Urteil des SozG Detmold vom 23.12.2008

SozG Detmold: wohnung, örtliche zuständigkeit, unterkunftskosten, eltern, gemeinde, notlage, unterlassen, rechtskraft, befragung, besitz

Sozialgericht Detmold, S 7 AS 309/08 ER
Datum:
23.12.2008
Gericht:
Sozialgericht Detmold
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 7 AS 309/08 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller die
Unterkunftskosten für die Wohnung "L Straße 00, I" für den Zeitraum
01.12.2008 bis einschließlich März 2009 zu gewähren. Die
Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstelllers.
Gründe:
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I.
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Die Beteiligten streiten über die Übernahme der Kosten der Unterkunft für den
Antragsteller.
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Der Antragsteller beantragte am 13.11.2008 bei der Antragsgegnerin die Übernahme
der Unterkunftskosten für die anzumietende Wohnung in "L Straße 00, I". Zur
Begründung des Antrages gab er an, zu beabsichtigen am 01.12.2008 die oben
genannte Wohnung anzumieten. Hintergrund sei, dass er aufgrund von Mietschulden
seine ehemalige Wohnung in der Anschrift "I1 Straße 00, I" habe verlassen müssen. Er
sei seitdem obdachlos. Ein Wiedereinzug bei dem Vater sei nicht zumutbar. Er sei
ungefähr eine Woche vor seinem 18. Geburtstag, am 00.00.2001, aus der väterlichen
Wohnung ausgezogen, da er von diesem körperlich misshandelt und letztendlich aus
dem "Hause" geworfen worden sei. Er habe bereits vorher regelmäßig Prügel und
Schläge von seinem Vater erhalten. Anlass seien jeweils Nichtigkeiten und wenig
bedeutsame Dinge gewesen. Der Vater müsse als "Schlägertyp" charakterisiert werden,
der wahllos und willkürlich auf den Antragsteller eingeprügelt habe.
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Der Antragsteller hat zugleich vorgetragen, dass er nicht bei seiner Freundin in F
wohne, da er dort nicht wohnen könne. Die Freundin wohne noch bei ihren Eltern und
sei über die Woche in N auf einem Lehrgang. Bereits daher könne er sich dort nicht
aufhalten.
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Mit Bescheid vom 24.11.2008 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der
Unterkunftskosten für die Wohnung "L Straße 00, I" mit der Begründung ab, dass eine
unmittelbar bevorstehende Obdachlosigkeit nicht nachgewiesen worden sei. Der
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Antragsteller sei vielmehr auf die Wohnung der Eltern zu verweisen.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 01.12.2008 Widerspruch ein und
stellte zugleich Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den sachbearbeitenden Mitarbeiter
der Antragsgegnerin.
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Mit dem am 17.12.2008 bei dem erkennenden Sozialgericht eingegangenen Antrag auf
einstweiligen Rechtsschutz begehrt der Antragsteller die Übernahme der geltend
gemachten Kosten der Unterkunft durch die Antragsgegnerin. Er verweist auf die zur
Zeit bestehende Obdachlosigkeit und die Unzumutbarkeit bei dem eigenen Vater
Unterkunft zu nehmen.
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Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
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die Übernahme der Unterkunftskosten für die Wohnung in der "L Straße 00, I" durch die
Antragsgegnerin.
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Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie verweist darauf, dass sich nach ihren Erkenntnissen der Antragsteller überwiegend
in F bei der Freundin aufhalte. Bereits daher sei die Zuständigkeit der Gemeinde
Hüllhorst nicht gegeben. Es sei weder ein Anordnungsanspruch noch ein
Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Ergänzend verweist die Antragsgegnerin
auf eine Stellungnahme der Gemeinde Hüllhorst, wonach der Antragsteller sich
überwiegend bei seiner Freundin im Raum F aufhalte. Er sei nach seiner letzten
Vorsprache auch nicht wieder in Erscheinung getreten. Der Antragsteller hat ab
19.12.2008 dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich
259,80 EUR. Diese kommen allerdings zur Zeit aufgrund einer festgestellten Sperrzeit
nicht zur Auszahlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und die Erklärungen der Beteiligten Bezug genommen.
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II.
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Die Ablehnung von Leistungen, hier Kosten der Unterkunft, an den Antragsteller ist
rechtswidrig.
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Zu Unrecht hat die Antragsgegnerin es mit dem Bescheid vom 24.11.2008 abgelehnt,
die Unterkunftskosten für die angemietete Wohnung "L Straße 00, I" zu übernehmen.
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Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine
einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung
wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Diese Voraussetzungen sind vorliegend für
den Zeitraum 01.12.2008 bis einschließlich März 2009 gegeben.
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Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der
Unterkunft zu haben. Der Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass
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der Antragsteller Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung inne hat.
Denn nach dem auch von der Antragsgegnerin zugrunde gelegten Sachverhalt ist der
Antragsteller zur Zeit obdachlos. Es ist der Antragsgegnerin nicht gelungen, den Vortrag
des Antragstellers zu entkräften, dass dieser zur Zeit über keinen festen Wohnsitz
verfügt, bei seiner Freundin in F die Woche über nicht wohnen kann und zugleich aus
erheblichen persönlichen Gründen nicht in der Wohnung des Vaters wohnen kann. Die
pauschalen Behauptungen der Antragsgegnerin, es sei dem Antragsteller sehr wohl
zumutbar dort Unterkunft zu nehmen, können auf keinerlei Tatsachen gestützt werden.
Durch seine eidesstattliche Versicherung hat der Antragsteller überzeugend dargelegt,
dass er aufgrund von Gewalttätigkeiten nicht Unterkunft bei seinem Vater nehmen kann.
Aus Sicht des Gerichts hat die Antragsgegnerin es auch unterlassen, dem Antragsteller
durch vorläufige Leistungen dasjenige zukommen zu lassen, was notwendig wäre, um
eine soziale Notlage auszuschließen. Soweit die Antragsgegnerin wesentlich auf eine
örtliche Unzuständigkeit abstellt, ist sie auf § 36 SGB II zu verweisen. Hiernach
bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit im Falle des Fehlens eines festen Wohnsitzes
nach dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts. Das Gericht räumt ein, dass dies in
Anbetracht der Obdachlosigkeit des Antragstellers nur schwer zu bestimmen ist. Jedoch
hätte es nahe gelegen, bei der Bearbeitung des Antrages des Antragstellers von den
Angaben des Antragstellers auszugehen. Wesentliche Erkenntnismöglichkeiten, zum
Beispiel eine eingehende Befragung der Freundin des Antragstellers, sind von der
Antragsgegnerin unterblieben.
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Ein Anspruch des Antragstellers scheitert auch nicht an einem etwaigen Bezug von
Arbeitslosengeld I. Zum Einen ist der Antragsteller aufgrund der Sperrzeit zur Zeit
ohnehin nicht im Besitz dieser Leistungen. Zugleich aber sind Arbeitslosengeld I-
Leistungen in Höhe von monatlich 259,80 EUR nicht anspruchsausschließend, sondern
ergeben einen ergänzenden Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Das Gericht
hält es daher für vorübergehend notwendig, dem Antragsteller Leistungen für die Kosten
der Unterkunft bis zumindest Ende März 2009 zu bewilligen. In diesem Zeitraum wird es
der Antragsgegnerin ausreichend möglich sein, einen weiter bestehenden Anspruch
umfassend und ausreichend zu prüfen.
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Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
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