Urteil des SozG Dortmund vom 17.11.2005

SozG Dortmund: hauptsache, eheähnliche gemeinschaft, aufschiebende wirkung, begriff, einzug, unterkunftskosten, zustand, haushalt, lebensgemeinschaft, internet

Sozialgericht Dortmund, S 22 AS 206/05 ER
Datum:
17.11.2005
Gericht:
Sozialgericht Dortmund
Spruchkörper:
22. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 22 AS 206/05 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten
zu erstatten.
Gründe:
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der
Antragstellerin vorläufig, vorbehaltlich der rechtskräftigen Entscheidung in der
Hauptsache, für die Zeit ab Eingang des Antrags bei Gericht bis zum Ende des Monats,
in dem das Gericht entscheidet, Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von
Einkommen des Herrn L zu erbringen,
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hat keinen Erfolg.
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Nach der insoweit maßgeblichen Vorschrift des § 86 b Abs. 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines
vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine
solche Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
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In diesem Sinn ist eine einstweilige Anordnung zu erlassen, wenn anderenfalls dem
Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen
Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt
werden kann. Hierbei darf die Entscheidung grundsätzlich sowohl auf eine
Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der
Hauptsache gestützt werden. Ist die drohende Rechtsverletzung sogar als schwer und
unzumutbar einzustufen und lässt sich die Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht
vollständig klären, darf das Gericht den Antrag aber nicht aufgrund einer bloß
summarischen Überprüfung der Erfolgsaussichten ablehnen, sondern muss anhand
einer Abwägung der Folgen entscheiden vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG),
Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05 -.
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In Anwendung dieser Grundsätze ist der Antrag abzulehnen. Die Antragstellerin hat
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keinen Anspruch auf die begehrten höheren Geldleistungen nach dem SGB II
(Anordnungsanspruch) glaubhaft gemacht. Es ist ihr auch zumutbar, die weitergehende
Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Denn
ihr Bedarf im Sinne des für den Lebensunterhalt Unerlässlichen ist jedenfalls gedeckt.
Neben den 0,00 EUR monatlich, die ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom
10.08.2005 für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2005 bewilligt hat, stehen ihr insoweit
ausreichende Mittel durch Herrn L zur Verfügung, mit dem sie gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 b
SGB II in eheähnlicher Gemeinschaft lebt und dessen Einkommen und Vermögen
deshalb gemäß § 9 Abs. 2 SGB II bei der Antragstellerin zu berücksichtigen ist.
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Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Antragstellerin gegen § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB
II teilt die Kammer nicht. Der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005,
Az.: S 35 SO 28/05 ER, auf den sie sich insoweit beruft, ist inzwischen vom
Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NW) mit Beschluss vom
21.04.2005, Az.: L 9 B 6/05 SO ER, unter Bezug auf das Urteil des BVerfG vom
17.11.1992, Az.: 1 BvL 8/87, aufgehoben worden. Tatsächlich ist es
verfassungsrechtlich nicht geboten, bei eheähnlichen heterosexuellen Gemeinschaften
von einer Einkommensanrechnung mit der Begründung abzusehen, dass bei
homosexuellen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ähnlichen Gemeinschaften
keine Einkommensanrechnung zwischen den Partnern vorgesehen ist. Würden die
Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft von einer Einkommensanrechnung
ausgenommen, obwohl zwischen Eheleuten eine wechselseitige Anrechnung des
Einkommens (und Vermögens) stattfindet, bedeutete dies im Gegenteil einen Verstoß
gegen Artikel 6 des Grundgesetzes.
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Eine eheähnliche Gemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II ist eine Lebensgemeinschaft
zwischen Mann und Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere
Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet,
welche ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen und damit über
die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen,
vgl. Sartorius in: Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 325, mit Hinweisen auf die
höchstrichterliche Rechtsprechung.
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Die Gewichtung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ergibt, dass
vorliegend eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zu bejahen ist:
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Ausgangspunkt ist die Feststellung einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen
der Antragstellerin und Herrn L. Dass die Antragstellerin im Haus des Herrn L wohnt, ist
unstreitig. Wie sich aus dem der Antragstellerin bekannten und von ihr insoweit
inhaltlich nicht angeriffenen Aktenvermerk über einen Hausbesuch von Bediensteten
der Antragsgegnerin am 08.06.2005 ergibt, werden alle Räume des Hauses und auch
zum Beispiel der Kleiderschrank von ihr und Herrn L gemeinsam genutzt.
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Es liegt auch eine gemeinsame Haushaltsführung vor. So hat die Antragstellerin
angegeben, dass sie im Haushalt z. B. das Kochen und den Hauptanteil des Putzens
übernehme und dass meistens Herr L mit seinem Auto den Einkauf erledige. Für eine
doppelte bzw. getrennte Haushaltsführung gibt es keinerlei Anhaltspunkte, eine solche
wird von der Antragstellerin auch nicht behauptet. Die Antragstellerin hat die Situation
im Gegenteil dahingehend beschrieben, dass sie für sich und Herrn L "den Haushalt
mache" und "dafür ja die Unterkunft bekomme". Dass die Antragstellerin und Herr L über
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getrennte Konten verfügen, fällt daneben nicht wesentlich ins Gewicht. Getrennte
Kontenführung ist auch bei Eheleuten nicht ungewöhnlich.
Über das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus lassen sich auf
der persönlichen Beziehungsebene genug weitere Indizien für die Bejahung einer
eheähnlichen Gemeinschaft feststellen. Wie Herr L bei seiner Vernehmung als Zeuge
angegeben hat, war die Initiative zum Einzug der Antragstellerin von ihm ausgegangen,
nachdem man sich näher gekommen war. Es bestehen auch weiterhin enge persönliche
Beziehungen. Die Antragstellerin selbst hat angegeben, dass man sich gut verstehe;
nach Auskunft des Zeugen unterhalten beide auch sexuelle Kontakte. Dass sich die
Antragstellerin dem Zeugen eng verbunden fühlt, findet darin Ausdruck, dass sie ihr
Verhältnis zueinander nur deshalb "nicht als richtig 100-prozentig" empfindet, weil sie
nicht weiß, ob der Zeuge will, "dass es so bleibt mit uns beiden", an ihr würde es aber
nicht scheitern.
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Der Zeuge hat in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 14.09.2005 zwar erklärt, er
sei nicht bereit, für die Antragstellerin Unterhalt zu leisten oder für ihre Verbindlichkeiten
aufzukommen. Ganz abgesehen davon, dass es im Zusammenhang mit der Frage nach
dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht um ein Einstehen für die
Verbindlichkeiten des anderen geht, (für einen Rückforderungsanspruch der
Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin müsste der Zeuge keineswegs
geradestehen), kann dieser Erklärung aber deshalb keine entscheidende Bedeutung
beigemessen werde, weil sie – jedenfalls hinsichtlich der Unterhaltsleistung für die
Antragstellerin – mit dem tatsächlichen Verhalten des Zeugen nicht in Einklang steht.
Wie die Antragstellerin im Erörterungstermin eingeräumt hat, hat sie zu keinem
Zeitpunkt zu den Unterkunftskosten beigetragen, also auch nicht in den vier Monaten, für
die ihr die Antragsgegnerin noch die volle Regelleistung in Höhe von 0,00 EUR
zuzüglich 0,00 EUR für Unterkunft und Heizung gewährt hatte, weil sie noch nichts vom
Einzug der Antragstellerin in das Haus des Zeugen wusste. Trotzdem hat der Zeuge die
Antragstellerin bei sich wohnen lassen und tut dies offenbar auch weiterhin. Denn
weder hat die Antragstellerin bisher Anlass gesehen, auch nur erste Schritte zu
unternehmen, um eine andere Unterkunft zu finden, noch hat der Zeuge ihr dies
nahegelegt. Vielmehr hat er auf die Frage des Gerichts nur erklärt, er wisse nicht, "wie
lange er den jetzigen Zustand tolerieren werde". Dass der Zeuge sich für die
Antragstellerin einsetzt und bemüht, deren Interessen zu wahren, ergibt sich z.B. auch
daraus, dass er sie eigenen Angaben zufolge bei ihren "zahlreichen Besuchen beim
Arbeitsamt meistens" begleitet. Ausweislich eines von der Antragsgegnerin übersandten
Aktenvermerks vom 28.06.2005 war dort offensichtlich sogar der Eindruck entstanden,
es handele sich um ihren Mann.
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Im Übrigen kann sich das Gericht nicht des Eindrucks erwehren, dass die Antragstellerin
und der Zeuge nicht immer in allen Punkten wahrheitsgemäß, sondern vom
Antragsbegehren geleitet vorgetragen haben. So erscheint die Angabe der
Antragstellerin, sie habe seit dem Einzug beim Zeugen zu keinem Zeitpunkt die
finanzielle Möglichkeit zu einer Beteiligung an den Unterkunftskosten gehabt, vor dem
Hintergrund der ihr bis 31.05.2005 gewährten Leistungen nicht nachvollziehbar. Die
schriftliche Erklärung der Antragstellerin und des Zeugen vom 08.06.2005, dass sie
"nicht die Betten teilten" bzw. - so die Angabe der Antragstellerin beim Hausbesuch am
08.06.2005 - "abwechselnd" im Doppelbett schliefen, hat sich bei der Vernehmung des
Zeugen als unwahr erwiesen.
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Schließlich und ganz wesentlich für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft
spricht die Tatsache, dass die Antragstellerin bei der Aufnahme ihres Antrags selbst
angegeben hat, in einer solchen Gemeinschaft zu leben. Ihr späterer Hinweis, den
Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft nicht im Sinne der Rechtsprechung gekannt zu
haben, ist unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob ihr die diesbezügliche
Rechtsprechung geläufig ist, sondern darauf, ob das, was sie selbst unter diesem Begriff
versteht, damit übereinstimmt. Das ist aber offensichtlich der Fall. Denn die
Antragstellerin hat den Begriff auf Nachfrage dahingehend umschrieben, dass davon z.
B. nicht das Zusammenwohnen von zwei Studenten erfasst werde, sondern ein
Zusammenleben "eben wie Mann und Frau".
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Das Gericht ist nach alledem zu der Überzeugung gelangt, dass dieAntragsgegnerin zu
Recht eine Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und Herrn L
angenommen hat. Insoweit sieht das Gericht auch keinen Anlass für eine weitere
Aufklärung des Sachverhalts. Nicht abschließend beurteilen lässt sich derzeit jedoch,
ob die in einer Bedarfsgemeinschaft zulässige Berücksichtigung des Einkommens und
Vermögens des anderen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft vorliegend in
rechtmäßigem Umfang vorgenommen wurde. Die Antragstellerin selbst hat insoweit
Berechnungsfehler nicht geltend gemacht, sondern die im Widerspruchsbescheid vom
12.10.2005 ausführlich dargestellten Positionen der Berechnung ausdrücklich
akzeptiert. Angesichts der vom Zeugen im Erörterungstermin überreichten Aufstellung
seiner Ausgaben, die allerdings in ihren Abweichungen zu den von der Antragsgegnerin
zugrunde gelegten Positionen bisher weder glaubhaft gemacht noch gar nachgewiesen
worden sind, ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich z. B. bei den bisher mit 0,00
EUR berücksichtigten, nunmehr aber mit 0,00 EUR angegebenen Heizkosten
Veränderungen zugunsten der Antragstellerin ergeben könnten.
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Zur Vermeidung von Missverständnissen ist allerdings darauf hinzuweisen, dass z. B.
die aufgelisteten Kosten für Kabelanschluss und Benutzung von Handy oder Internet
nach dem Recht des SGB II ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie
Tilgungsleistungen bei einem Baukredit.
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Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens können die einzelnen Abzugsposten im
Übrigen dahinstehen. Nach den oben stehenden Ausführungen ist davon auszugehen,
dass der Antragstellerin bis auf Weiteres jedenfalls die Unterkunft durch den Zeugen L
weiter gewährleistet wird. Mit den 0,00 EUR, die sie monatlich von der Antragsgegnerin
erhält, kann die Antragstellerin ihren übrigen Bedarf bis zur Entscheidung in der
Hauptsache zumutbar decken. Dieser Betrag macht immerhin noch gut 80 % der ihr
gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II zustehenden Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhalts in Höhe von 0,00 EUR aus.
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Die Regelleistung enthält u. a. Anteile für die Anschaffung von Tabakwaren,
Bekleidung, Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände sowie Aufwendungen für Freizeit
und Unterhaltung. Es ist zumutbar, sich bezüglich dieser Bedarfspositionen
vorübergehend, nämlich bis zur Entscheidung in der Hauptsache, einzuschränken.
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Wie sich aus § 31 SGB II ergibt, geht auch der Gesetzgeber davon aus, dass die
Regelleistungen über das zum Lebensunterhalt Unerlässliche hinausgehen und unter
bestimmten Voraussetzungen hierauf eingeschränkt werden können. Das zum
Lebensunterhalt Unerlässliche dürfte dabei im Hinblick auf § 31 Abs. 1 SGB II bei 70 %
der Regelleistung anzusiedeln sein, vgl. Conradis in Sozialgesetzbuch XII, Lehr- und
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Praxiskommentar, LPK-SGB XII, § 26 Rdnr. 12.
Zwar knüpft die Absenkung der Sozialleistung nach § 31 SGB II an eine Pflicht- und
Obliegenheitsverletzung des Hilfebedürftigen an, während es im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung effektiven Rechtsschutzes geht. Trotz
dieser unterschiedlichen Ausgangslage drängt es sich aber auf, der gesetzlichen
Wertung des § 31 SGB II im Rahmen des auf vorläufige Gewährung von
Regelleistungen gerichteten Eilverfahrens Rechnung zu tragen, das – vorbehaltlich der
Entscheidung in der Hauptsache – eben allein den existentiellen Bedarf sichern soll,
vgl. Grieger, in: Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 710.
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Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht in seinem vorstehend zitierten
Beschluss vom 12.05.2005 ausdrücklich die Möglichkeit anerkannt, "dass die Gerichte
den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie
zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen". In dem vom BVerfG in
Bezug genommenen Beschluss des SG Düsseldorf vom 16.02.2005, Az.: S 35 SO
28/05 ER, war entsprechend der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in
Nordrhein-Westfalen zum Bundessozialhilfegesetz, vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht
NW, Beschlüsse vom 15.09.2003, Az.: 16 B 1752/03, vom 28.05.2002, Az.: 12 B 360/02,
vom 06.11.1998, Az.: 24 B 1367/98 und vom 06.02.1997, Az.: 8 B 52/97, ein
Anordnungsgrund nur in Höhe von 80 % der Regelleistung bejaht worden -, ebenso SG
Gelsenkirchen, Beschluss vom 25.04.2005, Az.: S 11 AS 15/05 ER, ähnlich SG
Dortmund, Beschlüsse vom 20.05.2005, Az.: 31 AS 228/05 ER und vom 18.07.2005,
Az.: S 29 AS 205/05 ER.
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Der hiergegen erhobene Einwand einer sachlich nicht gerechtfertigten
Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den Verfahren nach § 86 b Abs. 1 SGG, vgl. LSG
NW, Beschluss vom 01.08.2005, Az.: L 19 B 33/05 AS ER, überzeugt nicht. Bei solchen
Verfahren geht es darum, eine bereits erlangte Rechtsposition oder einen bereits
erreichten Zustand (status quo) durch die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder
Klage vorläufig beizubehalten. Mit einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2
SGG wird demgegenüber – im Vorgriff auf die Entscheidung in der Hauptsache – eine
Veränderung des status quo angestrebt. Deshalb ist die prozessuale Lage im
Anwendungsbereich der aufschiebenden Wirkung für den Rechtsschutzsuchenden
günstiger und der vermittelte Rechtsschutz in der Rechtspraxis wesentlich wirksamer als
im Verfahren der einstweiligen Anordnung, vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-
Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Juli 2005, Vorb § 80 Rdnr. 41 f,
§ 123 Rdnr. 19. Von daher erscheint es sachlich durchaus naheliegend, den Grundsatz
der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren der einstweiligen
Anordnung strenger anzuwenden.
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Nach alledem kann die Antragstellerin darauf verwiesen werden, die Entscheidung im
Hauptsacheverfahren darüber abzuwarten, ob ihr außer den bewilligten 0,00 EUR pro
Monat noch weitere Geldbeträge zustehen, die ihr dann gegebenenfalls nachzuzahlen
wären.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
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