Urteil des SozG Düsseldorf vom 25.07.2006
SozG Düsseldorf: eheähnliche gemeinschaft, feststellungsklage, post, ermessen, blanko, abgabe, rücknahme, verfügung, rechtskraft, niedersachsen
Sozialgericht Düsseldorf, S 29 AS 160/05
Datum:
25.07.2006
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
29. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 29 AS 160/05
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
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Der Antrag der Klägerin vom 02.05.2006,
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der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
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hat keinen Erfolg.
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Gemäß § 193 Abs. 1, 2. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht
auf Antrag durch Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten
einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil
beendet wird. Das Gericht entscheidet über die Kosten nach sachgemäßem
richterlichen Ermessen, wobei in erster Linie der vermutliche Verfahrensausgang
maßgebend ist. In der Regel ist es billig, dass der Unterlegene die Kosten trägt.
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Vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 17, 124 (128); SozR Nr. 4 zu § 193;
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteil vom
15.09.1999
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- L 6 B 24/99 SB -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 193 Rn. 12 f.
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Das Gericht muss jedoch alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es kann
insbesondere darauf abstellen, welcher Beteiligte Anlass für die Klageerhebung
gegeben hat.
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Vgl. LSG NRW, a. a. O.; Beschlüsse vom 30.11.2004 - L 16 B 152/04 KR ER - und - L 16
B 99/04 KR ER -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 11.03.2003 - L 13 B
34/02 SB - und vom 26.05.2003 - L 13 B 13/03 SB -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.
a. O., Rn. 12 b.
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Nachdem die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab Antragstellung Leistungen nach
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dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in voller Höhe einschließlich des
Mietanteils gewährt hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 02.05.2006
für erledigt erklärt. Die Beklagte hat die Hauptsache schon mit Schriftsatz vom
27.04.2006 für erledigt erklärt. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Klägerin ihre
außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die am 30.11.2005 bei Gericht eingegangene
Klage hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt. Dem steht die rückwirkende
Leistungsbewilligung durch die Beklagte nicht entgegen, da es sich dabei um einen
anderen Streitgegenstand handelt. Diese Klage war nach aktueller Einschätzung des
Gerichts bereits unzulässig. Mit der Klage hat die Klägerin - anders als im einstweiligen
Anordnungsverfahren gleichen Rubrums mit dem Aktenzeichen S 00 AS 000/00 ER,
das am selben Tag einging - nicht die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II
begehrt. Vielmehr ging es ihr nach den in der Klageschrift angekündigten Anträgen um
die Feststellung, 1.dass die Beklagte verpflichtet ist, Anträge der Klägerin
entgegenzunehmen, sowie 2.dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, ihre ursprünglichen
Angaben zu korrigieren. Unabhängig von der durch die Beklagte aufgeworfenen Frage,
ob diese Anträge hinreichend bestimmt sind und ob es sich um hinreichend konkrete
feststellungsfähige Rechtsverhältnisse handelt, so fehlte es jedenfalls am für die
Feststellungsklage erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse bzw. schon am
allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Der Klägerin stand für die Verfolgung ihres
Begehrens ein einfacherer Weg zur Verfügung. Sie hätte den Antrag auf Leistungen
nach dem SGB II in der von ihr gewählten Form (ohne Aufnahme von Herrn I als
eheähnlichen Partner sowie ohne Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen) einfach bei der Beklagten einreichen können. Wenn dort von einem
Sachbearbeiter die Annahme dieses Antrags "verweigert" worden sein soll, so hätte sie
ihrerseits die Rücknahme dieses Antrags und die Mitnahme eines neuen Blanko-
Antrags verweigern können. Den von ihr nach ihrer besten Überzeugung ausgefüllten
Antrag hätte sie weiterhin an der Poststelle der Beklagten (oder einer ähnlichen zur
persönlichen Abgabe von Post oder Unterlagen bestimmten Stelle) abgeben oder in den
allgemeinen Hausbriefkasten der Beklagten werfen können. Ebenfalls stand ihr die
Übersendung des Antrags per Post oder (gegebenenfalls mit Hilfe ihrer
Prozessbevollmächtigten) per Telefax offen. In einem solchen Fall wäre die Frage, ob
die Beklagte ihre Anträge körperlich entgegennimmt, geklärt gewesen, da diese auf
jeden Fall bei der Beklagten eingegangen wären. Gleiches gilt für die Frage, ob die
Klägerin dazu verpflichtet ist oder war, ihre ursprünglichen Angaben betreffend einer
eheähnlichen Gemeinschaft zu korrigieren. Hätte sie den Antrag in der ursprünglichen
Gestalt wie vorstehend beschrieben eingereicht, hätte sie ihre Angaben so gemacht, wie
von ihr selbst gewünscht. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es der erhobenen
Klage nicht bedurfte. Die Frage, ob die Beklagte einen so eingereichten Antrag zeitnah
bearbeitet oder gar positiv beschieden hätte, ist nach dem von der Klägerin bestimmten
Streitgegenstand hier nicht von Belang. Die Ablehnung der Kostenerstattung ist auch
nicht unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Veranlassung der Klageerhebung
unbillig. Es mag sein, dass die Beklagte durch ihr Verhalten Anlass zur Einlegung von
Rechtsbehelfen beim Sozialgericht gegeben hat, weil sie zunächst in Bezug auf eine
mögliche eheähnliche Gemeinschaft Leistungen verweigerte. Veranlasst hat sie
insofern - möglicherweise - aber nur einen Rechtsbehelf, der auf die Bewilligung von
Leistungen gerichtet war, nicht jedoch diese Feststellungsklage.