 05.06.2007 (Bl. 12 Verwaltungsakte) lehnte die Antragsgegnerin die Durchführung einer
Pflichtversicherung für die Antragstellerin ab. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass am 01.04.2007
neue gesetzliche Bestimmungen in Kraft getreten seien. Diese sagten aus, dass Personen, die Anspruch auf
Leistungen nach dem AsylbLG hätten, nicht versicherungspflichtig seien und somit auch nicht Mitglied einer
gesetzlichen Krankenkasse werden könnten. Nach den der Antragsgegnerin vorliegenden Informationen habe die
Antragstellerin einen entsprechenden Anspruch.
Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin am 15.06.2007 (Bl. 17 Verwaltungsakte) Widerspruch ein, den sie
unter Berufung auf den Bescheid des H.k. vom 11.01.2006 damit begründete, dass die Leistungen nach dem AsylbLG
bereits zum 01.02.2006 eingestellt worden seien.
Mit Schreiben vom 06.07.2007 (Bl. 23 Verwaltungsakte) führte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin aus,
dass es auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage sowie der von der Antragstellerin vorgetragenen
Begründung bei der bisher getroffenen Entscheidung bleibe. Bei Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG liege eine
Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit nach § 4 AsylbLG
dem Grunde nach bestehe. Laut den eingereichten Unterlagen bestehe eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1
AufenthG, so dass dem Grunde nach auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG bestehe. Somit sei die
Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab dem 01.04.2007 nicht möglich. Die Antragsgegnerin
empfehle der Antragstellerin, sich mit dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger in Verbindung zu setzen; dieser könne
den Krankenversicherungsschutz durch einen Betreuungsauftrag nach § 264 SGB V an die Krankenkasse
sicherstellen.
In einem weiteren Schreiben vom 17.07.2007 (Bl. 26 Verwaltungsakte) führte die Antragsgegnerin gegenüber der
Antragstellerin ergänzend aus, dass sich der für die Antragstellerin bestehende Anspruch auf Leistungen nach dem
AsylbLG aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG ergebe.
Am 19.07.2007 (Bl. 1 Gerichtsakte) hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Frankfurt/Main einen Antrag auf
Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt.
Die Antragstellerin trägt vor, in der Zeit vom 01.02.2006 (nach Einstellung der Leistungen nach dem AsylbLG) bis zum
31.03.2007 habe sie lediglich Hilfe zur Gesundheit gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 82 bis 87 und 88 SGB XII
erhalten. Sie sei 85 Jahre alt und seit dem 01.04.2007 ohne Krankenversicherungsschutz.
Die Antragstellerin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die
Antragstellerin rückwirkend ab dem 01.04.2007 als Pflichtmitglied zu versichern.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin trägt vor, es bestehe aufgrund der rechtlichen Ausgestaltung der Aufenthaltserlaubnis eine
Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG i. V. m. § 4 AsylbLG. Dies sei ein anderweitiger Anspruch auf
Absicherung im Krankheitsfalle, wie sich aus § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V ergebe. Eine solche schließe aber nach dem
insoweit eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB X dessen Anwendung vorliegend bereits grundsätzlich aus.
Auch auf dem Wege fraglicher Leistungseinstellung/-verweigerung und erkennbar einseitiger Beratung der
Antragstellerin von dritter Seite könne eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin hier nicht erzwungen werden.
Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu dem
Rechtsstreit beigezogen.
II.
Der Antrag ist zulässig. Nach § 86 b Abs. 2 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der
Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den
Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte
(Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint (Regelungsanordnung).
Vorliegend wird eine Regelungsanordnung begehrt.
Der Antrag führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, denn der für den Erlass der Regelungsanordnung erforderliche
Anordnungsanspruch, der sich auf das materielle Recht bezieht, ist im Falle der Antragstellerin nicht glaubhaft
gemacht; die Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13
Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. a, Doppelbuchstabe cc des Gesetzes zur
Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007, BGBl. I, 378, in Kraft getreten
am 01.04.2007) sind versicherungspflichtig
"Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in §
6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten."
Absatz 8 a des § 5 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. c des o. g. Gesetzes mWv 01.04.2007)
bestimmt:
"Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig,
freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach
dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen
nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger
als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im
Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung
im Krankheitsfall besteht."
Absatz 11 des § 5 SGB V (in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 Buchst. d des o. g. Gesetzes mWv 01.04.2007) bestimmt:
"Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der
Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine
Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die
Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des
Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines
anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der
Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die
Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des
Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine
Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft
und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht."
Da die Antragstellerin nach den Angaben des H.k. nicht Empfängerin laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten,
Sechsten und Siebten Kapital des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) oder laufender Leistungen nach § 2 des
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ist, ist in ihrem Fall § 5 Abs. 8 a SGB V nicht anwendbar.
§ 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V schließt Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG von der Versicherungspflicht aus, die
ausnahmsweise eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und deren Anspruch nach § 4 des AsylbLG auf Leistungen bei
Krankheit, Schwangerschaft und Geburt wegen eigenen Einkommens oder Vermögens nach § 7 des AsylbLG ruht
(vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 755/06, S. 267 "Zu Buchstabe d"). Davon, dass vorliegend
ein Ruhen von Leistungen nach § 7 AsylbLG gegeben ist, ist nach der Aktenlage nicht auszugehen, so dass ein
Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V nicht angenommen werden kann. Wie sich aus
der zitierten Gesetzesbegründung ergibt, regelt § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V nur diesen Spezialfall
Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG; die Argumentation der Antragsgegnerin mit § 5 Abs. 11 Satz 3 SGB V ist
daher im Falle der Antragstellerin unzutreffend.
Die Antragstellerin ist nach der Aktenlage als Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung
auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz und für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels besteht keine
Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes, so dass die
Voraussetzungen des § 5 Abs. 11 SGB V erfüllt sind.
Die Antragstellerin war bisher nicht gesetzlich oder privat versichert und gehört nicht zu den in § 5 Absatz 5 oder den
in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen, so dass die Beurteilung der Frage nach dem Eintritt der
Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sich darauf zuspitzt, ob die Antragstellerin einen "anderweitigen
Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" hat.
In der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 755/06, S. 264, 265 "Zu
Doppelbuchstabe bb und cc", identisch mit dem Gesetzentwurf in der BT-Drucksache 16/3100) heißt es
diesbezüglich:
"Ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall sind insbesondere die nicht gesetzlich oder privat
krankenversicherten Personen, die keinen Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 40 SGB VIII, § 48 SGB XII, 264
SGB V, auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz oder auf sonstige Gesundheitsfürsorge haben, die
nicht beihilfeberechtigt sind, keinem Sondersystem wie der freien Heilfürsorge angehören und auch keinen Anspruch
auf Krankenbehandlung nach dem Bundesversorgungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz oder vergleichbaren
gesetzlichen Regelungen haben. Für Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besteht ein
anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz."
Die Antragstellerin hat nach der Aktenlage bis 31.03.2007 Krankenbehandlung nach § 264 SGB V auf Kosten des H.k.
erhalten. Der H.k. lehnt für die Zeit ab dem 01.04.2007 die Erstattung von Aufwendungen für die Krankenbehandlung
der Antragstellerin nach § 264 SGB V ab, weil er der Rechtsauffassung ist, dass ab dem 01.04.2007 aufgrund des § 5
Abs. 1 Nr. 13 SGB V eine Pflichtversicherung für die Antragstellerin besteht. Diese vom Wortlaut umfasste
Auslegung, wonach § 264 SGB V nur greift, wenn keine gesetzliche Versicherung gegen Krankheit besteht, wird
jedoch dem Gesetzeszweck des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht gerecht, wonach – wie oben zitiert – der Eintritt der
Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V voraussetzt, dass kein Anspruch auf Hilfe bei Krankheit u. a.
nach § 264 SGB V besteht. Danach stellt sich die Rechtslage entgegen der Rechtsauffassung des H.k. so dar, dass
Leistungen nach § 264 SGB V vorrangig vor dem Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind.
Die Antragstellerin ist somit anderweitig im Krankheitsfall abgesichert, weshalb die Versicherungspflicht nach § 5 Abs.
1 Nr. 13 SGB V nicht eintritt.
Soweit das Sozialgericht S. (Beschlüsse vom 19.04.2007, S 11 ER 164/07 KR, vom 23.04.2007, S 7 ER 162/07 KR
und vom 25.04.2007, S 7 ER 163/07 KR, jeweils zitiert nach juris) diesbezüglich eine andere Rechtsauffassung
vertritt, mit der Argumentation, dass sich die oben zitierte Gesetzesbegründung auf einen nicht Gesetz gewordenen
Teil des Entwurfs bezieht und somit nicht zur Auslegung herangezogen werden kann, wird diese vom erkennenden
Gericht nicht geteilt: Die zitierte Gesetzesbegründung bezieht sich ausweislich ihrer Überschrift auf "Buchstabe a",
"Doppelbuchstabe bb und cc" des Gesetzentwurfs, mithin auf § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und nicht auf § 5 Abs. 8 a
SGB V. Wie aber das SG S. in seinen Beschlüssen (aa0) selbst zutreffend ausführt, ist lediglich eine vom
Gesetzentwurf abweichende Version des § 5 Abs. 8 a SGB V Gesetz geworden, wohingegen die Entwurffassung des
§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und das später in Kraft getretene Gesetz identisch sind. Die Argumentation des SG S. ist
daher ungenau und erscheint nicht zutreffend.
Zwar ist dem Sozialgericht Speyer insoweit zuzugestehen, dass sich aufgrund der hier zugrunde gelegten Auslegung
des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V die Subsidiarität der Sozialhilfe nicht als durchgängig realisiert erweist. Ob diese
Subsidiarität jedoch überhaupt durchgängig realisiert werden sollte, ist indes zweifelhaft. In dem Gesetzentwurf (aaO)
heißt es "Zu Doppelbuchstabe bb und cc" (BR-Drucksache 755/06, S. 264) nämlich:
"Die Regelung [des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V; Anm. d. Verf.] begründet eine Versicherungspflicht für Personen, die
keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich
krankenversichert gewesen sind. Des Weiteren wird eine Versicherungspflicht für Personen ohne Absicherung im
Krankheitsfall begründet, die bisher nicht in Deutschland gesetzlich oder privat krankenversichert waren und dem
Grunde nach der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das
politische Ziel der Koalitionsfraktionen umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein
soll. Deutschland hat im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern keine Einwohnerversicherung.
Vielmehr wird der Schutz im Krankheitsfall in einem pluralistisch gegliederten System gewährt, dessen wesentliche
Träger die gesetzliche und die private Krankenversicherung sind. Auf Grund des Fehlens einer umfassenden
Versicherungspflicht für alle Einwohner ist nicht ausgeschlossen, dass Personen weder die Zugangsvoraussetzungen
zur gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, noch die Möglichkeit haben, eine private Krankenversicherung
abzuschließen, beziehungsweise den Versicherungsschutz in ihrem bisherigen System – etwa durch die Nichtzahlung
der Beiträge oder Prämien – verloren haben. Sofern in diesen Fällen auch kein Anspruch auf eine anderweitige
Absicherung im Krankheitsfall besteht, müssen sie die im Krankheitsfall entstehenden Aufwendungen in voller Höhe
aus ihrem Einkommen oder Vermögen selbst tragen. Die Zahl dieser Menschen, die ohne Absicherung im
Krankheitsfall sind, hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. [ ] In einem modernen Sozialstaat ist es jedoch
nicht hinnehmbar, dass eine größere Zahl von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall ist. [ ]"
In der Gesetzesbegründung ist nicht von durchgängiger Subsidiarität der Sozialhilfe die Rede, vielmehr wird aus der
Gesetzesbegründung deutlich, dass eine Pflichtversicherung nur in den Fällen eingreifen soll, in denen ein
anderweitiger Schutz im Krankheitsfall nicht besteht, so dass die betreffenden Personen die im Krankheitsfall
entstehenden Aufwendungen selbst tragen müssten. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Sozialhilfeträger die
Aufwendungen für die Krankenbehandlung nach § 264 SGB V übernimmt.
Diese Intention des Gesetzgebers spiegelt sich auch in der Gesetzessystematik wider, wonach § 5 Abs. 8 a SGB V
bereits nicht mehr greift ("Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, [ ...]"), wenn schon die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht vorliegen, etwa, wie hier, weil die Person einen
anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat.
Dass § 5 Abs. 8 a SGB V eine abschließende und umfassende Ausschlussregelung von der Versicherungspflicht für
die Fälle der Leistungen nach dem SGB XII trifft (mit der Konsequenz, dass im Umkehrschluss Empfänger von
Leistungen nach den dort nicht genannten Kapiteln des SGB XII in die Versicherungspflicht einzubeziehen sind), ist
daher ebenfalls nicht zwingend.
Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in Verbindung mit teleologischer und
systematischer Auslegung sieht das Gericht daher keinen Raum für eine hiervon abweichende Auslegung.
Auf die zwischen den Beteiligten aufgeworfene Frage, ob sich ein Ausschluss der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1
Nr. 13 SGB V schon deshalb ergibt, weil die Antragstellerin dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach § 4
AsylbLG hätte, kommt es nicht an.
Ein Anordnungsanspruch besteht damit nicht.
Der Antragstellerin ist es auch zuzumuten, sich hinsichtlich der Weitergewährung von Leistungen nach § 264 SGB V
unter Vorlage dieses Beschlusses an den H.k. zu wenden. Sollte allerdings der H.k. bei seiner bisher vertretenen
Rechtsauffassung verbleiben, so dass der Zuständigkeitsstreit zwischen der Antragsgegnerin und dem H.k. auf dem
Rücken der Antragstellerin ausgetragen zu werden drohte, wäre ein erneutes Anrufen des Sozialgerichts durch die
Antragstellerin zulässig und der H.k. wäre – für den Fall, dass sich der Antrag nicht gegen ihn richten würde –
beizuladen.
Der Antrag war abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG; die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §
172 SGG.