Urteil des SozG Dortmund vom 29.03.2004
SozG Dortmund: private unfallversicherung, bandscheibenvorfall, leiter, klinik, distorsion, verhebetrauma, abgrenzung, bedingung, berufskrankheit, einwirkung
Sozialgericht Dortmund, S 23 U 38/02
Datum:
29.03.2004
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
23. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 23 U 38/02
Sachgebiet:
Unfallversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu
erstatten.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten im Zusammenhang mit
dem Ereignis vom 27.11.2000 eine Verletztenrente beanspruchen kann.
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Der 1965 geborene, als Maler beschäftigte Kläger gab am 27.11.2000 gegenüber dem
Durchgangsarzt Dr. C2, Chefarzt der Chirurgischen Klinik des T3-Hospitals in I bzw. der
erstuntersuchenden Assistenzärztin an, er habe sich beim Hochheben einer Leiter
verhoben und seitdem Schmerzen im Rücken. Dieser Arzt diagnostizierte aufgrund der
röntgenologischerseits fehlenden Anhaltspunkte für eine knöcherne Verletzung eine
akute Lumbago und verneinte einen Unfall im Sinne des Unfallversicherungsträgers.
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Mit Schreiben vom 21.06.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, seine Arbeitgeberin,
die T2 GmbH in I, habe keine Unfallanzeige erstattet. Er schilderte den Vorgang
dahingehend, dass er am 27.11.2000 eine schwere Aluminiumleiter, deren Gewicht er
später mit 30 bis 35 kg in anderem Zusammenhang später auch bis 40 kg angab,
angehoben habe, um sie zur Hauswand zu tragen; dabei sei er über einen Farbeimer
gestolpert und habe sofort einen starken stechenden Schmerz im Lendenwirbelbereich
verspürt. Die Arbeitgeberin gab das Gewicht der Leiter mit 24,5 kg an.
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Während Dr. C2 unter dem 20.07.2001 seine frühere Stellungnahme bekräftigte, dass
kein Unfall im Sinne des Unfallversicherungsträgers vorliege, gab er der Beklagten
unter dem 20.08.2001 nach telefonischer Rücksprache mit dem Kläger am 15.08.2001
an, er habe dem Kläger bei diesem Gespräch mitgeteilt, auch ein derartiger
Verletzungsmechanismus (Stolpern über den Farbeimer) dürfte eher ungeeignet sein,
eine Bandscheibenschädigung hervorzurufen; ggf. sei eine
Zusammenhangsbegutachtung notwendig.
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Beim Kläger war am 15.01.2001 durch die Radiologin Dr. B aus I aufgrund einer MRT
der LWS eine breitbasig medialbetonte, kräftige Protrusion bei L4/5 und ein nach caudal
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links sequestrierter Prolaps mit erheblicher Kompression des intraspinalen Verlaufes
der Wurzel S1 links festgestellt worden; der Bandscheibenvorfall wurde am 05.04.2001
im St. Barbara Hospital operiert. Wirbelsäulenbeschwerden hatte der Kläger seit 1995
angegeben, weswegen er in diesem Jahr auch arbeitsunfähig gewesen war.
Die beratende Chirurgin der Beklagten, Dr. T, hielt unter dem 31.10.2001 nach
Aktenlage fest, beim Kläger habe eine Fehlbildung im Übergangsbereich
LWS/Kreuzbein sowie eine Scheuermannsche Erkrankung im Übergangsbereich
BWS/LWS vorgelegen. Der Auffassung von Dr. C2, dass kein Unfall vorgelegen habe,
müsse zugestimmt werden.
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Danach lehnte die Beklagte durch den Bescheid vom 19.11.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 die Gewährung von Leistungen aus der
gesetzlichen Unfallversicherung ab mit der Begründung, dass kein Unfallereignis im
Sinne des § 8 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII)
vorgelegen habe, weil der angegebene Hebevorgang keine das gewöhnliche Maß
übersteigende Kraftanstrengung dargestellt habe und keine äußere Gewalteinwirkung
erkennen lasse.
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Mit seiner hiergegen am 21.03.2002 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren
auf Gewährung einer Verletztenrente weiter. Er wiederholt die spätere Schilderung des
Ereignisses (Stolpern), wobei er sich wegen der schweren Leiter auf seinem Rücken die
Wirbelsäule verdreht habe. Im übrigen habe das für die private Unfallversicherung
erstattete Gutachten des Neurochirurgen Prof. Dr. M aus C3 vom 31.10.2001, der den
Bandscheibenvorfall als durch das Ereignis vom 27.11.2000 verursacht angesehen
habe, die dadurch hervorgerufene MdE mit 20 v.H. bewertet.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 19.11.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen,
ihm ab einem vom Gericht festzusetzenden Zeitpunkt eine Verletztenrente nach einer
MdE um wenigstens 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu
gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Im Befundbericht von Prof. Dr. M vom 01.07.2002 aufgrund der Untersuchung des
Klägers am 12.10.2001 wird auf ein "Verhebetrauma" mit reflektorischer Reaktion und
eine dadurch hervorgerufene MdE mit lediglich 10 v.H. Bezug genommen.
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Der Kläger hat danach das Urteil des Landgerichts Münster (15 O 142/02) vom
10.02.2003 überreicht, das sich maßgeblich auf ein unter Mitwirkung von Dr. N
erstattetes Sachverständigengutachten von Prof. N3, Chefarzt der Chirurgischen Klinik
in P, vom 17.10.2002 stützte, worin ausgeführt wird, dass zur Zeit des Unfallereignisses
vom 27.11.2000 eine 50 %ige unfallunabhängige Mitwirkung, nämlich degenerativ
veränderte Bandscheiben in Höhe L4/L5 und L5/S2 und die vor dem Unfallereignis
behandlungsbedürftigen Wirbelsäulenbeschwerden, zu berücksichtigen sei.
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Das Gericht hat weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. N3, das er zusammen mit Dr. E unter dem
21.11.2003 erstattet hat. Darin kommt er zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass bei
unterstelltem Unfall im Sinne des Stolperns über den Farbeimer, ohne zu Fall zu
kommen, es zu einer Verstauchungsverletzung (Distorsion) der LWS gekommen sei.
Ohne den nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderlichen Beweis eines
knöchernen oder ligamentären Begleitschadens sei trotz der im engen zeitlichen
Zusammenhang mit diesem Ereignis eingetretenen Symptome der Bandscheibenvorfall
zwischen 5. Lendenwirbel und Kreutzbein nicht als unfallverursacht anzusehen. Die
Verstauchungsverletzung habe über die 26. Woche hinaus keine rentenberechtigende
MdE bewirkt. Das bloße Anheben einer Leiter stelle keinen gesetzlich versicherten
Unfall dar. In seinem frühren Gutachten vom 07.10.2002 habe eine Auseinandersetzung
mit den Kausalitätsprinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erfolgen
können.
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Der Kläger wendet zu diesem Gutachten ein, der Sachverständige habe in einem
Beweisaufnahmetermin des Landgerichts Münster vom 27.01.2004 erklärt, bei Annahme
eines Drehtraumas sei dies das auslösende Moment für den Bandscheibenvorfall und
für die anschließende Operation gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichts- und den der Unfallakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die Beklagte verweigert mit dem Bescheid vom 19.11.2001 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 12.03.2002 dem Kläger zurecht die Gewährung einer
Verletztenrente, der Kläger wird durch die im Ergebnis rechtmäßigen Bescheide der
Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
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Aufgrund des Ergebnisses der gerichtlichen Beweisaufnahme hat die Kammer ebenso
wie die Beklagte nicht feststellen können, dass dem Kläger im Zusammenhang mit dem
Ereignis vom 27.11.2000 während seiner Malertätigkeit eine Verletztenrente gem. § 56
Abs. 1 Satz 1 SGB VII zusteht, weil seine Erwerbsfähigkeit über die 26. Woche nach
dem 27.11.2000 nicht unfallfolgebedingt um wenigstens 20 v.H. gemindert war.
Vielmehr war der Zustand an der Lendenwirbelsäule des Klägers nach dem 27.05.2001
(Ablauf der 26. Woche nach dem 27.11.2000) unbeeinflusst vom Ablauf des Ereignisses
vom 27.11.2000, sowohl wie es vom Kläger an diesem Tage gegenüber dem
Durchgangsarzt oder wie es später von ihm am 21.06.2001, also über sechs Monate
danach, angegeben worden ist.
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Das Gericht lässt ausdrücklich dahinstehen, ob der Kläger am 27.11.2000 einem
Unfallereignis im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII unterworfen war, nämlich einem
zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis, das zu einem
Gesundheitsschaden geführt hat. Von einem solchen ist nämlich nur dann auszugehen,
wenn der Kläger entsprechend seiner späteren Schilderung des Ereignisablaufs am
27.11.2000 die Aluminiumleiter mit einem Gewicht von 24,5 bis zu 35/40 kg - dies kann
ebenfalls offen bleiben - auf dem Rücken tragend über einen Farbeimer gestolpert ist.
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Bei dieser Fallkonstellation ist von einer Wirbelsäulendistorsion (-verstauchung), also
dem in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII vorausgesetzten Gesundheitsschadenfall,
auszugehen.
Die Kammer stützt sich insoweit auf die die einschränkungslos überzeugende
Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. N3, der hinsichtlich dieser gutachtlichen
Schlussfolgerung weder der Kläger noch die Beklagte entgegengetreten ist. Dass beim
Stolpern über einen Eimer und dem gleichzeitigen Tragen einer mittelschweren bis
schweren Leiter, die zudem gleichzeitig noch ausbalanciert werden muss, eine Zerrung
der LWS eintritt, liegt auch für die Kammer auf der Hand.
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Auf der anderen Seite kann ein solcher Ereignisablauf keinesfalls als bewiesen, d.h.
ohne dass ins Gewicht fallende Zweifel zurückbleiben, angesehen werden. In der
Erstschilderung des Klägers am 27.11.2000 in einem mit der Anamnese von Arbeits-
und Unfallverläufen sehr erfahrenen Unfallkrankenhaus wie der T3-Klinik in I ist von
einem Stolpern nicht die Rede gewesen. Im Rahmen der Erfassung und Bewertung von
Unfallvorgängen gibt es in der berufsgenossenschaftlichen Praxis insbesondere bei der
Gutachtenerstattung und der sozialrechtlichen Judikatur aber den Erfahrungssatz, dass
den ersten von den damit verbundenen möglichen (rechtlichen) Konsequenzen
unbeeinflussten Angaben eines Versicherten ein wesentlich größerer Beweiswert
zukommt als späteren Schilderungen in Kenntnis möglicher rechtlicher Konsequenzen
sowie der sich zwischenzeitlich ergebenden gesundheitlichen Entwicklung, hier der im
Januar 2001 festgestellten Bandscheibenvorfall sowie die deswegen am 05.04.2001
erfolgten Operation (vgl. dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und
Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003 S. 133 ff. mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Auch
die Kammer hat sich wiederholt bei Beweiswürdigungen auf diesen Erfahrungssatz
gestützt.
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Das dem Kläger aufgrund seiner langjährigen Malertätigkeit durchaus geläufige
Anheben der Aluminiumleiter stellt indes kein Unfallereignis im Sinne des § 8 Abs. 1
Satz 2 SGB VII dar, weil es sich um einen willentlich gesteuerten durch Anspannung der
Rückenmuskulatur begleiteten Hebevorgang handelte. Dies kann, wie der
Sachverständige Prof. Dr. N3 einleuchtend dargelegt hat, nicht als Unfallereignis bzw.
als sogenanntes Verhebetrauma, wie dies Prof. Dr. M allein aufgrund der dazu noch
variierenden Schilderung des Klägers bewertet hat, angenommen werden. Es fehlt
insoweit an der vom Gesetz geforderten plötzlichen Einwirkung von außen.
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Die Beantwortung der Frage, welche der beiden Ereignisabläufe als bewiesen
anzusehen ist, kann aber deshalb dahinstehen, weil die Annahme eines
Unfallereignisses im Sinne der späteren Schilderung des Klägers wegen der dann zu
unterstellenden LWS-Distorsion lediglich zu einer zeitlich begrenzten unfallbedingten
Arbeitsunfähigkeit geführt und allenfalls den im vorliegenden Verfahren nicht
streitbefangenen Verletztengeldanspruch gem. § 45 Abs. 1 SGB VII begründet hat.
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Beide Ereignisabläufe waren hingegen nicht geeignet, den Bandscheibenvorfall am
Übergang zwischen 5. Lendenwirbel und Kreuzbein im Sinne einer annähernd
gleichwertigen Mitursache wesentlich zu beeinflussen (vgl. zu der im Sozialrecht zur
Anwendung kommenden Theorie der wesentlichen Bedingung Bereiter-Hahn/Mehrtens,
Kommentar zur gesetzlichen Unfallversicherung, Stand Januar 2004, Anm. 8.2 ff. zu § 8
SGB VII mit weiteren Hinweisen auf den Meinungsstand in der Literatur sowie der
höchstrichterlichen Rechtsprechung beginnend mit der Entscheidung des
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Bundessozialgerichts - BSG - in BSGE 1, 72, 76 und zur Abgrenzung zu den in anderen
Bereichen geltenden Kausaltheorien). Es fehlt insbesondere an den in der gesetzlichen
Unfallversicherung hierfür erforderlichen Kriterien zur Annahme eines wesentlich mit
einem Trauma zusammenhängenden Bandscheibenschadens. Die Kammer stützt sich
insoweit auf die überzeugende Beurteilung von Prof. Dr. N3, dass die unerlässliche
Voraussetzung hierfür fehlt, nämlich unmittelbar dadurch ausgelöste knöcherne oder
ligamentäre Begleitschäden. Am 27.11.2000 konnten in der T3-Klinik die auch im
späteren Verlauf nicht diagnostizierten knöchernen Schäden aufgrund des
Röntgenbefundes nicht gesichert werden. Der bloße zeitliche Zusammenhang, nämlich
der ca. sechs Wochen später im Januar 2001 festgestellte Bandscheibenvorfall, ist nach
der Beurteilung von Prof. Dr. N3 hierfür nicht ausreichend, um einen wesentlich durch
den Stolpervorgang ausgelösten Bandscheibenschaden annehmen zu können.
Der Sachverständige befindet sich insoweit in Übereinstimmung mit der in der
einschlägigen Gutachtenliteratur (vgl. dazu insbesondere
Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 527 ff. mit weiteren Hinweisen) vertretenen
Auffassung, dass für die Annahme eines traumatischen (unfallbedingten)
Bandscheibenschadens Begleitverletzungen im Sinne von Wirbelkörperfrakturen oder
Bandverletzungen vorliegen müssen. Insbesondere bei hinteren
Bandscheibenvorfällen, wie beim Kläger (vgl. dazu a.a.O. Seite 529), kann trotz
zeitlichen Zusammenhangs der hier wegen der ca. sechs Wochen später gesicherten
Diagnose eines Bandscheibenvorfalls bei fehlenden Knochen- oder Bandverletzungen
das Unfallereignis, hier die wegen des Stolperns über den Farbeimer bewirkte LWS-
Distorsion, nur als Gelegenheitsursache bewertet werden (vgl. dazu auch die a.a.O.
Seite 530 aufgeführten, von der Rechtsprechung nicht als traumatisch angesehenen
Bandscheibenschadenfälle in Abgrenzung zu den als traumatisch bewerteten
Bandscheibenschäden, z.B. bei einem Sturz, Überschlag, Hinausschleudern aus
offenen Wagen u.s.w.).
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Soweit sich der Kläger auf die nach seiner Auffassung abweichende Beurteilung des
Kausalzusammenhangs durch den Sachverständigen Prof. Dr. N3 im Klageverfahren
vor dem Landgericht Münster beruft, hat der Sachverständige überzeugend darlegen
können, warum im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung sowie im
sozialgerichtlichen Verfahren auf der Basis der Kausaltheorie der wesentlichen
Bedingung bezogen auf versicherte Ursachen andere Ergebnisse erzielt werden als im
Rahmen der im Zivilprozess zur Anwendung kommenden Adäquanztheorie. Wie das
Urteil des Landgerichts Münster erkennen lässt, wird demnach bei einer
Mischkausalität, also bei anlagebedingte Faktoren wie Degeneration etc. einerseits, und
berufsbedingten Faktoren andererseits, wie Arbeitsvorgänge ohne Berücksichtigung
eines spezifischen Unfallbegriffs, eine prozentuale Zuordnung vorgenommen, die im
sozialgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar ist. Entweder trägt ein Unfallereignis
annähernd gleichwertig zu einem bestimmten (gesundheitlichen) Schadenseintritt bei,
dann wird der gesamte Schaden, soweit keine Verschlimmerung eines vorbestehenden
Schadens abgrenzbar ist, durch die gesetzliche Unfallversicherung entschädigt. Die
Wesentlichkeit der Unfallursache muss aber feststellbar sein. Bei
Bandscheibenschäden an der Wirbelsäule, die erfahrungsgemäß auch ohne jede
äußere Einwirkung aufgrund angeborener oder sich allmählich entwickelnder
Fehlhaltung und Belastung der Wirbelsäule oder berufskrankheitsbedingt (vgl.
Berufskrankheit entsprechend den Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zur
Berufskrankheitenverordnung) auftreten können, bedarf es des Eintritts eines durch ein
bestimmtes Unfallereignis gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bewirkten gesundheitlichen
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Schadens, der sich am besten an typischen Begleitverletzungen (vgl. obige
Ausführungen) und charakteristischen Schadensereignissen ablesen lässt. Eine solche
im sozialgerichtlichen Verfahren zur Anwendung kommende Betrachtungsweise ist dem
Zivilrecht fremd. Von daher kommt es auch nach der Erfahrung der Kammer wiederholt
in Fällen der vorliegenden Art zu abweichenden Ergebnissen im sozialgerichtlichen und
im zivilprozessualen Verfahren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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