Urteil des SozG Frankfurt am Main vom 09.12.2009

SozG Frankfurt: aufschiebende wirkung, medizinische rehabilitation, überwiegendes interesse, überwiegendes öffentliches interesse, hessen, rente, erwerbsfähigkeit, krankenkasse, rücknahme, ruhe

Sozialgericht Frankfurt
Beschluss vom 09.12.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Frankfurt S 33 AL 413/09 ER
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28. September 2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 und des Änderungsbescheides vom 19. November 2009 wird bis zur
rechtskräftigen Entscheidung in dem Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 33 AL 453/09 angeordnet.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I
Der Antragsteller begehrt mit seinem beim hiesigen Sozialgericht am 13. Oktober 2009 eingegangenen Antrag, die
aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Aufhebung einer Arbeitslosengeld-Leistungsbewilligung sowie die
Feststellung des Ruhens des Leistungsanspruches anzuordnen.
Der Antragsteller bezog seit 27. April 2009 Arbeitslosengeld (Alg) von der Antragsgegnerin als Nahtlosigkeitsleistung
ist und im Sinne des § 125 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III), nachdem ihn Letztere mit
Schreiben vom 18. März 2009 aufgefordert hatte, beim zuständigen Rentenversicherungsträger (Deutsche
Rentenversicherung Hessen) Leistungen zur Rehabilitation zu beantragen und sämtliche von diesem geforderten
ergänzenden Angaben zu machen.
Auf seinen Antrag auf Gewährung von "Leistungen zur Teilhabe" vom 27. April 2009 teilte die Deutsche
Rentenversicherung Hessen dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. Juni 2009 mit, ein solcher Antrag gelte zugleich
auch als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig seien und u. a. eine erfolgreiche Rehabilitation
nicht zu erwarten sei. Nach den Feststellungen des ärztlichen Dienstes sei beim Antragsteller ein Leistungsvermögen
von sechs Stunden täglich nicht mehr vorhanden. Schließlich gab der Rentenversicherungsträger dem Antragsteller
folgenden ausdrücklichen Hinweis:
"Sofern Sie den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht auf Veranlassung eines Sozialversicherungsträgers oder
einer Verwaltungsbehörde (z. B. Krankenkasse oder Arbeitsamt) gestellt hatten, können Sie im Rahmen Ihres
Gestaltungsrechts erklären, dass Sie zur Zeit nicht an der Durchführung eines Rentenverfahrens interessiert sind. Wir
werden alsdann unseren Vorgang abschließen. Wurden Sie jedoch von einem Sozialleistungsträger zur Antragstellung
aufgefordert, dann können Sie nur mit dessen Zustimmung erklären, dass Ihr Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht
als Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gelten soll"
Den Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation lehnte die Deutsche Rentenversicherung Hessen durch
Bescheid vom 18. September 2009 schließlich mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für die genannten
Leistungen lägen beim Antragsteller nicht vor, weil dessen Erwerbsfähigkeit durch jene Leistungen nicht wesentlich
gebessert oder wiederhergestellt werden könnten und auch eine wesentliche Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit
des Antragstellers nicht abgewendet werden könnte.
Durch Bescheid vom 23. September 2009 lehnte der Rentenversicherungsträger ferner die Gewährung einer Rente
wegen voller Erwerbsminderung mit der Begründung ab, der Antragsteller sei der gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht
nachgekommen. Er habe trotz mehrfacher Aufforderung einen formellen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung
nicht gestellt.
Durch Bescheid vom 28. September 2009 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Alg mit Wirkung ab 1. Oktober
2009 mit der Begründung auf, die deutsche Rentenversicherung Hessen habe ihr mitgeteilt, dass der Antragsteller
seine Mitwirkungspflichten im Rehabilitationsverfahren nicht erfüllt habe. Daher ruhe sein Anspruch auf Alg. Dagegen
legte der Antragsteller am 13. Oktober 2009 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin durch Widerspruchsbescheid
vom 29. Oktober 2009 zurückwies. In der Begründung führte sie unter anderem aus, der zuständige Träger, die
deutsche Rentenversicherung Hessen, habe den Antragsteller mehrfach - zuletzt mit Schreiben vom 3. August 2009 -
aufgefordert, einen formellen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung zustellen. Dem sei diese jedoch nicht
nachgekommen. Aus der Bestimmung des § 125 Abs. 2 S. 4 SGB III ergebe sich, dass der Anspruch auf Alg ruhe,
weil der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Träger der medizinischen Rehabilitation nicht
nachgekommen sei. Das gelte nach S. 5 der genannten Vorschrift auch dann, wenn der Antragsteller durch sein
Verhalten die Feststellung der Erwerbsminderung verhindere.
Der Antragsteller hat am 4. November 2009 beim hiesigen Sozialgericht dagegen Klage erhoben (Az.: S 33 AL
453/09).
Am 13. Oktober 2009 hat der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende
Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28. September 2009 anzuordnen und vorgetragen, er habe
gegen den Bescheid des Rentenversicherungsträgers über die Ablehnung von Leistungen der medizinischen
Rehabilitation (Bescheid vom 18. September 2009) Widerspruch eingelegt, da die Möglichkeit einer unterstützenden
Leistung zum Beispiel für einen blindengerechten Arbeitsplatz nicht geprüft worden sei. Die Antragsgegnerin habe das
Alg ab dem 1. Oktober 2009 ruhend gestellt, ohne ihn zuvor angehört zu haben. Die Begründung, er sei seinen
Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, finde sich "auf dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung nicht
wieder". Zudem habe er ein berechtigtes Interesse daran gehabt, nach Ablehnung der medizinischen Rehabilitation bei
dem Träger der Rentenversicherung einen Rentenantrag wegen Erwerbsminderung nicht zu stellen bzw. diesen zu
widerrufen, da er anderenfalls Gefahr laufe, seien unkündbares Arbeitsverhältnis zu verlieren. Als Angehöriger im
öffentlichen Dienst unterliege er den Tarifvertragsbedingungen des TVöD (vorm. BAT). Arbeitgeber sei das Land
Hessen, vertreten durch das Hessische Immobilienmanagement in XY. Nach § 33 TVöD ende das Arbeitsverhältnis
ohne Kündigung im Falle der Bewilligung von Rente. Aus § 34 Abs. 2 TVöD ergebe sich schließlich, dass er ordentlich
nicht kündbar sei. Das Alg sei zudem seine einzige laufende Einnahmequelle. Einen Anspruch auf
Grundsicherungsleistungen habe er nicht, da er Wohneigentum vermiete.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 28.
September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 und des Änderungsbescheides vom
19. November 2009 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie hat zwischenzeitlich Änderungsbescheid vom 19. November 2009 erteilt und dem Antragsteller Arbeitslosengeld
ab 6. November 2009 in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 30,38 EUR weiterbewilligt. Insoweit trägt sie vor,
der Antragsteller sei zwischenzeitlich seine Mitwirkungspflichten gegenüber dem Rentenversicherungsträger
nachgekommen und habe am 6. November 2009 der erforderlichen Rentenantrag gestellt. Im Zeitraum vom 1. Oktober
2009 bis 5. November 2009 ruhe der Anspruch auf Alg, weil der Antragsteller wegen der unterlassenen Mitwirkung die
Feststellung der Erwerbsminderung durch den Rentenversicherungsträger zunächst verhindert, letztlich allerdings nur
verzögert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte
und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin (Bl 62- 92), der Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen ist.
II
Der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist auch begründet, so dass die aufschiebende
Wirkung, geknüpft an die zwischenzeitlich gegen den streitgegenständlichen Bescheid erhobene Anfechtungsklage
anzuordnen war.
Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in
denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese Wirkung ganz oder teilweise
anordnen. Die genannte Vorschrift ist hinsichtlich des Bescheides vom 28. September 2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2009 (und des Änderungsbescheides vom 19. November 2009)
einschlägig, denn nach § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung u. a. in Angelegenheiten der
Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen. Dergestalt ist
der vorgenannte Bescheid der Antragsgegnerin zu qualifizieren. Denn durch ihn hat sie die Bewilligung von Alg ab 1.
Oktober 2009 aufgehoben und das Ruhen des Leistungsanspruchs des Antragstellers festgestellt, welches gleichfalls
dem Anwendungsbereich des § 86a Abs. 2 Nr. 2 SGG unterfällt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG-Komm., 9. Aufl. 2008, §
86a Rdnr. 14). Über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung entscheidet das Gericht aufgrund einer
Interessenabwägung, wobei hinsichtlich des "Ob" des einstweiligen Rechtsschutzes kein Ermessen besteht, sondern
nur hinsichtlich des "Wie" (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O. § 86b Rdnr. 12). Allerdings ist dem Gesetz in den Fällen des §
86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG ein Regel- Ausnahmeverhältnis zugunsten des Suspensiveffektes zu entnehmen, da der
Gesetzgeber die sofortige Vollziehung (bzw. das Entfallen der aufschiebenden Wirkung) zunächst einmal angeordnet
hat. Davon abzuweichen besteht folglich nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den
Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss daher eine mit
gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Meyer/Ladewig a.a.O. § 86b Rdnr. 12c). Daraus
folgt, dass die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, sofern der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der
Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt ist. Denn dann ist ein überwiegendes öffentliches Interesse
an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nicht erkennbar. Ist die Klage aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung
dagegen nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine
Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens aber mitberücksichtigt werden können. Es gilt
der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind umso geringer sind die Anforderungen an das
Aussetzungsinteresse des Antragstellers (vgl. Meyer/Ladewig, a.a.O. § 86b Rdnr. 12f).
Nach diesen Grundsätzen besteht zur Überzeugung des Gerichts ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an
der Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Denn diesem stehen gewichtige Argumente zur Seite, die für die
Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 28. September 2009 und damit dafür sprechen, dass seine Klage in der
Hauptsache Erfolg haben wird. Zwar trifft zu, dass nach § 125 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 SGB III der Anspruch auf Alg u.
a. dann ruht, wenn der Arbeitslose einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht stellt, seinen
Mitwirkungspflichten gegenüber einem Träger der medizinischen Rehabilitation nicht nachkommt oder durch sein
Verhalten die Feststellung der Erwerbsminderung verhindert. Diese Rechtsfolge tritt aber auch dann nicht
ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles ein, wenn der Arbeitslose - so wie hier
der Antragsteller - von der Antragsgegnerin gemäß § 125 Abs. 2 SGB III aufgefordert worden ist, einen Antrag auf
Leistungen der medizinischen Rehabilitation (oder der Teilhabe am Arbeitsleben) zu stellen. Denn in diesen Fällen
"gilt" nach § 116 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) der Antrag auf Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation (oder zur Teilhabe am Arbeitsleben) als Antrag auf Rente, wenn der Versicherte
vermindert erwerbsfähig und ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am
Arbeitsleben nicht zu erwarten ist (§ 116 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Aber gerade dann, wenn - wie im vorliegenden Fall -
der Antragsteller zunächst der Aufforderung der Antragsgegnerin gemäß § 125 Abs. 2 SGB III nachgekommen ist und
einen Antrag auf medizinische Rehabilitation beim Rentenversicherungsträger gestellt hat, zugleich aber an der
Durchführung eines Rentenverfahrens kein Interesse hat, ist zweifelhaft, ob dem Arbeitslosen stets die
Dispositionsbefugnis dafür entzogen ist, den nach § 116 Abs. 2 SGB VI fiktiv gestellten Rentenantrag zu widerrufen
bzw. bei der Bearbeitung des Rentenantrags mitzuwirken.
Die Auffassung, wonach der Arbeitslose die Fiktion des Rentenantrags dann nur mit Zustimmung der Antragsgegnerin
zu beseitigen vermag, die von Letzterer vertreten wird und auch in der Rechtsbelehrung des Schreibens der
Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 23. Juni 2009 zum Ausdruck kommt, hält das Gericht für rechtswidrig.
Denn sie führt dazu, dass im Einzelfall berechtigte Interessen des Arbeitslosen keinerlei Berücksichtigung finden
können. Diese strikte Rechtsauffassung geht offenbar zurück auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum
Recht der Reichsversicherungsordnung (BSGE 52,26, 31= SozR 2002 § 1248 Nr. 33). Danach soll der Versicherte
nicht mehr zur Rücknahme des Antrags berechtigt sein, wenn er gemäß § 51 Abs. 1 des Fünften Buches des
Sozialgesetzbuchs (SGB V) bzw. gemäß § 125 Abs. 2 SGB III von der Krankenkasse bzw. dem Arbeitsamt (jetzt
Agentur für Arbeit) aufgefordert worden ist, den Antrag auf Rehabilitationsleistungen zu stellen. Nach dieser
Rechtsprechung kann der Antrag nach einer entsprechenden Aufforderung grundsätzlich nur mit Zustimmung der
Krankenkasse bzw. der Arbeitsverwaltung zurückgenommen werden. Fraglich ist bereits, ob diese Rechtsprechung
weiter anzuwenden ist, weil das SGB VI keine Regelung enthält, die in diesen Fällen die Rücknahme des Antrags
ohne Zustimmung des jeweiligen Leistungsträgers versagt (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar Stand 08/2008 § 116
SGB VI Rdnr. 9). Aber auch unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung des BSG ist die Rücknahme des
fingierten Antrags ohne Zustimmung jedenfalls dann zulässig, wenn die Krankenkasse bzw. die Agentur für Arbeit bei
rechtmäßiger Ermessensausübung die Stellung eines Antrags auf medizinische Rehabilitation nicht verlangen könnte.
Ein berechtigtes Interesse des Versicherten an einem Hinausschieben des Anspruchs auf Rente wegen voller
Erwerbsminderung liegt z. B. dann vor, wenn eine erhebliche Verbesserung des Rentenanspruches erreicht werden
kann (vgl. Niesel a.a.O. § 116 SGB VI Rdnr.10). Ein erhebliches Interesse ist aber auch dann gegeben, wenn der
Rentenantrag aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften automatisch zum Arbeitsplatzverlust führt, sofern die
Erwerbsminderung festgestellt wird. Dergestalt verhält es sich im Falle des Antragstellers. Dieser hat durch Vorlage
seines Arbeitsvertrages mit dem Land Hessen vom 3. Juli 1978 in Verbindung mit dem Hinweis auf den Inhalt des
Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der derzeit gültigen Fassung zum einen glaubhaft gemacht, dass
sein aktuell noch fortbestehendes Arbeitsverhältnis aufgrund seines Lebensalters und der zurückgelegten
Beschäftigungszeiten nur noch aus einem wichtigen Grund gekündigt werden kann (§ 34 Abs. 2 S. 1 TVöD). Zum
anderen ergibt sich aus § 33 Abs. 2 S. 1 TVöD, dass das Arbeitsverhältnis des Antragstellers "automatisch" mit
Ablauf des Monats endet, in dem der Bescheid des Rentenversicherungsträgers über die Feststellung voller oder
teilweiser Erwerbsminderung zugestellt wird (Rentenbescheid). Der Antragsteller hat folglich ein berechtigtes Interesse
daran, dass abschließend geklärt wird, ob eine Besserung seiner Erwerbsfähigkeit zu erreichen ist oder die
verbliebene Erwerbsfähigkeit nach (arbeitsplatzbezogenen) Maßnahmen oder Hilfen unterstützt werden kann. Insoweit
hat der Antragsteller gegen den die Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation ablehnenden Bescheid der
Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 18. September 2009 Widerspruch eingelegt, verfolgt mithin die
Besserung seiner Erwerbsfähigkeit und damit auch eine Weiterbeschäftigung im Rahmen seines bisherigen
Arbeitsverhältnisses mit dem Land Hessen im Sinne des § 33 Abs. 3 TVöD weiter. Der Antragsteller befindet sich
somit in Anbetracht der oben dargestellten Fiktion bezüglich eines Rentenantrages in der Situation, dass einerseits
noch nicht endgültig geklärt ist, ob er nicht doch weiter beschäftigt werden könnte, andererseits der
Rentenversicherungsträger über den fiktiven Rentenantrag durch einen die volle Erwerbsminderung feststellenden
Bescheid entscheiden könnte, so dass dem Antragsteller der Verlust seines Arbeitsplatzes droht. Dieser ihm
drohende erhebliche Rechtsnachteil stellt ein erhebliches und berechtigtes Interesse des Antragstellers dar, die
Stellung eines Rentenantrags zumindest hinauszuschieben, folglich den (fiktiv gestellten) Rentenantrag zu widerrufen
bzw. zurückzunehmen.
Das Verhalten des Antragstellers ist mithin nicht als bloßer Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten zu qualifizieren,
sondern als Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen. In einem solchen Ausnahmefall verbietet sich die
Auferlegung von Rechtsnachteilen, die nach dem Gesetzeszweck des § 125 Abs. 3 Sätze 3-5 SGB III erkennbar auf
die Verletzung zurechenbarer und zumutbarer Mitwirkungshandlungen durch den Arbeitslosen abstellt. Der Bescheid
vom 28. September 2009, durch den die Antragsgegnerin die Leistungsbewilligung ab 1. Oktober 2009 aufgehoben
und das Ruhen des Leistungsanspruchs des Antragstellers auf Alg festgestellt hat, erweist sich nach der im
vorliegenden Verfahren gebotenen Prüfung somit als rechtswidrig, so dass das Interesse des Antragstellers an der
aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid überwiegt. Die aufschiebende
Wirkung der Klage war daher anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. §
144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Der nach der letztgenannten Vorschrift maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes
ergibt sich aus dem nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 19. November 2009 verbleibenden Aufhebungs-
bzw. Ruhenszeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 5. November 2009 (36 Leistungstage x 30,38 EUR= 1093,68 EUR).