Urteil des SozG Duisburg vom 25.03.2010

SozG Duisburg (antragsteller, versicherte person, vvg, krankenversicherung, antrag, versicherungsverhältnis, grund, anordnung, niedersachsen, kündigung)

Sozialgericht Duisburg, S 36 AS 757/10 ER
Datum:
25.03.2010
Gericht:
Sozialgericht Duisburg
Spruchkörper:
36. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 36 AS 757/10 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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I. Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob die
Antragsgegnerin zu verpflichten ist, den Antragsteller bei der gesetzlichen
Krankenkasse anzumelden.
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Der 1968 geborene Antragsteller war als selbstständiger Handwerker tätig. Seit dem
08.04.2009 ist er arbeitslos. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin in einer nicht ehelichen
Lebensgemeinschaft zusammen. Sie haben eine sechsjährige Tochter.
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Daraufhin beantragte der Antragsteller im April 2009 bei der Antragsgegnerin
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II). Diese wurden von der Antragsgegnerin schließlich auch
bewilligt. Hierbei wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin zunächst bei der
AOK Rheinland angemeldet. Diese Anmeldung wurde sodann jedoch wieder storniert.
Der Antragsteller war bei der Halleschen Krankenversicherung privat versichert. Das
Versicherungsverhältnis wurde jedoch wegen erheblicher Beitragsrückstände ruhend
gestellt.
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Am 26.02.2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg einstweilige
Regelungsanordnung beantragt, mit der die Antragsgegnerin einstweilen verpflichtet
werden soll, ihn bei der Krankenversicherung anzumelden. Er macht geltend, dass er
zur Zeit nicht krankenversichert sei und bereits erhebliche Arztrechnungen angefallen
seien. Auch könne er das Vertragsverhältnis nicht kündigen, da es lediglich ruhend
gestellt wurde.
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Er beantragt,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den
Antragsteller bei der zuständigen Krankenversicherung anzumelden.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Die Antragsgegnerin macht geltend, dass das Versicherungsverhältnis vom
Antragsteller bislang nicht gekündigt worden sei. Auch treffe es nicht zu, dass der
Antragsteller in keiner Weise krankenversichert sei. Gem. § 193 Abs. 5 Satz 6
Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ende das Ruhen des Vertragsverhältnisses: "wenn
alle rückständigen und die auf die Zeit des Ruhens entfallenden Beitragsanteile gezahlt
sind oder wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im
Sinn des Zweiten oder Zwölften Buches Sozialgesetzbuch wird". Aus diesem Grund sei
ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen. Beide Akten waren Gegenstand der
Entscheidung.
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II.
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Der Antrag auf einstweilige Regelungsanordnung war abzulehnen, da bereits kein
Anordnungsgrund vorliegt.
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Dem Antragsteller steht bei einer Ruhendstellung durch das private
Krankenversicherungsunternehmen kein Anordnungsgrund zur Seite.
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Insoweit regelt § 193 Abs. 6 Satz 5 VVG, dass das Ruhen der Leistungen endet, wenn
der Antragsteller hilfebedürftig im Sinne des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches
wird. Dies wäre vorliegend der Fall. Dem privaten Krankenversicherungsunternehmen,
das eine Pflicht nach § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, ist nämlich gemäß § 206 Abs. 1
Satz 1 VVG die Kündigung der Krankenversicherung versagt. Das gilt auch für den Fall
des Zahlungsverzuges im Sinne von § 193 Abs. 6 VVG (vergleiche LSG
Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.12.2009, Az.: L 15 AS 1048/09 B ER). Das
private Krankenversicherungsunternehmen ist daher verpflichtet, auch ohne
Beitragszahlung durch den Antragsteller, weiterhin sämtliche
Krankenversicherungsleistungen im vollen Umfang zu erbringen.
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Dabei ist auch davon auszugehen, dass sich das private
Krankenversicherungsunternehmen an die gesetzlichen Regelungen hält. Insoweit kann
nicht von vornherein vermutet werden, dass dies nicht der Fall ist. Hierfür fehlt jeglicher
Anhaltspunkt. Selbst wenn dem doch so wäre, so kann der Antragsteller im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes vor den Zivilgerichten entsprechende Anträge im
einstweiligen Rechtsschutzverfahren stellen, um so Abhilfe zu schaffen. Dem steht auch
nicht entgegen, dass der Zivilrechtsweg kostenpflichtig ist. Hier greifen wie im
sozialgerichtlichen Verfahren die Regelungen über Prozesskostenhilfe ein, die ja
gerade für derartige Fälle vorgesehen sind. Gemäß § 14 Nr. 1 Gerichtskostengesetz ist
auch kein Gerichtskostenvorschuss zu zahlen. Der Antragsteller hat auch im hiesigen
Verfahren einen Prozessbevollmächtigten bestellt und Prozesskostenhilfe beantragt.
Warum er hierzu vor den Zivilgerichten nicht in der Lage sein sollte, ist nicht ersichtlich
(ebenso: SG Dresden, Beschluss vom 04.02.2010, Az.: S 6 AS 108/10 ER; a.A. SG
Gelsenkirchen, Beschluss vom 02.10.2009, Az.: S 31 AS 174/09 ER, LSG Baden-
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Württemberg, Beschluss vom 30.06.2009, Az.: L 2 SO 2529/09 ER-B).
Weiterhin steht im vorliegenden Fall auch nicht zu befürchten, dass der Antragsteller auf
keinerlei Leistungen nach dem SGB II mehr angewiesen ist und somit sämtliche nicht
bezahlte Beiträge in Kürze fällig würden. Auf Grund der aufgelaufenen
Beitragsrückstände könnte dann das private Krankenversicherungsunternehmen das
Ruhen der Leistungen feststellen, so dass der Antragsteller nur bei akuten
Erkrankungen und Schmerzzuständen behandelt würde, § 193 Abs. 6 Satz 5 und 6
VVG. Im hier zu beurteilenden Fall ist aber weder ersichtlich noch vorgetragen, dass der
Antragsteller in Kürze keine Leistungen nach dem SGB II mehr beanspruchen wird.
Allein die abstrakte Möglichkeit, dass der Antragsteller aus dem Leistungsbezug nach
dem SGB II herausfallen könnte, rechtfertigt nicht, bereits jetzt einen Anordnungsgrund
anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer solchen Situation begründet keine aktuelle
Notlage des Antragstellers. Soweit aber wesentliche Nachteile nicht abgewendet
werden müssen, besteht auch kein Anordnungsgrund.
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Da bereits kein Anordnungsgrund vorliegt, kann die Frage des Anordnungsanspruchs
dahinstehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1
Satz 1 SGG.
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