Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 02.03.2009

SozG Frankfurt: versicherungspflicht, pflegebedürftigkeit, lebensgemeinschaft, stadt, versorgung, durchschnitt, unterbringung, heim, hessen, pflegeleistung

Sozialgericht Frankfurt
Urteil vom 02.03.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 25 KR 274/06
Hessisches Landessozialgericht L 8 KR 95/09
1. Der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006
wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005,
13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober
2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI der
Rentenversicherungspflicht unterlag.
2. Die Beklagte und die Beigeladene haben die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3
Satz 1 Nr. 1 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) aufgrund einer
Pflegetätigkeit im Jahr 2005.
Die Klägerin ist die Mutter der 1991 geborenen und bei der beigeladenen Pflegekasse versicherten C. K. (im
Folgenden Pflegebedürftige). Bei dieser besteht eine psychomentale Entwicklungsstörung mit aggressivem
Verhaltensmuster unklarer Genese. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100 und den
Nachteilsausgleichen "G", "B" und "H" anerkannt. Die Pflegebedürftige erhielt seit dem 1. Februar 1999 Pflegegeld der
Pflegestufe II nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI). Grundlage hierfür
waren die Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des Medizinischen Dienstes der
Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 17. März 1999 und 4. April 2003. In dem Gutachten vom 4. April 2003
wurde ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60
Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich sowie eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz im
Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Die Beigeladene erkannte die Versicherungspflicht der Klägerin als nicht
erwerbsmäßig tätige Pflegeperson gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI an und entrichtete in der Zeit vom 1. Februar
1999 bis 8. Januar 2005 für die Klägerin Pflichtbeiträge an die Beklagte.
Seit dem 9. Januar 2005 wird die Pflegebedürftige in einer Einrichtung der Lebensgemeinschaft C-Stadt (Heim, Schule
und Werkstätten für Seelenpflege – bedürftige Menschen -) stationär betreut. Die Klägerin, die seit dem 1. Juni 2005
als kaufmännische Angestellte mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich beim Deutschen Kinderschutzbund
Bezirksverband A-Stadt versicherungspflichtig beschäftigt ist, pflegt ihre Tochter während der Ferien und den
Heimfahrwochenenden. Der Landeswohlfahrtsverband Hessen übernimmt die Betreuungskosten im Rahmen der
Eingliederungshilfe nach der Hilfsbedarfsgruppe vier für den Bereich "Wohnen" nach §§ 75 ff Zwölftes Buch
Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe - (SGB XII). Die Beigeladene erbringt aufgrund der vollstationären Unterbringung in
einer Einrichtung für behinderte Menschen seit 1. Februar 2005 Leistungen nach § 43 a SGB XI und zahlt anteiliges
Pflegegeld nach der Pflegestufe II für die Tage, an denen die Pflegebedürftige zu Hause von der Klägerin gepflegt
wird. In einem weiteren Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 22. März 2006 stellte
der MDK weiterhin Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II bei einem Hilfebedarf von insgesamt 214 Minuten
täglich und einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz fest.
Den bei der Beigeladenen gestellten Antrag der Klägerin vom 29. April 2005 auf Feststellung der
Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson für die Zeit ab 9. Januar 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.
November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 ab, weil Versicherungspflicht nach § 3
Satz 1 Nr. 1 a SGB VI während der Ferienzeiten bei internatsmäßiger Unterbringung nicht bestehe. Nach den
Feststellungen der Pflegekasse liege der ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche (§ 19
Satz 2 SGB XI). Die Dauer von 12 Wochen = 84 Tage werde für das Jahr 2005 nicht überschritten.
Hiergegen hat die Klägerin am 16. März 2006 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Sie hat
vorgetragen, nach dem Heimvertrag sei sie verpflichtet, ihre Tochter, die einen täglichen Pflegebedarf von mehr als 12
Stunden benötige, 60 Tage im Jahr nach Hause zu holen. Maßgeblich seien die häuslichen Pflegetage und nicht eine
durch Hochrechnung ermittelte durchschnittliche Pflegetätigkeit. Des Weiteren beruft sich die Klägerin darauf, dass
andere Pflegekassen in vergleichbaren Fällen die Versicherungspflicht der Pflegepersonen für die ersten zwei Monate
im Jahr oder für die Ferienzeiten anerkennen würden.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 aufzuheben und festzustellen, dass sie vom 11. bis 13. Februar 2005, 25.
März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September
2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a
SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterlag.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Versicherungspflicht liege nicht vor, da die Pflegebedürftige
nicht an mehr als 60 Tagen im Jahr 2005 von der Klägerin gepflegt worden sei. Gelegentliche oder nur
vorübergehende Hilfeleistungen im Bereich der häuslichen Pflege würden nicht zur Versicherungspflicht nach § 3 Satz
1 Nr. 1 a SGB VI führen. Pflegepersonen, die in einzelnen Pflegezeiträumen jeweils unter 2 Monaten oder 60 Tagen
im Jahr zusammenhängender Dauer pflegen, könnten nur versicherungspflichtig sein, wenn diese Pflegephasen
immer wiederkehren und somit die Pflegetätigkeit auf Dauer angelegt sei. Nach dem Schreiben der Beigeladenen vom
23. Januar 2006 sei eine Pflegetätigkeit von 29 Tagen festgestellt worden. Aufgrund der Bescheinigungen der
Lebensgemeinschaft C-Stadt könnten weitere 22 Tage Pflegetätigkeit angesetzt werden, was eine Pflegetätigkeit von
insgesamt 51 Tagen ergäbe.
Die mit Beschluss vom 2. August 2006 beigeladene Pflegekasse hat keinen Antrag gestellt. Sie hat vorgetragen,
dass die Voraussetzungen zur Rentenversicherungspflicht im Jahr 2005 nicht vorlägen, Nachweislich habe die
Klägerin ihre Tochter 51 Tage betreut. Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht während der häuslichen
Pflege in den Ferienzeiten sei jedoch, dass die Pflegetätigkeit an mehr als 2 Monaten im Jahr ausgeübt und eine
Dauerhaftigkeit erkennbar werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Beigeladenen, der Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist auch sachlich begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.
März 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat einen Anspruch auf
Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI für
ihre Pflegetätigkeit während der Zeit vom 9. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005.
Die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI tritt ein, wenn der Umfang der Pflegetätigkeit für einen
Pflegebedürftigen regelmäßig mindestens 14 Stunden in der Woche beträgt. Eine Regelmäßigkeit kann noch
unterstellt werden, wenn die Tätigkeit einer Pflegeperson in einem wöchentlichen oder mehrwöchentlichen Turnus
wechselt. Dabei muss der Mindestaufwand der Pflegetätigkeit im Durchschnitt 14 Stunden pro Woche betragen. Von
einer Regelmäßigkeit ist allerdings dann nicht mehr auszugehen, wenn der Zeitraum zwischen den einzelnen
Pflegetätigkeiten mindestens einen Kalendermonat umfasst oder überschreitet. Versicherungspflicht kann dann nur
während der tatsächlichen Pflegetätigkeit bestehen. Bei einer stationären Unterbringung des Pflegebedürftigen in einer
Einrichtung für behinderte Menschen liegt eine regelmäßige Pflegetätigkeit einer Pflegeperson vor, wenn der
Pflegebedürftige an den Wochenenden oder in größeren Intervallen in den häuslichen Bereich zurückkehrt und in
dieser Zeit der Mindestpflegeaufwand im Durchschnitt 14 Stunden in der Woche beträgt. Kehrt der Pflegebedürftige
lediglich in den Ferienzeiten in die häusliche Umgebung zurück und wird gepflegt, tritt Rentenversicherungspflicht für
die in den Ferienzeiten tatsächlich ausgeübte Pflege nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI ein, wenn die Pflegetätigkeit
während der gesamten Ferienzeit im Jahr in häuslicher Umgebung erbracht wird. Dabei ist von einer regelmäßigen
Pflege auszugehen, wenn sie nicht nur gelegentlich ausgeübt wird. Denn eine nur geringfügige nicht erwerbsmäßige
Pflegetätigkeit ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI versicherungsfrei. In Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes
Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) liegt eine geringfügige
Pflegetätigkeit vor, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt
ist. Die Zeitgringfügigkeitsgrenze von 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr findet in den Fällen Anwendung, in denen die
Tätigkeit nicht arbeitstäglich, d.h. an mindestens 5 Tagen in der Woche, ausgeübt wird. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) ist die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV allerdings nicht
anzuwenden, wenn die Beschäftigung nicht nur gelegentlich ausgeübt wird (Urteil vom 23. Mai 1995 – 12 RK 60/93 -
SozR 3-2400 § 8 Nr.4; Urteil vom 11. Mai 1993 – 12 RK 23/91 - SozR 3 2400 § 8 Nr. 3).
Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai
2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20.
November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 als Pflegeperson versicherungspflichtig in der gesetzlichen
Rentenversicherung. Denn sie hat regelmäßig, wie es § 3 Absatz 1 Nr. 1 a SGB VI voraussetzt, einen
Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig in mehr als geringfügigem Umfang wenigstens 14
Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt. Die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2
SGB IV findet vorliegend keine Anwendung, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich, sondern in einem von der
Lebensgemeinschaft C. festgelegten und am Anfang eines Schuljahres bekanntgegebenen (§ 3 Abs. 1 Satz 4 des
Heim- und Schulvertrags vom 6. Januar 2005), sich wiederholenden Turnus und damit regelmäßig und dauerhaft ihre
Tochter während der Schulferien und den Heimfahrwochenenden pflegt. Dies wird belegt durch die entsprechenden
Bestätigungen der Lebensgemeinschaft C. für die Jahre 2005 bis 2008. Die Klägerin ist vorausschauend und in jedem
Kalenderjahr verpflichtet, während der "Heimferien" von 60 Kalendertagen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Heim- und Schulvertrag)
ihre Tochter zu Hause zu pflegen und zu betreuen. Die ständige Wiederholung - über einen Zeitraum von inzwischen
vier Jahren - kennzeichnet die Pflegetätigkeit der Klägerin als regelmäßig im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI in
Verbindung mit § 8 Abs 1 SGB IV. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Pflegeeinsätze im Rahmen eines
Dauerverhältnisses von vornherein feststanden oder von Mal zu Mal vereinbart wurden. Denn das Merkmal der
Regelmäßigkeit ist auch dann erfüllt, wenn die Pflegeperson zu den sich wiederholenden Pflegeeinsätzen auf Abruf
bereitsteht, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Pflegeleistung Folge zu leisten.
Ausweislich der Bestätigungen der Lebensgemeinschaft C-Stadt vom 17. Mai 2005, 31. Oktober 2005 und 26. Januar
2006 hat die Klägerin im Kalenderjahr 2005 ihre Tochter an folgenden Tagen abgeholt und wieder zurückgebracht und
damit in häuslicher Umgebung gepflegt:
11. bis 13. Februar 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage 25. März bis 10. April 2005 Osterferien 17 Tage 13. bis 17. Mai
2005 Heimfahrwochenende 5 Tage 8. bis 10. Juli 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage 22. Juli bis 21. August 2005
Sommerferien 31 Tage 16. bis 18. September 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage 14. bis 18. Oktober 2005
Heimfahrwochenende 4 Tage 18. bis 20. November 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage 22. bis 31. Dezember 2005
Weihnachtsferien 10 Tage
Von diesen insgesamt 79 Tagen können allerdings 29 Tage vom 24. Juli bis 21. August 2005 nicht als
Versicherungspflicht begründende Pflegetätigkeit anerkannt werden, weil sich die Klägerin während dieser Zeit im
Erholungsurlaub befand und die Pflege ihrer Tochter gemäß der Bestätigung vom 21. August 2005 von Frau C. L.
durchgeführt wurde. Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 22. März 2001 (B 12 P 3/00 R – SozR 3-2600 § 3 Nr.
5) entschieden, dass während des Urlaubs der Pflegeperson keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB
VI besteht. Versicherungspflicht bestehe nur in der Zeit, in der die Pflegeperson den Pflegebedürftigen tatsächlich
pflegt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen beträgt der Mindestpflegeaufwand der Klägerin auch im
Durchschnitt 14 Stunden in der Woche. Nach dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI
des MDK vom 4. April 2003 besteht ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die
hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich. Darüber hinaus ist bei der
Ermittlung der Mindeststundenzahl auch die Zeit mitzurechnen, die für die – die Grundpflege und hauswirtschaftliche
Versorgung – ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI benötigt wird, d.h. auch den
zeitlichen Aufwand der Pflegeleistungen, die nicht aus Mitteln der Pflegeversicherung finanziert werden (Begründung
zu Artikel 1 § 17 E-PflegeVG, Bundestagsdrucksache 12/5261 Seite 101; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 19 SGB
XI RdNr. 13; Udsching, SGB XI, 2. Auflage, § 19 RdNr. 14; Wagner in Hauck/Noftz, SGB XI, § 19 RdNr. 31). Dazu
zählt beispielsweise die Hilfe zur Erfüllung kommunikativer Bedürfnisse des Pflegebedürftigen. Des Weiteren ist zu
berücksichtigen, dass bei der Ermittlung der Pflegezeit ein Durchschnitt zu bilden ist. Demgemäß muss das
Erfordernis der Mindestpflegezeit nicht jede Woche erfüllt sein, sondern es reicht aus, dass über einen längeren
Zeitraum hinweg die durchschnittliche Mindestpflegezeit erreicht wird. Darüber hinaus hat vorliegend der MDK in allen
Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der
Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Unter Berücksichtigung des hieraus resultierenden
erheblichen Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung erfüllt die Klägerin die Mindeststundenzeit von 14
Stunden wöchentlich. Dies gilt selbst dann, wenn man wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung die
Ansicht vertritt, dass die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich auch während der dreitägigen
Heimfahrwochenenden vollständig erbracht sein muss. Denn ausgehend von einem täglichen Hilfebedarf im Bereich
der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung von insgesamt 267 Minuten errechnet sich bereits hierfür
eine Pflegetätigkeit der Klägerin von mindestens 13 Stunden und 21 Minuten an drei Tagen. Im Hinblick auf die vom
MDK festgestellte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI
ist es offensichtlich, dass die Pflegetätigkeit der Klägerin die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich
überschreitet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dabei ist die Kammer von folgenden
Erwägungen ausgegangen: Bei der Prüfung zur Feststellung der Rentenversicherungspflicht nicht erwerbsmäßig
tätiger Pflegepersonen findet zwischen der Beigeladenen und der Beklagten ein arbeitsteiliges Vorgehen statt. Dies
ergibt sich insbesondere aus der zwischen den Spitzenverbänden vereinbarten Verfahrensbeschreibung vom 11.
Februar 2004. Danach ist zunächst zu klären (bevor die Pflegekasse dem Rentenversicherungsträger den Fall zur
Bescheiderteilung zuleitet), ob die Voraussetzungen einer Versicherungspflicht der Pflegeperson und infolgedessen
eine Zahlungspflicht der Pflegekasse vorliegt. Soweit es dabei um Vorfragen der Versicherungspflicht geht, die im
Verantwortungsbereich der Pflegekasse liegen, obliegt ihr allein die Feststellung der maßgebenden
Tatbestandsvoraussetzungen. Hierzu gehören (Ziffer 2 der Verfahrensbeschreibung): - Stufe der Pflegebedürftigkeit
als Grundlage der Beitragsbemessung - zeitlicher Umfang der von der Pflegeperson ausgeübten Pflegetätigkeit.
Soweit die Pflegekasse ihre Leistungspflicht nicht für gegeben hält, hat sie dies der Pflegeperson mitzuteilen (Ziffer 3
der Verfahrensbeschreibung). Weiter teilt die Pflegekasse dem zuständigen Rentenversicherungsträger die Gründe der
Ablehnung mit. Beruht der streitige Sachverhalt auf der Nichtaufnahme der Beitragszahlung, da die erforderliche
Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI nicht erreicht wird, hat die Pflegekasse diese Vorfrage der
Versicherungspflicht abschließend zu klären. Das heißt, dass sie anhand der Angaben beziehungsweise vorliegender
Nachweise zu prüfen hat, ob es bei der ursprünglichen Entscheidung ganz oder teilweise verbleibt. Der zuständige
Rentenversicherungsträger hat über die Versicherungs- und Beitragspflicht der Pflegeperson durch Bescheid zu
entscheiden. Hierbei sind die Feststellungen der Pflegekasse zur Pflegebedürftigkeit, zur Pflegestufe und zum
Umfang der von der Pflegeperson ausgeübten Pflegetätigkeit von dem Rentenversicherungsträger der Entscheidung
zugrundezulegen (Ziffer 4 der Verfahrensbeschreibung). Dieses Verfahren zeigt, dass sowohl die Beklagte als auch
die Beigeladene an der Feststellung der Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen beteiligt sind. Das alleinige
Abheben auf die Zuständigkeit der Beklagten greift zu kurz und berücksichtigt nicht, dass die Beigeladene durch ihr
Tätigwerden vor der Entscheidung der Beklagten einen entscheidenden Einfluss hatte. Sachgerecht ist es auch, dass
die Beklagte die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin zur Hälfte zu tragen hat, weil sie die Feststellungen der
Pflegekasse ohne eine Plausibilitätsprüfung ungeprüft ihrer Entscheidung zugrunde legte.