Urteil des SozG Braunschweig vom 13.10.2008

SozG Braunschweig: aufschiebende wirkung, leistungsklage, verfügung, anfechtungsklage, form, hauptsache, mindestbetrag, vorverfahren, erlass, auszahlung

Sozialgericht Braunschweig
Urteil vom 13.10.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Braunschweig S 19 AS 2667/08
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Gegen die Kläger werden gemäß § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
SGG Kosten in Höhe von insgesamt 150,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Kläger beziehen durch die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit
Bescheid vom 15.07.2008 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis einschließlich
31.12.2008 monatliche Leistungen in Höhe von 899,50 EUR. Mit zwei Aufhebungs- und Erststattungsbescheiden vom
31.07.2008 verfügte die Beklagte u. a. eine Aufrechnung der gewährten Leistungen in einem Umfange von monatlich
insgesamt 189,60 EUR ab dem 01.09.2008. Gegen die Aufhebungsbescheide vom 31.07.2008 legten die Kläger am
01.09.2008 Widerspruch ein, über die nach Aktenlage noch nicht entschieden worden ist.
Am 15.09.2008 haben die Kläger sowohl Klage in der Hauptsache erhoben, als auch einen Eilantrag, gerichtet auf die
Auszahlung von monatlich 899,50 EUR anstelle von 709,90 EUR, gestellt - S 19 AS 2647/08 ER. Die Beklagte hat in
dem Einstweiligen Anordnungsverfahren, dass als Antrag nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auszulegen war, für den
Zeitraum ab 01.10.2008 die aufschiebende Wirkung der Widersprüche vom 01.09.2008 gegen die Bescheide vom
31.07.2008 anerkannt und die zunächst für September 2008 einbehaltenen Leistungen ausgezahlt. Dieses
Klageverfahren, gerichtet auf dasselbe Rechtsschutzziel, wird gleichwohl durch die Kläger nicht für erledigt erklärt.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis einschließlich 31.12.2008 monatliche
Leistungen in Höhe von 899,50 EUR auszuzahlen.
Die Beklagte hat sich nicht zum Verfahren geäußert.
Mit Verfügung vom 29.09.2008 sind die Beteiligten zu dem beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheides unter
Einräumung einer Stellungnahmemöglichkeit angehört worden. Reaktionen erfolgten nicht.
Die Verfahrensakte Sozialgericht Braunschweig, Az. S 19 AS 2647/08 ER, wurde zum Verfahren beigezogen und war
Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid
gemäß § 105 SGG entscheiden, da der Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher
Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.
II.
Die Klage ist unzulässig.
Die am 15.09.2008 erhobene, allgemeine Leistungsklage ist von vorne herein unzulässig gewesen. Die ursprüngliche
Bewilligungsentscheidung der Beklagten mit Bescheid vom 15.07.2008 wurde durch die Aufhebungsbescheide vom
31.07.2008 abgeändert. Der lediglich auf eine Leistung gerichtete Klageantrag übersieht diese verfügte Teilaufhebung.
Der Bescheid vom 15.07.2008 existiert in seiner ursprünglichen Fassung nicht mehr, sondern lediglich in der Fassung
der Bescheide vom 31.07.2008. Zulässiger Rechtsbehelf gegen diese Abänderungen ist jedoch - nach Durchführung
der Vorverfahren - die Anfechtungsklage. Die Anfechtungsklage ist gegenüber der allgemeinen Leistungsklage
vorrangig.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger nimmt rechtsirrig an, dass ein Verfahren gemäß § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG
- S 19 AS 2647/08 ER - nur bei Anhängigkeit einer Leistungsklage zulässig wäre; Voraussetzung zur
Anordnung/Feststellung der aufschiebenden Wirkung ist lediglich, dass Widerspruch bzw. Anfechtungsklage erhoben
wird, dessen/deren aufschiebende Wirkung überhaupt angeordnet/festgestellt werden kann.
Im Übrigen ergibt sich die Unzulässigkeit der Klage aus dem nunmehr fehlenden Rechtsschutzbedürfnis der Kläger.
Im beigezogenen Eilverfahren hat die Beklagte den identisch auch im Klageverfahren geltend gemachten Anspruch
bereits anerkannt. Eine Beschwer ist nicht mehr ersichtlich. Gleichwohl halten die Kläger weiterhin
unverständlicherweise an der Klage fest und nehmen diese nicht zurück.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 S. 3 i. V. m. §§ 193 Abs. 1 S. 1, § 183 S. 1 SGG und folgt dem
Ausgang des Verfahrens. Die Klage war bereits bei ihrer Erhebung unzulässig.
Das Gericht hält es in Ausübung seines Ermessens für angebracht, den Klägern Verschuldenskosten gemäß § 192
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Denn sie haben den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihnen vom
Kammervorsitzenden mit Verfügung vom 29.09.2008 schriftlich die Missbräuchlichkeit ihrer Rechtsverfolgung
dargelegt worden ist und sie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen
worden sind.
Diese Missbräuchlichkeit ergibt sich neben der bereits unzulässigen Klageerhebung in Form einer allgemeinen
Leistungsklage v. a. aufgrund der eingetretenen Klaglosstellung. Eine Beschwer existiert nicht mehr, dem Begehren
wurde im Eilverfahren vollständig entsprochen. Eine prozessbeendende Erklärung erfolgte gleichwohl nicht. Die
gerichtliche Verfügung vom 23.09.2008 wurde im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26.09.2008
mit einem Hinweis auf eine etwaige Kostenerstattungspflicht der Beklagten beantwortet - ohne den Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt zu erklären. Auf die Verfügung vom 29.09.2008 erfolgte fristgerecht keinerlei Reaktion; auch
der ablehnende PKH-Beschluss blieb bis dato unangefochten. Es ist überhaupt kein Grund erkennbar, weshalb der
Rechtsstreit inhaltlich fortgeführt wird.
Durch die missbräuchliche Fortführung des Rechtsstreits und der notwendig gewordenen, schriftlichen Entscheidung
der Kammer sind dem Gericht und damit der Staatskasse vermeidbare Kosten, etwa in Form allgemeiner
Gerichtshaltungskosten und Personalkosten, ursächlich entstanden. Die Kammer hält es jedoch für ausreichend und
angemessen, lediglich den Mindestbetrag gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 184 Abs. 2, 1. Alternative
SGG, mithin 150,00 EUR, festzusetzen.
Die Berufung ist zulässig, § 105 Abs. 2 S. 1 i. V. m. §§ 105 Abs. 1 S. 3, § 143 SGG. Streitgegenständlich ist
insgesamt ein Betrag in Höhe von 758,40 EUR - monatlicher Kürzungsbetrag 189,60 EUR / vier Monate, September
bis einschließlich Dezember 2008.