Urteil des SozG Detmold vom 04.08.2010

SozG Detmold (zeuge, antragsteller, konto, anordnung, gesetzliche vermutung, abgrenzung zu, gemeinschaftliches konto, überwiegende wahrscheinlichkeit, wirtschaftliche einheit, antrag)

Sozialgericht Detmold, S 8 AS 1408/10 ER
Datum:
04.08.2010
Gericht:
Sozialgericht Detmold
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 8 AS 1408/10 ER
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 9 AS 1471/10 B ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
1
I.
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Die Antragsteller begehren im vorliegenden Verfahren die Gewährung höherer
Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Zeugen T Q als Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft.
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Die am 00.00.1965 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter des am 00.00.1994
geborenen Antragstellers zu 2). Die Antragsteller bewohnen ein Haus in der Nstraße 0
in C mit einer Wohnfläche von 85 m². Des Weiteren wohnen dort zwei weitere Söhne
der Antragstellerin zu 1), N1 M, geboren am 00.00.2001 und B M, geboren am
00.00.2003 sowie der Zeuge T Q. Die Antragstellerin zu 1) bezog das Haus mit ihren
Söhnen N1 und B M zum 01.11.2009, nachdem sie zuvor in O gewohnt hatte und auch
dort Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte. Der Zeuge T Q, der zuvor in M1
wohnhaft und im Leistungsbezug war, zog zum 01.12.2009 ein. Erst im Februar 2010
zog der Antragsteller zu 2), der zunächst in O verblieben war, zu der Antragstellerin zu
1). Der Umzug war durch den Leistungsträger in O mit Bescheid vom 14.09.2009
genehmigt worden unter der Bedingung, dass der neue Leistungsträger die Wohnung
als angemessen erachte.
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Die Antragstellerin zu 1) bezieht für die Kinder N1 und B M Kindergeld in Höhe von
164,00 EUR und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) in Höhe von
158,00 EUR. Für den Antragsteller zu 2) bezieht sie ebenfalls Kindergeld in Höhe von
164,00 EUR.
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Am 22.10.2009 beantragte die Antragstellerin zu 1) erstmals die Gewährung von
Leistungen nach dem SGB II ab 01.11.2009 bei der Antragsgegnerin, die diese auch
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gewährte. Ab dem 01.12.2009 gewährte sie Leistungen auch für den Zeugen Q, wobei
sie diesen sofort als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft behandelte. Auf ihren
Fortzahlungsantrag vom 24.03.2010 bewilligte die Antragsgegnerin sodann mit
Bewilligungsbescheid vom 27.04.2010 Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2010 bis
31.10.2010.
Am 11.05.2010 teilte die Antragstellerin zu 1) der Antragsgegnerin mit, dass sich der
Zeuge T Q am 08.05.2010 von ihr getrennt habe. Am 11.06.2010 teilte sie mit, dass der
Zeuge am 29.05.2010 wieder bei ihr eingezogen sei. Ebenfalls am 11.06.2010 teilte der
Zeuge der Antragsgegnerin mit, dass er dringend einen Einstellungsbescheid benötige,
da er ab dem 03.05.2010 eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der
Rentenversicherung durchlaufe und Übergangsgeld hierfür nur gezahlt werde, wenn ein
Einstellungsbescheid vorgelegt würde. Mit weiteren Schreiben vom 11.06.2010 baten
die Antragsteller zudem wiederholt um Genehmigung eines Umzuges. Zur Begründung
führten sie aus, dass sie mit fünf Personen auf 80 m² lebten. Der Zeuge T Q habe zwei
Töchter, die regelmäßig zu Besuch kämen; für sieben Personen sei die Wohnung zu
klein. Zudem gebe es Schimmel im Schlafzimmer der Eltern.
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Am 25.06.2010 verfügte die Antragsgegnerin sowohl gegenüber den Antragstellern als
auch gegenüber dem Zeugen T Q eine vorläufige Zahlungseinstellung gemäß § 40 Abs.
1 S. 1 SGB II in Verbindung mit § 331 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), da
die Zahlung von Übergangsgeld an den Zeugen zu erwarten sei.
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Am 29.06.2010 haben die Antragsteller hierauf den Erlass einer einstweiligen
Anordnung beantragt. Sie führen aus: Die Antragsgegnerin ginge unzutreffend davon
aus, dass es sich bei der Antragstellerin und dem Zeugen T Q um eine
Bedarfsgemeinschaft handele. Es bestünde kein wechselseitiger Wille, füreinander
einzustehen. Die Antragsteller lebten erst seit Dezember 2009 zusammen. Eine
Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft könne regelmäßig erst ab einem
Zusammenleben von einem Jahr angenommen werden. Es gebe keine Befugnis, über
Einkommen oder Vermögen zu verfügen. Zudem werde das Übergangsgeld derzeit
noch nicht gezahlt.
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Am 12.07.2010 haben die Antragsteller sodann mitgeteilt, dass dem Zeugen T Q
Übergangsgeld in Höhe von 617,14 EUR am 09.07.2010 ausgezahlt worden sei und am
12.07.2010 Fahrtkosten in Höhe von 146,00 EUR. Die Antragsgegnerin hat sodann mit
Änderungsbescheid vom 24.07.2010 die Leistungen der Antragsteller neu unter
Berücksichtigung des Einkommens aus Übergangsgeld berechnet, wobei sie weiterhin
den Zeugen T Q als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft im Rahmen der Berechnung
berücksichtigt und das ihm zugeflossene Übergangsgeld entsprechend auf die
Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt.
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Die Antragsteller haben daraufhin an dem vorliegenden Eilantrag festgehalten mit der
Begründung, eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft liege nicht vor.
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Die Antragsteller beantragen nunmehr schriftsätzlich sinngemäß,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen
vorläufig Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ohne
Berücksichtigung des Zeugen T Q als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu gewähren.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung führt sie aus: Es handele sich bei der Antragstellerin zu 1) und dem
Zeugen T Q um eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II. Die Antragsteller
wirtschafteten gemeinsam. Dies könne man anhand der vorgelegten Kontoauszüge
ersehen. Hier würden beispielsweise Beträge für das Auto abgebucht, das im Eigentum
des Zeugen Q stünde. Zudem würden auch Kinder gemeinsam versorgt.
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Die Antragsteller haben zwischenzeitlich einen weiteren Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung gestellt. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen S 8 AS
1574/10 ER geführt. In dem Verfahren begehren die Antragsteller die Zustimmung zum
Umzug, da das Haus in der Nstraße 0 für fünf Personen sowie die besuchsweisen
Aufenthalte der sechs und sieben Jahre alten Töchter des Zeugen Q nicht groß genug
sei.
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Das Gericht hat zur weiteren Sachaufklärung einen Termin zur Erörterung des
Sachverhaltes am 03.08.2010 durchgeführt und die Antragstellerin zu 1) zu ihrer
Beziehung zu dem Zeugen T Q und zu ihrer Lebenssituation angehört. Zudem hat das
Gericht Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen T Q. Wegen des
Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
vom 03.08.2010 Bezug genommen.
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Im Nachgang zum Termin hat die Antragsgegnerin ein Protokoll über einen Hausbesuch
am 29.07.2010 übersandt. Auf das Protokoll wird wegen der Einzelheiten Bezug
genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der
Gerichtsakte zu dem Verfahren S 8 AS 1574/10 ER, die bei der Entscheidung
vorgelegen haben, Bezug genommen.
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II.
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Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
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Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine
einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr
besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung
eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.
Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines
vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine
solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die
Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen
Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der
der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll,
sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der
Anordnung begründet, voraus.
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Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander,
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es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den
Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden
Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen
Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG –
Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnrn. 27 und 29 m. w. N.). Ist die Klage in der
Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige
Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil
ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache
dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen
Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen
Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen
Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des
Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und
Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu
entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers
umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die
Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss
vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05).
Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der
Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft zu machen. Die
Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die
tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des
Anordnungsgrundes (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).
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Hiervon ausgehend haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft
gemacht. Die Antragsteller haben keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen
nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des Zeugen T Q als Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft. Nach Auffassung des Gerichts bilden die Antragstellerin zu 1) und
der Zeuge T Q eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II.
Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft als Partner des
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach
verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung
füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
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Gemäß § 7 Abs. 3a SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu
tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr
zusammen leben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder
oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder
Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs.
3a SGB II vor, trägt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die objektive Beweislast für das
Vorliegen des Gegenteils. Will ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die gesetzliche
Vermutung widerlegen, muss er damit einen Beweis dahingehend erbringen, dass
entweder die von der Vermutungsregelung vorausgesetzten Hinweistatsachen nicht
vorliegen oder aber andere Hinweistatsachen vorliegen, die die Vermutung entkräften,
es sei der wechselseitige Wille vorhanden, Verantwortung füreinander zu tragen und
füreinander einzustehen (vgl. LSG NRW v. 11.08.2008, Az.: L 19 B 132/08 AS ER
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m.w.N.). Im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist entsprechend
anstelle des Vollbeweises die Glaubhaftmachung erforderlich.
Hiervon ausgehend ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die leistungsrechtliche
Behandlung der Antragstellerin zu 1) und des Zeugen T Q als Bedarfsgemeinschaft im
Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB II nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin zu 1) und
der Zeuge T Q bilden eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne der
Vorschrift. Die Gesamtschau der vorliegenden Indiztatsachen insbesondere unter
Berücksichtigung der Angaben der Antragstellerin zu 1) im Erörterungstermin und der
Angaben des Zeugen bestätigt nach Auffassung des Gerichts vielmehr das Vorliegen
einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB
II.
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Zunächst leben die Antragstellerin zu 1) und der Zeuge T Q in einem gemeinsamen
Haushalt zusammen. Hierbei reicht es für die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft in
Abgrenzung zu einer bloßen Wohngemeinschaft nicht aus, dass die Partner in einem
Haushalt wohnen. Vielmehr muss über die bloße Wohngemeinschaft hinaus der
Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft gemeinsam geführt werden. Dies ist
regelmäßig dann der Fall, wenn die Partner "aus einem Topf" wirtschaften. Für das
Vorliegen einer solche Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft spricht zunächst bereits
die räumliche Wohnsituation in dem gemeinsam bewohnten Haus in der Nstraße 0 in C.
So wird das Haus mit seiner gesamten Wohnfläche im Wesentlichen gemeinsam von
der Antragstellerin und ihren Kindern und dem Zeugen T Q genutzt. Eine echte
Trennung der Wohnbereiche gibt es nicht. Zwar haben die Antragstellerin zu 1) und der
Zeuge T Q im Erörterungstermin am 03.08.2010 geschildert, dass sie getrennt schlafen
würden. So nutze die Antragstellerin zu 1) ein Zimmer im ersten Obergeschoss, der
Zeuge T Q schlafe dagegen auf einer Schlafcouch im Wohnzimmer. Zudem verfügten
sie über zwei Kühlschränke. Allein hieraus vermag das Gericht aber nicht eine
Trennung der Wohnbereiche, wie sie für eine Wohngemeinschaft typisch ist, mit
zumindest einer räumlichen Rückzugsmöglichkeit für jeden Bewohner, zu erkennen. So
wird das Wohnzimmer, in dem der Zeuge T Q auf einer Schlafcouch nächtigt, tagsüber
auch von allen anderen Hausbewohnern genutzt. Allein die Möglichkeit, abends mit
Vorhängen eine Abtrennung zu erreichen, führt nicht zu einer räumlichen Trennung der
Wohnbereiche. Und in dem Zimmer der Antragstellerin zu 1) befindet sich nach den
Bekundungen der Antragstellerin und des Zeugen auch noch der Kleiderschrank des
Zeugen T Q, so dass hier auch eine Mitnutzung des Raumes durch den Zeugen T Q
stattfindet. Des Weiteren werden die Möbel der Antragstellerin und des Zeugen im
Wesentlichen gemeinsam genutzt. So handelt es sich bei dem Schlafsofa, das der
Zeuge benutzt, nach den Angaben im Termin um das Sofa der Antragstellerin. Der
Zeuge hat hierzu bekundet, dass ein eigenes ihm gehörendes Sofa nicht mehr zu
gebrauchen gewesen sei, weswegen er es aus seiner Wohnung nicht mitgenommen
habe. Geschirr und Küchengeräte werden nicht getrennt aufbewahrt, sondern von
beiden gemeinsam genutzt. Soweit die Antragstellerin und der Zeuge auf die beiden
Kühlschränke verweisen, so vermag dieser Umstand die weiteren Indizien in der
Gesamtschau nicht zu entkräften. Soweit verschiedene Lebensmittel angeschafft
werden, beruht dies im Wesentlichen auf den unterschiedlichen Geschmäckern der
Antragstellerin und des Zeugen, worauf diese wiederholt hingewiesen haben.
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Darüber hinaus spricht auch die Abwicklung der finanziellen Belange der Antragstellerin
zu 1) und des Zeugen T Q für das Vorliegen einer Haushalts- und
Wirtschaftsgemeinschaft. Hierbei ist für das Gericht nicht alleine entscheidend, dass die
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Leistungen der Antragsgegnerin insgesamt, auch die auf den Zeugen T Q entfallenden
Beträge, auf das Konto der Antragstellerin zu 1) überwiesen wurden, denn dies
entspricht der gängigen Verwaltungspraxis in Fällen der Einstands- und
Verantwortungsgemeinschaft. Jedoch wurden über das Konto der Klägerin auch
zahlreiche Transaktionen des Zeugen T Q abgewickelt. So wurden nach den Angaben
des Zeugen und der Antragstellerin zu 1) hierüber Verbindlichkeiten des Zeugen T Q
bedient wie eine Ratenzahlungsvereinbarung über eine Autoreparatur aus Dezember
2009 in Höhe von 70,00 EUR monatlich, des Weiteren Versicherungsbeiträge gezahlt
und Handyaufladungen getätigt. Auch Käufe im Internet wickelt der Zeuge über das
Konto der Antragstellerin zu 1) ab. Die Antragstellerin zu 1) hat geschildert, dass sie
dem Zeugen sodann monatlich das verbleibende Geld unter Abzug der von ihrem Konto
abgebuchten Beträge in bar aushändige, etwa 200,00 bis 250,00 EUR monatlich.
Letztlich nutzen die Antragstellerin zu 1) und der Zeuge damit das Konto der
Antragstellerin wie ein gemeinschaftliches Konto. Darüber hinaus haben die
Antragstellerin zu 1) und der Zeuge sich auch wechselseitig Kontovollmachten erteilt,
die beiden einen Zugriff auf das Konto des anderen ermöglichen. Bei dieser
Handhabung kann von einer strengen Trennung der Wirtschaftsbereiche der Partner
nicht mehr ausgegangen werden. So hätten die finanziellen Verhältnisse auch
dergestalt geregelt werden können, dass die Antragstellerin dem Zeugen T Q den
jeweils auf ihn entfallenden Teil der Leistungen aushändigt oder per Dauerauftrag auf
dessen Konto überweist und dieser damit seine Verbindlichkeiten bedient. Selbst wenn
die Leistungen der Antragsgegnerin einschließlich des auf den Zeugen T Q
entfallenden Teils auf ein Konto, nämlich das der Antragstellerin zu 1), überwiesen
werden, erfordert dies nicht zwingend die Abwicklung sämtlicher Transaktionen sowohl
der Antragstellerin als auch des Zeugen über nur dieses Konto. Eine Entscheidung
hierfür legt vielmehr nahe, dass sich Partner auch als wirtschaftliche Einheit begreifen,
der insgesamt ein bestimmter Geldbetrag zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zur
Verfügung steht. Die durch das Wirtschaften über ein Konto erzeugte finanzielle
Verflechtung geht regelmäßig über das in einer reinen Wohngemeinschaft übliche
gemeinsame Wirtschaften wie den gemeinsamen Einkauf von Grundnahrungsmitteln
oder Verbrauchsgütern wie Putzmitteln hinaus. Demgegenüber fällt es nach Auffassung
des Gerichts auch nicht ins Gewicht, dass der Antragsteller sodann die von ihm
verbrauchten Lebensmittel aus den von der Antragstellerin bar ausgezahlten Mittel
bezahlt.
In subjektiver Hinsicht besteht auch ein wechselseitiger Wille, Verantwortung
füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dies schließt das Gericht
insbesondere auch daraus, dass die Antragstellerin zu 1) und der Zeuge T Q sich
wechselseitig Kontovollmachten für ihre Konten erteilt haben, damit der jeweils andere
im Notfall, insbesondere im Falle eines Krankenhausaufenthaltes, auf das Konto
zugreifen und Geld abheben kann. Gerade aus der Tatsache, dass die beiden damit
offenbar davon ausgehen, dass der andere sich im Notfall kümmern werde, kann aber
nach Auffassung des Gerichts auf einen wechselseitigen Einstandswillen geschlossen
werden.
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Des Weiteren sprechen auch die persönlichen Beziehungen für das Vorliegen einer
Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft. So haben die Antragstellerin zu 1) und
der Zeuge T Q im Termin geschildert, dass die beiden jüngeren Söhne der
Antragstellerin zu 1) den Zeugen T Q mit "Papa" ansprechen, was für eine enge
emotionale Beziehung zwischen den Beteiligten spricht. Auch die Tatsache, dass
nunmehr wiederum ein gemeinsamer Umzug geplant ist, der die bessere Betreuung der
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Töchter des Zeugen T Q ermöglichen soll und um dessen Genehmigung bereits ein
weiteres Eilverfahren geführt wird, zeigt, dass die Antragstellerin und der Zeuge T Q
über eine gemeinsame Zukunftsplanung verfügen, der sie einen hohen Stellenwert
beimessen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG analog.
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