Urteil des SozG Detmold vom 24.09.2007

SozG Detmold: freizügigkeit der arbeitnehmer, arbeitslosenversicherung, arbeitslosigkeit, versicherungspflicht, verrechnung, rechtskraft, rechtsnorm, beendigung, arbeitsentgelt, datum

Sozialgericht Detmold, S 4 AL 40/07
Datum:
24.09.2007
Gericht:
Sozialgericht Detmold
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
S 4 AL 40/07
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
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I.
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Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur
Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer gem. § 421 j Drittes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) für seine Beschäftigung bei der Bandfabrik C. in der Schweiz in der Zeit vom
01.01.2006 - 30.11.2006.
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Der 1947 geborene Kläger bezog von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) ab
06.03.2004 bis zu seiner selbständigen Tätigkeit, die er vom 15.10.2004 bis 30.06.2005
ausübte. Vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 war der Kläger erneut arbeitslos. Zum
01.01.2006 nahm er eine Beschäftigung in der Schweiz auf, die er bis zum 30.11.2006
fortführte.
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Am 06.03.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Entgeltsicherung
für ältere Arbeitnehmer für seine ab 01.01.2006 in der Schweiz aufgenommene
Beschäftigung. Die Beklagte ließ die verspätete Antragstellung im Hinblick auf die
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 08.02.2007 (Az.: B 7a AL
22/06 R) zu. Sie wies den Antrag des Klägers aber mit Bescheid vom 08.05.2007 als
unbegründet zurück, da seine Beschäftigung in der Schweiz nicht in der Bundesrepublik
Deutschland zur Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei (§ 421 j
Abs. 1 SGB III i.V.m. §§ 24 ff. SGB III).
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Hiergegen legte der Kläger am 11.05.2007 Widerspruch ein, den die Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 25.06.2007 als unbegründet zurückwies. Sie führte im
Wesentlichen aus, Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet hätten und ihre
Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
beendeten oder vermieden, hätten gem. § 421 j SGB III beim Vorliegen der sonstigen
Anspruchsvoraussetzungen Anspruch auf Entgeltsicherung. Die Bestimmungen über
die Versicherungspflicht und -freiheit in der Arbeitslosenversicherung seien in §§ 24 - 28
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SGB III und §§ 1 - 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) enthalten. Diese
Vorschriften beträfen nur Personen, die in Deutschland beschäftigt seien.
Hiergegen hat der Kläger am 04.07.2007 Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor,
er habe sich vor der Arbeitsaufnahme in der Schweiz bei der Beklagten erkundigt, ob
die Möglichkeit bestehe, eine Entgeltsicherung zu erhalten. Dieses sei ihm gegenüber
telefonisch abgelehnt worden, da er im Ausland arbeiten würde. Gem. der Erklärung E III
01 seien aber auch für Auslandstätigkeiten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu
bewilligen. Zudem könnten Verrechnungen mit dem Ausland erfolgen. Dass seine
Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland nicht zur Arbeitslosenversicherung
versicherungspflichtig gewesen sei, stehe der Leistungsbewilligung nicht entgegen,
denn schließlich habe er während seiner Beschäftigung in der Schweiz monatlich 5,05
% seines Bruttogehaltes in die dortige Schweizer Arbeitslosenversicherung eingezahlt,
was sich auch aus seinen Gehaltsabrechnungen ergebe. Insoweit könne und müsse
daher eine Verrechnung dieser Beiträge mit den ansonsten in der Bundesrepublik
Deutschland zu zahlenden Arbeitslosenversicherungsbeiträgen erfolgen, denn er habe
als Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet habe, seine bis dahin bestehende
Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer - wenn auch im Ausland -
versicherungspflichtigen Beschäftigung beendet. Ihm stehe somit ein Anspruch auf
Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer zu.
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Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.05.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25.06.2007 zu verurteilen, ihm für seine in der Zeit vom
01.01.2006 bis 30.11.2006 in der Schweiz bei der Bandfabrik C. ausgeübte
Beschäftigung Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer nach § 421 j
SGB III nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält an der getroffenen Entscheidung unter Bezugnahme auf die Ausführungen im
Widerspruchsbescheid fest.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung
vorgelegen haben, Bezug genommen.
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II.
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Gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche
Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen
Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt
ist.
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Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der angefochtene Bescheid vom 08.05.2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 25.06.2007 ist nicht rechtswidrig und beschwert den
Kläger nicht in seinen Rechten gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte lehnt es
zurecht ab, dem Kläger für die Zeit seiner Beschäftigung in der Schweiz vom 01.01.2006
bis 30.11.2006 Entgeltsicherungsleistungen für ältere Arbeitnehmer zu gewähren.
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Gem. § 421 j SGB III haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, und
ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie
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1.einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung
noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen
Anspruch auf Arbeitlosengeld über mindestens die gleiche Dauer hätten, 2.ein
Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche
Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht (§ 421 j Abs. 1 SGB III
a.F.).
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Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben, denn die von dem
Kläger zum 01.01.2006 zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit in der Schweiz
aufgenommene Beschäftigung erfüllt nicht die an die "Aufnahme einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung" i.S.v. § 421 j Abs. 1 SGB III zu stellenden
Voraussetzungen.
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Aufgenommen werden muss eine versicherungspflichtige Beschäftigung. Unter welchen
Voraussetzungen das Beschäftigungsverhältnis der Versicherungspflicht unterliegt ist
§§ 24 ff. SGB III zu entnehmen (Brandts in: Niesel, Komm. zum SGB III, 3. Aufl., § 421 j
Anm. 3). Diese Vorschriften regeln die Versicherungspflicht zur
Arbeitslosenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beschäftigung des
Klägers in der Schweiz war jedoch danach nicht in Deutschland zur
Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Der Kläger war unstreitig zur
schweizerischen Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Dorthin wurden auch
monatlich 5,05 % seines Bruttogehaltes eingezahlt, wie sich aus seinen
Gehaltsabrechnungen aus der schweizerischen Tätigkeit ergibt.
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Entgegen der Auffassung des Klägers kann, da die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, auch
keine Verrechnung der in die Schweizer Arbeitslosenversicherung eingezahlten
Beträge mit den ansonsten in der Bundesrepublik Deutschland zu zahlenden
Arbeitslosenversicherungsbeiträgen erfolgen. Erwägungen, wie sie die 3. Kammer des
Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 11.01.2007 (Rechtssache C 208/05) im
Hinblick auf die zu gewährleistende Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb von EU-
Mitgliedstaaten bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
angestellt hat, sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da die Schweiz nicht EU-
Mitglied ist. Eine Sonderregelung, wie z.B. der Gesetzgeber in § 53 Abs. 3 SGB III für
die Gewährung von Mobilitätshilfen ausdrücklich vorgesehen hat, die auch zur
Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland erbracht werden können, sieht § 421 j SGB
III nicht vor.
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Das Gericht sieht keine im Falle des Klägers anwendbare Rechtsnorm, die die
Gewährung von Entgeltsicherungsleistungen für ältere Arbeitnehmer für den Kläger
ermöglichen könnte. Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die die Leistung nach § 421 j
SGB III einschließen, sind für das Gericht nicht erkennbar.
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Nach allem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 193, 183
SGG.
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