Urteil des SozG Dresden vom 09.05.2005

SozG Dresden: ausbildung, erwerbsfähigkeit, beruf, leistungsfähigkeit, form, legasthenie, kopfschmerzen, ermessen, versicherungsträger, minderung

Sozialgericht Dresden
Urteil vom 09.05.2005 (rechtskräftig)
Sozialgericht Dresden S 19 RA 291/04
I. Der Bescheid vom 18.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2004 wird aufgehoben. II. Die
Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Ar-beitsleben in Form einer Ausbildung zum
Tauchlehrer in dem im Schreiben der Tauchschule E. (Behördenakte S. 117) genannten Umfang zu gewäh-ren. III. Die
Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer. Der am 1968 geborene
Kläger war von 1986 bis 1999 als Restaurantfachmann bei der Mitropa AG beschäftigt, zuletzt als Oberkellner. Am
31.03.1998 verletzte er sich bei der Arbeit am linken Knie. Die Kniescheibenluxation wurde operativ behandelt. Es
blieben belastungsabhängige Beschwerden im linken Kniegelenk mit zeitweisen Reizzuständen zurück. Der Kläger
leidet ferner seit der Kindheit an einer Linsentrübung am linken Auge. 1998 wurde eine künstliche Linse eingesetzt,
das räumliche Sehvermögen ist gestört. Am 30.05.2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen zur
beruflichen Rehabili-tation. Mit Bescheid vom 20.12.2001 stellte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Erlan-gung
eines Arbeitsplatzes als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation in Aussicht. In einem Reha-Beratungsgespräch
am 11.07.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er gerne eine Ausbildung zum Tauchlehrer als Maßnahme der
beruflichen Rehabilitation durchführen würde. Am 25.09.2002 legte er ein Schreiben der Tauchschule E. vom
05.09.2002 vor, in dem der Umfang der Tauchlehrerausbildung im Einzelnen dargestellt wird (Behörden-akte S. – BAS
– 47 ff). Mit Bescheid vom 18.12.2002 lehnte die Beklagte die Übernahme der anfallenden Kosten für eine Ausbildung
zum Tauchlehrer ab. Die Ausbildung zum Tauchlehrer sei keine staatlich anerkannte bzw. zugelassene Ausbildung.
Desweiteren würden an die Tätigkeit eines Tauchlehrers hohe körperliche und gesundheitliche Anforderungen gestellt.
Eine gesundheitliche Gefährdung sei auf Grund der vorgebrachten Einschränkungen nicht auszuschließen. Mit
Schreiben vom 10.01.2003, bei der Beklagten eingegangen am 13.01.2003, erhob der Kläger Widerspruch. Er fügte
Nachweise darüber bei, dass der Beruf des Tauchlehrers staat-lich anerkannt ist und dass der Kläger am 26.04.1995
von Dr. S. , FA für Sportmedizin, am 04.08.1997 sowie am 30.11.1999 von Dr. L. , Ärztin für Allgemein- und
Betriebsmedizin, und am 06.07.2001 von Dr. G. , Praktischer Arzt, nach den Grundsätzen einer sportärzt-lichen
Tauglichkeitsuntersuchung für den Unterwassersport untersucht und für tauglich für Unterwassersport mit und ohne
Gerät befunden wurde (BAS 70). Die Beklagte holte eine Auskunft des Arbeitsamtes Dresden vom 01.12.2003 ein.
Demnach sei eine Vermittlung als Tauchsportlehrer bei bundesweiter Flexibilität denkbar. Mit Widerspruchsbescheid
vom 26.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Ausbildung zum Tauchlehrer sei nach der
abschließenden Stellungnahme des leitenden Arztes nicht geeignet, die Erwerbsfähigkeit des Klägers wieder
herzustellen und die Teilhabe am Arbeitsleben auf Dauer zu sichern. Die Tätigkeit als Tauchlehrer sei mit einer
besonderen gesundheitlichen Beanspruchung verbunden. Der Kläger hat am 19.02.2004 Klage vor dem Sozialgericht
Dresden erhoben. Er trägt im We-sentlichen vor, er sei mit dem Arbeitsamt zu dem Schluss gekommen, dass die
Tätigkeit als Tauchlehrer für ihn geeignet sei. Er habe nachgewiesen, dass der Tauchlehrer ein staatlich anerkannter
Beruf sei. Seine gesundheitliche Eignung sei durch Atteste des Sport- und des Augenarztes nachgewiesen. Ein
Tauchlehrer absolviere täglich maximal zwei Tauchgänge à 30 min in Tiefen von 10 – 20 m. Unter Wasser würden die
Gelenke entlastet. Während der Tauchgänge könne ein Überdruck auf die Augen nicht entstehen, weil die Maske die
Nase überdecke und durch die Nase der Druckausgleich erfolge. Die Schwächung des räumlichen Sehens spiele beim
Tauchen keine Rolle. Er sei im Prinzip bereit, sich einer Arbeitserprobung und Arbeitsfindung zu unterziehen. Die
Beklagte habe ihm keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben angeboten, da sie keine geeignete Ausbildung
gefunden habe. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.12.2002 in der Fassung
des Wi-derspruchsbescheides vom 26.01.2004 zu verurteilen, die Restkosten der Ausbildung des Klägers zum
Tauchlehrer (Aufstellung der Tauchschule E. in der Behördenak-te S. 117) zu finanzieren. Die Beklagte beantragt, die
Klage abzuweisen. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, abgesehen von den Kniebeschwerden bestehe
eine Sehminderung des linken Auges mit 60 % Sehkraft und einer künstlichen Linse. Wegen der erhöhten
Druckverhältnisse bei Tauchgängen bestünden Bedenken wegen einer möglichen Eigen- und Fremdgefährdung. Der
Kläger müsse sich einer Arbeitserprobung unterziehen. Es gebe sogar für Blinde und Sehbehinderte
Ausbildungsmöglichkeiten. In der mündlichen Verhandlung am 27.09.2004 hat sich die Beklagte verpflichtet, dem
Kläger eine Arbeitserprobung zu ermöglichen und im Anschluss daran zu prüfen, welche Umschu-lung dem Kläger
vorgeschlagen werden könne. Daraufhin hat das Gericht auf Antrag der Be-teiligten das Ruhen des Verfahrens
angeordnet. Mit Schreiben vom 21.10.2004 hat die Beklagte dem Kläger eine Berufsfindung und Arbeits-erprobung
bewilligt. Das Berufsförderungswerk Dresden führte die Berufsfindung vom 01.11.2004 bis 12.11.2004 durch. Aus der
arbeitspsychologischen Stellungnahme des Berufs-förderungswerkes Dresden vom 09.12.2004 (BAS 120 ff) ergibt
sich, dass der Kläger Schwie-rigkeiten im Zusammenhang mit der Blendempfindlichkeit hatte und nach kurzer Zeit der
Bildschirmarbeit und bei künstlichem Licht sich mitunter massive Kopfschmerzen einstellten. Alternative
Berufsvorstellungen zu dem Wunschberuf des Tauchlehrers hätten sich nicht erru-ieren lassen. Die Regeln der
Rechtschreibung beherrsche der Kläger nur rudimentär, große Defizite weise auch sein mathematisches
Grundlagenwissen auf. Es kämen für ihn nur kauf-männisch-verwaltende und zeichentechnische Berufe in Betracht.
Zusammenfassend sei er geeignet für den Beruf der Bürokraft nach § 48 BBiG und des Tauchlehrers, jeweils unter
der Voraussetzung der Tauglichkeit aus medizinischer Sicht. Es werde empfohlen, den Kläger unter der
Voraussetzung der Tauglichkeit aus fachärztlicher Sicht und späterer grundsätzlicher Vermittelbarkeit in eine
Arbeitstätigkeit in seinen beruflichen Wünschen einer Ausbildung zum Tauchlehrer zu unterstützen. Eventuelle
berufliche Alternativen werde er vermutlich erst im Falle einer eindeutig negativen tauchärztlichen Einschätzung
akzeptieren können. Das Berufsförderungswerk Dresden hat ferner eine arbeitsmedizinische Stellungnahme vom
29.11.2004 vorgelegt (AS 126 ff). Der Kläger hat am 30.11.2004 eine Bescheinigung der Tauchschule E. ohne Datum
vorge-legt (BAS 117), nach der die Ausbildungsdauer zum Tauchlehrer für den Kläger noch 1,5 Jah-re betrage. Die
Ausbildung zum Chief Scuba Diver und zwei Spezialkurse habe er abge-schlossen. Die Ausbildungssumme für die
weiteren Kurse incl. Lehrmaterial und Verwal-tungsaufwand betrage 4288 EUR. Hinzu komme eine Woche
Prüfungslehrgang auf Elba. Die Kosten hierfür würden erst nach der Ausbildung bekannt. Der Kläger hat am
17.01.2005 das Verfahren wieder aufgerufen. Der Kläger sei definitiv nicht für Bildschirmtätigkeiten geeignet. Da er an
Legasthenie leide, sei er für kaufmännisch-verwaltende und zeichentechnische Berufe ungeeignet. Er habe in den
letzten zehn Jahren 800 Tauchgänge ohne negative gesundheitliche Auswirkungen durchgeführt. Die Beklagte hat
eine ärztliche Begutachtung zur Bildschirmtauglichkeit und eine Konsultati-on durch den Taucharzt vorgeschlagen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und der
beigezogenen Behördenakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und der Niederschrift zur
mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid vom 18.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.01.2004 sind rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 54 Absatz 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat
einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Form einer Ausbildung zum
Tauchlehrer. Der Kläger erfüllt für die begehrten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben die persönlichen und
versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10 f Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) in der ab dem
1. Juli 2001 geltenden Fassung. Ausnahmen von der Anwen-dung dieses Rechts liegen nicht vor, § 301 Absatz 1
Satz 1 SGB VI. Nach § 10 Absatz 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur
Teilhabe u.a. erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer
Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erhebliche Gefährdung der
Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet
werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich
gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers für die von ihm bis 1999 ausgeübte Tätigkeit als Oberkellner bei der Mitropa ist
gemindert im Sinne des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI. Eine gemin-derte Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne liegt vor,
wenn die Leistungsfähigkeit des Versicher-ten für die Ausübung der bisherigen, in der Regel zuletzt ausgeübten,
Tätigkeit aus gesund-heitlichen Gründen nicht unwesentlich und nicht nur vorübergehend eingeschränkt ist.
Der Kläger ist auf Grund der nach einem Arbeitsunfall aufgetretenen Kniegelenksbeschwer-den nicht mehr in der Lage,
seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Oberkellner auszuüben. Die Beklagte hat deshalb die Notwendigkeit von
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits mit Bescheid vom 20.12.2001 und erneut mit Bescheid vom
21.10.2004 bestandskräftig fest-gestellt. Die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers kann durch Leistungen zur
Teilhabe am Ar-beitsleben im Sinne des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI wesentlich gebessert werden. Eine
wesentliche Besserung in diesem Sinne ist eine nicht nur geringfügige oder nicht nur kurzzeitige Steigerung der durch
gesundheitliche Beeinträchtigungen geminderten Leistungsfähigkeit oder die zumindest teilweise und nicht nur
vorübergehende Behebung der Minderung der Leistungsfähigkeit. Wesentliche Besserung bedeutet dabei nicht die
voraussichtlich dauerhafte und vollständige Behebung der geminderten Erwerbsfähigkeit. Dies ergibt sich aus der
weite-ren Alternative des § 10 Absatz 1 Nr. 2 b) SGB VI: Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit.
Durch die Erlernung eines Berufes, der seiner gesundheitlichen Eignung und seinen persönlichen Fähigkeiten
entspricht, könnte die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gebessert oder sogar wieder hergestellt werden.
An der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI bestehen keine Zweifel.
Schließlich liegen keine Gründe für einen Ausschluss der begehrten Leistungen vor. Denn die Voraussetzungen für
einen der Tatbestände des § 12 SGB VI sind nicht erfüllt. Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang insbesondere,
ob der Kläger ggf. gemäß § 12 Absatz 1 Nr. 1 SGB VI Leistungen von einem anderen Versicherungsträger, hier dem
Unfall-versicherungsträger, erhalten könnte. Denn die Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 20.12.2001 und erneut
vom 21.10.2004 bestandskräftig ihre grundsätzliche Leistungspflicht anerkannt. Insofern wäre es unzumutbar, den
Kläger nunmehr auf einen eventuellen Anspruch gegen den Unfallversicherungsträger zu verweisen, dessen
Voraussetzungen – soweit ersichtlich – überhaupt noch nicht geprüft worden sind.
Somit liegen entgegen den angefochtenen Entscheidungen der Beklagten die Voraussetzungen für ein Recht des
Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vor. Über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der
Leistungen und der Rehabilitations-einrichtung hat die Beklagte nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, vgl. §
13 Absatz 1 SGB VI in Verbindung mit §§ 15 SGB VI, 14 Absatz 2, 33 ff SGB IX. Insoweit fehlt dem Gericht in
diesem Verfahren grundsätzlich die Entscheidungskompetenz, vgl. hierzu KassKomm-Niesel, § 13 Rn 13. Allerdings
erlaubt eine Ermessensreduzierung auf Null es dem Gericht hier ausnahmsweise, die Beklagte zur Leistung einer
bestimmten Ausbildung zu verurteilen. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände ist nämlich die Ausbildung
zum Tauchleh-rer für den Kläger aus heutiger Sicht die einzig geeignete Ausbildung im Sinne des § 13 Ab-satz 1 SGB
VI, § 33 Absatz 4 SGB IX. Es ist der Beklagten innerhalb des seit dem Jahr 2001 andauernden Verfahren nicht
gelungen, eine Alternative ausfindig zu machen, die unter Be-achtung der Eignung, Neigung und bisherigen Tätigkeit
des Klägers, der Lage und Entwick-lung auf dem Arbeitsmarkt und der Beachtung der Grundsätze der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie aller weiteren zu beachtenden Belange zumindest gleich geeignet wäre wie
die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auf Grund der
gesundheitlichen Einschrän-kungen und der persönlichen Eignung des Klägers eine Vielzahl möglicher
Berufsausbildun-gen für den Kläger ausscheiden bzw. als wenig geeignet erscheinen. Insofern sind grundsätz-lich die
Ermittlungen durch das Berufsförderungswerk Dresden im November 2004 zu Grun-de zu legen. Demnach ist der
Kläger grundsätzlich geeignet für die Ausbildung als Bürokraft und als Tauchlehrer, jeweils unter der Voraussetzung
der Tauglichkeit aus medizinischer Sicht. Da das Berufsförderungswerk Dresden unter Mitwirkung des Klägers im
November 2004 eine umfangreiche und umfassende Berufsfindung und Arbeitserprobung durchgeführt hat, kann
davon ausgegangen werden, dass neben diesen beiden Berufen keine weiteren Berufe in Frage kommen, die ähnlich
geeignet für den Kläger wären. Dies folgt aus den Einschränkungen des Klägers in gesundheitlicher Hinsicht
einerseits, seinen Begabungen andererseits, die insbe-sondere durch die festgestellte Legasthenie begrenzt werden.
Die Einschätzung durch das Be-rufsförderungswerk Dresden ist insofern ausführlich und gut nachvollziehbar fachlich
begrün-det, so dass kein Grund dafür ersichtlich ist, ihr nicht zu folgen. Eine medizinische Tauglichkeit des Klägers
für eine Ausbildung zur Bürokraft ist nicht gege-ben. Erforderlich wäre hierfür die Fähigkeit, über nicht unerhebliche
Zeiträume am Bild-schirm zu arbeiten. Dass diese Fähigkeit aus medizinischen Gründen nicht gegeben ist, hat sich
zur Überzeugung der Kammer bereits bei der Arbeitserprobung im November 2004 er-wiesen, als der Kläger immer
wieder an Kopfschmerzen litt, deren Ursache sich trotz ver-schiedener Belichtungsverhältnisse nicht beheben ließ.
Damit ist zur Überzeugung der Kammer eine Tauglichkeit des Klägers zur Ausübung des Be-rufes einer Bürokraft nur
in sehr eingeschränktem Maße gegeben und wäre an die Zurverfü-gungstellung nicht unerheblicher Hilfsmittel
gebunden, wie sie Blinden und Sehbehinderten üblicherweise zuerkannt werden.
Die Ausübung des Berufes eines Tauchlehrers ist dem Kläger demgegenüber – aus heutiger Sicht – ohne
Einschränkungen möglich. Dies hat der Kläger durch die Vorlage zahlreicher ärztlicher Bescheinigungen, etwa der auf
Blatt 72 der Akte der Beklagten dokumentierten zweijährlichen Untersuchungen sowie des Untersuchungsbogens
"Überdruck" vom 19.04.2004 (AS 53) nachdrücklich belegt. Die gesundheitliche Tauglichkeit des Klägers ist zur
Überzeugung der Kammer ferner dadurch erwiesen, dass er in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von
Tauchgängen ohne gesundheitliche Komplikationen absolviert hat. Es ist gerichtsbekannt, dass für die
orthopädischen Leiden des Kniegelenkes ein Aufenthalt unter Wasser grundsätzlich sogar eher förderlich als
schädlich ist. Die von der Beklagten immer wieder vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Augenbe-schwerden des
Klägers sind in keiner Weise medizinisch nachvollziehbar vorgetragen wor-den, so dass die Kammer keinen Anlass
dafür sah, ihnen nachzugehen, vor allem weil die Tauglichkeit des Klägers für den Tauchsport auch im Hinblick auf
die Augen immer wieder ärztlicherseits bestätigt worden ist. Anlass zur Durchführung weitergehender Ermittlung so-
wohl in tauch- als auch in augenärztlicher Hinsicht bestand für die Kammer nicht, da der Klä-ger sich regelmäßigen
ärztlichen Untersuchungen unterzogen hat und deren – positiven – Er-gebnisse dem Gericht vorliegen. Ob dieser
Gesundheitszustand des Klägers in Zukunft anhal-ten wird oder wie er sich möglicherweise entwickeln wird, unterliegt
allenfalls einer Progno-seentscheidung und im Übrigen der reinen Spekulation. Jedenfalls sind keine Hinweise dafür
erkennbar, dass ein Wegfall oder eine Einschränkung der Tauglichkeit des Klägers zur Aus-übung des Tauchsports in
der Zukunft zu erwarten oder auch nur mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit drohen würde.
Da schließlich auch die beeindruckende Motivation, mit der der Kläger seit Jahren beharrlich sein Ziel der Ausbildung
zum Tauchlehrer trotz der – teilweise mit zwischenzeitlich widerleg-ten Argumenten vertretenen – ablehnenden
Haltung der Beklagten weiterverfolgt, bei der Er-messensentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben sollte, sind für
die Kammer keine ernsthaften Gründe ersichtlich, die gegen die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer für den
Kläger sprächen. Insgesamt hat sich damit – mangels realisierbarer Alternativen – das Ermessen der Beklagten auf
die Gewährung einer Ausbildung zum Tauchlehrer reduziert, was letztlich auch insofern belegt wird, als diese
Maßnahme unter Zugrundlegung der auf BAS 117 aufgeschlüsselten Kosten für die Beklagte sogar billiger käme als
eine – zeitlich ebenfalls aufwändigere – Ausbildung zur Bürokraft. Die Kammer sah sich auf Grund dieser
Ermessensreduzierung auf Null ausnahmsweise in diesem Einzelfall dazu genötigt, die Beklagte zur Leistung einer
bestimmten Leistung zur Teilnahme am Arbeitsleben zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.