Urteil des SozG Bremen vom 16.04.2009

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Sozialgericht Bremen
Urteil vom 16.04.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Bremen S 5 U 114/06
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist eine Entschädigung wegen Arbeitsunfall streitig.
Der am 19. September 1957 geborene Kläger erlitt am 27. März 2003 einen Unfall, als ihm gegen 17.10 Uhr ein
Transportwagen gegen den linken Fuß gerollt ist. Dem Durchgangsarztbericht vom 02. Mai 2003 ist der Befund zu
entnehmen: Prellung linke Ferse, unabhängig Thrombose linker Unterschenkel. In einem Bericht vom 12. Mai 2003
vertrat Dr. AHS. die Auffassung, dass zwischen der Thrombose und dem Unfallereignis kein ursächlicher
Zusammenhang bestünde. In dem weiteren Bericht vom 19. April 2003 wird von rezidivierenden Thrombosen im linken
Unterschenkel und von Thrombosen unteren Extremitäten aus den Jahren 2000 und 2002 berichtet. Die Beklagte holte
daraufhin ein fachchirurgisches Gutachten von Dr. ZZ. ein, der am 04. Mai 2006 ausführte, dass ein
unfallunabhängiges Beschwerdebild vorläge und ein ursächlicher Zusammenhang nicht hergestellt werden könne.
Mit Bescheid vom 06. Juni 2006 anerkannte die Beklagte den Arbeitsunfall, lehnte jedoch die Gewährung einer Rente
ab. Der hiergegen am 05. Juli 2006 erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. September
2006 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 18. Oktober 2006 erhobenen Klage. Er ist der Auffassung, dass die
bei ihm bestehenden Gesundheitsschäden mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v. H. zu
entschädigen seien.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
22. September 2006 zu verurteilen, dem Kläger aufgrund des Unfallgeschehens vom 27. März 2003 eine Rente auf
unbestimmte Zeit nach einer MdE von mindestens 50 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden seien.
Das Gericht hat Beweis erhoben gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Einholung eines Gutachtens von Dr.
C. vom 14. September 2007. Auf dieses Gutachten und die daraufhin von Dr. ZZ. vorgelegte Stellungnahme vom 21.
August 2008 sowie einen Bericht von Dr. TZ. vom 20. Mai 2008 wird verwiesen.
Dem Gericht lagen weiter vor die Beklagtenakte (S 311138.032). Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte, welche
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Die Definition des Unfalls als eines zeitlich begrenzten, von außen auf den auf den Körper einwirkenden Ereignisses,
das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt, dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von
inneren Ursachen sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigung. Sie besagt nicht, dass es eines äußerlich sichtbaren
Geschehens oder Vorganges bedarf. Es genügt auch, wenn durch eine der versicherten Tätigkeit zuzurechnende
außergewöhnliche Kraftanstrengung ein Vorgang im Körperinneren ausgelöst wird, der die gesundheitliche Schädigung
bewirkt.
Für die Zusammenhangsbeurteilung gilt die im Unfallversicherungsrecht maßgebende Kausalitätslehre der
wesentlichen Bedingung. Ursachen im Rechtssinne sind danach diejenigen Bedingungen, die wegen ihren besonderen
Beziehungen zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (Bundessozialgericht – BSG – vom 12. April
2005 BSGE 94, 269). Der Begriff "wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd
gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende
Ursache kann nach Ansicht des BSG für den Erfolg rechtlich wesentlich seien, solange die anderen Ursachen keine
überragende Bedeutung haben. Ist allerdings eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so
ist nur sie wesentlich und damit Ursache im Rechtssinn.
Nach den vorliegenden ärztlichen Befunden und Gutachten steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die beim
Kläger bestehenden Thrombosen in den unteren Extremitäten unfallunabhängig entstanden sind und damit weder
durch den Unfall verursacht noch verschlimmert wurden. Die Kammer konnte hierbei dem Gutachter Dr. C. nicht
folgen, der die Venenthrombose als mittelbaren Unfallschaden betrachtet hat, die er wesentlich auf den
Kontusionsschaden und damit auf den Unfall zurückführte. Hierzu hat Dr. ZZ. in seiner Stellungnahme für die
Beklagte überzeugend ausgeführt, dass beim Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls eindeutig eine erhöhte
Thromboseneigung bestanden hat. Dr. ZZ. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger mehrfach durch Thrombosen
klinisch symptomatisch geworden ist mit diversen dadurch bedingten Arbeitsunfähigkeiten und er auch vor dem Unfall
blutverdünnende Medikamente eingenommen habe und einen Kompressionsstrumpf trage. Auch die Phlebographie im
Jahr 2000 erfolgte wegen klinischer Zeichen einer Thrombose. Wie Dr. ZZ. ist das Gericht der Auffassung, dass es
sich bei dem Unfall nur um eine Gelegenheitsursache gehandelt hat, die zu einer vorübergehenden Verschlimmerung
des vorbestehenden postthrombotischen Syndroms geführt hat. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand
demzufolge bis zum 12. Mai 2003. Ein Anspruch auf Rente besteht demzufolge nach § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 7
(SGB VII) nicht. Was die von Dr. C. beschriebene Einschränkung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk links mit
belastungsabhängigen Beschwerden betrifft, so ist die entgegen der Auffassung von Dr. C. nicht mit einem MdE-Satz
von 10 v. H. zu bewerten. So wird nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.
Auflage, Seite 746, ein verheilter Sprunggelenkverrenkungsbruch mit einer MdE von 0 bis 10 v. H. veranschlagt. Bei
der von Dr. C. vorgenommenen Messung ergab sich eine Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes rechts mit
10/0/60 Grad gegenüber links von 0/0/55 Grad. Allein daraus ist zu entnehmen, dass es sich nur um eine geringfügige
Einschränkung der Beweglichkeit handelt, die noch keinen Grad der MdE auslöst. Auch aus diesem Grund konnte die
Kammer dem Gutachten von Dr. C. nicht folgen. Was die Bemessung der MdE durch den Gutachter betrifft, so
entspricht diese ebenfalls nicht den Grundsätzen, welche in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten. Die Addition
von zwei MdE-Sätzen von 10 v. H. zu einer Gesamt-MdE von 20 v. H. ist weder nachzuvollziehen noch zulässig.
Was den Antrag des Klägers betrifft, ihm eine Rente nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren, so ist dies mit den in
der Unfallversicherung geltenden Grundsätzen nicht zu vereinbaren. So wird für den Verlust des Unterschenkels im
Knie eine MdE von 50 v. H. veranschlagt, was deutlich macht, dass der vom Kläger begehrte MdE-Satz abwegig ist.
Demzufolge waren die angefochtenen Bescheide nicht zu beanstanden und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.