Urteil des SozG Düsseldorf vom 07.11.2007

SozG Düsseldorf: rente, berufskrankheit, schwerhörigkeit, lärm, ohrensausen, tinnitus, gutachter, unfallversicherung, widerspruchsverfahren, fachstelle

Sozialgericht Düsseldorf, S 16 U 117/06
Datum:
07.11.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
16. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
S 16 U 117/06
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 4 U 84/07
Sachgebiet:
Unfallversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Umstritten ist zwischen den Beteilligten, ob der Kläger im Wege der Neufeststellung
Rente wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit
beanspruchen kann.
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Nach den Feststellungen der Fachstelle "Lärm" der Beklagten arbeitete der 1948
geborene Kläger in der Zeit vom 21.03.1973 bis 31.12.1994 als Maschinenbediener bei
Lärmpegeln von 87 dB(A). Seit dem 01.01.1995 ist er nicht mehr erwerbstätig. Im Juni
2000 begehrte der Kläger die Feststellung und Entschädigung einer Berufskrankheit
nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV. Nach Beiziehung und Auswertung von
Befundberichten und Audiogrammen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 30.01.2001
eine beginnende Lärmschwerhörigkeit beiderseits fest, lehnte aber die Bewilligung von
Rente wegen Fehlens einer rentenberechtigenden MdE ab. In dem sich daran
anschließenden Widerspruchsverfahren hörte die Beklagte H, der aufgrund einer
Untersuchung des Klägers am 21.03.2001 zu dem Ergebnis kam, beim Kläger liege
eine allenfalls beginnende Schwerhörigkeit vor, so dass unter Berücksichtigung des
vom Kläger als belästigend beschriebenen Ohrgeräusches die BK-bedingte MdE auf 10
vom Hundert zu schätzen sei. Die Widerspruchsstelle bei der Beklagten wies darauf hin
den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.06.2001). Die
dagegen beim Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage nahm der Kläger zurück,
nachdem M die Beurteilung von H bestätigt und die Beklagte das beiderseitige
Ohrensausen als Berufskrankheitsfolge anerkannt hatte. Im Dezember 2005 stellte der
Kläger einen Neufeststellungsantrag. Nach Einholung einer Stellungnahme von H
lehnte die Bekalgte die Neufeststellung ab (Bescheid vom 13.02.2006). Der
Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 11.05.2006). Mit
seiner am 09.06.2006 bei Gericht eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, die
berufskrankheitsbedingte MdE sei unzutreffend ermittelt worden. Im Übrigen bestehe ein
dekompensierter Tinnitus mit Durchschlaf- und Einschlafstörungen. Der Kläger, der die
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Einholung eines Befundberichtes seines behandelnden Psychologen angeregt hat,
begehrt schriftsätzlich unter Abänderung des Bescheides vom 13.02.2006 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2006 aus Anlass der dem Grunde
nach anerkannten Lärmschwerhörigkeit und der Ohrgeräusche ihm eine Verletztenrente
zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, den Rechtsstreit durch
Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten, die
Vorprozessakten S 16 U 118/01, S 39 RJ 165/01 und S 31 SB 232/00 sowie die Akten
der Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Dem Kläger
steht Rente wegen der bei ihm als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit
nicht zu. Es fehlt an einer rentenberechtigenden MdE in Höhe von mindestens 20 vom
Hundert (vgl. § 56 SGB VII). Dabei geht die Kammer davon aus, dass der Kläger in der
Zeit bis zum 31.12.1994 gehörgefährdendem Lärm (87 dB(A)) ausgesetzt gewesen ist.
Mit H geht die Kammer weiter davon aus, dass in der Zeit bis 2001 eine allenfalls
beginnende Schwerhörigkeit vorgelegen hat. Die Richtigkeit dieser Feststellung ist von
M bestätigt worden, der 2002 von einer knapp geringgradigen
Schallempfindungsschwerhörigkeit (beiderseits) berichtet hat. Daraus errechnet sich auf
der Grundlage der Tabelle von Feldmann eine nicht messbare MdE. Bei integrativer
Berücksichtigung des vom Kläger als belästigend beschriebenen Ohrgeräuschs ist
diese MdE auf 10 vom Hundert anzuheben. Auch darin sind sich die Gutachter einig. Es
kann dahinstehen, ob das Ohrgeräusch des Klägers sich in der Zeit nach 2002
verschlechtert hat. Sollte dies der Fall sein, kann für diese Verschlimmerung nur eine
lärmunabhängige Komponente verantwortlich sein. Ohne anhaltenden Lärmeinfluss
schreitet eine Lärmschwerhörigkeit einschließlich der lärmbedingten Ohrgeräusche
nämlich nicht fort. Das bedeutet, dass Grundlage für die Bemessung der MdE nicht eine
etwaig nach 2002 festgestellte Verschlimmerung der Hörminderung oder der
Ohrgeräusche sein kann. Vielmehr ist auf die Befunde abzustellen, die der Zeit, in der
der Kläger noch gehörgefährdend tätig war, am nächsten sind. Diese Befunde haben H
und M unter Berücksichtigung der Vorbefunde 2001 bzw. 2002 erhoben. An diesen
Befunden, und nicht an etwaig später erhobenen Befunden hat sich daher das Gericht
zu orientieren. Die Einholung eines Befundberichts von dem den Kläger derzeit
behandelnden Psychologen ist deshalb nicht erforderlich gewesen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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