Urteil des SozG Dortmund vom 12.02.2007

SozG Dortmund: deklaratorische wirkung, widersprüchliches verhalten, anerkennung, datum, bekanntgabe, flüchtling, verzinsung, besitz, aufenthaltserlaubnis, leistungsanspruch

Sozialgericht Dortmund, S 33 EG 14/06
Datum:
12.02.2007
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
33. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 33 EG 14/06
Sachgebiet:
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2004 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2006 verurteilt, dem
Kläger unter Zugrundelegung des 30.06.1992 als Datum der
vollständigen Antragstellung Zinsen nach Maßgabe des § 44 SGB I auf
den Erziehungsgeld- Nachzahlungsbetrag aus dem Bescheid vom
22.07.2003 zu zahlen. Der Beklagte trägt die notwendigen
außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
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Streitig ist die Verzinsung eines Erziehungsgeld - Nachzahlungsbetrages für die Zeit ab
dem 30.06.1992.
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Der 1961 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Am 30.06.1992 beantragte
er unter Benutzung eines Antragsformulars des Beklagten die Zahlung von
Erziehungsgeld für den am 06.09.1991 geborenen Sohn N. Die notwendigen Anlagen
fügte er seinem Antrag bei. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Kläger über eine bis zum
28.07.1992 befristete Aufenthaltsgestattung und bezog Hilfe zum Lebensunterhalt.
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Mit Bescheid vom 09.07.1992 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da der Kläger nicht im
Besitz einer Aufenthalgsberechtigung, - erlaubnis oder befugnis sei.
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Im Folgenden legte der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis vom 14.01.1993
vor.
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Mit Bescheid vom 01.02.1993 bewilligte der Beklagte daraufhin Erziehungsgeld ab dem
14.01.1993 bis zum 05.03.1993.
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Den hiergegen fristgemäß eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass
der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 22.06.1992 entschieden habe, dass der
Kläger als politischer Flüchtling anerkannt werden müsse. Das Bundesamt für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge habe einen der Entscheidung entsprechenden
Bescheid am 13.11.1992 gefertigt. Die Stadt Bochum habe jedoch erst am 14.01.1993
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eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Überdies habe bereits das Verwaltungsgericht Kassel
in 1. Instanz festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz
gegeben seien. Hätte der Kläger gegen diese Entscheidung nicht Berufung eingelegt,
so wäre ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz
jedenfalls eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen gewesen, welche den Voraussetzungen
des § 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BerzGG) entsprochen hätte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.1993 wies der Beklagte den Widerspruch als
unbegründet zurück. Maßgebend sei nicht das Vorliegen der materiell-rechtlichen
Voraussetzungen für die Erteilung eines im Sinne des § 1 BerzGG hinreichenden
Aufenthaltstitels. Vielmehr sei Erziehungsgeld frühestens von dem Tag an zu
bewilligen, an dem dem Ausländer das entsprechende Dokument ausgehändigt worden
sei. Aufgrund der unter dem 14.01.1993 erteilten Aufenthaltserlaubnis seien Leistungen
daher erst mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt zu bewilligen.
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Hiergegen erhob der Kläger binnen Monatsfrist die zunächst unter dem Aktenzeichen S
35 KG 30/93 vor dem Sozialgericht Dortmund geführte Klage. Zur Begründung führte er
aus, er sei Konventionsflüchtling. Ein Anspruch stehe ihm über die EWG VO 1408/71
zu. Gem. Artikel 4 Abs. 1 h würden von dieser Verordnung alle Rechtsvorschriften
erfasst, die zur sozialen Sicherheit eines Mitgliedsstaates erlassen worden seien.
Hierzu würden die Familienleistungen und damit auch das Erziehungsgeld zählen.
Nach Artikel 2 der VO seien in den Geltundsbereich außer den Staatsangehörigen der
Mitgliedsstaaten auch Flüchtlinge einzubeziehen. Hierunter seien auch
Konventionsflüchtlinge zu verstehen. Bei dem Kläger sei mit Urteil vom 10.10.1991 des
Verwaltungsgerichts Kassel festgestellt worden, dass er gem. § 51 Abs. 1
Ausländergesetz Abschiebeschutz genieße. Später sei der Kläger als politischer
Flüchtling anerkannt worden.
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Durch Beschluss vom 20.03.1996 brachte das Gericht das Verfahren im Hinblick auf
ausstehende Entscheidungen des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen in Parallelverfahren zum Ruhen.
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Unter dem 29.11.1999 wurde das Verfahren wieder aufgenommen und nunmehr unter
dem Az.: S 35 EG 8/99 geführt. Im Folgenden war zwischen den Beteiligten
insbesondere streitig, welche Rechtsfolgen sich für das Verfahren aus verschiedenen
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, des Bundessozialgerichts und des
Bundesver-waltungsgerichts ergaben. Mit Schriftsatz vom 23.07.2002 vertrat der
Beklagte die Auffassung, Flüchtlinge und deren Familienangehörige aus den
Assoziations- oder Kooperationsstaaten Türkei, Algerien, Marokko und Tunesien
könnten einen Anspruch auf Erziehungsgeld nach supranationalem Recht haben, wenn
sie 1.im Besitz der Staatsangehörigen eines der genannten Staaten und
2.Versicherteneigenschaft zu einem Zweig der sozialen Sicherheit in Deutschland
besäßen und 3.ihren Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der EU oder in Deutschland
hätten. -
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Der Kläger sei türkischer Flüchtling mit Wohnsitz in Deutschland. Die
Versicherteneigenschaft sei nachzuweisen. Der Kläger habe im Bezugzeitraum
Sozialhilfe nach dem BSHG bezogen. Leistungen in Krankheitsfällen seien unmittelbar
von der Stadt Bochum übernommen worden. Es seien keine Beiträge an
Krankenversicherungen gezahlt worden. Die Arbeitnehmereigenschaft sei damit nicht
erfüllt, da der Kläger nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung angemeldet gewesen
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sei. Die Arbeitnehmereigenschaft könne auch nicht mit Kindererziehungszeiten und
somit einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet
werden. Kindererziehungszeiten seien nur anzuerkennen, wenn der Betroffene sich im
Bundesgebiet gewöhnlich aufhalte. Der Kläger sei seit dem 27.01.1992 im Besitz einer
Aufenthaltsgestattung. Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts begründe die
Aufenthaltsgestattung keinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Unter dem 07.04.2003 übersandten die Bevollmächtigten des Klägers einen Bescheid
seiner Ehefrau, wonach unter anderem Kindererziehungszeiten für die Zeit vom
01.10.1991 bis 30.09.1992 anerkannt wurden.
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Mit Bescheid vom 22.07.2003 bewilligte der Beklagte dem Kläger dann Erziehungsgeld
für die Zeit vom 30.12.1991 bis 05.10.1992 in Höhe von 2.832,56 Euro. Der Betrag
wurde am 29.07.2003 überwiesen.
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Mit Schreiben vom 14.10.2003 teilten die Bevollmächtigten des Klägers mit, dass einem
Vergleich des Inhalts, dass die Beklagte Erziehungsgeld für die Zeit vom 30.12.1991 bis
05.10.1992 für das Kind N nebst gesetzlicher Zinsen zahle und die Kosten des
Rechtsstreits übernehme, nähergetreten werden könne. Der Beklagte erklärte daraufhin,
dass der Antrag des Klägers für die Zeit vor dem 30.12.1991 verfristet sei. Schon allein
aus diesem Grunde könne keine volle Kostenübernahme erfolgen. Auch sei
Erziehungsgeld erst aufgrund nachträglicher Anerkennung der Kindererziehungszeiten
gewährt worden.
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Mit Schriftsatz vom 17.11.2003 teilten die Bevollmächtigten des Klägers mit, dass sie in
dem Bescheid des Beklagten vom 22.07.2003 ein Teilanerkenntnis sähen. Im Hinblick
auf dieses Teilanerkenntnis werde der Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt,
dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der anerkannte Teil des
verlangten Anspruchs sei der wesentliche Teil. Unerheblich sei, dass mit Rücksicht auf
die europarechtlichen Normen ein Bescheid über die Anerkennung der
Kindererziehungszeiten vorgelegt worden sei, der jüngerem Datums sei, da die
Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Geburt der
Kinder und nicht mit deren förmlicher Feststellung entstünden.
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Mit Schreiben vom 17.06.2004 mahnten die Bevollmächtigten des Klägers eine
Entscheidung über die Auszahlung von Zinsen an.
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Mit Bescheid vom 20.09.2004 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da ein vollständiger
Leistungsantrag erst mit Übersendung des Bescheides über die Kindererziehungszeiten
vorgelegen habe.
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Den hiergegen fristgemäß eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 02.01.2006 (Zugang bei den Bevollmächtigten der Klägerin:
21.03.2006) als unbegründet zurück.
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Am 24.03.2006 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, die Hauptleistung
(Erziehungsgeld) sei von dem Beklagten rückwirkend bewilligt worden. Bei der
Beurteilung der Frage, ob der Leistungsantrag vollständig vorliege, seien die Pflichten
des Leistungsberechtigten in ihrer Ausgestaltung gem. den §§ 60 ff. SGB I
zugrundezulegen. Die Mitwirkungspflichten seien durch die §§ 16 Abs. 3, 17 SGB I
geprägt. Danach bestehe die Pflicht des Leistungsträgers darauf hinzuwirken, dass ein
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vollständiger, sachgerechter Leistungsantrag gestellt bzw. der Antrag vervollständigt
werde. Der Leistungsberechtigte müsse also konkret über die Art seiner
Mitwirkungspflicht aufgeklärt werden. Dies müsse unverzüglich nach Antragstellung
geschehen. Die Frage, ob ein vollständiger Leistungsantrag vorliege, bestimme sich
danach, ob der Leistungsberechtigte im vorgenannten Sinne seine Mitwirkungspflichten
eingehalten habe. Dem Kläger könne nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe seine
Mitwirkungspflichten verletzt. Die Beklagte habe von ihm nicht verlangt, einen
Anerkennungsbescheid über die Kindererziehungszeiten für sich oder seine Ehefrau
vorzulegen. Der Beklagte sei vielmehr nachhaltig der Ansicht gewesen, dem Kläger
stünden Leistungen unter keinem Gesichtspunkt zu. Der Beklagte könne nicht einerseits
im Verfahren, in dem es um den Leistungsanspruch auf Erziehungsgeld gehe, den
Standpunkt vertreten, dass die Feststellung der Kindererziehungszeiten unbedeutend
sei und später im Rahmen der Verzinsungsfrage monieren, dass der entsprechende
Nachweis verspätet vorgelegt worden sei. Dies stelle widersprüchliches Verhalten dar.
Auch habe der Bescheid über die Anerkennung der Kindererziehungszeiten rein
deklaratorische Wirkung.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 02.01.2006 zu verurteilen, dem Kläger unter
Zugrundelegung des 30.06.1992 als Datum der vollständigen Antragstellung Zinsen
nach Maßgabe des § 44 SGB I auf den Erziehungsgeld-Nachzahlungsbetrag aus dem
Bescheid vom 22.07.2003 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der Verwaltungsakte sowie der beigezogenen Akte des Verfahrens S 35
EG 8/99 (Sozialgericht Dortmund) Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand
der mündlichen Verhandlung.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere ist die Klage fristgemäß erhoben worden. Gem. § 87 Abs. 1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des
Verwaltungsaktes zu erheben. Gem. § 87 Abs. 2 SGG beginnt die Frist mit der
Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids soweit ein Vorverfahren stattgefunden hat.
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Der Widerspruchsbescheid datiert vorliegend zwar vom 02.01.2006. Es kann aber nicht
festgestellt werden, dass er den Bevollmächtigten des Klägers bereits zu diesem
Zeitpunkt übersandt wurde. Insbesondere finden sich weder auf Blatt 1 des
Widerspruchsbescheides (Blatt 77 Verwaltungsakte) noch auf der entsprechenden
Verfügung (Blatt 79 Verwaltungsakte) entsprechende Absendevermerke. Es ist daher
davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid den Bevollmächtigten des Klägers
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erst mit Schriftsatz vom 17.03.2006 (Blatt 82 Verwaltungsakte) übersandt wurde. Die
hiergegen am 24.03.2006 erhobene Klage erfolgte mithin fristgemäß.
Die Klage ist auch begründet.
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Der Bescheid vom 20.09.2004 i. d. G. des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2006 ist
rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz. Denn der Kläger hat
einen Anspruch auf Verzinsung des sich aus dem Bescheid vom 22.07.2003
ergebenden Erziehungsgeld-Nachzahlungsbetrages nach Maßgabe des § 44 SGB I
unter Zugrundelegung einer vollständigen Antragstellung am 30.06.1992.
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Gem. § 44 Abs. 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines
Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats
vor der Zahlung mit 4 v. H. zu verzinsen. Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf
von 6 Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim
zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines
Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung (§ 44 Abs.
2 SGB I). Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Antrag vollständig ist, muss auf die
Verantwortungssphären des Leistungsträgers und des Leistungsberechtigten abgestellt
werden. Dabei kommt es auf die wechselseitige Abhängigkeit von Amtsermittlungen (§
20 SGB X) und Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. an (BSGE 65, Seite 160). Ein
Antrag ist dann vollständig gestellt, wenn der Leistungsberechtigte alle Angaben
gemacht hat, die er machen konnte und machen musste, um dem Leistungsträger die
zügige Bearbeitung seines Antrags zu ermöglichen. Dabei dürfen keine unzumutbaren
Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist im Zusammenhang mit den §§ 60 ff.
SGB I zu beachten, dass die Mehrzahl der Mitwirkungspflichten nur auf Verlangen des
Leistungsträgers erfüllt werden müssen. Ihre Erfüllung gehört also nicht schon von
vornherein zum vollständigen Leistungsantrag. Dasselbe gilt für die Vorlage von
Beweismitteln. Verwendet der Leistungsträger Antragsvordrucke, so ist der Antrag
spätestens dann vollständig gestellt, wenn der Leistungsberechtigte den Vordruck
vollständig ausgefüllt und die beizubringenden Unterlagen eingereicht hat. Dies ergibt
sich aus einer Gesamtschau der §§ 16 Abs. 3, 17 Abs. 1 Nr. 3 und 60 Abs. 2 SGB X (vgl.
Mrozynski SGB I, 3. Auflage, München 2003, § 44, Rdnr. 16 m. w. N.; Hauk/Haines -
Rolfs, SGB I, § 44, Rdnr. 23 m. w. N.; KK-Seewald, SGB I, § 44, Rdnr. 13 m. w. N.). Der
Kläger hatte bei Antragstellung am 30.06.1992 das seitens des Beklagten
herausgegebene Antragsformular verwandt und die beizubringenden Nachweise bei
Antragstellung beigefügt. Dieser Antrag hat dann auch ohne weitere Nachfragen oder
Anforderungen etwaiger Unterlagen durch den Beklagten zu dem Ablehnungsbescheid
vom 09.07.1992 geführt. Der Beklagte hat zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger
weder deutlich gemacht, dass es auf die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für
den Kläger oder seine Ehefrau ankommen könnte noch hat der Beklagte entsprechende
Nachweise bei dem Kläger angefordert. Vielmehr fehlte zum Zeitpunkt der
Ablehnungsentscheidung am 09.07.1992 bei dem Beklagten jegliches Bewusstsein
dafür, dass es auf die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und den hierdurch
hergestellten Bezug zum deutschen Sozialversicherungssystem ankommen könnte.
Vielmehr ist ein entsprechendes Bewusstsein auch bei dem Beklagten erst aufgrund der
folgenden Rechtsprechung des EUGH (Urteil vom 04.05.1999, C 262/96 - Sürül)
entstanden. Nach allem liegt eine vollständige Antragstellung bereits mit dem Antrag
vom 30.06.1992 vor. Die Richtigkeit dieser Auffassung zeigt sich auch darin, dass auch
dann, wenn der Kläger bereits bei Antragstellung am 30.06.1992 einen Nachweis über
die Anerkennung von Kindererziehungszeiten beigebracht hätte, aufgrund fehlenden
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Rechtsbewusstseins des Beklagten zu diesem Zeitpunkt eine Ablehnung des
Leistungsantrags mangels hinreichenden Aufenthaltstitels des Klägers erfolgt wäre. Die
- zu diesem Zeitpunkt - noch nicht höchstrichterlich geklärte Rechtslage kann aber im
Hinblick auf die Verzinsungsfrage nicht zu Lasten des Klägers gehen, der nach seinem
Kenntnisstand alles getan hat, um einen Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten
zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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