Urteil des SozG Berlin vom 15.03.2017

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Gericht:
SG Berlin 104.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 104 AS 2371/06 ER
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 23 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 2, § 23
Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2
Grundsicherung für Arbeitsuchende - Arbeitslosengeld II -
Sonderbedarf - Schwangerschafts- und Babyausstattung
Leitsatz
1) Bei einem Entbindungstermin, der auf zwei ca. Wochen nach dem Antragstellung auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung berechnet worden ist, ist davon auszugehen, dass sich eine
Antragstellerin die Erstausstattung für Schwangerschaftskleidung bereits vor der
Antragstellung bei Gericht selbst zugelegt hat, so dass insoweit eine zu behebende Notlage
nicht zu besorgen ist.
2) Es ist zuzumutbar, Babykleidung, aber auch Bettchen und Kinderwagen auf den in Berlin
häufig stattfindenden Kinder-Kleider-Börsen "second-hand" zu erwerben.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Der (sinngemäße) Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihr
eine Schwangerschafts- und Babyerstausstattung zu gewähren, hat keinen Erfolg.
Zwar ist der Antrag zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass
die Antragsgegnerin den an sie gerichteten Antrag der Antragstellerin auf Gewährung
der Schwangerschafts- und Babyerstausstattung noch gar nicht beschieden hat. In dem
Bescheid vom 8. März 2006 ist lediglich die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) im
Sinne der Regelleistung und den Leistungen für Unterkunft und Heizung abgelehnt
worden; eine Regelung in Bezug auf die von der Antragstellerin begehrten Leistungen im
Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für
Arbeitsuchende - (SGB II) findet sich hingegen nicht. Eine entsprechende Entscheidung
muss von der Antragsgegnerin noch nachgeholt werden, wobei dann bei der
Berücksichtigung des der Antragstellerin zur Verfügung stehenden Einkommens
innerhalb der auf den Entscheidungsmonat folgenden sechs Monate auch die Geburt
des Kindes und der hiermit einhergehenden Veränderungen in der Bedarfsgemeinschaft
Rechnung zu tragen ist.
Der Antrag ist jedenfalls deshalb zulässig, weil sich die Antragstellerin mit ihrem
Begehren zunächst an die Antragsgegnerin gewandt hat; es besteht damit auch ohne
förmliche Entscheidung der Antragsgegnerin ein Rechtsschutzbedürfnis auf Seiten der
Antragstellerin (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 86
b, Rdnr. 26 b).
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Jedenfalls ist das Vorliegen eines im Rahmen der von der Antragstellerin begehrten
Regelungs-Anordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) erforderlichen
Anordnungsgrundes von der Antragstellerin nicht vorgetragen, geschweige denn
glaubhaft gemacht worden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung erscheint auch für
die Kammer nach der im vorläufigen Rechtsschutz-Verfahren allein gebotenen - und
möglichen - summarischen Prüfung nicht nötig, um wesentliche Nachteile der
Antragstellerin abzuwenden.
Ausgehend von einer Antragstellung bei Gericht am 17. März 2006 und einem
berechneten Entbindungstermin am 1. April 2006 (ca. zwei Wochen nach der
Antragstellung) ist im Wesentlichen davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin die
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Antragstellung) ist im Wesentlichen davon auszugehen, dass sich die Antragstellerin die
Erstausstattung für Schwangerschaftsbekleidung bereits vor der Antragstellung bei
Gericht selbst zugelegt hat, so dass insoweit eine zu behebende Notlage nicht zu
besorgen ist.
Ein Anordnungsgrund besteht jedoch auch nicht in Bezug auf die von der Antragstellerin
begehrte Babyerstausstattung, die sich hinsichtlich der Anschaffung von Baby-
Bekleidung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II und im Übrigen (z.B. Kinderwagen,
Wickelkommode, Kinderbettchen etc.) nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II richtet. Denn
es ist nicht erkennbar, dass es der Antragstellerin nicht möglich wäre, mit den ihr zur
Verfügung stehenden finanziellen Mitteln den unverzichtbaren Erstbedarf, der
regelmäßig bereits vor der Geburt eines Kindes beschafft wird (insbesondere
Kinderwagen, Kinderbettchen, Babykleidung, Windeln, gegebenenfalls Fläschchen und
Fertigmilch), zu bestreiten. Ausgehend von einer tatsächlich zu zahlenden Warmmiete
von 729,90 Euro (Schreiben der Wohnungsbaugesellschaft Falkenhagener Feld mbh vom
6. Juli 2005) und einem Regelbedarf der Antragstellerin und ihres Ehemannes von 622,-
Euro gemäß § 20 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 SGB II (Gesamtbedarf: 1.351,90 Euro) sowie
eines zu berücksichtigenden Einkommens der Antragstellerin von 1.232,39 Euro und
ihres Ehemannes von 177,02 Euro (Gesamteinkommen: 1.409,41 Euro) verbleibt ein
Überschuss von 57,51 Euro. Des Weiteren steht der Antragstellerin ausweislich der von
ihr bei der Antragsgegnerin eingereichten Kontoauszüge der ING-DiBa Kontoguthaben in
Höhe von 108,17 Euro und 82,89 Euro zur Verfügung. Von den somit noch vor der
Geburt des Kindes zur Verfügung stehenden 248,57 Euro ist es realistisch möglich, den
oben angesprochenen Bedarf zu decken. Hierbei ist es der Antragstellerin zuzumuten,
die Babybekleidung, aber auch das Bettchen und den Kinderwagen auf den in Berlin
häufig stattfindenden Kinder-Kleider-Börsen „sekond-hand“ zu erwerben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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