Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 24.09.2009

SozG Frankfurt: heizung, amt für jugend, betriebskosten, gerichtsakte, wohnfläche, mietvertrag, bvo, stadt, vermieter, unterkunftskosten

Sozialgericht Frankfurt (Oder)
Urteil vom 24.09.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt (Oder) S 7 SO 38/05
1. Der Bescheid vom 20.10.2003, Az.: 0000.0.0000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2005,
Az.: /50/W-00/00 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Gewährung von höheren Leistungen für Unterkunft
und Heizung abgelehnt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt höhere Leistungen für Kosten
der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 22.01.2002 bis 31.12.2002 in Höhe von wei-teren 72,27 EUR monatlich
zu gewähren.
3. Die Beklagte hat dem Kläger ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger
durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) entstandener Mehrkosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Hilfe zum
Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) für den Zeitraum 22.01.2002 bis 31.12.2002.
Der Kläger bezieht eine Invalidenrente von 296,55 EUR und lebt seit dem 18.01.2002 im Haus D straße 00 in
Frankfurt (Oder) des Suchthilfevereins I e. V. In dem Haus leben ca. 12 Betroffene. Der Kläger mietete dort laut
Mietvertrag vom 04.07.2002 für den Zeitraum von 15.01.2002 bis zur Auflösung des Therapievertrages möblierten
Wohnraum in einem Zweibett-zimmer einschließlich der Benutzung aller vorhandenen Gemeinschaftsräume und
Geräte für eine Kaltmiete von 132,94 EUR und eine Betriebskostenpauschale für Betriebskosten, soweit sie von § 27
der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BVO) erfasst werden, von 76,31 EUR.
Am 22.01.2002 sprach der Kläger bei der Beklagten vor und beantragte Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe in
besonderen Lebenslagen. Mit Bescheid vom 22.10.2003 (Blatt 120 Verwaltungsakte = Blatt 31 Gerichtsakte) gewährte
die Beklagte dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 22.01.2002 bis auf Weiteres, und zwar in Höhe von 22,31
EUR für Januar 2002, 66,92 EUR monatlich für Februar bis Juni 2002 und 71,79 EUR monatlich für Juli bis Dezember
2002.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 13.11.2003 (Blatt 142 Gerichtsakte) teilweise Wider-spruch gegen den Bescheid
vom 22.10.2003 hinsichtlich Unterbringungskosten und mit Schriftsatz seiner damaligen Prozessbevollmächtigten
vom 09.12.2003 Widerspruch gegen den Bescheid über die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt vom
22.10.2003 ein.
Mit weiterem Bescheid vom 22.10.2003 (Blatt 126 Verwaltungsakte) stellte die Beklagte die laufenden Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ab 01.10.2003 ein, da der Kläger Anspruch auf
Grundsicherungsleistungen habe.
Mit Bescheid vom 23.10.2003 (Blatt 151 Verwaltungsakte) gewährte die Beklagte dem Kläger laufende Leistungen
nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) ab dem
01.01.2003 bis auf Weiteres in Höhe von 143,19 EUR monatlich für Januar bis Juni 2003 und 146,64 EUR monatlich
für Juli bis Oktober 2003.
Mit Bescheid vom 17.02.2005 erfolgt eine Teilabhilfe bezüglich der Widersprüche gegen den Bescheid vom
22.10.2003 über die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt dahingehend, dass dem Kläger Hilfe zum
Lebensunterhalt in Höhe von 31,92 EUR für Januar 2002, 95,75 EUR monatlich für Februar bis Juni 2002 und 101,19
EUR monatlich für Juli bis Dezember 2002 bewilligt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2005 wies die
Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Regelbedarf könne aus der Invalidenrente
gedeckt werden. Als Kosten der Unterkunft und Heizung seien lediglich eine Grundmiete von 72,00 EUR monatlich
und Betriebskosten von 45,74 EUR monatlich einschließlich 18,00 EUR Heizkosten monatlich angemessen. Die
Beklagte ermittelte diesen Betrag, indem er nach Auswertung eines Datenbestandes zu Zimmervermietungen bei den
von I e. V. vereinbarten Mietverträgen eine Grundmiete von 72,00 EUR sozialhilferechtlich anerkannte und von den
mietvertraglich vereinbar-ten Betriebskosten von 76,31 EUR Anteile für Strom von 12,60 EUR, für Erdgas (Kochen)
von 9,48 EUR und für Erdgas (Warmwasser) von 8,49 EUR absetzte.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 04.05.2005 beim Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erhobene Klage.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) hat den Rechtsstreit mit Be-schluss vom 26.05.2005 (Blatt 42 Gerichtsakte)
an das Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwie-sen.
Der Kläger beantragt,
1. Der Bescheid vom 20.10.2003, Az.: 6204.1.0183 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2005,
Az.: III/50/W-94/03 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Gewährung von höheren Leistungen für Unterkunft
und Heizung abgelehnt hat.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt höhere Leistungen für Kosten
der Unterkunft und Hei-zung für den Zeitraum 22.01.2002 bis 31.12.2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat mit schriftlicher Erklärung an seinen Vermieter I e. V. vom 25.11.2005 die Mietforderung des I e. V. für
den Zeitraum vom 22.01.2002 bis 31.12.2002 anerkannt und auf die Geltendmachung der Einrede der Verjährung
verzichtet, soweit sie den von der Stadt Frankfurt (Oder) gezahlten Betrag von 117,74 EUR übersteigen (Blatt 70
Gerichtsakte). Eine Höhe der Mietforderung ist im Schreiben nicht benannt.
Das Gericht hat einen Erörterungstermin und zwei Termine zur mündlichen Verhandlung durchgeführt. Es hat Herrn S
K als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Beweisaufnahme vom 11.10.2007
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die
beigezogene Gerichtsakte des Verfahrens S 17 AS 940/07, die beigezogene Beiakte des Verfahrens S 26 AS 2226/08
und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat bei der Erhebung der Klage den Streitgegenstand wirksam auf Kosten der Un-terkunft und Heizung
beschränkt (vgl. Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Abs. 18, zu recherchieren
unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Der Kläger kann von der Beklagten die Gewährung weiterer 72,27 EUR monatlich (190,01 EUR abzüglich gewährter
117,74 EUR) für den Zeitraum vom 22.01.2002 bis 31.12.2002 als laufende Kosten der Unterkunft und Heizung im
Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt verlangen.
Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum (22.01.2002
bis 31.12.2002) Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 21 Abs. 1 des bis 31.12.2004 geltenden
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) hat. Die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG umfasste neben dem
Regelsatz und etwaigen einmaligen Leistungen auch laufende Leistungen für Unterkunft und Heizung. Nach § 3 Abs. 1
Satz 1 der bis 31.12.2004 geltenden Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes
(Regelsatzverordnung) wurden laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
gewährt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatzverordnung waren Aufwen-dungen für Unterkunft, soweit sie den der
Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des Hilfebedürftigen solange
anzuerkennen, als ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder
auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Für laufende Leistungen für Heizung galt nach § 3 Abs. 2
Regelsatzverordnung § 3 Abs. 1 Regelsatzverordnung entsprechend.
a) Die tatsächlichen (tatsächlich geschuldeten) Aufwendungen für die vom Kläger angemietete Unterkunft betrugen im
Jahr 2002 gemäß Mietvertrag vom 04.07.2002 einschließlich Möblierung, Strom und der von § 27 der II. BVO
erfassten Betriebskosten (kalte Betriebskosten und Heizkosten) monatlich 209,25 EUR (132,94 EUR Kaltmiete und
eine Pauschale von 76,31 EUR für alle von § 27 der II. BVO erfassten Betriebskosten). Der Vortrag des Klägers in der
Klageschrift, der Betrag von 76,31 EUR seien kalte Betriebkosten und es kämen 25,33 EUR Heizkosten hinzu, fin-det
im Mietvertrag keine Stütze. Für eine Leistung von gesonderten Heizkostenvorauszahlungen oder einer gesonderten
Heizkostenpauschale bestand auch deshalb kein Anlass, weil der Mietvertrag eine "Pauschale" (76,31 EUR
monatlich) für die von § 27 der II. BVO erfassten Be-triebskosten vorsah und § 27 der II. BVO in der bis 31.12.2003
geltenden Fassung auf eine An-lage 3 verwies, in der – unter Ziffer 4. – Heizkosten ausdrücklich als Teil der
Betriebskosten aufgeführt wurden.
Ob es sich bei der "Pauschale" von 76,31 EUR monatlich für die kalten und warmen Betriebskosten um eine
Pauschale im Rechtssinn (mit der Folge, dass keine Betriebskostenabrechnung vorzunehmen wäre) oder um eine
Vorauszahlung (mit der Folge, dass eine Betriebskostenab-rechnung vorzunehmen wäre) handelt, kann offen bleiben.
Denn der im streitgegenständlichen Zeitraum geschuldete Betrag ändert sich dadurch nicht. Denn eine etwaige
Betriebskosten-nachzahlung ist sozialhilferechtlich dem Monat zuzuordnen, in dem sie fällig wird (BVerwG, Urteil vom
04.02.1988, Az. 5 C 89/85, BVerwGE 79, 46 ff.). Selbst wenn (in 2003 oder später) eine wirksame
Betriebskostenabrechnung für 2002 erfolgt sein sollte, ist eine daraus folgende Betriebskostennachzahlung nicht in
2002 und damit nicht im streitgegenständlichen Zeitraum fällig geworden. Daher kann auch offen bleiben, ob die
Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (Heizkostenverordnung)
nach § 2 Heizkostenverordnung einer etwaigen vertraglichen Vereinbarung über eine Betriebskostenpauschale vorgeht
(was der Fall wäre, wenn kein Ausnahmefall nach § 11 Heizkostenverordnung vorliegt; vgl. zum Vorrang der
Heizkostenverordnung vor einer Bruttowarmmietenvereinbarung BGH, Urteil vom 19.07.2006, Az. VIII ZR 212/05,
NJW-RR 2006, 1305 ff. = MDR 2007, 138 ff.)
Der Mietvertrag und die im Mietvertrag vereinbarte Miethöhe sind wirksam. Eine Mietpreisbindung besteht nicht, erst
recht keine Verpflichtung des Vermieters, zu Selbstkosten zu ver-mieten. Ein Mietwucher (§ 138 Abs. 2 Bürgerliches
Gesetzbuch – BGB –, § 291 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch – StGB –) oder eine Mietpreisüberhöhung (§ 5
Wirtschaftsstrafgesetz 1954 – WiStG – i. V. m. § 134 BGB) sind nicht feststellbar. Die Beklagte hat umfangreich zu
der Frage ermittelt, ob eine Mietpreisüberhöhung vorliegt (aus 36 Blatt bestehende Beiakte des Verfahrens S 26 AS
2226/08). Die Beklagte ist in einem vierseitigen Vermerk des Amtes für Jugend und Soziales, Abteilung Soziale
Arbeit, Wohnungsaufsicht, vom 21.05.2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine unangemessene Höhe der Miete
im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 5 WiStG nur dann unanfechtbarer nachgewiesen werden
kann, wenn ein Sachverständigengutachten eingeholt wird, das in der Lage ist, diesen Teilmarkt sub-stantiierter zu
reflektieren und damit eine Vergleichbarkeit in dem erforderlichen Maße herzu-stellen. Von den 95 ermittelten Zimmern
mit einer Wohnfläche zwischen 20 m² und 30 m² waren nur 3 Zweibettzimmer ermittelt (alle Listennummer 4b, L
Vorstadt, 215,00 EUR monatliche Gesamtmiete); die übrigen 92 Zimmer mit einer Wohnfläche zwischen 20 m² und 30
m² waren Einbettzimmer. Hinzu kamen noch 3 Zweibettzimmer mit einer Wohnfläche von 15 m² (alle Listennummer
10b, OT M , 450,00 EUR monatliche Gesamtmiete) sowie zahlreiche Zweiraumappartements des Studentenwerks,
von denen die meisten eine Miete von 177,00 EUR bis 195,00 EUR pro Person aufweisen. Im Prüfungsprotokoll des
Beklagten vom 01.10.2003, IV/50-2201 (Blatt 21 Gerichtsakte S 17 AS 940/07), wurde zwar – ohne dass ersichtlich
wäre, dass weitere Tatsachen eingeflossen wären – angenommen, dass die Miethöhevereinbarung gemäß § 138 Abs.
2 BGB, § 134 BGB in Verbindung mit § 291 StGB und § 5 WiStG unwirk-sam ist und (in Punkt 2.5 des
Prüfungsprotokolls) das Amt 30 (Rechtsamt) um weitere Veran-lassung gebeten. Mit Schreiben vom 07.03.2007 (Blatt
100 Gerichtsakte S 7 SO 38/05), das mit Schriftsatz der Arbeitsgemeinschaft Job-Center Frankfurt (Oder) vom
13.03.2007 (Blatt 36 Gerichtsakte S 17 AS 940/07) bei Gericht eingereicht wurde, hat die Beklagte der
Arbeitsgemeinschaft Job-Center Frankfurt (Oder) Bezugnehmend auf Nr. 2.5 der Verfügung vom 01.10.2003 mitgeteilt,
dass weder das Amt 30 (Rechtsamt) noch das Amt 50 (Amt für Jugend und Soziales) Maßnahmen ergriffen bzw.
Strafanträge gestellt hat. Die Nebenkosten von 76,31 EUR monatlich einschließlich Heizung, Strom und Warmwasser
hat die Beklagte mit Aus-nahme der Bestandteile, die nach ihrer Ansicht vom Regelsatz umfasst sind, der
Bewilligungsentscheidung voll zugrunde gelegt. Auch in der Verwaltungsvorschrift 2/2005 ist die Beklagte unter Punkt
2.2.3 zur Erkenntnis gelangt, dass Nebenkosten, die ohne Strom- und Warmwasserkosten weniger als 3,00 EUR
betragen, angemessen sein können, und zwar in der Regel dann angemessen sind, wenn eine Überschreitung auf
nicht allein vom Hilfesuchenden bzw. seine Angehörigen zu vertretende Umstände zurückzuführen ist. Angesichts der
umfangreichen Ermittlungen der Wohnungsaufsicht, die letztlich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben
haben, dass die vom I e. V. für die Zimmer im Objekt D straße 00, Frankfurt (Oder) OT H , verlangten Mieten die
üblichen Entgelte, für die Vermietung von Räu-men vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage
oder damit verbundene Nebenleistungen um mehr als 20 v. H. übersteigen, sieht das Gericht keine Ansatzpunkte für
weitere Ermittlungen.
Für die Wirksamkeit des Mietvertrags und die Höhe der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung wäre
es auch unerheblich, wenn es sich bei dem Haus, in dem der Kläger wohnt, um ein Heim im Sinne des Heimgesetzes
handeln würde (wofür Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich sind). Nach der Kommentierung von
Ellenberger in Palandt, BGB (68. Aufl. 2009, § 134 Rdnr. 19), war selbst ein Heimpflegevertrag ohne eine nach
früherem Recht vorgeschriebene Betriebsgenehmigung für das Heim nicht nach § 134 BGB nichtig.
Ob und unter welchen Voraussetzungen auch im Falle einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit der vereinbarten Miethöhe
die Miete in vereinbarter Höhe vom Sozialhilfeträger zu übernehmen wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 03.08.2006,
Az. B 3 KR 24/05 R, Rdnr. 20, zu recher-chieren unter www.sozialgerichtsbarkeit.de, sowie BSG, Urteil vom
22.09.2009, B 4 AS 14/09 R, bisher ist lediglich der Terminsbericht zu recherchieren unter
www.sozialgerichtsbarkeit.de) kann daher offen bleiben.
Der Mietforderung des Vermieters stünde auch nicht entgegen, wenn der Vermieter eine etwa erforderliche
Betriebskostenabrechnung nicht innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB an den Kläger übergeben haben
sollte. In einem bestehenden Mietverhältnis über Wohnraum kann der Mieter nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH) (Urteil vom 29.03.2006, Az. VIII ZR 191/05, NJW 2006, 2552 f.) auch dann nicht die
Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht fristgerecht über die
Betriebskosten eins Abrechnungszeitraums abgerechnet hat.
Dass die vertraglich geschuldete Miete teilweise nicht gezahlt wurde, mindert die Aufwendungen nicht, da die nicht
gezahlte Miete noch offen steht. Die Mietforderungen des Vermieters sind nicht verjährt. Der vom Kläger unter dem
25.11.2005 erklärte Verjährungsverzicht war nach § 202 BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung (Gesetz zur
Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 – SMG –) wirksam. Da Vertrag nach dem 01.01.2002
abgeschlossen ist, ist das BGB in der Fassung des SMG anwendbar (Heinrichs in Palandt § 229 EGBGB Rdnr. 1, 3).
Der Verjährungsverzicht war auch sachgerecht, da der Kläger die offene Miete nicht zahlen konnte und es im
Interesse beider Mietvertragsparteien war, dass der Vermieter gegen den Kläger nicht vorgeht, bevor gerichtlich über
die Ansprüche des Klägers gegen den Sozialhilfeträger entschieden ist. Ob der Kläger einen ohne sachlichen Grund
erfolgten Verjährungsverzicht der Beklagten entgegenhalten könnte, kann daher offen bleiben.
Die Miete von 209,25 EUR war somit wirksam vereinbart. Das mit Schreiben des Klägers vom 25.11.2005 gegenüber
dem I e. V. abgegebene Anerkenntnis des Mieters und damit
auch die Fragen, ob das Anerkenntnis wirksam ist und welche Reichweite es aufweist, sind damit nicht
entscheidungserheblich.
b) Die vereinbarte Miete von 209,25 EUR ist insoweit sozialhilferechtlich nicht als Kosten der Unterkunft und Heizung
zu berücksichtigen, wie sie Kostenbestandteile enthält, die bereits vom Regelsatz abgedeckt sind. Bereits vom
Regelsatz abgedeckt sind und waren die Kosten für Haushaltsenergie, insbesondere Strom und Warmwasserbereitung
(BSG, Urteil vom 27.02.2008, Az. B 14/11b AS 15/07 R , www.sozialgerichtsbarkeit.de, Rdnr. 21, mit weiteren
Nachweisen). Im Regelsatz waren im streitgegenständlichen Zeitraum (2002) für Strom/Haushaltsenergie 19,24 EUR
enthalten (BSG, Urteil vom 27.02.2008, Az. B 14/11b AS 15/07 R, Rdnr. 26). Dieser ist komplett abzuziehen, da in
der Miete von 209,25 EUR Strom- und Warmwasserkosten sowie etwaige Kosten von Gas, das als Kochenergie dient,
bereits enthal-ten sind. Es verbleiben damit Kosten der Unterkunft und Heizung von zusammen 190,01 EUR
monatlich (209,25 EUR - 19,24 EUR = 190,01 EUR).
Kosten für Möblierung sind nicht von den Kosten der Unterkunft abzusetzen. Kosten für Ein-richtungen, Nebenräume
usw. sind dann zu übernehmen, wenn die Wohnung ohne die Einrichtung etc. nicht anmietbar wäre und sich der
Mietpreis bei fehlender Abtrennbarkeit der Einrichtung etc. noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den
maßgeblichen Wohnort hält (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 ff. = SozR 4-4200 §
22 Nr 2 = FEVS 58, 248 ff., Rdnr. 28, www.sozialgerichtsbarkeit.de – Garage – und Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS
48/08 R, www.sozialgerichtsbarkeit.de – Kabelfernsehen –). Nach den Ge-samtumständen wäre der Mietvertrag nicht
ohne die Kosten der Möblierung abgeschlossen worden. Nach den Feststellungen der Beklagten sind alle
Zweibettzimmer im Haus D straße 00 möbliert. Kosten für Möblierung sind im Mietvertrag auch nicht gesondert
ausgewiesen. Die Miete war auch der Höhe nach angemessen (siehe nachfolgend c)). Ob eine Übernahme der Kosten
für Möblierung als Kosten der Unterkunft zudem auch deshalb geboten war, weil der Kläger keine eigenen Möbel hatte
und daher die Anmietung eines unmöblierten Zimmers dazu geführt hätte, dass für den Erwerb von Möbeln einmalige
Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren gewesen wäre (vgl. dazu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom
17.04.2008, Az. L 7 SO 5988/07, www.sozialgerichtsbarkeit.de), kann daher offen bleiben.
c) Wann Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen sind, ist im Ge-setz nicht ausdrücklich
bestimmt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum früheren BSHG, der
sich das Bundessozialgericht (BSG) für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) mit Urteil vom
07.11.2006 (Az. B 7b AS 18/06 R, im Internet veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) angeschlossen hat,
be-stimmt sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten nach dem Bedarf des Hilfebedürftigen. Hierfür kommt es
auf die Besonderheiten des Einzelfalles an (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 Regelsatz-verordnung, § 22 Abs. 1 Satz 2 Zweites
Buch Sozialgesetzbuch – SGB II –, § 29 Abs. 1 Satz 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XII –), vor allem auf
die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse (§ 33 Satz 1 Erstes Buch
Sozialgesetz-buch – SGB I – , zur Sozialhilfe auch ausdrücklich § 3 Abs. 1 BSHG). Bei der Beurteilung der
Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine Unterkunft sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit
maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfebedürftigen
marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die grundsicherungsrechtlich
maßgebliche Mietpreisspanne zu ermit-teln ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 28.04.2005, Az: 5 C 15/04, zitiert nach juris,
31.08.2004, Az.: 5 C 8.04, NJW 2005, 310, und 17.11.1994, Az: 5 C 11/93, BVerwGE 97, 110 ff. = NVwZ 1995, 1104
ff.; BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R).
Die Frage nach der grundsicherungsrechtlich angemessenen Wohnfläche kann dabei anhand der Kriterien der
Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Verwaltungsvorschriften der Länder
beantwortet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.11.1994, Az: 5 C 11/93, BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS
18/06 R). Dabei handelt es sich in Brandenburg um Nr. I 4.1 Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwick-
lung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz vom 15. Oktober 2002 (VV-
WoFGWoBindG) zu § 10 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG), der den früheren § 5 Abs. 2 Wohnungsbindungsgesetz
(WoBindG) abgelöst hat. Nach Nr. I 4. 1 VV-WoFGWoBindG ist für eine Person eine Wohnungsgröße von 50 m²
angemessen.
Für die Berechnung der angemessenen Höhe der Unterkunftskosten ist grundsätzlich nicht isoliert von der Größe oder
dem Mietzins je m² der konkret bewohnten Unterkunft auszugehen, sondern davon, welche Aufwendungen nach den
maßgeblichen örtlichen Verhältnissen für eine nach Wohnfläche und Mietzins zur Bedarfsdeckung geeignete
Unterkunft entstehen würden. Ausgangspunkt für die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist daher die –
abstrakt zu ermittelnde – personenzahlabhängige Wohnungsgröße, so dass sich die angemessene Höhe der
Unterkunftskosten als Produkt aus der für die Hilfebedürftigen abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach
den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom
28.04.2005, Az: 5 C 15/04 zu § 3 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 Regelsatzverordnung; BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B
7b AS 18/06 R zu § 22 SGB II; sog. Produkttheorie).
d) Nach diesen Grundsätzen ist die Miete als angemessen anzusehen. Dabei kann das Gericht offen lassen, ob der
Angemessenheitsprüfung die Nettokaltmiete (132,94 EUR), die nicht im Ver-trag ausgewiesene Bruttokaltmiete oder
die Bruttowarmmiete (209,25 EUR) zugrunde zu legen ist. Die Nettokaltmiete beträgt 132,94 EUR, während sich aus
der für eine Einzelperson anzuerkennenden Wohnungsgröße von 50 m² (siehe oben, a)) und einer Nettokaltmiete von
4,00 EUR/m² ein Betrag von 200,00 EUR und auch bei einer Nettokaltmiete von nur 2,79 EUR/m² noch ein Betrag von
139,50 EUR ergäbe. Der ab 26.03.2003 gültige qualifizierte Mietspiegel für Wohnungen der Stadt Frankfurt (Oder)
(Amtsblatt für die Stadt Frankfurt (Oder), Nr. 3/2003, S. 68 ff.), dem Werte bis zum ersten Halbjahr 2002 zugrunde
liegen, weist für Wohnungen unter 50 m² Medianwerte von mindestens 2,79 EUR (einfache Wohnlage,
teilausgestattet, Baujahr bis 1949) auf. Die übrigen Medianwerte für Wohnungen unter 50 m² sind höher, z. B. 4,74
EUR (einfache Wohnlage, voll-ausgestattet, Baujahr 1950 bis 1970). Die Stadt Frankfurt (Oder) hat in der am
01.01.2005 in Kraft getretenen Verwaltungsvorschrift 2/2005 eine Nettokaltmiete von 4,00 EUR/m² als angemessen
angesehen. Kalte Betriebskosten sind nach Punkt 2.2.3 der Richtlinie ohne weitere Prüfung als angemessen
anzuerkennen, wenn sie 1,65 EUR/m² nicht überschreiten, Heizkosten, wenn sie 0,90 EUR nicht überschreiten. Das
Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Werte zu hoch gewählt sein könnten. Somit ergäbe sich für 2005
eine nach Ansicht der Beklagten ange-messene Bruttokaltmiete von 5,65 EUR/m², woraus sich in Verbindung mit der
für eine Einzelperson anzuerkennenden Wohnungsgröße von 50 m² eine angemessene Bruttokaltmiete von 282,50
EUR ergibt. Diese wird von der vom Kläger geschuldeten Bruttowarmmiete (209,25 EUR ab-züglich Kosten der
Haushaltsenergie von 19,24 EUR = 190,01 EUR) so deutlich unterschritten, dass auch unter Berücksichtigung der
Tatsache, dass von 2002 bis 2005 gewisse Kostensteigerungen eingetreten sind, für 2002 die vom Kläger
geschuldete Miete auf jeden Fall angemessen im Sinne der zitierten BSG-Rechtsprechung ist.
e) Die Miete ist auch nicht deshalb unangemessen, weil sich bei Zugrundelegung der in der Betriebskostenabrechnung
2003 genannten Wohnfläche von 38,49 m² (wohl einschließlich Ge-meinschaftsflächen) oder gar der Fläche eines
halben Zweibettzimmers eine hohe Quadratme-termiete ergäbe. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des
Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als
angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet
wird (BSG, Urteil vom 18.06.2008 B 14/11b AS 61/06 R, Rdnr. 18, www.sozialgerichtsbarkeit.de – Wohngemeinschaft
¬–). Das Bundessozialgericht folgt insoweit der Produkttheorie, die abstellt auf das Produkt aus angemessener
Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b AS
61/06 R, Rdnr. 18) und hat daher auch bei einem in einer Wohngemeinschaft lebenden alleinstehenden
Hilfebedürftigen eine Wohnfläche von 50 m² der Berechnung zu Grunde gelegt (BSG, Urteil vom 18.06.2008, B 14/11b
AS 61/06 R, Rdnr. 20 bis 24).
Eine nur teilweise Übernahme der Miete kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil der Kl-ger Mitglied des Vereins
ist, der ihm die Unterkunft vermietet, und zwar auch dann nicht, wenn man wegen der Vereinsmitgliedschaft ein
Näheverhältnis annehmen würde. Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft sind vom Grundsicherungsträger bis zur
Angemessenheitsgrenze zu übernehmen, wenn sie auf Grund einer wirksamen rechtlichen Verpflichtung vom
Hilfebedürftigen zu tragen sind, unabhängig davon, ob die Höhe oder die Vertragsgestaltung einem Fremdvergleich
standhält (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 37/08 R, Leitsatz, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für die Beklagte ohne Zulassung zulässig, da der mögliche Wert
des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt. Am Charakter der geltend gemachten Leistungen als laufende
Leistungen ändert es nichts, wenn nach Ablauf des Leistungszeitraums der insgesamt geltend gemachte
Nachzahlungsbetrag im Ganzen beziffert wird.
Für den Kläger ist die Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG nicht zulässig, da der mögliche Wert des
Beschwerdegegenstands 750,00 EUR nicht übersteigt und der mögliche Beschwerdegegenstand keine Leistungen für
mehr als ein Jahr betrifft.
Eine Zulassung der Berufung (§ 144 Abs. 2 SGG) war nicht veranlasst, da die entscheidungserheblichen Fragen
bereits durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geklärt sind und das Gericht nicht von der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts abweicht.