Urteil des SozG Düsseldorf vom 03.03.2008

SozG Düsseldorf: rente, erwerbsunfähigkeit, gerichtsakte, zusage, vergleich, berufsunfähigkeit, zusicherung, erwerbstätigkeit, ausbildung, umschulung

Sozialgericht Düsseldorf
Gerichtsbescheid vom 03.03.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Düsseldorf S 26 R 116/07
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für den Zeitraum vom 01.02.1990 bis 28.02.2000, in dem er von der Beklagten lediglich eine Rente
wegen Berufsunfähigkeit erhielt, noch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der Kläger erhielt von der Beklagten in dem oben angegebenen Zeitraum eine Rente wegen Berufsunfähigkeit alten
Rechts nach den vor 2001 geltenden Rechtsvorschriften. Nach diversen früheren Verwaltungsvorgängen und
Vorprozessen begehrte der Kläger auch die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Im Rahmen des
Vorprozesses S 5 RJ 119/04 einigten sich die Beteiligten im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 19.10.2005
(Bl. 753 f der Verwaltungsakte), auf den Antrag vom 27.03.2000 hin erneut zu prüfen, ob bereits zu diesem Zeitpunkt
der Leistungsfall der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gegeben war und darüber zu entscheiden.
Mit einem Bescheid vom 18.01.2006 wurde dem Kläger aufgrund dieses Vergleiches eine Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung ab dem 01.03.2000 zuerkannt.
Mit einem Überprüfungsantrag vom 31.01.2006 (Bl. 433, 803 der Verwaltungsakte) beantragte der Kläger - im Rahmen
der Einlegung eines Widerspruchs gegen den Rentenbescheid vom 18.01.2006 - auch zu prüfen, ob ihm nicht für die
Zeit vom 01.02.1990 bis 28.02.2000 eine Rente auch wegen Erwerbsunfähigkeit zustehe (Bl. 433 der alten
Paginierung = 803 der neuen Paginierung von Band III der Verwaltungsakte der Beklagten).
Mit Bescheid vom 18.12.2006 lehnte die Beklagte es ab im Rahmen des Überprüfungsantrages den Bescheid vom
18.01.2006 abzuändern, und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits für Zeiten vor März 2000 zuzuerkennen. Zur
Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Rente für vorangegangene Zeiten vor März 2000 wegen
Erwerbsunfähigkeit nicht bestehe, weil sich der Kläger mit dem Vergleich vom 19.10.2005 ausdrücklich mit einer
Rentenbewilligung erst ab 01.03.2000 (als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) einverstanden erklärt habe. Auch die
erneute Überprüfung aller medizinischer Unterlagen ergebe keine neuen Gesichtspunkte für eine Erwerbsunfähigkeit
bereits vor März 2000.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
22.03.2007 zurückwies. Zur Begründung nahm die Beklagte Bezug auf ihre vorangegangenen Bescheide und führte
ergänzend aus, dass sich aus den medizinischen Unterlagen aus den Jahren 1989/1990 ergebe, dass der Kläger nach
dem Auslaufen der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab 01. Februar 1990 wieder in der Lage gewesen sei,
Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Infolgedessen habe nach Februar 1990 kein
Anspruch mehr auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern nur noch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit
bestanden.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 19.04.2007 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur
Begründung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Kläger macht insbesondere geltend, am
27.03.2000 habe ihm die Beklagte schriftlich bestätigt, dass er eine Erwerbsunfähigkeitsrente seit 1990 nachgezahlt
bekomme. Darauf berufe er sich; außerdem gehe es zum Nachteil der Beklagten, dass sie ihn nicht schon früher
umgeschult habe. Dadurch habe er nicht wieder erwerbstätig sein können und sei deshalb seit Februar 1990 weiterhin
als erwerbsunfähig anzusehen. Nach seiner Auffassung, insbesondere im Schriftsatz vom 02.10.2002 schon im
Vorprozess S 11 RJ 197/02, müsste ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auch nach Januar 1990 weiterhin
zustehen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
22.03.2007 zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Rentenbescheides vom 18.01.2006 auch für den Zeitraum vom
01.02.1990 bis 28.02.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den vor 2001 geltenden alten Rechtsvorschriften zu
gewähren, über die bereits anerkannte Berufsunfähigkeitsrente hinaus.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt schriftsätzlich sinngemäß Bezug auf den Inhalt ihrer angefochtenen Bescheide und den Inhalt
ihrer Akten. Sie habe dem Kläger bisher keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den streitigen Zeitraum zugesagt.
Außerdem stehe auch die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X der Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente bereits
für Zeiten vor März 2000 entgegen.
Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Wegen der
Anhörung wird Bezug genommen auf Blatt 50 f der Gerichtsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und den Inhalt der
beigezogenen Vorprozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, nachdem
die Beteiligten hierzu auch schriftlich angehört wurden, was durch die Postzustellungsurkunde und das
Empfangsbekenntnis der Beklagten nachgewiesen ist. Allein das fehlende Einverständnis des Klägers hindert das
Gericht nicht an eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid.
Der Kläger hat schon allein deshalb keinen Anspruch auf Rente auch wegen Erwerbsunfähigkeit für den Zeitraum vom
01.02.1990 bis 28.02.2000, weil die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X schon der Geltendmachung eines Anspruchs
für diesen Zeitraum entgegensteht. Nach dieser Vorschrift wird im Fall der Überprüfung für Bescheide eine
weitergehende Sozialleistung als bisher erbracht längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme der
Bescheide bzw. vor einem entsprechenden Antrag erbracht. Der Kläger hat hier für einen solchen ausgeschlossenen
Zeitraum Leistungen beantragt bzw. außerhalb der Möglichkeiten beantragt, denn er hat nach dem ihn und die
Beklagte bindenden gerichtlichen Vergleich vom 19.10.2005 ausdrücklich allenfalls einen Anspruch auf Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit auf der Grundlage eines Versicherungsfalls vom 27.03.2000 (und nicht für frühere Zeiträume, denn
für solche Zeiträume hat der Vergleich keinen Raum mehr gelassen); der vom Kläger eingelegte Widerspruch gegen
den Rentenbescheid vom 18.01.2006 ist damit grundsätzlich unzulässig, soweit der Kläger Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit auch für Zeiträume vor März 2000 begehrt. Die Beklagte hat deshalb zu Recht den Widerspruch
gegen den Rentenbescheid vom 18.01.2006, der am 31.01.2006 bei der Beklagte einging, lediglich als
Überprüfungsantrag im Sinne von § 44 SGB X ansehen können. Ausgehend von einem Überprüfungsantrag vom
Januar 2006 kann aber für Zeiträume vor März 2000, also für Zeiträume vor dem Vergleichsinhalt des Vergleichs vom
19.10.2005, eine Leistungsgewährung Kraft Gesetzes nicht mehr ermöglicht werden. Insoweit weist die Beurteilung
der Sache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist
insoweit ausweislich des dokumentierten Akteninhalts hinreichend geklärt. Im übrigen kann der Kläger sich auch nicht
auf eine vermeintliche ihm von der Beklagten gegebenen Zusage berufen, sie habe ihm bereits Rente für den
streitigen Zeitraum wegen Erwerbsunfähigkeit zugesichert. Denn eine solche Zusicherung kann in der Aktennotiz vom
27.03.2000 (Blatt 44 der Gerichtsakte), auf die sich der Kläger beruft, nicht gesehen werden. In dieser Aktennotiz hat
die Beklagte lediglich erklärt, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente bis zu einer eventuellen Arbeitsaufnahme gezahlt
werden kann. Für welche Zeiträume Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Betracht komme, ist damit zu keinen
Zeitpunkt gesagt worden. Allenfalls kann die Zusage vom 27.03.2000 als Zusage auf Rente für die Zeit ab März 2000
angesehen werden; ab diesem Zeitpunkt zahlt die Beklagte inzwischen aber auch Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Im übrigen hat - selbst wenn die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X schon nicht dem begehrten Anspruch
entgegenstünde - die Argumentation des Klägers keinen Erfolg, ihm stehe schon deshalb Rente wegen
Erwerbsunfähigkeit zu, weil die Beklagte ihn nicht früher umgeschult habe mit der Möglichkeit wieder eine
Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Denn allein das Unterbleiben einer Ausbildung bzw. Umschulung begründet nicht
automatisch das medizinische Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit. Im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
angefochtenen Bescheide gemäß § 136 Abs. 3 SGG; auf den Inhalt dieser angefochtenen Entscheidungen nimmt das
Sozialgericht Düsseldorf ausdrücklich Bezug und erklärt die dortigen Ausführungen für richtig und sieht insoweit von
einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.