Urteil des SozG Düsseldorf vom 30.08.2007
SozG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, eltern, entziehung, öffentliches interesse, vollziehung, hauptsache, verwaltungsakt, rechtswidrigkeit, vertreter
Sozialgericht Düsseldorf, S 29 AS 142/07 ER
Datum:
30.08.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
29. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 29 AS 142/07 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Das Verfahren wird im Hinblick auf die Antragsteller zu 1. und 2.
eingestellt. Der Antrag des Antragstellers zu 3. wird abgelehnt. Die
Antragsgegnerin hat den Antragstellern zu 1. und 2. ihre
außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Antragsteller zu 3. trägt
seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe:
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Der am 25.05.2007 gestellte Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
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1.zur Abwendung einer Notlage umgehend einen Barscheck in Höhe von 300 EUR
auszustellen, 2.eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses zu erteilen, 3.die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.04.2007 gegen den Bescheid vom
11.04.2007 anzuordnen, 4. war sinngemäß so auszulegen, dass allein beantragt wird,
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die aufschiebende Wirkung der Klage S 29 AS 145/07 vom 25.05.2007 gegen den
Bescheid vom 15.06.2007 anzuordnen.
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Mit diesem Antrag ist dem Begehren der Antragsteller sinnvoll und ausreichend
Rechnung getragen. Da den Antragstellern mit Bescheid vom 01.12.2006 für die Zeit
von Dezember 2006 bis Mai 2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) bewilligt worden
waren, reicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den
Bescheid vom 11.04.2007 aus, um das Ziel, das die Antragsteller letztlich verfolgen -
Auszahlung von Leistungen zum Lebensunterhalt - zu erreichen, da bei Anordnung der
aufschiebenden Wirkung in Bezug auf einen Entziehungsbescheid gemäß § 66 des
Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) die ursprüngliche Bewilligung wieder
Wirksamkeit erlangt und die Behörde ohne Weiteres zur Auszahlung der bewilligten
Leistungen verpflichtet ist.
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Dabei ist der Antrag so auszulegen, dass nicht die Anordnung der aufschiebenden
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Wirkung in Bezug auf den Bescheid vom 11.04.2007 beantragt wird, sondern diejenige
in Bezug auf den Bescheid vom 15.06.2007. Mit diesem Bescheid hob die
Antragsgegnerin den Bescheid vom 11.04.2007 auf und entzog sinngemäß nur noch die
dem Antragsteller zu 3. (Sohn K) bewilligten Leistungen. Dieser Bescheid ist gemäß §
96 SGG Gegenstand dieses Verfahrens geworden, weil der Bescheid vom 15.06.2007
den Bescheid vom 11.04.2007 ersetzte. Es ist davon auszugehen, dass die in diesem
Verfahren unvertretenen Antragsteller die aufschiebende Wirkung in Bezug auf den
neuen Bescheid beantragen wollen.
Der Antrag ist aber nicht zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erweiternd
dahin auszulegen, dass für die Zeit nach dem Ende des Bewilligungszeitraums des
Bescheides vom 01.12.2006 ab 01.06.2007 Leistungen im Wege der einstweiligen
Anordnung begehrt werden. Die Antragsteller sind mehrfach durch das Gericht darauf
hingewiesen worden, dass das Gericht davon ausgeht, dass Gegenstand dieses
Eilverfahrens nur die Leistungen für den Monat Mai 2007 sind (Verfügungen vom
13.06.2007 und vom 05.07.2007). Dem haben die Antragsteller nicht widersprochen.
Zudem hatten sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht einen
Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01.06.2007 überhaupt noch nicht gestellt. Ein
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die Zeit ab Juni 2007
wäre deshalb zu diesem Zeitpunkt unzulässig gewesen.
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Die Anträge der Antragsteller zu 1. und 2. waren nicht mehr zu entscheiden, weil die
Antragsgegnerin mit dem Bescheid vom 15.06.2007 die sie belastende Entziehung im
Bescheid vom 11.04.2007 aufgehoben und die Leistungen auch tatsächlich nachgezahlt
hat. Daraufhin haben die Antragsteller zu 1. und 2. das Verfahren für erledigt erklärt.
Insofern war klarstellend das Verfahren einzustellen.
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Der Antrag des Antragstellers zu 1. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner
Klage S 29 AS 145/07 gegen den Bescheid vom 15.06.2007 hat keinen Erfolg.
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Dieser Antrag ist zulässig und insbesondere statthaft, da die Entziehung der mit
Bescheid vom 01.12.2006 erfolgten Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II
gegenüber dem Antragsteller zu 3. ab 01.05.2007 mit Bescheid vom 11.04.2007 bzw.
vom 15.06.2007 einen Verwaltungsakt darstellt, der über Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet, gegen den nach § 39 Nr. 1 SGB II
Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben.
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Gemäß § 86 b Abs. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen,
in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die
aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 2). Ist der Verwaltungsakt im
Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die
Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen
oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen
jederzeit ändern oder aufheben.
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Das Gericht der Hauptsache ordnet die aufschiebende Wirkung an, wenn das Interesse
des Antragstellers, von den Wirkungen des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss des
Rechtsbehelfsverfahrens verschont zu bleiben (Aussetzungsinteresse), das öffentliche
Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Vollziehungsinteresse) überwiegt.
Maßgebend sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach der beim einstweiligen
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Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung,
vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 08.06.2006 -
L 20 B 114/06 AS ER -.
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Das Aussetzungsinteresse überwiegt regelmäßig, wenn der angegriffene
Verwaltungsakt, um dessen Vollziehung es geht, offensichtlich rechtswidrig ist, da an
der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kein öffentliches Interesse
bestehen kann. Das Vollziehungsinteresse überwiegt hingegen in der Regel, wenn der
Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Ist die Rechtmäßigkeit oder
Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes (und damit die Erfolgsaussichten
der Hauptsache) nicht offensichtlich, so ist eine Abwägung unter Berücksichtigung aller
maßgeblichen Umstände, insbesondere des Gewichts der für die Rechtmäßigkeit oder
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Gesichtspunkte sowie der Folgen
der Vollziehung für den Adressaten erforderlich.
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Hier überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu 1. nicht gegenüber dem
Vollziehungsinteresse.
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Es liegt weder ein Fall der offensichtlichen Rechtmäßigkeit noch der offensichtlichen
Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 15.06.2007 vor. Danach kommt es auf eine
Abwägung an. Diese geht zulasten des Antragstellers zu 3. aus.
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Die Entziehung der Leistungen ab 01.05.2007, die mit Bescheid vom 15.06.2007
nunmehr (wohl) nur noch gegenüber dem Antragsteller zu 3. ausgesprochen wurde,
stützt die Antragsgegnerin auf § 66 Abs. 1 SGB I und begründet dies damit, dass die mit
Schreiben vom 26.02.2007 angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt wurden und es
damit an einer erforderlichen Mitwirkung fehle. Mit diesem Schreiben ist der
Antragsteller zu 1. (der Vater des Antragstellers zu 3. als Vertreter der
Bedarfsgemeinschaft, vgl. § 38 SGB II) aufgefordert worden, mitzuteilen, ab wann das
Sparvermögen verwertbar ist. Eine solche Mitteilung ist bis zum Bescheid vom
11.04.2007, bis zum Widerspruchsbescheid vom 10.05.2007 und bis zum Ergehen des
ersetzenden Bescheides vom 15.06.2007 nicht erfolgt. Der Antragsteller zu 1. hat zwar
für die Bedarfsgemeinschaft das an die Antragstellerin zu 2. gerichtete Schreiben der
Deutschen Bank vom 19.02.2007 vorgelegt. Dies bescheinigt aber nicht die
Verwertbarkeit der dort aufgeführten, auf den Antragsteller zu 3. laufenden Spareinlagen
sondern konkretisiert nur, welche Beträge dem Antragsteller zu 3. auf welchem Konto
aufgrund einer Einzahlung von welcher Person zustehen. Auch mit dem Widerspruch
vom 17.04.2007 sind die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt worden. Der
Antragsteller zu 3. hat somit (durch den ihn gegenüber der Antragsgegnerin
vertretenden Antragsteller zu 1.) die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt.
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Es ist jedoch fraglich, ob die Mitteilung über die Verwertbarkeit des Sparvermögens
wirklich für die Aufgabenerfüllung der Antragsgegnerin erforderlich war und ob sich die
Antragsgegnerin die Information über die Verfügbarkeit des Vermögens nicht auf andere
Art und Weise hätte unproblematisch beschaffen können (vgl. § 65 SGB I), z. B. durch
unmittelbare Anfrage beim betroffenen Geldinstitut. Weiter stellt sich die Frage, ob die
Antragsgegnerin das bei einer Entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I erforderliche
Ermessen überhaupt ausgeübt hat. Im Widerspruchsbescheid vom 10.05.2007 finden
sich zwar knappe Ausführungen zum angemessenen Verhältnis der Mitwirkungspflicht
zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung und zur Zumutbarkeit der Mitwirkung für
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die Antragsteller. Diese beziehen sich aber unmittelbar auf § 65 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
SGB I und können nur im Wege der Auslegung als Ermessenserwägungen verstanden
werden, die eventuell bereits ausreichen. Ein weiteres Problem ist die Bestimmtheit des
Bescheids vom 15.06.2007, der nach den in diesem Verfahren ergangenen
Erläuterungen der Antragsgegnerin so zu verstehen sein soll, dass die Entziehung
gegenüber den Antragstellern zu 1. und 2. aufgehoben und nur noch gegenüber dem
Antragsteller zu 3. aufrecht erhalten werden sollte. Im Bescheid selbst ist das überhaupt
nicht verdeutlicht, sondern es wird lediglich die Entziehung auf 166,22 EUR beschränkt,
ohne dass klargestellt wird, dass es sich um die Entziehung der Leistungen des
Antragstellers zu 3. handeln soll. Der Betrag von 166,22 EUR führt auch nicht im Wege
der Auslegung ohne Weiteres zu einem solchen (sachgerechten) Verständnis, da dem
Antragsteller zu 3. im Mai 2007 nach dem Bescheid vom 01.12.2006 ein Betrag von
226,18 EUR (87,39 EUR Regelleistung + 138,79 EUR Kosten der Unterkunft und
Heizung) bewilligt wurde.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Bescheid vom 15.06.2007 weder
offensichtlich rechtmäßig noch offensichtlich rechtswidrig ist. Es ist auch keine deutliche
Tendenz bei der Einschätzung des Gerichts in die eine oder die andere Richtung
vorhanden. Demnach kommt es auf eine Abwägung an, die hier zulasten des
Antragstellers zu 3. ausgeht. Dabei ist entscheidend, dass es zwar um
existenzsichernde Leistungen für den Antragsteller zu 3. geht, was für eine
Abwägungsentscheidung zugunsten des Antragstellers zu 3. spricht. Jedoch ist zu
berücksichtigen, dass zu dem Zeitpunkt, als der Antrag bei Gericht gestellt wurde (am
25.05.2007) der Monat, um den es hier ging, schon fast vorbei war. Der Antragsteller zu
3. hatte zu diesem Zeitpunkt mehr als ¾ des Monats Mai (25 Tage) schon überstanden
und es lag nur noch eine Woche vor ihm. Zugleich hat die Antragsgegnerin in Bezug auf
seine Eltern (die Antragsteller zu 1. und 2.) die Leistungen für Mai nachbewilligt, sodass
der Familie insgesamt (bei rückwirkender Betrachtung) Mittel zur Verfügung standen, bei
denen erwartet werden kann, dass die Eltern unter Zurückstellung eigener nicht-
existentieller Bedürfnisse für die physische Existenzsicherung des Antragstellers zu 3.
aufkommen. Weiter haben die Antragsteller im Mai 2007 600 EUR an Darlehen aus dem
Familien- und Freundeskreis erhalten, die zur Existenzsicherung ausreichend beitrugen.
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Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob Spareinlagen auf den Namen des
Antragstellers bei der Deutschen Bank in Höhe von ca. 25.000 EUR als sein Vermögen
einem Anspruch des Antragstellers zu 3. nach § 12 SGB II entgegenstehen, kommt es
nach dem Vorstehenden überhaupt nicht an, weil die Antragsgegnerin die Leistungen
nicht abgelehnt, bzw. eine entsprechende Bewilligung aufgehoben hat, weil die
Voraussetzungen nicht vorliegen. Sie hat vielmehr eine verfahrensrechtliche
Begründung über § 66 Abs. 1 SGB I gewählt. Diese ist bei Streitigkeiten über die
Voraussetzungen von Sozialleistungen nach dem SGB II oder XII häufig problematisch,
weil die speziellen verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine Versagung oder
Entziehung nach § 66 Abs. 1 SGB I oft verkannt werden. Gewisse Probleme sieht das
Gericht auch in diesem Fall in Bezug auf den Bescheid vom 15.06.2007. Der
Antragsgegnerin wird angeraten, genau zu prüfen, ob sie den Bescheid vom
15.06.2007, der über § 96 SGG auch Gegenstand des Klageverfahrens S 29 AS 145/07
geworden sein dürfte, nicht aufhebt - entweder weil formelle Fehler vorliegen, wofür
einige Anhaltspunkte oben aufgezeigt wurden, oder weil die Antragsteller mittlerweile
nicht zuletzt in diesem Verfahren alles ihnen mögliche vorgelegt haben. Insofern wäre
nach § 67 SGB I zu entscheiden, ob die Bewilligung nachgeholt oder durch Aufhebung
der Entziehung die ursprüngliche Bewilligung wieder in Kraft gesetzt wird. Sollte die
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Antragsgegnerin nach wie vor bei ihrer Auffassung bleiben, dass der Antragsteller zu 3.
über seinen Anspruch ausschließendes Vermögen verfügt, müsste sie einen
aufhebenden Bescheid nach §§ 45 ff. Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches -
Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) für Mai 2007 erlassen.
Über die Leistungen für den Antragsteller zu 3. ab Juni 2007 ist bisher sachlich auch
noch nicht entschieden. Der Bewilligungsbescheid vom 02.07.2007 entscheidet nur
über die Ansprüche der Eltern des Antragstellers zu 3.
Auch wenn es hierauf nach dem Vorstehenden nicht ankommt, weist das Gericht darauf
hin, dass es derzeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass der
Antragsteller zu 3. nicht über Vermögen verfügt, das seinem Anspruch gemäß § 12 SGB
II entgegensteht. Es spricht Überwiegendes dafür, dass die bis vor kurzem auf seinen
Namen geführten Spareinlagen bei der Deutschen Bank kein Vermögen waren.
Gewisse offen gebliebene Fragen sind im Klageverfahren S 29 AS 145/07 oder durch
die Antragsgegnerin selbst im Wege ihrer Amtsermittlung zu klären. Insofern kommen
weitere klärende Nachfragen und Auskünfte oder Bestätigungen der Bank sowie eine
Aussage der Großmutter des Antragstellers zu 3., Frau P, in Betracht. Letztere kann
auch vor dem Sozialleistungsträger abgeben werden.
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Die Einschätzung des Gerichts ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
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Im Zeitraum ab Mai 2007 dürfte der Antragsteller zu 3. schon tatsächlich nicht mehr
Inhaber der Spareinlagen gewesen sein, weil nach dem in diesem Verfahren
vorgelegten Vertrag der Großmutter P vom 12.04.2007 auf ihren Namen ein "e
FestzinsSpar"-Konto Nr. 0000000 00 eröffnet wurde, auf das 25.228,94 EUR vom Konto
Nr. 0000000 00 übertragen wurden. Dies ist das auf den Namen des Antragstellers zu 3.
laufende Festzins-Sparkonto bei der Deutschen Bank (siehe Verwaltungsvorgang Bl.
46). Dies wird dadurch bestätigt, dass die Deutsche Bank T1 unter dem 20.06.2007
bescheinigt, dass der Antragsteller zu 3. zu diesem Zeitpunkt bei diesem Geldinstitut nur
noch ein Konto zur "T2" Nr. 0000000 00 mit einem Saldo von 7,85 EUR und ein J-Depot
Nr. 0000000 00 ohne Wert hielt. Die Festzins-Sparkonten mit den Endnummern 00 und
00 sind nicht mehr aufgeführt.
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Dem Antragsteller zu 3. steht voraussichtlich auch kein Rückübertragungsanspruch (als
Schenkungsrückforderungsanspruch gemäß § 528 BGB, aus Treuhandvertrag mit
seiner Großmutter, oder aus einem sonstigen verwahrungsähnlichen Rechtsverhältnis
mit Treuhandcharakter) gegen Frau P zu. Dies wäre der Fall, wenn ihm die
Spareinlagen tatsächlich von seinen Großeltern geschenkt werden sollten und keine
Treuhand bestand, und die Übertragung auf die Großmutter nur der Herbeiführung der
Bedürftigkeit gedient hätte. Es ist jedoch überwiegend wahrscheinlich, dass tatsächlich
eine verdeckte Treuhand bestand, nach der der Antragsteller zu 3. die Spareinlagen nur
für seine Großeltern, jetzt nur noch für seine Großmutter, verwaltet hatte.
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Vermögenswerte, z. B. Spareinlagen oder ähnliches, die ein Leistungsbezieher oder
solche Leistungen Begehrender im Wege eines (verdeckten oder offenen)
Treuhandverhältnisses für einen Dritten verwaltet, stehen der Bewilligung von
Sozialleistungen nicht entgegen, weil die Verwertung dieser Vermögensgegenstände
unzumutbar ist,
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vgl. die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), z. B. Urteile vom 24.05.2006 -
B 11a AL 49/05 R -, Juris, und vom 13.09.2006 - B 11a AL 19/06 R -, Juris.
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Die Einschätzung des Gerichts stammt daher, dass im Laufe des Verfahrens der
anfänglich schwer nachvollziehbare Vortrag zu den höheren zu erzielenden Zinsen bei
Anlage auf den Antragsteller zu 3. - insbesondere im Telefonat des Vorsitzenden mit
dem Antragsteller zu 1. am 26.06.2007, vgl. den Vermerk in der Streitakte, Bl. 51 f. -
dahin konkretisiert und schlüssig sowie glaubhaft erläutert worden ist, dass es sich auf
Empfehlung eines Beraters der D um eine Steuerspar-Variante gehandelt habe. Es ging
wohl darum, den Sparer-Freibetrag des Enkels auszunutzen, wenn der Sparer-
Freibetrag der Großeltern bereits ausgeschöpft war, da die Besteuerung der Zinserträge
die Rendite spürbar reduzierte. Ob dies ein steuerstrafrechtlich relevanter Sachverhalt
ist, ist dem Gericht nicht bekannt. Jedenfalls ist der Sachverhalt in dieser Weise
schlüssig und es liegt eine eidesstattliche Versicherung der Frau P vom 02.07.2007 vor.
Es ist glaubhaft, dass diese Umstände nicht durch schriftliche "Verfügung" des
Großvaters festgehalten wurden, da es sich - unabhängig von der Frage der Strafbarkeit
- um eine Gestaltung handelt, bei der klar sein dürfte, dass es sich um die Nutzung einer
"Steuerlücke" handelt oder man sich jedenfalls in einer steuerrechtlichen Grauzone
bewegt, was regelmäßig eher verdeckt gehandhabt wird. In objektiver Hinsicht ist der
entscheidende Umstand, der für das Gericht den Vortrag der Antragsteller glaubhaft
erscheinen lässt, dass die Großeltern des Antragstellers zu 3. über Vollmachten zu den
Festzins-Sparkonten des Antragstellers zu 3. verfügten (Bl. 34 f. der Streitakte). Dies
schließt zwar die tatsächliche Verfügungsbefugnis des Antragstellers zu 3. als
Forderungsinhaber bzw. seiner Eltern als gesetzliche Vertreter nicht aus, schafft aber
eine Zugriffsmöglichkeit der Großeltern, für die im Falle einer schenkweisen Zuwendung
oder einer Zuwendung zur Vorwegnahme der Erbfolge keine Veranlassung und
dementsprechend auch keine schlüssige Erklärung vorläge. Vielmehr legt es die
Vermutung nahe, dass die Großeltern das Geld eben nicht weggeben wollten, sondern
dass sie es mit eigener Zugriffsmöglichkeit auf den Konten des Antragstellers zu 3.
lediglich steuerfrei bis auf Weiteres "deponieren" wollten.
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Die Antragsgegnerin wird gebeten, die obigen Ausführungen intensiv zu prüfen und zu
erwägen, ob nicht auf dieser Grundlage Leistungen für den Antragsteller zu 3. ab Mai
2007 erbracht werden können. Eventuell ist es sinnvoll, Frau P zu einer Vorsprache
einzuladen und sie zu den Umständen zu befragen. Sollte sich dabei zur Überzeugung
der Antragsgegnerin ergeben, dass die Einschätzung des Gerichts zutrifft, so wäre eine
Nachbewilligung angezeigt. Dies würde dann auch das Klageverfahren S 29 AS 145/07
erledigen können. Sollte die Antragsgegnerin sich zu dieser Vorgehensweise nicht
durchringen können, so steht es dem Antragsteller zu 3. frei, gegebenenfalls vertreten
durch den Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren, einen Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung für die Gegenwart zu stellen. Auf einen solchen Antrag würde
das Gericht voraussichtlich eine einstweilige Anordnung aufgrund der obigen
Ausführungen zum verdeckten Treuhandverhältnis erlassen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 SGG. In
Bezug auf das Begehren der Antragsteller zu 1. und 2. hat die Antragsgegnerin die
Kosten zu erstatten, weil sie klaglos gestellt hat. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3.
obsiegt die Antragsgegnerin in diesem Eilverfahren wegen der erfolgten Abwägung.
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