Urteil des SozG Düsseldorf vom 09.08.2007

SozG Düsseldorf: rente, berufserfahrung, berufsunfähigkeit, arbeiter, gerichtsakte, berufsausbildung, arbeitsamt, beschränkung, befund, arbeitsmarkt

Sozialgericht Düsseldorf, S 26 R 266/06
Datum:
09.08.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
26. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 26 R 266/06
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 4 R 266/06
Sachgebiet:
Rentenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die
Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
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Der Kläger ist am 00.00.1959 geboren. Er hat 1974 bis 1976 eine Fleischerlehre
gemacht, ohne einen Abschluss erworben zu haben. Danach war er als Arbeiter bzw.
als Helfer bei verschiedenen Arbeitgebern tätig. 1988 machte er eine vom Arbeitsamt
geförderte Ausbildung zum Kraftfahrer, die sechs Monate dauerte (bei der E1), nach
deren Ende er Führerschein Klasse 3 erwarb und Kenntnisse in Lagertechnik. Als
Kraftfahrer arbeitete er dann bis 1993 bei einer Spedition, für die er auch die
Führerschein Klasse 2 erwarb. Danach war er wieder in anderen Tätigkeiten
beschäftigt. Zuletzt vor Rentenantragstellung war der Kläger seit 1999 wieder als
Kraftfahrer (LKW-Fahrer) bei einem Betrieb bis 2004 tätig. Nach der vom Gericht
eingeholten Arbeitgeberauskunft (Blatt 34 ff der Gerichtsakte) wurde er nach
Lohngruppe 3 des Tarifvertrages für das Güterverkehrsgewerbe bezahlt und verrichtete
entsprechende auch mittelschwere Arbeiten (LKW fahren, Be- und Entladen), die
Führerschein und Berufserfahrung voraussetzten. Ab dem 15.09.2004 wurde der Kläger
arbeitsunfähig krank geschrieben. Das Arbeitsverhältnis wurde inzwischen beendet.
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Seit Februar 2007 übt der Kläger jetzt wieder eine Tätigkeit aus, als Briefbote bei U,
sechs Stunden täglich.
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Am 12.01.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen
Erwerbsminderung. Ärztliche Berichte wurden zur Verwaltungsakte gereicht bzw.
eingeholt. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht einer Rehabilitationsklinik bei vom
Oktober 2004 und veranlasste die Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens
durch B1. Dieser Gutachter hielt den Kläger noch für in der Lage, alle leichten bis
mittelschweren Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten zu können, dies
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auch sechs Stunden und mehr täglich. Der Kläger könne allerdings nicht mehr als
Kraftfahrer arbeiten. Die Beklagte holte noch eine Auskunft des Arbeitgebers ein,
wonach zur Berufsausübung nur der Führerschein erforderlich gewesen sei (Blatt 18 der
Rentenakte).
Mit Bescheid vom 10.04.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Zur
Begründung nahm sie Bezug auf die ärztlichen Feststellungen. Der Kläger sei danach
noch in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs
Stunden täglich zu verrichten, und damit weder berufsunfähig noch voll oder teilweise
erwerbsgemindert.
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Dagegen legte der Kläger am 19.04.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung gab er an,
die Beklagte verkenne den Gesundheitszustand. Die Beklagte veranlasste daraufhin die
Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens durch T. Dieser hielt den Kläger auch noch
für in der Lage sechs Stunden und mehr täglich tätig zu sein. Generell könnten leichte
bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden pro Tag ausgeübt werden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2006 (abgesandt am 13.09.2006 und nach
mißglückter Zustellung erneut abgesandt am 25.09.2006) wies die Beklagte den
Widerspruch zurück. Sie begründete dies damit, dass der Kläger nach ihren ärztlichen
Feststellungen weder als berufsunfähig noch als voll oder teilweise erwerbsgemindert
anzusehen sei. Der Kläger könne als angelernter Kraftfahrer noch auf die ihm
zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.
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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am Montag, den 16.10.2006 beim
Versicherungsamt Klage zum Sozialgericht Düsseldorf eingereicht.
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Er begründet die Klage damit, dass die Beklagte seinen Gesundheitszustand verkenne
und sein Leistungsvermögen falsch beurteile. Er sei nicht mehr in der Lage, im
bisherigen Beruf oder in zumutbaren Verweisungsberufen tätig zu sein. Außerdem sei
er, auch aufgrund seiner Berufserfahrung, als einem Facharbeiter gleichzustellender
Berufskraftfahrer anzusehen, und jedenfalls deshalb berufsunfähig. Entsprechende
Leistungsunfähigkeit auch in etwaigen Verweisungsberufen wäre erforderlichenfalls
durch ein weiteres orthopädisches Gutachten zu bestätigen. Das Begehren bezüglich
Rente wegen voller Erwerbsminderung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung
nicht mehr aufrechterhalten.
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Der Kläger beantragt unter Beschränkung des bisherigen Vorbringens,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.04.2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.09.2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI auf der Grundlage eines
Versicherungsfalls vom 12.01.2006 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu
gewähren, hilfsweise zuvor noch ein orthopädisches Gutachten einzuholen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, ein Versicherungsfall auch nur der Berufsunfähigkeit
bzw. der teilweisen Erwerbsminderung sei nicht eingetreten. Sie nimmt Bezug auf den
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Inhalt der angefochtenen Bescheide. Die bisherigen Gutachten bestätigten ihre
Auffassung. Es stehe im Ermessen des Gerichts, erforderlichenfalls ein neues
orthopädisches Gutachten einzuholen.
Das Gericht hat Auskünfte von dem letzten Arbeitgeber eingeholt und Befundberichte
der behandelnden Ärzte beigezogen. Der Orthopäde I1 berichtet, von Seiten seines
Fachgebietes seien leichte Tätigkeiten z. B. als Pförtner in wechselnder Körperhaltung
bis sechs Stunden möglich. Gleiches berichtet der Orthopäde B2 (Bl. 21, 39 der
Gerichtsakte). Die Internistin I2 sieht von Seiten ihres Fachgebietes keine wesentlichen
Einschränkungen (Bl. 22 der Gerichtsakte). Der Nervenarzt E2 berichtet über eine
mittelgradige depressive Episode und anderes; die Behandlung sei allerdings zuletzt im
Oktober 2005 erfolgt. Damals sei eine leichte, z. B. eine Pförtnertätigkeit bis sechs
Stunden möglich gewesen (Bl. 29 f der Gerichtsakte).
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Sodann hat das Gericht durch Einholung eines medizinischen
Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, welche Erkrankungen im
Einzelnen bei dem Kläger vorliegen und wie diese sich auf die Leistungsfähigkeit
auswirken. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie C kommt zur Beurteilung, bei dem
Kläger lägen im Einzelnen folgende Diagnosen vor:
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1.Situationsängste 2.Wirbelsäulensyndrom 3.Hypertonie, Hypercholesterinämie.
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Wesentliche Erkrankungen darüberhinaus lägen nicht vor. Der Kläger habe zwar auf
Gelenkveränderungen an Händen und Füßen hingewiesen und orthopädischerseits
liege eine Fußfehlform vor. Von größerer funktioneller Bedeutung sei dieser Befund
allerdings nicht, auch die Heberden-Arthrose im Bereich des rechten
Zeigefingerendgelenkes sei funktionell geringfügig. Auch in den neurologischen
Untersuchungen habe sich in allen objektivierbaren Anteilen ein regelrechter Befund
ergeben. Er sehe keine Notwendigkeit für ein orthopädisches Zusatzgutachten.
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Mit den vorhandenen Befunden könne der Kläger noch vollschichtig bzw. sechs
Stunden und mehr täglich eine körperlich leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeit in
wechselnder Körperhaltung verrichten, ohne ungünstige Bedingungen wie
Zwangshaltungen und ohne besonderen Zeitdruck. Eine wesentliche Einschränkung
des geistigen Leistungsvermögens bestehe nicht. Das Umstellungsvermögen sei
genügend. Eine psychische Fehlhaltung liege nicht vor. In Betracht käme auch noch
eine Tätigkeit als Pförtner oder Sortierer und Montierer von Kleinteilen, dies
vollschichtig. Die derzeitige Tätigkeit als Briefbote bei U im Umfang von sechs Stunden
täglich seit ca. Februar 2007 werde nicht auf Kosten der Gesundheit ausgeübt. Der
Kläger könne auch noch Wegstrecken zu Fuß ohne Einschänkungen täglich
zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen und grundsätzlich auch einen Pkw
als Fahrer. Die abgegebene Beurteilung gelte auch seit Januar 2006 und ca. drei
Monate zuvor.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den
Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den
Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zwar zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Der
Widerspruchsbescheid datiert zwar schon vom 12.09.2006, konnte dem Kläger aber
nicht sofort zugestellt werden. Er wurde nach einem mißglückten Zustellungsversuch
erneut abgesandt am 25.09.2006 (Blatt 64 der Rentenakte) und ging erst aufgrund
dieses Zustellungsversuches dem Kläger zu. Der Widerspruchsbescheid gilt daher nach
§ 37 SGB X ausgehend von der erfolgreichen Absendung am 25.09.2006 fiktiv erst am
28.09.2006 zu; die Klagefrist lief damit bis zum Ablauf des 28.10.2006. Bereits zuvor hat
der Kläger aber schon am 17.10.2006 fristwahrend beim Versicherungsamt (§ 91 SGG)
die Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
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Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte der
Beklagten, nämlich der Bescheid vom 10.04.2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 12.09.2006, sind nicht rechtswidrig und beschweren den
Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die
Beklagte mit diesen Bescheiden zu Recht die Gewährung der begehrten Rente wegen
teilweiser Erwerbsminderung abgelehnt hat. Der dahingehenden begehrten
Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG) war damit nicht zu entsprechen. Es war
auch nicht auf Antrag des Klägers noch ein orthopädisches Gutachten einzuholen, da
angesichts der derzeit ausgeübten Tätigkeit als Briefbote und der Beschränkung des
Klageantrages auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
sich nur die Frage der Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 SGB VI stellte, die aber im
Ergebnis mangels Berufsschutzes schon zu verneinen war, sodass etwaige qualitative
Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet für etwaige Verweisungstätigkeiten
für Berufskraftfahrer hier nicht relevant sind.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Wegen des Wortlautes
dieser Vorschrift wird gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug genommen auf den Inhalt des
angefochtenen Bescheides vom 10.04.2006. Dort hat die Beklagte den Wortlaut dieser
Vorschrift bereits wiedergegeben.
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Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzung dieser Vorschrift. Er ist nicht als berufsunfähig
anzusehen, weil er noch vollschichtig, und damit auch mindestens sechs Stunden
täglich, eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung
verrichten kann, ohne dass auch wesentliche Einschänkungen des geistigen
Leistungsvermögens vorlägen. Damit könnte er eine Tätigkeit als Pförtner oder als
Sortierer und Montierer von kleinen Teilen verrichten und generell Tätigkeiten des
allgemeinen Arbeitsmarktes unter betriebsüblichen Bedingungen noch sechs Stunden
täglich verrichten, worauf er als angelernter Arbeiter verweisbar ist.
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Was das allgemeine Leistungsvermögen des Klägers angeht, so ist die Kammer davon
überzeugt, dass der Kläger seit Rentenantragstellung eine leichte Tätigkeit in
wechselnder Körperhaltung verrichten kann, so wie das im Einzelnen in den Gutachten,
insbesondere in dem von C, beschrieben ist. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die
im Gutachten von C beschriebenen Diagnosen vorliegen und nicht wesentlich
weitergehende Einschänkungen und Erkrankungen vorliegen als bereits in diesem
Gutachten beschrieben. Diese Beurteilung stimmt zudem im wesentlichen auch überein
mit den Vorgutachten von T und B1; sie steht sogar in Übereinstimmung mit der
Meinung der behandelnden Ärzte. Auch die Orthopäden I1 und B2 haben den Kläger in
gleicher Weise für einsatzfähig gehalten in ihren Berichten. Der Internist L verneint auch
von Seiten seines Fachgebietes eine wesentliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit
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und auch der Nervenarzt E2 hat bezüglich seiner Behandlung bis Oktober 2005 keine
wesentlich andere Beurteilung gesehen als C.
Außerdem spricht für das Bestehen eines sechsstündigen Leistungsvermögens und des
entsprechenden Leistungsprofils, wie von C beschrieben, auch die von dem Kläger seit
Februar 2007 ausgeübte Tätigkeit als Briefbote bei U, die er nicht unter sechs Stunden,
sondern auch sechs Stunden täglich ausübt. Das Bundessozialgericht hat auch bereits
entscheiden, dass die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit in der Regel einen
höheren Beweiswert hat als selbst scheinbar dies ausschließende Befunde (vgl. BSG
Soz.R 2200 § 1247 RVO Nr. 12 und BSGE 47, 57 ff). Es gibt auch keinerlei
substantiierte Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger diese jetzt schon seit ca. sechs
Monaten ausgeübte Tätigkeit nur auf Kosten der Gesundheit verrichten würde.
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Nach alledem war auch unter Berücksichtigung der Berichte der behandelnden Ärzte
hier die Einholung eines weiteren Gutachtens, und zwar eines orthopädischen
Gutachtens, entbehrlich, zumal gravierende pathologische Befunde auf orthopädischem
Fachgebiet nicht vorliegen sondern vielmehr primär degenerative Veränderungen
insbesondere der Wirbelsäule bzw. des Bewegungsapparates.
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Mit dem wie oben beschriebenen vollschichtigen bzw. damit auch mindestens
sechsstündigen Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten
bei wechselnder Körperhaltung und Vermeidung lediglich von Zwangshaltungen und
besonderem Zeitdruck ist der Kläger aber nicht berufsunfähig. Denn allein auf die
Leistungsunfähigkeit des Klägers in Bezug auf die von ihm vor Rentenantragstellung
verrichtete Tätigkeit als Kraftfahrer kommt es bei der Prüfung von Berufsunfähigkeit nach
§ 240 SGB VI nicht an. Der Kläger kann nämlich nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden,
beispielsweise auf Tätigkeiten als Pförtner oder Sortierer und Montierer von Kleinteilen,
ohne dass es überhaupt der Benennung weiterer Verweisungstätigkeiten bedürfte.
Diese Verweisbarkeit des Klägers auch bei Leistungsunfähigkeit als Kraftfahrer ergibt
sich nämlich aus dem von dem Bundessozialgericht entwickelten Stufenschema.
Danach gibt es die Angestellten bzw. Arbeiter ohne reguläre Ausbildung bzw. mit nur
Anlernung, die Angestellten oder Arbeiter mit abgeschossener Berufsausbildung bis zu
2 Jahren, die Arbeiter oder Angestellten mit einer Ausbildungsdauer von über 2 Jahren
und entsprechendem Berufsabschluss (Facharbeiter) und dann noch die besondere
Gruppe derjenigen Angestellten oder Arbeiter, die Leitungsfunktionen inne haben und
im Bereich der Beitragsvermessungsgrenze arbeiten. Zu beachten ist dabei, dass sich
der Berufsschutz, also die Berufsstufe, grundsätzlich in aller Regel nach Intensität und
Dauer der erforderlichen Ausbildung für eine zuletzt vor Rentenantragstellung
ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit richtet und nur indiziell nach tariflicher
Einstufung oder Entlohnung (vgl. Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom
24.01.1994 in: Amtliche Mitteilungen der LVA Rheinprovinz 1994, 313 ff, 316). Dabei
müssen sich Versicherte einer Stufe nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts auf die gleiche oder auf die nächst untere Berufsstufe verweisen
lassen. Hier ist der Kläger nach seiner Berufsbiografie nicht einem Angestellten oder
Arbeiter mit einer Ausbildungsdauer von mehr als 2 Jahren gleichzusetzen, sondern als
Angelernter bzw. allenfalls als bis 2 Jahre Gelernter anzusehen. Zwar hat der Kläger
eine Fleischerlehre gemacht, jedoch ohne einen Abschluss erworben zu haben. Später
war er als Helfer bei verschiedenen Arbeitgebern tätig. 1988 machte er zwar eine vom
Arbeitsamt geförderte Ausbildung im Kraftfahrerbereich, die aber bei der E1 nur sechs
Monate dauerte. Dabei hatte der Kläger zwar die Führerscheinklasse 3 erworben, die
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zum Führen von Personenkraftwagen berechtigt, und später bei einer Spedition auch
die Führerscheinklasse 2 erworben (Lkw-Führerschein). Es kann jedoch nicht davon
ausgegangen werden, dass der Kläger damit gleichwertig wie ein heutiger
Berufskraftfahrer (mit entsprechender Ausbildung von 3 Jahren) seine letzte Tätigkeit vor
Rentenantragstellung ausübte, denn nach der Arbeitgeberauskunft, auch nach der in der
Verwaltungsakte der Beklagten, war zur Ausübung dieser Tätigkeit letztlich nur der
entsprechende Führerschein und die Berufserfahrung erforderlich; auch die tarifliche
Einstufung des Klägers dort spricht indiziell nicht für die Beschäftigung wie ein gelernter
Berufskraftfahrer mit in der Regel dreijähriger Ausbildung. Denn der Kläger war nur in
die Lohngruppe III eingestuft. Diese beinhaltet: "Tätigkeiten, die ein fachliches Können
(Kenntnis und Fertigkeiten) erfordern, das durch eine erfolgreich abgeschlossene
einschlägige Berufsausbildung erworben wird. Die erforderlichen fachlichen Kenntnisse
und Fertigkeiten können auch durch eine längere einschlägige Berufserfahrung
erworben worden sein. Beispiele: Kraftfahrer, Lagerfacharbeiter, Möbelpacker,
Handwerker ..." Nicht eingestuft war der Kläger in die höhere Lohngruppe IV. Diese
wäre aber die eigentliche Berufsgruppe für Kraftfahrer gewesen. Denn diese beinhaltet
auszugsweise: " Tätigkeiten, die ein erweitertes fachliches Können (Kenntnisse und
Fähigkeiten) erfordern, das durch eine erfolgreich abgeschlossene Berufsausbildung in
einem anerkannten einschlägigen Ausbildungsberuf und durch eine anschließende
zweijährige Berufserfahrung erworben wird. Die erforderlichen fachlichen Kenntnisse
und Fähigkeiten können auch durch langjährige einschlägige Berufserfahrung erworben
worden sein. Voraussetzung für die Eingruppierung in diese Lohngruppe ist, dass
qualifizierte Tätigkeiten im Sinne dieser Lohngruppe verrichtet werden. Beispiele: a)
Kraftfahrer - mit erfolgreicher abgeschlossener zweijähriger Ausbildung als
Berufskraftfahrer ...mit anschließender zweijähriger Fahrpraxis (Führerscheinklasse 2),
des weiteren Kraftfahrer - nach vierjähriger einschlägiger Fahrpraxis
(Führerscheinklasse 2) eine staatlich anerkannte Prüfung als Berufskraftfahrer
erfolgreich bestanden haben, des weiteren Kraftfahrer - ohne abgeschlossene
Ausbildung oder Prüfung als Berufskraftfahrer, die nach achtjähriger einschlägiger
Fahrpraxis (Führerscheinklasse 2) über gleichwertige Kenntnisse und Fertigkeiten
verfügen ...". In dieser Lohngruppe IVwar der Kläger nicht eingestuft, auch nicht
aufgrund der letzten Alternative der Definition, denn die konkret beim letzten Arbeitgeber
vor Rentenantragstellung ausgeübte Tätigkeit setzte nicht alle Kenntnisse eines
Berufskraftfahrers voraus, sondern vielmehr nur den Führerschein und eine gewisse
Berufserfahrung, so die Arbeitgeberauskunft (Bl. 34 ff der Gerichtsakte) und die Auskunft
in der Verwaltungsakte (Bl. 17, 18 der Rentenakte). Der Kläger ist nach alldem hier nicht
einem vollwertigen Berufskraftfahrer gleichzustellen und damit kein Facharbeiter und ist
somit auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, beispielsweise auf die
gehobenen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie Pförtner, wofür ein
ausreichendes Leistungsvermögen bestünde auch nach den eingeholten
Befundberichten.
Die Kammer kann zwar die Argumentation des Klägers bzw. des Bevollmächtigten
ansatzweise nachvollziehen, weshalb noch die Gewährung von Prozesskostenhilfe
erfolgte; im Ergebnis hatte das Vorbringen des Klägers bezüglich einer
Berufsunfähigkeit aber keinen Erfolg.
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Im übrigen ist auch die Situation des Arbeitsmarktes unerheblich, und das Risiko der
Vermittelbarkeit des Klägers in andere Berufen als in den jetzt von ihm ausgeübten
Beruf bei U fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
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