Urteil des SozG Düsseldorf vom 08.05.2007

SozG Düsseldorf: wiedereinsetzung in den vorigen stand, klagefrist, verschulden, verfügung, anforderung, beteiligter, gewalt, datum, rechtskraft

Sozialgericht Düsseldorf, S 29 AS 353/06
Datum:
08.05.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
29. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 29 AS 353/06
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der
Klagefrist gewährt.
Gründe:
1
Dem am 13.04.2007 bei Gericht eingegangenen Wiedereinsetzungsantrag war
stattzugeben. Gemäß § 67 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist demjenigen, der ohne
Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines
Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; die Tatsachen zur Begründung des
Antrags sollen glaubhaft gemacht werden; innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte
Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch
ohne Antrag gewährt werden (Abs. 2). Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten
Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge
höherer Gewalt unmöglich war (Abs. 3). Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet
das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat (Abs. 4). Hiernach
war Wiedereinsetzung zu gewähren, weil die Voraussetzungen vorliegen. Der Kläger
hat die Klagefrist gegen die Bescheide vom 26.10.2005 und vom 20.01.2006 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2006 versäumt. Er hat jedoch mit der
am 13.04.2007 innerhalb der Monatsfrist nach Wegfall des Hindernisses (durch den
Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss vom 28.03.2007) Klage erhoben, also die
versäumte Rechtshandlung nachgeholt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch im
Übrigen zulässig. Der Kläger war ohne Verschulden daran gehindert, die Klagefrist
einzuhalten. Ein Beteiligter handelt nach ständiger sozialgerichtlicher Rechtsprechung
nicht schuldhaft, wenn er vor Ablauf der Rechtsbehelfs-, insbesondere der Klagefrist, nur
Antrag auf Prozesskostenhilfe stellt, nicht aber bereits den Rechtsbehelf, insbesondere
die Klage, einreicht, auch wenn über den PKH-Antrag nicht innerhalb der Frist
entschieden werden kann. Erforderlich ist aber, dass er einen entscheidungsreifen PKH-
Antrag einreicht und sich nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen als "arm" im Sinne
des Rechts der Prozesskostenhilfe ansehen darf. Die Erfolgsaussichten des
Rechtsbehelfs muss er nicht abschätzen. Vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.
Aufl., 2005, § 67 Rn. 7b m. w. N. aus der sozialgerichtlichen Rechtsprechung; sowie die
vom Kläger angeführten Entscheidungen: Bayerisches Landessozialgericht (BayLSG),
2
Urteil vom 20.11.2002 – L 18 U 172/02 -; Thür. LSG, Urteil vom 22.05.2003 – L 3 AL
922/02 -. Die vom Gericht in der Verfügung vom 28.12.2006 vertretene
Rechtsauffassung wird nach näherer Befassung mit der Rechtsprechung zu § 67 SGG
aufgegeben. Der Kläger hat innerhalb der Klagefrist ein aus seiner Sicht
entscheidungsreifes PKH-Gesuch zur Entscheidung des Gerichts gestellt und somit
nach den dargestellten Maßstäben ohne Verschulden die Klagefrist versäumt. Dass er
zunächst eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
vorgelegt hat, die nicht vollständig ausgefüllt war, und erst auf Anforderung des Gerichts
die am 16.03.2007 eingegangene vollständige PKH-Erklärung eingereicht hat, geht
nicht zu seinen Lasten. Er durfte sich auf die Richtigkeit des in diesem von der
Justizverwaltung zur Verfügung gestellten Formular enthaltenen Hinweises verlassen,
wonach bei Vorlage eines Bewilligungsbescheides über Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für
Arbeitssuchende – (SGB II) die Ziffern E. – J. entbehrlich sind. Er hat auch den
Bewilligungsbescheid vom 27.07.2006 für die Zeit von August bis Dezember 2006
vorgelegt. Aus der PKH-Erklärung ergaben sich im Übrigen keine Zweifel an den
wirtschaftlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.