Urteil des SozG Detmold vom 29.07.2004

SozG Detmold (kläger, behinderung, grad, psychiatrisches gutachten, bewertung, belastung, gutachten, erkrankung, leben, bluthochdruck)

Sozialgericht Detmold, S 7 SB 66/03
Datum:
29.07.2004
Gericht:
Sozialgericht Detmold
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 7 SB 66/03
Sachgebiet:
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)
der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers mit 40 oder mehr festzustellen ist.
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Der Kläger wurde am 00.00.1942 geboren.
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Er beantragte am 27.01.2003 erstmals, den bei ihm vorliegenden GdB festzustellen.
Den Antrag begründete der Kläger mit dem akut erlittenen Hinterwandherzinfarkt,
seinem Schlafapnoesyndrom in Rückenlage und absoluter Spinalkanalstenose L4/5.
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Der Beklagte zog einen Befundbericht des behandelnden Hausarztes bei und ließ
diesen versorgungsärztlich auswerten. Anschließend erließ er den angefochtenen
Bescheid vom 21.05.2003. Darin stellte er den Gesamt-GdB des Klägers mit 40 fest
aufgrund folgender Einzelleiden:
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1. Herzmuskeldurchblutungsstörung, Stentversorgung, Infarktnarbe, Bluthochdruck mit
einem Einzel-GdB von 30
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2. Funktionsstörung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenenge mit einem Einzel-GdB von 20.
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Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der GdB sei zu gering bewertet worden.
Die behandelnden Ärzte hätten ihm empfohlen, sich keinen Belastungen mit einem Puls
von mehr als 120 Schlägen pro Minute auszusetzen.
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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2003 zurück.
Die Argumentation des Klägers führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung des
GdB.
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Mit der dagegen gerichteten Klage begehrt der Kläger die Anerkennung als
Schwerbehinderter. Zur Begründung schildert er sein Leben und insbesondere seine
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besonderen körperlichen Aktivitäten vor dem Herzinfarkt im Hinblick auf den damals
angestrebten Marathonlauf, er schildert den erlittenen Infarkt und die daraus
resultierenden körperlichen Einschränkungen und Ängste. Die Ärzte hätten ihm
inzwischen sogar empfohlen, körperliche Belastungen mit einem Puls von über 100
Schlägen pro Minute zu vermeiden. Die relativ positive Bewertung seines
Gesundheitszustands im Reha-Entlassungsbericht treffe nicht zu. Er sei als früher
besonders sportlich aktive Person stärker betroffen durch die nun vorliegenden
körperlichen Einschränkungen als andere, weniger sportlich aktive Personen. Das
müsse bei der Bestimmung des GdB berücksichtigt werden. Ein GdB von 40 sei daher
nicht angemessen. Die Bewertung des GdB für die Herzleistungsminderung lehne er ab,
soweit sie hauptsächlich auf den Daten beruhe, die bei einem
Belastungselektrokardiogramm (EKG) ermittelt worden seien. Vielmehr solle ein
Belastungstest durchgeführt werden in Form einer drei- bis vierstündigen Wanderung
mit einer Geschwindigkeit von 3 - 4 km/h. Dabei solle ein Dauer-EKG durch einen
Kardiologen erstellt werden. Es würde sich zeigen, dass die körperlichen
Einschränkungen gravierender seien als bisher festgestellt.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.05.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.06.2003 zu verurteilen, den GdB des Klägers ab
Dezember 2002 mit zumindest 50 zu bewerten.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen und die
Argumentation im Verwaltungsverfahren.
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Das Gericht hat zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes Befund- und
Behandlungsberichte beim Allgemeinmediziner Dr. F aus B und beim Internisten Dr. G
aus Q eingeholt. Anschließend hat es weiter Beweis erhoben durch ein internistisch-
kardiologisches Gutachten von Dr. B2, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von
Dr. Y und ein orthopädisches Gutachten von Dr. C. Wegen der Ergebnisse und des
Inhalts wird auf die Gutachten vom 30.01., 08.04. und 23.042004 verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Bescheid vom 21.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
26.06.2004 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch den Bescheid nicht beschwert im
Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Er hat keinen Anspruch auf
die Feststellung eines höheren GdB als 40.
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Nach § 69 Abs. 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die für die
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Durchführung des Bundesversorgungsgesetztes (BVG) zuständigen Behörden auf
Antrag das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest.
Menschen gelten gem. § 2 Abs. 1 SGB IX als behindert, wenn ihre körperlichen
Funktionen, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit
länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen
und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
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Der Kläger hat danach keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Feststellung, als vor
dem Herzinfarkt sportlich sehr aktiver Mensch durch die eingetretenen
Leistungseinbußen besonders stark betroffen zu sein und deshalb einen
verhältnismäßig höheren GdB zu erhalten als jemand mit einem für das Lebensalter von
Anfang 60 typischen Allgemein- und Ausdauerzustand.
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Die Auswirkungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der
Behinderung nach 10er Graden abgestuft festgestellt, § 69 Abs. 1 S. 3 SGB IX. Für den
Grad der Behinderung gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten
Maßstäbe entsprechend, § 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX. Zur Bewertung der einzelnen
Gesundheitsstörungen (Einzel-GdB) und des Gesamt-Grades der Behinderung
(Gesamt-GdB) sind die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz von 1996 (AHP 1996)
bzw. ab Mai 2004 die AHP 2004 zugrunde zu legen (vgl. zum Zeitpunkt der Anwendung
neuer Anhaltspunkte das Urteil des BSG vom 11. Oktober 1994, Az. 9 RVs 1/93 m.w.N.).
Bei ihnen handelt es sich um antizipierte Sachverständigengutachten. Ihre
Beachtlichkeit im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ergibt sich nach ständiger
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) daraus, dass eine dem allgemeinen
Gleichheitssatz entsprechende Rechtsanwendung nur dann gewährleistet ist, wenn die
verschiedenen Behinderungen nach den gleichen Maßstäben beurteilt werden. Hierfür
stellen die AHP ein geeignetes, auf Erfahrungswerten der Versorgungsverwaltung und
Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft beruhendes Beurteilungsgefüge zur
Einschätzung des GdB dar. Sie gewähren so eine gleichmäßige Beurteilung aller
Behinderten (vgl. Urteil des BSG vom 18.09.2003, AZ: B 9 SB 3/02 R m.w.N.).
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer zur Überzeugung gelangt,
dass die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen - die
Herzkranzgefäßerkrankung mit Bluthochdruck, die Funktionseinschränkung der
Wirbelsäule, die leicht ausgeprägte Angststörung sowie der chronische Tinnitus - mit
einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten sind.
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Der Kläger leidet zunächst unter einer Herzkranzgefäßerkrankung mit Bluthochdruck,
welche die Kammer in Übereinstimmung mit den schlüssigen und überzeugenden
Ausführungen des Sachverständigen Dr. B2 mit 30 bewertet.
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Beim Kläger trat am 13.12.2002 ein plötzlicher Herzhinterwandinfarkt auf. Noch am
selben Tag wurde er stationär aufgenommen. Blutgerinnsel am Herzen wurden
behandelt. Eine 2-Gefäßerkrankung, eine Einengung der rechten Herzkranzschlagader
sowie eine 95%ige Einengung des zwischen der linken Herzvorderwandschlagader und
der linken Herzhinterwandschlagader gelegenen Astes wurden festgestellt. Aufgrund
des Herzinfarktes war die Pumpleistung des Herzens geringgradig eingeschränkt. Die
Herzkranzschlagader wurde daraufhin geweitet. Es wurden Gefäßstützen eingesetzt.
Die sich anschließende Reha ergab ein gutes funktionelles Behandlungsergebnis ohne
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Hinweis für eine Mangeldurchblutung des Herzens bei 175 Watt.
Eine erneute Untersuchung des Klägers wegen geklagter Herzschmerzen im Dezember
2003 bestätigte die 2-Gefäßerkrankung mit hochgradiger Einengung des Zwischenastes
unmittelbar am Gefäßabgang sowie eine fast vollständige Einengung des linken
Hinterseitenwandastes.
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Der Kläger leidet auch weiterhin unter herzbezogenen Missempfindungen bei
körperlichen Belastungen. Bei der gutachterlichen Ultraschalluntersuchung zeigte sich
jedoch lediglich eine geringe Beeinträchtigung der Herzpumpleitung der linken
Herzkammer. Beim Belastungs-EKG wurden bis maximal 125 Watt vom Kläger
geleistet. Herzbezogene Missempfindungen wurden dabei nicht angegeben.
Herzrhythmusstörungen traten nicht auf. Jedoch zeigte sich bei einer mittleren
Belastungsstufe von 75 Watt eine ST-Streckenabsenkung. Die linke Herzwand ist
verdickt. Die Dehnbarkeit der linken Herzhauptkammer ist gestört. Weitere
Folgekrankheiten bestehen allerdings nicht. Arm- und Beinschlagadern werden
ordnungsgemäß durchblutet, ebenso das Gehirn. Die Nierenfunktion ist noch
regelgerecht.
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Bei einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung sehen die AHP 1996
zu Ziffer 26.9 auf Bl. 88 bzw. auf Bl. 71 AHP 2004 einen Grad der Behinderung von 20 -
40 vor. Im Hinblick auf die subjektive Beschwerdefreiheit des Klägers bei einer
derartigen Belastung und den relativ geringen Funktionsstörungen jedoch unter
Berücksichtigung des erhöhten Herzkranzgefäßrisikos aufgrund des Bluthochdrucks ist
die Bewertung der Funktionsstörung des Herzens mit einem Einzel-GdB von 30
angemessen aber auch ausreichend. Dabei wird berücksichtigt, dass es aufgrund des
Bluthochdrucks bereits zu einer Linksherzwandverdickung gekommen ist, der
diastolische Blutdruckwert jedoch andererseits regelmäßig auch unter Belastung nicht
über 100 mm Hg steigt.
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Die Kammer war zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen nicht verpflichtet. Bedenken
gegen die Begutachtung (-smethoden) von Dr. B2 bestehen nicht und werden vom
Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen. Die zusätzliche, vom Kläger angeregte
Begutachtung (ein drei bis vierstündiges Dauer-EKG während einer Wanderung mit
einer Geschwindigkeit von 3 - 4 km/h) hätte keine neuen Erkenntnisse gebracht. Der
Kläger wollte damit beweisen, dass er am Ende einer solchen Belastung nicht weiter
belastbar ist. Selbst wenn man das als wahr unterstellt, führt dieser Umstand zu keiner
höheren Bewertung seines Herzleidens. Eine drei bis vierstündige Dauerbelastung stellt
nämlich keine "alltägliche leichte Belastung" im Sinne von Ziffer 26.3 Bl. 87 AHP 1996
bzw. Bl. 72 AHP 2004 dar, für die ein Einzel-GdB von zumindest 50 vorgesehen ist,
wenn dabei bereits Beeinträchtigungen oder pathologische Messdaten auftreten.
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Weitere Funktionsstörungen auf internistischem Gebiet, die mit einem Einzel-GdB von
zumindest 10 zu bewerten sind, bestehen nicht. Insbesondere bedarf die
schlafbezogene Atemstörung des Klägers keiner andauernden
Nasenüberdruckbeatmung. Der Kläger klagt insoweit darüber, sich am Morgen
unausgeruht zu fühlen. Tagesmüdigkeit mit Einschlafneigung, Konzentrations- und
Gedächtnisstörungen liegen jedoch nicht vor. Nach den AHP 1996 zu Ziffer 26.8 auf
Blatt 85 bzw. auf Bl. 70 AHP 2004 ist daher noch kein Einzel-GdB von 10 zu vergeben.
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Auf orthopädischem Gebiet bewertet die Kammer die Funktionseinschränkung der
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Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20.
Die Halswirbelsäule des Klägers war bei der Begutachtung durch Dr. C in ihrer Funktion
leicht eingeschränkt (Seitenneigung 40 - 0 - 30 Grad; Rotation 80 - 0 - 70 Grad, Vor-
/Rückneigung 2/19 cm), jedoch nicht druckschmerzhaft und ohne neurologische
Folgestörungen der frei beweglichen oberen Extremitäten.
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Die Lendenwirbelsäule des Klägers ist mittelgradig in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt
(Vor-/Rückneigung 60 - 0 - 20 Grad; Seitneigung 20 - 0 - 20 Grad; Rotation 20 - 0 - 20
Grad; Ott`sche Zeichen 20/32 cm; Schober`sche Zeichen 10/13,5 cm). Eine CT-
Aufnahme des Jahres 2000 zeigt hier degenerative Veränderungen und eine absolute
Spinalkanalstenose in der Etage L4/5 durch Verkalkung der Ligamentum flava sowie
Spondylarthrose. Die Lendenwirbelsäule des Klägers ist druckschmerzhaft.
Neurologische Störungen und ein Bandscheibenvorfall konnten jedoch ausgeschlossen
werden.
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Einschränkungen im Berufs- und Alltagsleben des Klägers ergeben sich dahingehend,
dass das Heben, Bücken und Tragen eingeschränkt ist bzw. zu Beschwerden im
Lendenwirbelsäulenbereich führt, insbesondere in Form von Schmerzen. Monotone
Körperhaltungen wie dauerndes Sitzen, Stehen oder Laufen sollte daher vermieden
werden.
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Die AHP 1996 sehen zu Ziffer 26.18 auf Bl. 140 bzw. auf Bl. 116 der AHP 2004 für die
mittelgradigen Funktionsstörungen der Wirbelsäule des Klägers einen Einzel-GdB von
20 vor.
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Die nur sehr leichte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule bedingt keine weitere
Erhöhung für das Funktionssystem der Wirbelsäule, insbesondere da sie auch nicht mit
Störungen der oberen Extremitäten einhergeht.
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Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bewertet die Kammer die leicht
ausgeprägte Anpassungsstörung des Klägers und den seit den 90er Jahren
bestehenden Tinnitus in Übereinstimmung mit den überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen Dr. Y mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 gem. Ziffer 26.3 , Bl. 60
sowie gem. Ziffer 26.5 Bl. 74 der AHP 1996 bzw. gem. Bl. 48 und 61 AHP 2004.
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Bedenken gegen diese Bewertungen wurden vom Kläger genauso wenig geäußert wie
gegen die Bewertung der orthopädischen Leiden.
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Die beim Kläger vorliegenden Behinderungen sind zur Überzeugung der Kammer in
Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. B2 mit einem Gesamt-GdB von 40 zu
bewerten.
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Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB dürfen die Einzel-GdB-Werte nicht addiert werden.
Auch andere rechnerische Methoden dürfen nach Ziffer 19 Abs. 1 AHP nicht angewandt
werden. Maßgeblich sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen
in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen, § 69
Abs. 3 S. 1 SGB IX. Hierbei ist zu beachten, inwieweit die Auswirkungen der einzelnen
Behinderungen voneinander unanhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche
im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ob sich die Behinderungen überschneiden
und dass das Ausmaß einer Behinderung vielfach durch hinzutretende
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Gesundheitsstörungen nicht verstärkt wird.
In der Regel ist von der Beeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB
bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Beeinträchtigungen zu prüfen, ob und
inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderungen größer wird, ob also wegen
weiterer Beeinträchtigungen der höchste Einzel-GdB angemessen durch Hinzufügen
von 10, 20 oder mehr Punkten zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht
zu werden, Ziffer 19 Abs. 3 AHP 1996 bzw. 2004. Von Ausnahmen abgesehen führen
zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu
einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung und sind daher in aller
Regel bei der Gesamtbeurteilung nicht erhöhend zu berücksichtigen. Auch bei leichten
Teilhabebeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt auf
eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen, Ziffer 19 Abs.
4 AHP.
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wird der höchste Einzel-GdB des Klägers, die
Funktionsbeeinträchtigung des Herz-Kreislaufsystems mit einem Einzel-GdB von 30,
durch die Funktionsstörung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 auf 40 erhöht.
Beide Funktionseinschränkungen überschneiden sich nur in geringem Maße, nämlich
soweit sie beide dauerndes, monotones Laufen oder Gehen des Klägers
beeinträchtigen. Das Rückenleiden des Klägers verhindert jedoch auch andere
monotone Sitz- und Stehpositionen sowie Heben und Tragen und Bücken. Die Leiden
sind daher weitgehend unabhängig voneinander und betreffen unterschiedliche
Bereiche des tägliche Lebens.
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Der Gesamt-GdB von 40 überzeugt auch bei der nach Ziffer 19 Absatz 2 AHP
vorgesehenen Gesamtwürdigung. Der Kläger ist zur Überzeugung der Kammer bei
Zusammenschau all seiner Funktionsbeeinträchtigungen nicht so stark eingeschränkt
wie jemand, dessen Leistungsfähigkeit aufgrund einer Herzerkrankung bereits bei
alltäglicher, leichter Belastung beeinträchtigt ist und bei deshalb nach Ziffer 26.9 auf
Blatt 87 AHP 1996 bzw. Bl. 71 AHP 2004 ein GdB von zumindest 50 festzustellen ist.
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Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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