Urteil des SozG Düsseldorf vom 22.02.2007

SozG Düsseldorf: zwangsarbeit, entschädigung, altersrente, arbeiter, lebensmittel, lohnanspruch, gerichtsakte, verordnung, form, erwerb

Sozialgericht Düsseldorf, S 26 R 168/05
Datum:
22.02.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
26. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 26 R 168/05
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 3 R 51/07
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
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Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur
Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
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Der am 00.00.1916 in C in Polen geborene Kläger ist Jude und Verfolgter des Nazi-
Regimes und lebt seit 1950 in Israel mit der dortigen Staatsangehörigkeit.
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Er beantragte am 23.07.2002 die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen
Rentenversicherung, unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG. Er gab dabei
an, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört zu haben. Er habe von 1939 bis
1942 während seines Aufenthaltes im Ghetto von Berezno außerhalb des Ghettos
Tätigkeiten als Arbeiter verrichtet. Er habe Bahngleise gelegt und Torf ausgehoben und
getrocknet. Er habe ca. 12 Stunden täglich gearbeitet. Er sei bei der Arbeit und auch auf
dem Weg von und zur Arbeit von Polizisten und jüdischen Wächtern bewacht worden.
Die Arbeit sei durch den Judenrat zugeteilt worden. Bekommen habe er dafür monatlich
ein geringes Entgelt zum Erwerb von Essen, an die Summe könne er sich nicht
erinnern. Bei einer deutschen Behörde habe er bisher aus Gewissensgründen noch nie
eine Entschädigung angemeldet; nur von der Claims Conference habe er die
Entschädigung aus dem Fond der deutschen Wirtschaft "EVZ" ausgezahlt bekommen
(Bl. 41, 14 Rückseite der Verwaltungsakte der Beklagten). Zusätzlich teilte er noch mit,
er habe tagtäglich wie die anderen Ghetto-Insassen nach Mokvin, ca. 18 km vom Ghetto
entfernt, gehen müssen und dort bei der Verlegung von Bahngleisen und beim
Torfausgraben arbeiten müssen (Bl. 24 der Verwaltungsakte). In einer weiteren
nachgereichten Erklärung vom 20.03.2000 heißt es: "Bezüglich meines Antrages wegen
Zwangsarbeit auf deutsche Veranlassung möchte ich hiermit folgende ... Versicherung
abgeben: Ich habe bisher niemals, aus Gewissensgründen, Entschädigung angemeldet,
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abgeben: Ich habe bisher niemals, aus Gewissensgründen, Entschädigung angemeldet,
und ich möchte daher meinen Verfolgungsvorgang schildern, so wie er sich tatsächlich
leider zugetragen hat. Ab 1939 bis 1942 war ich im Ghetto Berezno. Vom Ghetto wurde
ich tagtäglich zu Fuß hin und zurück nach Mokvin gebracht. Dort musste ich schwere
Zwangsarbeiten bei Bahngleisen verrichten, außerdem musste ich Torf ausgraben und
trocknen lassen ... Habe ich mich eines Abends in Mokvin versteckt und bin nicht mit
den anderen Verfolgten nach Mokvin ins Ghetto zurückgegangen, sondern ich floh in
den Wald - hielt ich mich versteckt" (Bl. 29 f der Verwaltungsakte).
Die Beklagte stellte fest, dass es doch Entschädigungsvorgänge nach dem BEG gab,
nach Rückfrage bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Bl. 31, 37 der Verwaltungsakte).
Sie zog dann die Entschädigungsvorgänge von dem Amt für Wiedergutmachung in
Saarburg bei. Dort hatte der Kläger in den 50er Jahren angegeben, von Juli 1941 bis
August 1942 im Ghetto Berezno gewesen und dann in die Wälder geflüchtet zu sein (Bl.
46, 61 der Verwaltungsakte). Er habe vorher beim Torfstechen und Gleiselegen
gearbeitet und sei täglich unter Bewachung zur Arbeit geführt worden. Bei der Arbeit
habe er sich eine Verletzung der Wirbelsäule zugezogen, an der er noch immer leide
(Bl. 72 der Verwaltungsakte).
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Mit Bescheid vom 01.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur
Begründung führte sie aus, vom für eine Rente notwendigen Vorliegen einer
entgeltlichen aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen freiwilligen
Beschäftigung habe sich die Beklagte nicht überzeugen können. Eine solche
Beschäftigung sei nicht glaubhaft gemacht. Im einzelnen heißt es dort, die Beklagte
gehe von Zwangsarbeit aus, die nach dem ZRBG nicht berücksichtigt werden könne.
Der Kläger sei nach seinen Angaben sowohl auf dem Arbeitsweg wie auch an der
Arbeit durch Polizisten und jüdische Wächter bewacht worden und sei unter Bewachung
aus dem Ghetto heraus zur Arbeit geführt worden. Die Zuweisung jüdischer
Arbeitskräfte in Arbeitskommandos sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Ghettos
trage aber die charakteristischen Züge einer Zwangsarbeit, auch die Bewachung
während der Arbeit sei ein starkes Indiz für ein Zwangsarbeitsverhältnis. Der Arbeiter
sollten sich dadurch aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam nicht entfernen können. Ein
aus freiem Willen aufgenommenes entlohntes Beschäftigungsverhältnis sei damit nicht
glaubhaft.
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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 04.03.2004 Widerspruch ein, der nicht
begründet wurde.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück,
weil der angefochtene Bescheid nach Aktenlage nicht zu beanstanden sei, zumal der
Widerspruch nicht begründet worden sei.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 21.03.2005 Klage zum Sozialgericht
Düsseldorf erhoben.
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Zur Begründung macht er geltend, für seine Tätigkeit habe er Lohn in Form von
Sachbezügen zur beliebigen Verfügung bekommen, also hier wöchentlich Lebensmittel
für zu Hause, Kleidung, Heizmaterial und bessere Unterkunft. Dies hätte die
Geringfügigkeitsgrenze überschritten. Die Verteilung der Arbeit habe in den Händen des
Judenrates gelegen. Allein die frühere Darstellung von Zwang bei Aufenthalt und Arbeit
im Ghetto im Entschädigungsverfahren dürfe nicht zu seinem Nachteil ausgelegt
werden; generell hätten alle Ghettoinsassen dies so empfunden. Das Gutachten von H
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für das Generalgouvernement bestätige seine Darstellung. Rechtlich habe ein
Lohnanspruch für die jüdischen Arbeiter in der Ukraine bestanden, weshalb der
Lohnanspruch dazu führe, ihn so zu stellen als habe er Entgelt erhalten.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen vorbringen sinngemäß,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung
von Beitragszeiten nach dem ZRBG - für die von ihm anlässlich des Aufenthalts im
Ghetto von Berezno von Juli 1941 bis August 1942 zurückgelegten Zeiten einer
Beschäftigung - und unter Berücksichtigung von wegen Verfolgung anzuerkennenden
Ersatzzeiten nach Entrichtung ggf. noch erforderlicher freiwilliger Beiträge eine
Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen seit dem 01.07.1997
zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom
01.03.2004, den sie nach wie vor für richtig hält. Ergänzend macht sie geltend, gerade
die Angabe des Klägers sogar im Rentenfragebogen, er sei auch während der Arbeit
bewacht worden, spreche als typisches Indiz für Zwangsarbeit, die nicht unter das
ZRBG falle. Auch die Zuteilung von Arbeit durch den Judenrat spreche für die Annahme
von Zwangsarbeit. Die Formulierung der Einteilung von Arbeit lege auch nahe, das
keinen Einfluss auf die Beschäftigung sowie die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses
bestanden habe. Überdies spreche auch die Erklärung des Klägers vom 20.03.2000
über die Verrichtung von schweren Zwangsarbeiten im Ghetto Berenzo für die
Auffassung der Beklagten. Außerdem gehe es hier nicht um eine Beschäftigung im
Generalgouvernement, sodass es schon deshalb auf das Gutachten von H nicht
ankomme. Nicht nachvollziehbar sei für die Beklagte auch, weshalb eine Verordnung
über den Arbeitseinsatz von Juden für den Bereich der Stadt Minsk herangezogen
werde. Weder sei der Kläger dort beschäftigt gewesen, noch habe er sich zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens der Verordnung für Minsk (vom 25.08.1942) überhaupt noch in einem
Ghetto befunden, zu diesem Zeitpunkt sei er bereits geflüchtet gewesen. Außerdem
erfülle ein Rechtsanspruch auf Lohn nicht die Voraussetzungen des ZRBG, was auch
bereits das LSG NRW bestätigt habe.
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Das Gericht hat eine Auskunft der Claims Conference eingeholt. Diese hat mitgeteilt, der
Kläger habe (aufgrund eines Antrages vom 13.02.2001, Bl. 32 der Gerichtsakte) eine
Entschädigung aufgrund seines Verfolgungsschicksals im Ghetto Berezno im Jahre
1942 erhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den
Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den
Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer konnte in Abwesenheit des Bevollmächtigten des Klägers in der
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mündlichen Verhandlung entscheiden, weil dieser in der ihm ordnungsgemäß
zugestellten Terminsmitteilung auf diese Verfahrensmöglichkeit hingewiesen worden
ist, die sich aus §§ 124 Abs. 1, 126 und 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergibt.
Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der
Beklagten, nämlich der Bescheid vom 01.03.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 15.03.2005, sind nicht rechtswidrig und beschweren den
Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG, weil die Beklagte mit diesen Bescheiden zu
Recht die Gewährung einer Altersrente abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten
Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war somit nicht zu entsprechen. Denn
der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 1 ZRBG zur Begründung von
Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung, und überdies schließt auch die
von der Claims Conference gewährte Entschädigung nach dem Stiftungsgesetz hier
ohnehin Rentenleistungen nach dem SGB VI aus.
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Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Sozialgericht Düsseldorf gemäß §
136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in dem Bescheid vom
01.03.2004 - was die Verneinung der Voraussetzung des § 1 ZRBG angeht -, erklärt sie
für richtig und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe
ab. Insbesondere hat die Beklagte in diesem Bescheid auch bereits die entscheidende
Vorschrift des § 1 Abs. 1 ZRBG mit den dortigen wesentlichen Voraussetzungen
wiedergegeben und weshalb hier schon nicht von freiwilliger oder auch entgeltlicher
Beschäftigung im Sinne des ZRBG aus eigenem Willensentschluss ausgegangen
werden kann.
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Ergänzend führt das Gericht noch folgendes aus: Voraussetzung für die Gewährung
einer Altersrente ist nach § 35 SGB VI neben der Vollendung des 65. Lebensjahres die
Erfüllung der allgemeinen Wartezeit. Darauf anrechenbare Zeiten im Sinne von §§ 50 ff
SGB VI hat der Kläger aber nicht. Die Anwendbarkeit des ZRBG zu seinen Gunsten zur
Begründung von Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung und zur
Zahlbarmachung einer Rente ins Ausland scheitert hier auch schon daran, dass er
keine Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG nachgewiesen bzw.
ausreichend glaubhaft gemacht hat, die auch eine "entgeltliche" Beschäftigung aus
"eigenem Willensentschluss" darzustellen geeignet wäre.
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I. Es fehlt schon an einem schlüssigen Vortrag für die Annahme einer aus eigenem
Willensentschluss zustande gekommenen Tätigkeit, für die sogar ein Entgelt oberhalb
der Geringfügigkeitsgrenze vorgelegen haben müsste, um überhaupt rentenrechtlich
relevant zu sein, entsprechend § 1227 der 1941/42 für die allgemeine
Rentenversicherung gültigen Reichsversicherungsordnung, wonach Zuwendungen
allein zur Unterhaltssicherung schon keine Rentenversicherungspflicht begründet
hätten. Gerade angesichts der Angaben des Klägers im früheren
Entschädigungsverfahren aus den 50er Jahren und in der Erklärung vom 20.03.2000
und angesichts auch der Angaben des Klägers in seinem Rentenantrag, dass er auch
während der Arbeit bewacht worden sei, sprechen die überwiegenden
Gesamtumstände gegen die Annahme eines aus eigenem Willensentschluss zustande
gekommenen Beschäftigungsverhältnisses. Die Beklagte weist völlig zu Recht darauf
hin, dass gerade die Bewachung nicht nur auf den Wegen von und zur Arbeit, sondern
auch während der Arbeit eines der stärksten Indizien überhaupt für Zwangsarbeit ist,
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denn die Bewachung bei der Arbeit dient regelmäßig dazu, einen Verfolgten dazu
anzuhalten die Arbeit zu verrichten und sich nicht zu entfernen und nicht zu flüchten.
Dem substanziiert Entgegenstehendes hat der Kläger nicht vorgetragen, auch nicht mit
der Klageschrift. Im übrigen sprechen auch die sonstigen Angaben anlässlich der
Rentenantragstellung für die Annahme von Zwangsarbeit; danach musste der Kläger
nämlich tagtäglich zu Fuß vom Ghetto zur Arbeitsstelle in Mokvin gebracht werden, und
dafür jeden Tag nach seinen eigenen Angaben viele Kilometer laufen und nach dem
Marsch dann auch noch schwere "Zwangsarbeiten" verrichten. Unter Bewachung wurde
er dorthin gebracht, und erhielt nach seinen ursprünglichen Angaben im Rentenantrag
nur ein lediglich geringes Entgelt, das nur zum Erwerb von Essen ausreichte, an mehr
könne er sich nicht erinnern, so der Klägerin im Rentenfragebogen. Das Vorbringen erst
in der Klageschrift, das auch nicht durch eigene Erklärungen des Klägers oder von
Zeugen näher substanziiert wurde, er habe auch noch wöchentlich Lebensmittel für zu
Hause bekommen, Kleidung und Heizmaterial und anderes, ist demgegenüber nicht
wahrscheinlicher als die frühere ursprüngliche unbefangene Darstellung im
Rentenfragebogen und die jetzt aufgetretenen Widersprüche zum ursprünglichen
Vorbringen gehen im Zweifel nach Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Klägers.
Allein ein Anspruch auf Lohn nach Vorschriften für das Gebiet Berezno würde ohnehin
nicht ausreichen, um ein "Entgelt" im Sinne des § 1 ZRBG zu begründen (LSG NRW
Urteile vom 27.01.2006 - L 13 R 123/05 und vom 13.02.2006 - L 3 R 43/05 und 178/05).
II. Selbst wenn bei dem Kläger ein freiwilliges und sogar entgeltlich gewesenes
Beschäftigungsverhältnis im Ghetto Berezno vorgelegen hätte, so würde sein Anspruch
auf eine Rente unter Berücksichtigung des ZRBG auch daran scheitern, dass der Kläger
für die Zeit im Ghetto Berezno und die dortige Tätigkeit bereits entschädigt wurde, nach
dem Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"
(EVZStfitG). Wie die Claims Conference bestätigt hat, hat der Kläger aufgrund der 2001
eingeführten Vorschriften für Zwangsarbeitsverhältnisse aufgrund eines Antrages von
2001 für das Jahr 1942 im Ghetto Berezno eine Entschädigung erhalten. § 16 EVZStiftG
regelt nun in seinem Abs. 1 Satz 2: "Etwaige weitergehende Ansprüche im
Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht sind ausgeschlossen". Die 26.
Kammer des Sozialgericht Düsseldorf schließt sich damit der Auffassung des LSG NRW
im Urteil vom 07.06.2005 (L 4 R 3/05) an, wonach der Ausschluss von Ansprüchen nach
§ 16 Abs. 1 Satz 2 EVZStiftG auch Forderungen gegenüber der Sozialversicherung
enthält bzw. solche ausschließt. Der Leistungsausschluss hätte nämlich praktisch
keinen Anwendungsbereich und würde ausgehebelt, wenn nach § 16 Abs. 3 EVZStiftG
auf diesem Umweg doch wieder Ansprüche nach anderen Rechtsvorschriften möglich
sein sollten. Dies kommt indirekt zum Ausdruck auch in der Antwort der
Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke" (BT-Drucksache
16/1955 Seite 5). Dort hat die Bundesregierung klargestellt, es sei zu unterscheiden
zwischen rentenrechtlichen Beschäftigungen und Entschädigungsleistungen für
Zwangsarbeit, die eben nach anderen Gesetzen erbracht wird. Ist der Kläger somit wie
hier gerade für Tätigkeiten bzw. für sein Verfolgungsschicksal im Ghetto Berezno als
ehemaliger Zwangsarbeiter nach dem EVZStiftG entschädigt worden, so hat dies den
Ausschluss von Abgeltungen nach anderen Gesetzes wie hier nach dem ZRBG bzw.
SGB VI zur Folge. Dabei ist es nach Auffassung der Kammer auch ohne Bedeutung, ob
die nach dem EVZStiftG gewähre Zwangsarbeiterentschädigung für Tätigkeit im Ghetto
auf das Jahr 1942 beschränkt wurde, denn es handelt sich um
Pauschalentschädigungen für Tätigkeiten zwangsweise im Ghetto, sodass auch alle
sonstigen Tätigkeiten im Ghetto (auch vor 1942) vom Anspruchsausschluss erfasst
werden, wenn es um Tätigkeiten geht, die wie hier von der Claims Conference als
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Zwangsarbeit qualifiziert wurden (u. a. eben gerade auch aufgrund der früheren
Angaben des Klägers in früheren Entschädigungsverfahren). Dass die Tätigkeit schon
im Ghetto im Jahre 1941 nicht im Rahmen der Anspruchsprüfung nach dem EVZStiftG
mit eingebracht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich des Klägers.
III. Abschließend bemerkt die Kammer, das im Rahmen der Prüfung der
Voraussetzungen des § 1 ZRBG - oben zu I - hier auch zu Lasten des Klägers ins
Gewicht fällt, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens in der Klagebegründung auch
darunter generell leidet, dass der Kläger mit Bl. 41 der Rentenakte im Rentenverfahren
angab, bisher niemals aus Gewissensgründen eine Entschädigung beantragt zu haben
außer bei der Claims Conference. Denn dies trifft nicht zu, genauso wenig wie in der
Erklärung vom 20.03.2000, denn der Kläger hat bereits in den 50er Jahren
Entschädigungsansprüche nach dem BEG geltend gemacht, wie die Beklagte aufgrund
einer Rückfrage bei der Bezirksregierung feststellen musste. Auch aus diesem Grund
könnte - selbst wenn die Zwangsarbeiterentschädigung nach dem Stiftungsgesetz
Rentenansprüchen nicht entgegenstehen würde - das klägerische Vorbringen im
Klageverfahren nicht als wahrscheinlicher angesehen werden als das frühere
Vorbringen, wonach er doch Zwangsarbeit verrichten musste unter auch körperlich sehr
schweren Bedingungen wie im Entschädigungsverfahren bzw. in der Erklärung vom
20.03.2000 geschildert.
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IV. Die Kammer verkennt nicht das Verfolgungsschicksal des Klägers, sieht aber nach
Lage der gesetzlichen Vorschriften keine Möglichkeit, dem geltend gemachten
Anspruch des Klägers zu entsprechen. Das ZRBG bzw. das SGB VI und das EVZStiftG
geben zur Überzeugung der Kammer für den Kläger weitergehende Ansprüche nicht
her.
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
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