Urteil des SozG Berlin vom 13.04.2010

SozG Berlin: versicherungspflicht, gesellschaft mit beschränkter haftung, pflege, arbeitsförderung, verwaltungsakt, unbestimmte dauer, allgemeines verwaltungsrecht, juristische person, urlaub

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Gericht:
SG Berlin 81.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 81 KR 176/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 7 Abs 1 S 1 SGB 4, § 7a Abs 1
S 1 SGB 4, § 7a Abs 2 SGB 4, §
7a Abs 6 S 1 SGB 4, § 7a Abs 6
S 2 SGB 4
(Sozialversicherungspflicht - Anfrageverfahren nach § 7a SGB 4 -
Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen
Beschäftigung)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob der Kläger bei der Beigeladenen seit dem 10.
November 2004 iSd § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV beschäftigt ist.
Der 1973 geborene Kläger betreibt seit April 2004 eine Veranstaltungs- und
Cateringagentur. Die Beigeladene ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die
durch Vertrag vom 8. März 2001 gegründet wurde und deren Gegenstand die
„Vermittlung von Personaldienstleistungen“ ist.
Am 10. November 2004 schlossen der Kläger und die Beigeladene eine mit den Worten
„Freier-Mitarbeiter-Vertrag“ überschriebene Vereinbarung, die – soweit hier von
Interesse – wie folgt lautet:
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Am 13. August 2005 stellte der Kläger bei der Beklagten einen „Antrag auf Feststellung
des sozialversicherungsrechtlichen Status“. Auf Nachfragen der Beklagten erklärte er,
dass er für die Beigeladene „gastronomische Veranstaltungen“ organisiere, dass er
hierfür von der Beigeladenen keine Arbeitsmittel und Geräte zur Verfügung gestellt
erhalte, sondern vielmehr eigenes „Kapital“ in Form von Arbeitskleidung, eines Telefon,
eines Pkw und in Form von Büromaterialien einsetze, dass er die Aufgaben für die
Beigeladene entweder „allein oder im Team unter“ seiner „Leitung“ ausführe, und dass
die Vergütung „nach Stundensatzverrechnung im Rahmen einer Monatsrechnung“
erfolge.
Mit Bescheiden vom 29. Dezember 2005 stellte die Beklagte sowohl gegenüber dem
Kläger, als auch gegenüber der Beigeladenen fest, dass der Kläger für die Beigeladene
seine „Tätigkeit als Eventmanager seit dem 10.11.2004 selbständig“ ausübe.
Mit Schreiben vom 18. April 2005 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger, als auch der
Beigeladenen mit, dass sie „den Bescheid vom 29.12.2005 überprüft und dabei
festgestellt habe, dass es sich hierbei um einen rechtswidrigen begünstigenden
Verwaltungsakt im Sinne des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB)“ handele, und
dass sie beabsichtige, „den obigen Bescheid vollumfänglich mit Wirkung für die Zukunft
zurückzunehmen und eine abhängige Beschäftigung festzustellen“.
Zu dieser Absicht nahmen sowohl der Kläger, als auch die Beigeladene Stellung. Der
Kläger gab in seiner Stellungnahme an, dass er die beabsichtigte Entscheidung für falsch
halte, weil er a) von April 2004 bis September 2004 einen Existenzgründerzuschuss
erhalten habe, b) weil er nicht nur für die Beigeladene, sondern auch für andere
Auftraggeber tätig sei, c) weil er zwar in der Regel kein eigenes Personal einsetze und
von der Beigeladenen zwar „gewisse Vorgaben“, insbesondere hinsichtlich Zeit und Ort
der zu organisierenden Veranstaltung erhalte, er jedoch auch bereits zu Veranstaltung
der Beigeladenen eigenes Personal gestellt habe und er im Übrigen bei der Organisation
der Veranstaltungen freie Hand habe.
In der Stellungnahme der Beigeladenen heißt es: Es sei unrichtig, dass der Kläger „in der
Regel mit dem von“ der Beigeladenen „zur Verfügung gestellten Servicepersonal“
arbeite, vielmehr sei jeder Einzelauftrag unterschiedlich gestaltet. Der Kläger unterliege
keinem Weisungsrecht. Zwar würden ihm Zeit, Ort und Weise der Ausführung der
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keinem Weisungsrecht. Zwar würden ihm Zeit, Ort und Weise der Ausführung der
Tätigkeit mitgeteilt, hierbei handele es sich indes um „Randdaten“, die vom
Auftraggeber stammten. Der Kläger trage auch ein Unternehmerrisiko, weil er sich nicht
sicher sein könne, von der Beigeladenen Aufträge zu erhalten. Der Kläger erhalte nur
„punktuell“ Aufträge von der Beigeladenen. Zwischen den Aufträgen könnten mithin
durchaus Monate liegen.
Mit Bescheiden vom 28. Juni 2007 nahm die Beklagte gegenüber dem Kläger und der
Beigeladenen die Bescheide vom 29. Dezember 2005 „vollumfänglich mit Wirkung ab
01.07.2005 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)“ zurück und stellte fest,
dass es „aufgrund des Vertrauensschutzes für die Zeit vom 01.04.2004 bis zum
30.06.2007 bei der Feststellung einer selbständigen Tätigkeit“ verbleibe. Zugleich stellte
sie fest, dass der Kläger „die Tätigkeit als Eventmanager für die Firma ….. GmbH im
Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses“ ausübe.
Zur Begründung heißt es in den Bescheiden vom 28. Juni 2007: Die Bescheide vom 29.
Dezember 2005 hätten zurückgenommen werden können. Die Ermessenensausübung
habe zu keinem anderen Ergebnis geführt. Weder der Kläger, noch die Beigeladene
hätten auf den Bestand der Bescheide vom 29. Dezember 2005 vertrauen könne.
Vermögensdispositionen, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen, habe keiner
von ihnen getroffen. Der Kläger sei bei der Beigeladenen abhängig beschäftigt. Der
Kläger trage kein Unternehmerrisiko und setzte kein eigenes Personal ein. Arbeitnehmer
zur Sozialversicherung habe der Kläger nicht angemeldet. Er sei auch nicht zur
Arbeitnehmerüberlassung ermächtigt. Ob er freie Mitarbeiter einsetze, sei unerheblich.
Dass der Kläger einen Existenzgründerzuschuss bewilligt erhalten habe, sei ebenfalls
unerheblich, weil nicht bestritten werde, dass der Kläger neben seiner Tätigkeit für die
Beigeladene auch selbständig tätig sein könne.
Sowohl der Kläger, als auch die Beigeladene erhoben gegen den jeweils an sie
gerichteten Bescheid vom 28. Juni 2007 Widerspruch. Die Beigeladene trug zur
Begründung ihres Widerspruchs vor, dass der Kläger Vermögensdispositionen getroffen
habe, die einer Rücknahme des Bescheids vom 29. Dezember 2005 entgegenstünden:
er habe ein Auto gekauft. Der Kläger trage zudem ein Unternehmerrisiko: Sei nämlich
sie (die Beigeladene) mit der Arbeit des Klägers unzufrieden, brauche sie dessen
Rechnung nicht zu bezahlen.
Der Kläger trug zur Begründung seines Widerspruches vor, dass er im Vertrauen auf den
Bescheid vom 29. Dezember 2005 Dispositionen getroffen habe. Er habe sich privat
renten- und krankenversichert. Zudem sei er selbständig für die Beigeladene tätig.
Hierfür spreche die „Vermutung“ des § 7 SGB IV iVm § 421 l SGB III sowie „die Art und
das Ausmaß der Vertragsbindung“ zur Beigeladenen. Er unterliege keinem
Weisungsrecht. Er sei nicht persönlich abhängig von der Beigeladenen und auch nicht in
deren Betrieb eingegliedert. Er trage ein Unternehmerrisiko. Denn wenn die
Veranstaltung, für deren Organisation er beauftragt sei, ausfalle, erhalte er kein
Honorar.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Dezember 2007 wies die Beklagte die
Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen jeweils mit der Maßgabe, dass „die im
Statusfeststellungsverfahren nach §§ 7a ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) mit
Bescheid vom 28.06.2007 getroffene Feststellung“, dass der Kläger „die Tätigkeit als
Eventmanager“ für die Beigeladene „im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses“ ausübe, bestehen bleibe, als unbegründet zurück. In der
Begründung der Widerspruchsbescheide heißt es übereinstimmend, dass der Kläger kein
Unternehmerrisiko trage, weil er nur seine Arbeitskraft einsetze. Er sei auch
funktionsgerecht dienend für eine fremde Arbeitsorganisation tätig. Zwar könne der
Kläger entscheiden, ob er einen Auftrag annehme oder nicht. Zeit, Ort und die Art und
Weise der Veranstaltung würden jedoch so hinreichend konkret von der Beigeladenen
vorgegeben, dass die Annahme gerechtfertigt sei, der Kläger unterliege einem
Weisungsrecht.
Am 21. Januar 2008 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, „unter Aufhebung
des Bescheides vom 28.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19.12.2007 festzustellen“, dass er „im Rahmen seiner Tätigkeit als Eventmanager für
die Firma …. GmbH mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007 keine Tätigkeit im Rahmen eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnisses“ ausübe. Er ist der Meinung, für die
Beigeladene selbständig tätig zu sein, weil er ein Gewerbe betreibe, unter dem er
auftrete, für das er Briefpapier habe herstellen lassen und für das er mit Visitenkarten
werbe. Er setze eigenes Kapital ein. Er kaufe Waren ein und miete Räume, Equipment
und Sicherheitspersonal. 2009 hab er einen Gewinn von rund 114.173 € erzielt.
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Wegen des Tatsachenvortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13. April
2010 wird auf die Niederschrift zu dieser Verhandlung Bezug genommen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 hat der Kläger die Klage
teilweise zurückgenommen. Er beantragt nunmehr,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags verweist sie auf die Argumentation aus ihrem
Widerspruchsbescheid.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Wegen ihres Vortrags zur Sache wird auf die
Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt
der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger ist nicht beschwert (§ 54 Abs. 2
S. 1 SGG), weil der Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2007 rechtmäßig ist. Die Beklagte war
befugt, den Bescheid vom 29. Dezember 2005 mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007
zurückzunehmen (dazu unter 1.). Sie war auch befugt, von einer Feststellung der
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung abzusehen und lediglich die Feststellung zu treffen, dass der
Kläger bei der Beigeladenen iSd § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV beschäftigt ist (dazu unter 2.).
1. Rechtsgrundlage der seitens der Beklagten mit Bescheid vom 28. Juni 2007 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2007 gefällten Entscheidung,
den Bescheid vom 29. Dezember 2005 mit Wirkung ab dem 1. Juli 2007
zurückzunehmen, ist § 45 Abs. 1 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht
oder einen rechtlichen erheblichen Vorteil begründet hat (begünstigender
Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit
Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit unter den Einschränkungen des § 45
Abs. 2 bis 4 SGB X zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist.
a. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 SGB X sind vorliegend gegeben. Der Bescheid
der Beklagten vom 29. Dezember 2005 – ein Verwaltungsakt – ist rechtswidrig. Zu
Unrecht hat die Beklagte mit seiner Hilfe festgestellt, dass der Kläger für die
Beigeladene seit dem 10. November 2004 selbständig tätig ist.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist unter Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit,
insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine
Beschäftigung sind gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und
eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der
Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb
eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige
Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer
eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die
im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand
abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die
Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag
(BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R.).
Vorliegend überwiegen die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung.
Für eine selbständige Tätig des Klägers sprechen die folgenden Tatsachen: 1) Nach § 1
des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages war die
Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht gewollt. 2) Nach § 10 des zwischen
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Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht gewollt. 2) Nach § 10 des zwischen
dem Kläger der Beigeladenen geschlossenen Vertrages ist der Kläger in der „Eingehung
anderer Anstellungs- oder freier Mitarbeitertätigkeiten“ nicht beschränkt. Er ist/war auch
tatsächlich für andere Auftraggeber tätig. 3) Der zwischen dem Kläger und der
Beigeladenen geschlossene Vertrag schließt einen Anspruch des Klägers auf „bezahlten
Urlaub“ aus und enthält keine Regelung eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall. 4) Der Kläger ist nach § 2 des zwischen ihm und der Beigeladenen
geschlossenen Vertrages nicht verpflichtet, ihm von der Beigeladenen angebotene
Aufträge zu übernehmen. 5) Der Kläger ist nach § 5 des zwischen ihm und der
Beigeladenen geschlossenen Vertrages „hinsichtlich seiner Arbeitszeiteinteilung und
dem Ort seiner Arbeitsleistung frei und weder zeitlich noch örtlich gebunden“.
Die unter 1) genannte Tatsache fällt schon im Hinblick auf § 14 des zwischen dem Kläger
und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages nicht ins Gewicht. Denn aus dieser
Regelung ergibt sich zweierlei: zum einen dass sich der Kläger und die Beigeladene
bewusst waren, dass allein ihr für eine Antwort auf die Frage, ob der Kläger
selbständig oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses für die Beigeladene tätig
ist, nicht maßgeblich ist; und zum anderen, dass der Kläger und die Beigeladene von
Anfang an gewillt waren, das Vertragsverhältnis auch im Falle einer von ihrem Willen
abweichenden Beurteilung einer „öffentlichen Stelle“ fortzusetzen.
Die unter 3) genannte Tatsache fällt nicht ins Gewicht, weil in § 9 des zwischen dem
Kläger und der Beigeladenen geschlossenen Vertrages (auch) vereinbart ist, dass der
Kläger „bei der zeitlichen Wahl des Urlaubs“ die Belange der Beigeladenen „zu
berücksichtigen und den Urlaub“ mit der Beigeladenen „rechtzeitig abzustimmen“ hat,
und weil sowohl der Anspruch auf Urlaub, als auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall unabdingbar sind und entstehen, sofern die im Bundesurlaubsgesetz
respektive Entgeltfortzahlungsgesetzt genannten Voraussetzungen vorliegen (vgl. LSG
Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.02.2003, L 1 KR 41/ 02.).
Im Übrigen kommt all den oben genannten Tatsachen, die dafür sprechen, dass der
Kläger für die Beigeladene selbständig tätig war/ist, keine ausschlaggebende Bedeutung
zu, weil vorliegend zugleich die für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses
wichtigsten Hinweistatsachen gegeben sind: Sobald nämlich der Kläger einen der ihm
von der Beigeladenen angebotenen Aufträge annimmt, unterliegt er in jeder Hinsicht
deren Weisungen und ist er in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Dies ergibt sich
aus den §§ 2 und 6 des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen geschlossenen
Vertrages, da es dort heißt, dass der Kläger „fachlich […] an eventuell erteilte
Weisungen“ der Beigeladenen „gebunden“ ist, und dass der Kläger „alle für die
Ausführung der Aufgaben notwendigen Unterlagen vollständig und rechtzeitig“ von der
Beigeladenen gestellt erhält.
Auch die tatsächlichen Umstände, unter denen der Kläger „Aufträge“ für die
Beigeladene erfüllt, lassen einzig den Schluss zu, dass der Kläger in jeder Hinsicht den
Weisungen der Beigeladenen unterliegt und er in deren Arbeitsorganisation eingegliedert
ist. So hat die Beigeladene im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010
zugestanden, dass sie kontrolliert, ob der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben erfüllt.
Der Kläger wiederum hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 angegeben,
dass ihm die Beigeladene nicht nur Zeit, Ort und Ablauf der Veranstaltung, die zu
organisieren ist, detailliert vorgibt, sondern auch bestimmt, welche Speisen, Getränke
etc. auf der Veranstaltung anzubieten sind. Dass es sich bei diesen Vorgaben im
Wesentlichen um die Vorstellungen und Wünsche der Kunden der Beigeladenen handelt,
ändert nichts daran, dass die Beigeladene mit diesen Vorgaben die Art der vom Kläger
zu leistenden Dienste, die in dem zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Vertrag
lediglich mit „Servicetätigkeiten“ umschrieben wird, konkretisiert.
In der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2010 hat die Beigeladene überdies
angegeben, dass der Kläger zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgabe allein auf das
von ihr, dem Kunden oder von Fremdfirmen gestellte Personal zurückgreift, und dass sie
dem Kläger auch Arbeitskleidung in Form von „Schürzen“ stelle. Hieraus ergibt sich,
dass der Kläger in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen eingegliedert ist. Denn
wesentliches Merkmal für die Eingliederung in einen fremden Betrieb ist der Umstand,
dass der Verpflichtete seine Tätigkeit nicht ausführen kann, ohne die betrieblichen
Einrichtungen des Verpflichtenden, dass heißt dessen sächlichen und personalen
Apparat, zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 22.11.1973, 12 RK 17/72.).
Dafür, dass der Kläger bei der Beigeladenen nicht selbständig, sondern im Rahmen
eines Beschäftigungsverhältnisses tätig ist, spricht überdies, dass der Kläger kein
Unternehmerrisiko trägt. Denn ein Unternehmerrisiko trägt nur der, der eigenes Kapital
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Unternehmerrisiko trägt. Denn ein Unternehmerrisiko trägt nur der, der eigenes Kapital
einsetzt zur Erzielung eines im Zeitpunkt des Einsatzes ungewissen Unternehmererfolgs
oder bei dem der Erfolg des Einsatzes der Arbeitskraft ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom
28.05.2008, B 12 KR 12/07 R.). Keine dieser Voraussetzungen ist in der Person des
Klägers erfüllt. Der Kläger setzt zur Erfüllung der ihm von der Beigeladenen
übertragenen Aufgaben kein eigenes Kapital mit der Möglichkeit ein, es zu vermehren
oder zu verlieren. Der Erfolg seiner Tätigkeit ist auch nicht ungewiss. Denn er erhält für
seine Tätigkeit ein nach Arbeitsstunden bemessenes Honorar. Dass Veranstaltungen,
die er organisieren soll, mitunter ausfallen, bedeutet für ihn mithin kein Risiko. Denn
dann hat er nicht gearbeitet. Im Übrigen bietet der zwischen ihm und der Beigeladenen
geschlossene Vertrag keinen Anhalt für die Annahme, dass die Beigeladene befugt ist,
im Falle einer „Schlechtleistung“ des Klägers dessen Honorar zu kürzen oder
einzubehalten.
b. Das ihr über § 45 Abs. 1 SGB X eingeräumte Ermessen hat die Beklagte unter
Beachtung der Gebote des § 39 Abs. 1 S. 1 SGB I ausgeübt. Zutreffend ist die Beklagte
zu dem Ergebnis gelangt, dass das Vertrauen des Klägers in den Bestand des
Bescheides vom 29. Dezember 2005 unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an
einer Rücknahme desselben nicht schutzwürdig ist. Der Kläger hat aufgrund des
Bescheides vom 29. Dezember 2005 keine Vermögensdispositionen getroffen, die er
nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Der
Kläger selbst hat nicht behauptet, dass er sich einzig und allein im Vertrauen auf den
Bestand des Bescheides vom 29. Dezember 2005 ein Auto gekauft habe. Er hat auch
nicht behauptet, dass er dass von ihm erworbene Auto allein „dienstlich“ nutzt.
Verabsäumt hat er es auch, dazutun, dass es ihm unmöglich und/oder unzumutbar ist,
die von ihm zur Absicherung im Alter und gegen das Risiko der Krankheit geschlossen
Verträge aufzulösen.
2. Die Beklagte war nach § 7a Abs. 2 SGB IV befugt, im Bescheid vom 28. Juni 2007 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2007 von einer Feststellung
der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung abzusehen und lediglich die Feststellung zu treffen,
dass der Kläger bei der Beigeladene iSd § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV beschäftigt ist.
a. Der Auffassung des Bundessozialgerichts, dass § 7a SGB IV nicht zur
„Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung“ ermächtige,
kann aufgrund der in den Grundrechten und im Rechtsstaatsprinzip verankerten
Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. zur Gültigkeit dieser
Grundsätze für die Rechtsprechung: Rüthers, Rechtstheorie, 4. Aufl. 2008, Rn. 249 – 253,
m. w. N.) für Verfahren iSd § 7a SGB IV, die – wie hier – bereits vor der Entscheidung des
Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R.) – mit Hilfe deren das
Bundessozialgericht seine oben erwähnte Auffassung erstmals kundgetan hat – seitens
der Deutschen Rentenversicherung Bund „beendet“ waren, nicht gefolgt werden.
§ 7a SGB IV wurde eingeführt mit Wirkung zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur
Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I [2000] S. 2 [2].]. Bis zur
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009, also mehr als neun Jahre
lang, waren nicht nur die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung (vgl. deren
Rundschreiben vom 11. November 2004 und 5. Juli 2005, abrufbar unter: www.deutsche-
rentenversicherung-bund.de.), das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (vgl. die
von diesem herausgegebene „Übersicht über das Sozialrecht“, 6. Aufl. 2009, S. 115.),
und die Literatur (vgl. Lüdtke, in: Winkler, SGB IV, 1. Aufl. 2007, § 7a, Rn. 7; Knospe, in:
Hauck/Noftz, K § 7a SGB IV, Rn. 4, 14; Rittweger, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching,
Sozialrecht, 1. Aufl. 2007, § 7a SGB IV, Rn. 5, 6, 15; Plagemann, in: ders., Münchener
Anwaltshandbuch, 3. Aufl. 2009, § 7 Rn. 8; Baier, in: Krauskopf, Soziale
Krankenversicherung, § 7a SGB IV, Rn. 2 f.; Hasfeld, in: Handbuch des Fachanwalts
Sozialrecht, 2. Aufl. 2008, Rn. 216 f.; Fuchs/Preis, Sozialversicherungsrecht, 2. Aufl. 2009,
S. 180 f.; Kokemoor, Sozialrecht, 2004, Rn. 126; Schmidt, DAngVers 2000, S. 313 ff.),
sondern auch sämtliche Sozialgerichte und alle Landessozialgerichte (vgl. nur LSG
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.08.2007, L 11 (8) R 61/05; Bayrisches
Landessozialgericht, Urteil vom 23.10.2007, L 5 KR 267/07; LSG Baden-Württemberg,
Urteil vom 19.02.2008, L 11 KR 5528/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom
28.01.2009, L 9 KR 101/03.) einstimmig – die abweichende Auffassung Seewalds (in:
KassKomm, § 7a SGB IV, Rn. 11a.) fand erst 2009 mit Berchthold (in:
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl. 2009, § 7a
SGB IV, Rn. 3.) einen Anhänger – der Meinung, dass die Deutsche Rentenversicherung
Bund im Verfahren iSd § 7a SGB IV nur zu entscheiden hat, ob eine Beschäftigung iSd §
7 Abs. 1 S. 1 SGB IV vorliegt. Das Bundesssozialgericht hatte diese Meinung (zunächst)
zwar nicht ausdrücklich geteilt. Es hatte jedoch mit Urteil vom 23. September 2003 (B 12
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zwar nicht ausdrücklich geteilt. Es hatte jedoch mit Urteil vom 23. September 2003 (B 12
RA 3/02 R.) festgestellt, dass die Träger der Rentenversicherung „zum Erlass von
Verwaltungsakten über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-,
Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung im
Rahmen einer Arbeitgeberprüfung nach § 28p SGB IV befugt“ sind. Im Urteil vom 28. Mai
2008 (B 12 KR 13/ 07 R.) wiederum findet sich kein Hinweis („obiter dictum“), dass § 7a
SGB IV nicht zur „Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen
Beschäftigung“ ermächtige, obwohl gerade dieses Urteil die Gelegenheit für einen
solchen Hinweis bot. Berchthold (in: Kreikebohm/ Spellbrink/Waltermann, Kommentar
zum Sozialrecht, 1. Aufl. 2009, § 7a SGB IV Rn. 2.) behauptet zwar, dass das
Bundessozialgericht vor seiner Entscheidung vom 11. März 2009 „in mehreren
Verfahren darauf hingewiesen habe, dass auch im Zusammenhang des § 7a eine bloße
Elementenentscheidung nicht in Betracht kommen dürfte“. Diese „Hinweise“ wurden
indes – soweit ersichtlich – nirgends veröffentlich.
Fände die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass § 7a SGB IV nicht zur
„Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung“ ermächtige,
auch auf Verfahren iSd § 7a SGB IV Anwendung, die – wie hier – bereits vor der
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 seitens der Deutschen
Rentenversicherung Bund „beendet“ waren, würden den „Beteiligten“ iSd § 7a Abs. 1
SGB IV Rechtsschutzmöglichkeiten genommen, die sie bis zur Entscheidung des
Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 hatten und auf die sie mit Blick auf die oben
zitierte „einstimmige Auffassung“ vertrauen durften:
Bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 nämlich entschied
die Deutsche Rentenversicherung Bund auf einen Antrag iSd § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV
durch Verwaltungsakt einzig darüber, ob eine Beschäftigung vorliegt. Stellte sie dies fest,
entschied anschließend die Einzugsstelle in einem weiteren Verwaltungsakt über die
„konkrete Versicherungs- und Beitragspflicht“ (vgl. Berchthold, in:
Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl. 2009, § 7a
SGB IV Rn. 2.). Die Beteiligten hatten mithin zweimal die Möglichkeit, Widerspruch und
Klage zu erheben.
Auch in den derzeit bei den Sozial- und Landessozialgerichten anhängigen
Gerichtsverfahren, in denen zum einen die Aufhebung eines Verwaltungsakts iSd § 7a
SGB IV, der das Vorliegen einer Beschäftigung feststellt, und zum anderen die
Feststellung, dass die gemäß § 7a SGB IV geprüfte Tätigkeit selbständig ausgeübt
werde, begehrt wird, würden den Beteiligten iSd § 7a Abs. 1 S. 1 SGB V
Rechtsschutzmöglichkeiten genommen, würde der Auffassung des
Bundessozialgerichts, dass § 7a SGB IV nicht zur Feststellung des Vorliegens einer
Beschäftigung ermächtige, gefolgt. Denn im Urteil vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R,
Rn. 26 ff.) vertritt das Bundessozialgerichts auch die Auffassung, dass die Sozial- und
Landessozialgerichte dazu berufen seien, im Rahmen des erhobenen
Feststellungsantrages zu entscheiden, ob „die Voraussetzungen der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der
sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung jeweils in vollem
Umfang“ vorliegen. Bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009
wurden indes diese Voraussetzungen durch einen Verwaltungsakt festgestellt, dessen
Recht- und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 SGG zur
Überprüfung gestellt werden konnte.
b. Der Auffassung des Bundessozialgerichts, dass § 7a SGB IV nicht zur
„Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung“ ermächtige,
kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil diese Auffassung weder mit dem Wortlaut,
noch der Systematik, noch dem Sinn und Zweck des § 7a SGB IV, wie er sich aus den
Gesetzesmaterialien ergibt, in Einklang steht (so zu Recht: Plagemann, EWiR 2009, S.
689 [690].).
aa. Der Wortlaut des § 7a Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 6 S. 2 und Abs. 7 S. 1 SGB IV lässt
keinen Zweifel, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht befugt ist, im Rahmen
des Verfahrens iSd § 7a SGB IV festzustellen, dass in der Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungspflicht
besteht. Denn während § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV und § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV
ausdrücklich bestimmen, dass über die „Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der
Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung“
zu entscheiden ist, bestimmt § 7a Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 6 S. 2 und Abs. 7 S. 1 SGB
IV, dass zu entscheiden ist, ob/dass „eine Beschäftigung vorliegt“. Diese Entscheidung
ist zudem gemäß § 7a Abs. 2 SGB IV „auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände
des Einzelfalles“ zu treffen. Aufgrund einer „Gesamtwürdigung aller Umstände des
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des Einzelfalles“ zu treffen. Aufgrund einer „Gesamtwürdigung aller Umstände des
Einzelfalles“ kann nur die Entscheidung, ob/dass eine Beschäftigung vorliegt, getroffen
werden. Die Feststellung hingegen, inwieweit aufgrund einer Beschäftigung
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung besteht, ist durch eine Unterordnung („Subsumtion“) des
festgestellten Sachverhalts unter die Voraussetzungen der §§ 24 – 28 SGB III, §§ 5 – 8
SGB V, §§ 1- 6 SGB VI und §§ 20 – 25 SGB XI zu treffen.
Aus § 7a Abs. 6 S. 1 SGB IV folgt nicht, dass der Sprachgebrauch des § 7a SGB IV
„uneinheitlich“ ist (so aber: BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 R 11/07 R, Rn. 19).
Vielmehr lässt § 7 Abs. 6 S. 1 SGB VI einzig den Schluss zu, dass die Deutsche
Rentenversicherung Bund, wenn sie das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses
feststellt, auch festzustellen hat, ob dieses Beschäftigungsverhältnis „gegen
Arbeitsentgelt“ ausgeübt wird. Denn gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1
SGB V, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und § 20 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 SGB XI löst nur eine
Beschäftigung, die gegen Arbeitsentgelt ausgeübt wird, Versicherungspflicht in der
Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung
aus.
bb. Aus der Gesetzessystematik ergibt sich ebenfalls, dass die Deutsche
Rentenversicherung Bund nicht befugt ist, im Rahmen des Verfahrens iSd § 7a SGB IV
festzustellen, dass in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung Versicherungspflicht besteht. Denn abgesehen davon, dass
mit Blick auf die Möglichkeit, über § 28h Abs. 2 SGB IV eine Entscheidung der
Einzugsstelle über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung herbeizuführen, nicht
verständlich wäre, weshalb § 7a SGB IV eingeführt wurde, wenn dieser nicht zu einer
„Elementenfeststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung“ ermächtigte,
steht § 7a SGB IV im Zweiten Titel des ersten Abschnitts des SGB IV, dessen Überschrift
lautet: „Beschäftigung und selbständige Tätigkeit“.
§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV, der ein „Anfrageverfahren“ ausschließt, wenn „die Einzugsstelle
oder ein anderer Versicherungsträger […] im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein
Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet“ hatte, stellt diese aus der
Gesetzessystematik hergeleitete Auslegung des § 7a SGB IV nicht in Frage. Er lässt
namentlich nicht den Schluss zu, dass die Verfahren iSd §§ 7a, 28h Abs. 2 S. 1 und §
28p Abs. 1 S. 5 SGB IV „den gleichen Inhalt“ haben und „rechtlich […] gleichwertig“ sind
(so aber: BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 R 11/07 R, Rn. 22.). Die Verfahren iSd § 7a
SGB IV und des § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV haben nämlich schon deshalb nicht „gleichen
Inhalt“ und sind schon deshalb nicht „rechtlich gleichwertig“, weil gemäß § 28p Abs. 1 S.
5 SGB IV Verwaltungsakte nur „gegenüber den Arbeitgebern“ ergehen und weil deren
Entscheidungssätze nicht auf die Feststellung gerichtet ist, dass
Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach
dem Recht der Arbeitsförderung besteht, sondern auf die Feststellung dass „die sich aus
der Prüfung ergeben Nachforderung […] Euro“ betrage.
§ 336 SGB III stellt die aus der Gesetzessystematik hergeleitete Auslegung des § 7a SGB
IV ebenfalls nicht in Frage (so aber: BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 R 11/07 R, Rn.
23). Denn abgesehen davon, dass § 336 SGB III nur davon spricht, dass „die Deutsche
Rentenversicherung Bund im Verfahren nach § 7a Abs. 1 des Vierten Buches die
Sozialversicherungspflicht nach Buch“ feststellt, und aus dieser Formulierung
nicht hervorgeht, ob „im Verfahren nach § 7a Abs. 1 des Vierten Buches“ nur die
Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III oder auch die Voraussetzungen der §§ 27,
28 SGB III zu prüfen sind, ließe sich, wenn tatsächlich maßgeblich wäre, dass „im
Verfahren nach § 7a Abs. 1 des Vierten Buches“ die „Versicherungspflicht“ nach dem
SGB III feststellt wird, nicht erklären, weshalb § 336 SGB III Bescheide, die auf der
Grundlage von § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV oder § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV
Versicherungspflicht nach dem SGB III feststellen, von einer „leistungsrechtlichen“
Bindungswirkung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit ausnimmt. Schließlich wurde §
336 SGB III eingeführt (vgl. BT-Drucks. 13/4941, S. 213 f.), weil nach der Auffassung des
Bundessozialgericht die Bundesagentur für Arbeit leistungsrechtlich an Bescheide der
Einzugsstellen gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV und an Bescheide der Träger der
Rentenversicherung gemäß § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV nicht gebunden ist (vgl. BSG, Urteil
vom 06.02.1992, 7 RAr 134/90.). § 336 SGB III lautete deshalb auch in der bis zum 31.
Dezember 2004 gültigen Fassung:
„Stellt die Einzugsstelle (§ 28i Viertes Buch) oder der Träger der
Rentenversicherung, der die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitgeberpflichten im
Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag prüft (§ 28p Viertes Buch),
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Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag prüft (§ 28p Viertes Buch),
die Versicherungspflicht nach diesem Buch durch Verwaltungsakt fest, so hat die
Bundesagentur auf Antrag des Versicherungspflichtigen zu erklären, ob sie der
getroffenen Feststellung zustimmt. […]“
Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I [2003]
S. 2954 [2973.]) erhielt § 336 SGB III seine (bis auf die Worte die
„Bundesversicherungsanstalt für Angestellte“, die durch das Gesetz zur
Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 09.12.2004 durch die
Worte „die Deutsche Rentenversicherung Bund“ ersetzt wurden) heute noch gültige
Fassung. Diese Fassung war eine „Folgeänderung der Änderung des § 7a Viertes Buch
Sozialgesetzbuch“ (vgl. BT-Drucks. 15/1749 S. 34.). § 7a Abs. 1 SGB IV wurde durch das
Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ein zweiter Satz angefügt,
durch den sichergestellt werden soll, dass von Amts wegen geklärt wird, ob in einem
Unternehmen mitarbeitende Familienangehörige und ob Geschäftsführer von
Gesellschaften mit beschränkter Haftung abhängig beschäftigt oder selbständig tätig
sind (vgl. BT-Drucks. 15/1749 S. 35.). Durch die Neufassung des § 336 SGB III sollte
infolgedessen sichergestellt werden, dass die Bundesagentur für Arbeit an die Antwort
der Deutschen Rentenversicherung Bund auf Fragen gebunden ist (vgl. BT-Drucks.
15/1749 S. 35.).
cc. Dass die Deutsche Rentenversicherung Bund in Verfahren iSd § 7a SGB IV nur zu
entscheiden hat, ob/dass eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich auch aus dem Sinn und
Zweck des § 7a SGB IV. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll das Verfahren iSd
§ 7a SGB IV eine „schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage“
eröffnen, „divergierende Statusentscheidungen“ vermeiden und den „Beteiligten
Rechtssicherheit“ darüber verschaffen, „ob sie selbständig tätig oder abhängig
beschäftigt sind“ (vgl. BT-Drucks. 14/ 1855 S. 6 f.).
All diese Ziele würden verfehlt, müsste im Verfahren iSd § 7a SGB IV über die
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung entschieden werden. Namentlich die Ziele, „divergierende
Statusentscheidungen“ zu vermeiden und den „Beteiligten Rechtssicherheit“ darüber zu
verschaffen, „ob sie selbständig tätig oder abhängig beschäftigt sind“, ließen sich nicht
erreichen. Denn nur dem Entscheidungssatz eines Verwaltungsaktes kommt
„Tatbestandswirkung“. Feststellungen in den Gründen eines Verwaltungsakts hingegen
sind nur dann „allgemeinverbindlich“, wenn dies durch ein Gesetz ausdrücklich bestimmt
ist (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2009, § 11 Rn. 8 f.;
Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl. 2005, § 43 Rn. 26.). Da ein solches Gesetz im
Sozialgesetzbuch fehlt, wäre weder die Einzugsstelle, noch der für die „Prüfung bei den
Arbeitgebern“ zuständige Träger der Rentenversicherung durch einen Verwaltungsakt
der Deutschen Rentenversicherung Bund, dessen Entscheidungssatz lautet, dass in
einer Tätigkeit – etwa weil diese iSd § 8 Abs. 1 SGB IV geringfügig ist – keine
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung besteht (vgl. § 27 Abs. 2 S. 1 SGB III, § 7 S. 1 SGB V, § 5 Abs.
2 S. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI.), daran gehindert (etwa in dem Fall, dass die
Tätigkeit nicht mehr nur geringfügig ist), mit der Begründung, dass die Tätigkeit
selbständig ausgeübt werde, festzustellen, dass in dieser Tätigkeit (weiterhin) keine
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung besteht.
Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass im Verfahren nach § 7a SGB IV über die
Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem
Recht der Arbeitsförderung zu entscheiden ist, hätte er überdies Veranlassung gehabt,
in der Begründung zu § 7a SGB IV zu erwähnen, dass die Träger der Kranken-, Pflege-
und Rentenversicherung sowie die Bundesagentur für Arbeit nach § 12 Abs. 2 S. 1 SGB X
als zu dem Verfahren iSd § 7a SGB IV hinzugezogen werden können. Denn
hierzu hatte er sich schon bei der Einführung von § 28h Abs. 2 SGB IV veranlasst
gesehen (vgl. BT-Drucks. 11/2221, S. 25.). Stattdessen heißt es in der Begründung des
Gesetzgebers zu § 7a SGB IV: „ sind die Partner der Beziehungen, in deren
Rahmen die zu beurteilende Tätigkeit ausgeübt wird,
“ (vgl. BT-Drucks. 14/ 1855 S. 7.).
Die Aussage des Bundessozialgerichts im Urteil vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07, dort
Rn. 25.) es spreche „für eine Feststellung der Versicherungspflicht als Gegenstand von §
7a SGB IV […] bestätigend auch das in den sog Materialien benannte Ziel der
‘Statusfeststellung’“, weil unter Status in Anknüpfung an Georg Jellineks System der
subjektiven Rechte ein Rechtsverhältnis verstanden“ werde, dass „sich als Rechtsfolge
öffentlich-rechtlicher Normen“ ergebe „und seinerseits Anknüpfungspunkt für die
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öffentlich-rechtlicher Normen“ ergebe „und seinerseits Anknüpfungspunkt für die
Zuordnung von Rechten und Pflichten“ sei, ist verfehlt. Denn abgesehen davon, dass
Otto Mayer, der Begründer des modernen deutschen Verwaltungsrechts (vgl. Forsthoff,
Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, 10. Aufl. 1973, S. 51.), unter einem „Status“
lediglich einen „Zustand“ verstand (vgl. Otto Mayer, Die juristische Person und ihre
Verwertbarkeit im öffentlichen Recht, in: Staatsrechtliche Abhandlungen, Festgabe für
Paul Laband zum fünfzigsten Jahrestage der Doktor-Promotion, Bd. 1, 1908, S. 1 [47].),
findet sich in des Gesetzesmaterialien zu § 7a SGB IV kein Hinweis, der die Annahme
zuließe, dass der Gesetzgeber unter einer „Statusfeststellung“ die Feststellung eines
Rechtsverhältnisses verstand. Hinweise hingegen, dass der Gesetzgeber unter „Status“
die Stellung als Arbeitnehmer respektive Selbständiger verstand, finden sich in den
Gesetzesmaterialien zu § 7a SGB IV mehrere (vgl. die Aussagen der Abgeordneten
Peter Dreßen, Margarete Wolf, Dr. Heidi Knake-Werner und Olaf Scholz in der 70. Sitzung
des Bundestages am 12. November 1999, Plenarprotokoll 14/70, S. 6337, 6342, 6345,
6347; vgl. auch BT-Drucks. 14/2046 S. 12.).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
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