Urteil des SozG Dortmund vom 09.03.2006
SozG Dortmund: zulage, wohnraum, verordnung, bevölkerung, anfang, niedersachsen, vermögensbildung, eingliederung, rechtskraft, bedürftigkeit
Sozialgericht Dortmund, S 27 AS 240/05
Datum:
09.03.2006
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
27. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 27 AS 240/05
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 20.01.2005 in
der Fassung des Bescheides vom 18.02.2005 und des
Widerspruchsbescheides vom 13.06.2005 verurteilt, dem Kläger
Arbeitslosengeld II auch für die Zeit vom 01.03.2005 bis 03.04.2005 zu
gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des
Klägers.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger für die Zeit vom 01.03.2005 bis zum
03.04.2005 Arbeitslosengeld II trotz einer Eigenheimzulage zusteht.
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Der Kläger beantragt im Dezember 2004 die Gewährung von Arbeitslosengeld II für die
Bedarfsgemeinschaft mit der Ehefrau und dem im Oktober 2000 geborenen Sohn. Er
gab hierbei u. a. an, ein selbst genutztes Eigenheim zu haben für das er u. a. Zinsen und
Gebühren in Höhe von 204,35 EURO monatlich aufbringe.
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Er gab bei Antragstellung an, im März 2005 eine jährliche Eigenheimzulage in Höhe
von 0.000,00 EURO zu erhalten.
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Mit Bescheid vom 20.01.2005 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld II für die Zeit von
Januar bis Juni 2005 in Höhe von 000,00 EURO monatlich. Mit dem am 17.01.2005
eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der angegriffene Bescheid sei
nicht hinreichend begründet.
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Mit Bescheid vom 18.02.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld II für
die Monate Januar und Februar 2005 in Höhe von 000,00 EURO monatlich und ab März
2005 bis zum Juni 2005 in Höhe von 000,00 EURO. Hierbei rechnete die Beklagte mit
Wirkung ab März 2005 die erzielte Eigenheimzulage umgerechnet auf den Monat mit
000,00 EURO an.
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Mit dem gegen diesen Bescheid am 17.03.2005 eingelegten Widerspruch machte der
Kläger u. a. geltend, die Anrechnung der Eigenheimzulage in Höhe von monatlich
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000,00 EURO sei unzulässig, denn diese Leistung diene einem völlig anderen Zweck
als dem der Sicherung des Lebensunterhalts. Dies gelte auch dann, wenn die Zulage
nicht an die Bank abgetreten worden sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 13.06.2005 setzte die Beklagte die Leistungen für die
Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.06.2005 erneut fest. Hierbei wurden für den März 2005
keine Leistungen festgestellt und die für den April 2005 auf 0.000,00 EURO festgestellt.
Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte als unbegründet zurück und führte
u. a. aus, für die Zeit vom 01.03.2005 bis 03.04.2005 bestehe wegen der
Berücksichtigung der Eigenheimzulage kein Anspruch. Diese Zulage sei in der
Bedarfszeit zugegangen und als einmaliges Einkommen zu berücksichtigen. Diese
Leistung führe - gemessen an den dem Kläger zustehenden Leistungen - zu einem
"Ruhenszeitraum" wegen fehlender Bedürftigkeit von 34 Tagen.
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Hiergegen richtet sich die am 12.07.2005 vor dem Sozialgericht Dortmund erhobene
Klage, mit der der Kläger sich gegen eine Anrechnung der Eigenheimzulage für die Zeit
vom 01.03.2005 bis zum 03.04.2005 wendet.
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Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Die Zulage könne nicht berücksichtigt
werden, denn sie sei jedenfalls zweckgebunden für die Finanzierung des Eigenheimes
geleistet worden. Hierfür sei gleichgültig, ob dieses Geld direkt vom Finanzamt an das
finanzierende Geldinstitut weitergeleitet werde oder aber zunächst anderweitig
eingesetzt werde, um auf der anderen Seite für die Finanzierung zu wirken.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20. Januar 2005 in der Fassung
des Bescheides vom 18. Februar 2005 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni
2005 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld II auch für die Zeit vom 01. März 2005
bis zum April 2005 zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor: Die Zulage sei Einkommen im Sinne von § 11 SGB II, da sie
nicht abgetreten worden sei. Sie sei auch nicht nachweislich zur Tilgung eingesetzt
worden. Im August 2005 sei mit Wirkung zum 01.10.2005 die Arbeitslosengeld
II/Sozialgeldverordnung geändert worden. Hiernach sei mit Wirkung ab 01.10.2005 die
Eigenheimzulage weiterhin nur dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit
sie nachweislich zur Finanzierung einer nicht als Vermögen zu berücksichtigenden
Immobilie verwendet werde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und
Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet, denn dem Kläger steht Arbeitslosengeld II auch für die streitige
Zeit vom 01.03.2005 bis zum 03.04.2005 zu.
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Die - insoweit nur streitige - Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II) liegt für den
Kläger auch in dem oben angegebenen Zeitraum vor.
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Hilfebedürftig ist, wer sein Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den
Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht, oder
nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme
einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von
Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).
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Die im März 2005 ausgezahlte Eigenheimzulage war insoweit gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1
a SGB II nicht zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift sind zweckbestimmte
Einnahmen, die einem anderen Zweck als Leistungen nach dem SGB II dienen und die
Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach
diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Diese
Voraussetzungen liegen für die im März ausbezahlte Eigenheimzulage 2005 vor.
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Mit der Rechtsprechung der Landessozialgerichte Baden-Württemberg (Beschluss
01.08.2005 L 7 AS 2875/05 ER-B) und des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss
25.04.2005 L 8 AS 39/05 ER) geht auch die Kammer davon aus, dass die Gewährung
der Eigenheimzulage dem Zweck der Bildung von Wohneigentum für bestimmte
Schichten der Bevölkerung dient. Dies gilt, weil nach den entsprechenden Regelungen
die Herstellung oder Anschaffung von Wohnraum im Inland begünstigt wird. Da die
Förderung nur für Zeiten gewährt wird, in denen der Betreffende den Wohnraum zu
eigenen Wohnzwecken nutzt, wird insoweit nachvollziehbar belegt, das Ziel der
Gewährung dieser Zulage die Schaffung von Wohnraum und nicht der
Vermögensbildung der Betreffenden ist.
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Da der Kläger Anfang 2005 Zinsen und Gebühren für das Eigenheim in einer Höhe zu
erbringen hatte, die die auf den Monat umgerechnete Eigenheimzulage überstieg, sieht
die Kammer auch den Nachweis dahingehend als erbracht an, dass die Zulage zur
Anschaffung des Wohnraums eingesetzt wurde.
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Diese Zulage beeinflusst die Lage des Klägers auch nicht so günstig, dass daneben
Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Wenn man nämlich bedenkt,
dass es einerseits im öffentlichen - auch fiskalischen - Interesse liegt,
einkommenschwächere Bürger bei der Anschaffung von eigenem Wohnraum als Teil
einer privaten Altersvorsorge zu unterstützen, und dass bei diesen andererseits die
Zahlung der Eigenheimzulage einen reinen Durchlaufposten darstellt und sie dadurch
keinen Cent mehr zum Leben haben, gibt es keinen Grund die Leistungen zu kürzen (so
ausdrücklich LSG Hamburg, Beschluss 07.07.2005 L 5 B 116/05 ER AS).
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Da das von der Kammer gefundene Ergebnis auch durch die mit Wirkung zum
01.10.2005 erfolgte Änderung der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie
zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld
II/Sozialgeld - vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung - bestätigt wird, war der Klage
insgesamt mit der Kostenfolge aus § 193 SGG stattzugeben.
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Die Berufung gegen dieses Urteil ist zulässig, weil Berufungsausschließungsgründe
nicht eingreifen.
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