Urteil des SozG Düsseldorf vom 09.05.2007

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Sozialgericht Düsseldorf, S 45 (23,44) AS 326/05
Datum:
09.05.2007
Gericht:
Sozialgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
45. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 45 (23,44) AS 326/05
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht
erstattet.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob Tilgungsraten für eine selbst genutzte Immobilie bei
den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu berücksichtigen
sind.
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Die im Jahre 1947 geborene Klägerin zu 1) sowie der ebenfalls im Jahre 1947 geborene
Kläger zu 2) sind miteinander verheiratet und bewohnen gemeinsam eine Wohnung mit
einer Größe von etwa 57 qm eines Hauses in L, dessen Miteigentümer sie seit 1984 je
zu 1/4 sind. Der Kläger zu 2) bezieht seit dem 01. April 2007 eine Altersrente in Höhe
von 1.402,00 Euro brutto. Die Klägerin zu 1) bezog in hier maßgeblichen Zeitraum vom
01. Mai bis einschließlich Oktober 2005 ein monatliches Erwerbseinkommen von
397,50 Euro (netto = brutto); sie beabsichtigt, zum 01. September 2007 ebenfalls in
Rente zu gehen.
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In dem hier streitigen Zeitraum Mai bis einschließlich Oktober 2005 bestand die
Verpflichtung der Kläger, noch einen laufenden Kredit über 20.000,00 Euro, mit dem ihr
Hausanteil mit finanziert wurde, bei der Deutschen Bank abzutragen; die monatliche
Tilgungsrate belief sich dabei nach dem Vortrag der Kläger in dem o.a. Zeitraum auf
durchschnittlich etwa 280,00 Euro; mit Wirkung zum 15. September 2005 wurde diese
Tilgungsrate auf 120,89 Euro reduziert.
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Die Kläger beziehen seit dem 01. Januar 2005 von der Beklagten Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitssuchende (Arbeitslosengeld II) nach dem SGB II. Mit
Bescheid vom 17. Mai 2005 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom
01. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 Arbeitslosengeld II für die Klägerin zu 1) für den
Zeitraum Mai 2005 in Höhe von monatlich 299,51 Euro (von der monatlichen
Regelleistung in Höhe von 311,00 Euro wurden 138,26 Euro als Einkommen abgesetzt,
so dass ein Bedarf von 172,74 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe
von 126,77 Euro zu Grunde gelegt wurden), und für den Zeitraum vom 01. Juni 2005 bis
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zum 31. Oktober 2005 in Höhe von monatlich 301,18 Euro (von der Regelleistung in
Höhe von 311,00 Euro wurden 136,59 Euro als Einkommen abgesetzt, so dass ein
Bedarf von 174,41 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 126,77
Euro zu Grunde gelegt wurden). Für den Kläger zu 2) bewilligte die Beklagte für den
Zeitraum Mai 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von
monatlich 325,50 Euro (von der monatlichen Regelleistung in Höhe von 311,00 Euro
wurden 150,25 Euro als Einkommen abgesetzt, so dass unter Berücksichtigung eines
Mehrbedarfes für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 38,00 Euro ein Bedarf von
198,75 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 126,75 Euro zu
Grunde gelegt wurden), und für den Zeitraum 1. Juni 2005 bis zum 31. Oktober 2005 in
Höhe von monatlich 327,31 Euro (von der Regelleistung in Höhe von 311,00 Euro
wurden 148,44 Euro als Einkommen abgesetzt, so dass unter weiterer Berücksichtigung
des o.a. Mehrbedarfes von 38,00 Euro ein Bedarf von 200,56 Euro sowie Kosten für
Unterkunft und Heizung in Höhe von 126,75 Euro zu Grunde gelegt wurden).
Den gegen die Festsetzung der Höhe der Kosten der Unterkunft gerichteten
Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August
2005 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die berücksichtigten Unterkunftskosten
ergäben sich mit einem Teilbetrag von 110,21 Euro aus dem gemittelten Wert der laut
Kontostandsmitteilung zum 31. Dezember 2004 im Jahr 2004 erbrachten Zinszahlungen
(1322,50 Euro: 12 Monate). Die Berücksichtigung auch der Tilgungsleistungen kämen
nicht in Betracht, da es sich hierbei letztlich um Zahlungen zur Vermögensbildung
handele. Wegen der Bemessung der Nebenkosten sei auf die entsprechende
Abrechnung vom 21. März 2005 zurück gegriffen worden. Hieraus würden sich
monatliche Kosten in Höhe von 89,18 Euro ergeben (1.070,20 Euro: 12 Monate). Die
Heizkosten seien ebenfalls auf der Grundlage der Abrechnung vom 21. März 2005
ermittelt worden.
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Hiergegen haben die Kläger am 15. September 2005 Klage erhoben.
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Die Kläger sind der Ansicht, die von ihnen zu erbringenden Tilgungsleistungen für die
Abzahlung der von ihnen bewohnte Immobilie seien von der Beklagten als Kosten der
Unterkunft zu berücksichtigen.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Mai 2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 18. August 2005 zu verurteilen, höhere Unterkunftskosten
zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, die Berücksichtigung der Tilgungskosten widerspreche
dem gesetzgeberischem Willen des SGB II, wonach die Leistungen der Grundsicherung
nach § 1 SGB II den unabweisbaren Bedarf abdecken und nicht der Vermögens- bzw.
Eigentumsbildung dienen sollen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 17. Mai 2005
in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2005 ist rechtmäßig, § 54
Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Den Klägern stehen für den Zeitraum 01. Mai 2005
bis zum 31. Oktober 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem SGB II nicht zu.
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Nach §§ 19 Satz 1 Nr. 1, 20 ff. SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als
Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherheit des Lebensunterhaltes einschließlich der
angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1
SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den
Lebensunterhalt der mit ihm in einer Hausgemeinschaft lebenden Personen nicht oder
nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme
einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder
Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere
von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
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Danach hat die Beklagte den Klägern in dem hier streitigen Zeitraum zu Recht nur
Leistungen als Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II in der in dem angefochtenen
Bescheid festgesetzten Höhe bewilligt.
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Insbesondere hat die Beklagte die Höhe der im Rahmen der Kosten der Unterkunft zu
berücksichtigenden Nebenkosten (Zinsen, Heizung und sonstige Nebenkosten)
ordnungsgemäß berechnet. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem
Widerspruchsbescheid vom 18. August 2005 verwiesen, denen sich das Gericht nach
eigener Prüfung - auch unter Berücksichtigung der in der Verwaltungsakte enthaltenen
Unterlagen zur Nebenkostenabrechnung vom 21. März 2005 Bl. I 15 und der
Kontostandsmitteilung der Deutschen Bank zum 31. Dezember 2004 Bl. I 13 -
ausdrücklich anschließt (§ 136 Absatz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
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Hierbei haben die Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung höheren, als nicht
rückzahlbare Beihilfe zu gewährenden Arbeitslosengeldes II unter Berücksichtigung der
ihnen entstehenden Tilgungskosten für die Abzahlung ihres Miteigentumanteiles der
von ihnen bewohnten Immobilie. Die tatsächlichen Aufwendungen für die Kosten der
Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II schließen nämlich nicht die
Tilgungsraten für Darlehen ein, die für den Kauf von Wohneigentum aufgenommen
worden sind. Nach Sinn und Zweck der Grundsicherung für Arbeitssuchende sind
Tilgungsleistungen nämlich nicht zu berücksichtigen (so die herrschende Meinung in
der Rechtssprechung, vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 07. November 2006, Az. B 7
B AS 8/06 ER, Landessozialgericht NRW, Urteil vom 16. Oktober 2006, Az. L 20 AS
39/06, Landessozilagericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Januar 2007, Az. L
5 B 778/06 AS ER, Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 17. November
2006, Az. L 8 AS 3298/06, Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 21. April 2006,
Az. L 7 AS 1/05). Zur weiteren Begründung verweist das Gericht insoweit auf die
überzeugenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Urteils des
Landessozialgerichts des Landes NRW vom 16. Oktober 2006, Az. L 20 AS 39/06, das
den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung in Kopie überreicht worden ist. Den
dortigen Ausführungen schließt sich das Gericht ausdrücklich an.
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Ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass eventuell entstehende wirtschaftlich
nicht sinnvolle Härten durch eine darlehensweise Tilgungsübernahme aufgefangen
werden können, nämlich für die Zeit ab dem 01. April 2006 über § 22 Absatz 5 SGB II in
der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und
andere Gesetze vom 24. März 2006 (Bundesgesetzblatt I Seite 558) sowie für den vor
dem 01. April 2006 liegenden Zeitraum in Anwendung des § 34 Zwölftes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB XII), vgl. hierzu die Ausführungen des Bundessozialgerichts in
seinem Urteil vom 07. November 2006, Az. 7 B AS 8/06 ER, Juris Rd.-Nr. 36. Eine
darlehensweise Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ist hier jedoch nicht
Streitgegenstand; einen entsprechenden Antrag haben die Kläger nämlich ausdrücklich
nicht gestellt, auch nicht nach entsprechendem Hinweis und Nachfrage der
Kammervorsitzenden in der mündlichen Verhandlung.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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