Urteil des SozG Berlin vom 28.07.2009

SozG Berlin: unterkunftskosten, wohnung, erlass, senkung, leistungsbezug, unterbrechung, obsiegen, wohnraum, einkünfte, hessen

Sozialgericht Berlin
Beschluss vom 28.07.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Berlin S 160 AS 21415/09 ER
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Kosten der Unterkunft der
Antragstellerin für den Zeitraum vom 10. bis 31. Juli 2009 in Höhe von 709,45 EUR sowie für die Monate August 2009
und September 2009 in Höhe von jeweils 1.023,55 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass der
einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsgegner hat 8/9 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der
Antragstellerin zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten über die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Antragstellerin für den
Zeitraum Juli 2009 – September 2009. Die Antragstellerin ist freiberufliche Architektin. Sie bezog in der Zeit vom 6.
September 2007 bis 31. März 2008 schon einmal Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit
Schreiben vom 15. Oktober 2007 hat der Antragsgegner die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen
Kosten der Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen, sie zur Senkung der Kosten aufgefordert und darauf
hingewiesen, dass nach Ablauf von sechs Monaten nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen
werden. Da die Antragstellerin nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes als freiberufliche Architektin in Hessen tätig
war und ausreichende Einkünfte zur Bestreitung des Lebensunterhalts erzielte, stellte sie über den 31. März 2008
hinaus keinen Fortzahlungsantrag. Sie ging davon aus, dass ihr dortiges Auftragsverhältnis mehrere Jahre andauern
und sie daher nach einer Übergangszeit nach Hessen umziehen würde. Entgegen ihren Erwartungen endete das
Auftragsverhältnis jedoch vorzeitig, so dass die Antragstellerin aus dieser Tätigkeit letztmalig im Oktober 2008
Einkünfte erzielte. In der Folgezeit gelang es der Antragstellerin nicht, weitere Einkünfte aus ihrer freiberuflichen
Tätigkeit zu erzielen. Nachdem sie ihren Lebensunterhalt zunächst aus den zuvor erzielten Einkünften und
Steuerrücklagen finanzierte, stellte sie im 9. April 2009 einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Seit diesem
Zeitpunkt steht die Antragstellerin wieder im Leistungsbezug. Der Antragsgegner gewährte mit Bescheid vom 28. April
2009 und Änderungsbescheid vom 13. Mai 2009 monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 378,00 EUR.
Tatsächlich beläuft sich die Miete für die Wohnung der Antragstellerin für den Monat Juli 2009 auf 999,68 EUR und für
die Monate August 2009 und September 2009 auf jeweils 1.023,55 EUR. Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 hat die
Antragstellerin den Mietvertrag für ihre derzeitige Wohnung mit Wirkung zum 30. September 2009 gekündigt. Die
Widersprüche der Antragstellerin vom 5. und 28. Mai 2009 gegen die Bescheide vom 28. April 2009 und 13. Mai 2009
hat der Antragsgegner bisher nicht beschieden. Die Antragstellerin ist der Auffassung, auch die überhöhten Kosten
der Unterkunft seien innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, beginnend mit dem erneuten Leistungsbezug am
9. April 2009, zu übernehmen. Sie beantragt mit beim Sozialgericht am 10. Juli 2009 eingegangenen Schriftsatz
sinngemäß, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die tatsächlichen Kosten der
Unterkunft in Höhe von 999,68 EUR für Juli 2009 sowie in Höhe von jeweils 1.023,55 EUR für die Monate August 2009
und September 2009 zu bewilligen. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen. Er ist der Ansicht, die
Antragstellerin habe bereits mit der Kostensenkungsaufforderung vom 15. Oktober 2007 Kenntnis über die
Unangemessenheit der tatsächlichen Kosten der Unterkunft erlangt, weshalb die Übergangsfrist des § 22 Abs. 1 S. 3
SGB II zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung bereits abgelaufen und nur noch die angemessenen Kosten der
Unterkunft zu übernehmen sind.
II.
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
begründet. Im Übrigen ist er unbegründet. 1) 10. Juli 2009 bis 30. September 2009 Die gesetzlichen Voraussetzungen
für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind erfüllt, soweit die Antragstellerin die Übernahme der
tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum seit Eingang des Eilantrages beim Sozialgericht am 10. Juli 2009
bis zum 30. September 2009 begehrt. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist eine einstweilige
Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine
solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Hierfür muss der
Antragsteller nach § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) einen
Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn der
zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht, wenn also das
Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegende Erfolgsaussichten hat. Ein
Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegende Erfolgsaussichten hat. Ein
Anordnungsgrund ist dann anzunehmen, wenn dem Anragsteller ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht
zuzumuten ist, weil ihm ohne Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die
auch nach einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Die
Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach der im einstweiligen Rechtsschutz allein
möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich ein Anspruch auf Übernahme
der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 10. Juli 2009 bis 30. September 2009 aus § 22 Abs. 1
S. 3 SGB II. Danach sind auch die unangemessenen Aufwendungen für die Unterkunft als Bedarf des Hilfebedürftigen
so lange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder zuzumuten ist, die Kosten der Unterkunft zu senken, in
der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Kosten der Unterkunft
den angemessenen Umfang übersteigen. Streitig ist, ab welchem Zeitpunkt der Antragstellerin die Senkung der
Unterkunftskosten möglich und zumutbar war. Nach Auffassung des Gerichts ist eine Senkung der Unterkunftskosten
im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zumutbar. Die Zumutbarkeitsregelung des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II soll
verhindern, dass der Leistungsberechtigte ggf. sofort beim erstmaligen Eintritt der Hilfebedürftigkeit seine Wohnung
aufgeben muss (Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 10/06 R und B 7 b AS 18/06 R).
Schutzbedürftig sind nach der Norm insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in
einer unangemessenen Wohnung leben bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs
beispielsweise durch eine Mieterhöhung unangemessen werden (BSG a. a. O.). Orientiert man sich strikt am Wortlaut
des auch vom Bundessozialgericht so formulierten Schutzzweckes, liegen die Voraussetzungen für eine Übernahme
der Kosten nicht vor, da von einem "erstmaligen" Eintritt der Hilfebedürftigkeit insofern nicht gesprochen werden kann,
als die Antragstellerin bereits in der Zeit vom 6. September 2007 bis 31. März 2008 Leistungen nach dem SGB II
bezog. Erstmals war sie daher nicht am 9. April 2009, sondern am 6. September 2007 hilfebedürftig. Unter
Berücksichtigung des Zwecks der Zumutbarkeitsregelung liegt hier nach Ansicht des Gerichts jedoch ein Fall vor, der
demjenigen des erstmaligen Eintritts der Hilfebedürftigkeit vergleichbar ist. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II soll dem
Leistungsberechtigten eine Übergangsfrist von (in der Regel) sechs Monaten gewähren, innerhalb der er sich zwar um
die Senkung seiner Unterkunftskosten bemühen soll, in der jedoch weiterhin die tatsächlichen Unterkunftskosten
übernommen werden. Dahinter steht der Gedanke, dass dem Hilfebedürftigen kein Nachteil daraus erwachsen soll,
dass er vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit in einer – nach sozialhilferechtlichen Gesichtspunkten – zu teuren Wohnung
wohnt. Vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit steht es jedem frei, "überteuerten" Wohnraum anzumieten. Die quasi
vorsorgliche Anmietung einer Wohnung, die die nach dem SGB II als angemessen betrachteten Kosten nicht
übersteigt, kann und soll nicht allein wegen der potentiellen Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt Leistungen nach
dem SGB II zu beziehen, verlangt werden. Das Gesetz räumt dem Leistungsberechtigten daher eine Übergangszeit
ein, innerhalb derer es in der Regel möglich und zumutbar ist, die Kosten auf das angemessene Maß zu senken.
Diese Erwägungen rechtfertigen es nach Ansicht des Gerichts auch im vorliegenden Fall, der Antragstellerin eine
Übergangsfrist zur Senkung ihrer Wohnkosten zuzubilligen. Zwar wusste die Antragstellerin seit Zugang der
Kostensenkungsaufforderung vom 15. Oktober 2007, dass der von ihr angemietete Wohnraum zu teuer ist. Die ihr
vom Antragsgegner gewährte Übergangsfrist von sechs Monaten war frühestens am 15. April 2008 und damit zum
Zeitpunkt des Ablaufes des ersten Bezugszeitraumes am 31. März 2008 noch nicht beendet. Zur Kostensenkung vor
dem 31. März 2008 war die Antragstellerin daher nicht verpflichtet. Erst Recht bestand für die Antragstellerin keine
Notwendigkeit zur Senkung ihrer Unterkunftskosten, nachdem sie ihren Lebensunterhalt durch ihre freiberufliche
Tätigkeit wieder selbst bestreiten konnte und daher auch keinen Weiterbewilligungsantrag auf Leistungen nach dem
SGB II stellte. Die Antragstellerin hat mit der unbestrittenen eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass
sie davon ausging, aufgrund ihrer Beauftragung in Hessen künftig auf weitere staatliche Leistungen verzichten zu
können. Nachdem das Auftragsverhältnis dann jedoch endete und die Antragstellerin ihr gespartes Einkommen sowie
die Steuerrücklagen verbraucht hatte, musste sie ein Jahr nach Ende des vorhergehenden Bewilligungszeitraumes
(31. März 2008) im April 2009 erneut einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II stellen. Der für die Antragstellerin
nicht vorhersehbare Eintritt der erneuten Hilfebedürftigkeit nach einer Unterbrechung des Leistungsbezugs von etwas
mehr als einem Jahr ist nach Ansicht des Gerichts mit dem erstmaligen Eintritt der Hilfebedürftigkeit gleichzustellen.
Auch hier greift der Grundgedanke des § 22 Abs. 1 S. 3 SGG, dass es vor Eintritt der zuvor nicht absehbaren
Hilfebedürftigkeit jedem freistehen muss, "überteuerten" Wohnraum anzumieten und eine Senkung der
Unterkunftskosten zu Zeiten fehlender Hilfebedürftigkeit nicht verlangt werden kann. Folgt man der Ansicht des
Antragsgegners, führte dies dazu, dass die Antragstellerin zur Aufgabe ihrer Wohnung zu einem Zeitpunkt gezwungen
gewesen wäre, in dem sie aufgrund mangelnder Hilfebedürftigkeit gar nicht im Leistungsbezug stand und mit dem
erneuten Eintritt der Hilfebedürftigkeit auch nicht rechnete. Die Antragstellerin ging bis zuletzt davon aus, durch die
Akquise neuer Aufträge auf den erneuten Leistungsbezug verzichten zu können. Die Aufgabe der Wohnung allein
wegen der potentiellen Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt erneut Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, ist
der Antragstellerin nach Ansicht des Gerichts nicht zuzumuten. Etwas anderes mag gelten, wenn der
Leistungsberechtigte nicht ernsthaft davon ausgehen durfte, er werde nicht mehr hilfebedürftig werden und er während
der Unterbrechung des Leistungsbezugs sehenden Auges Kostensenkungsmaßnahmen unterlässt, obwohl der
wiederholte Eintritt der Hilfebedürftigkeit absehbar ist. Hier ist insbesondere an Fälle zu denken, in denen aufgrund
saisonaler Tätigkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem regelmäßigen Wiedereintritt der Hilfebedürftigkeit
ausgegangen werden muss. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Der vom Gericht vertretenen Ansicht, der
wiederholte und nicht vorhersehbare Eintritt der Hilfebedürftigkeit stehe dem erstmaligem Eintritt hier gleich, steht
entgegen der Ansicht des Antragsgegners auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
vom 7. November 2006. Zwar formuliert das Bundessozialgericht den Schutzzweck des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II
dahin, dass der Leistungsberechtigte seine Wohnung beim erstmaligen Eintritt von Hilfebedürftigkeit nicht sofort
aufgeben muss. Jedoch sind die den Entscheidungen vom 7. November 2006 zugrunde liegenden Sachverhalte nicht
mit dem hiesigen vergleichbar. In den vom Bundessozialgericht entschiedenen Fällen bezogen die Kläger ohne
Unterbrechung staatliche Hilfeleistungen. Bis zum 31. Dezember 2004 bezogen sie Hilfe zum Lebensunterhalt nach
dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Bereits im Jahr 2002 bzw. 2004 hatte der damalige Sozialhilfeträger die Kläger
auf die unangemessenen Kosten der Unterkunft hingewiesen. Ab dem 1. Januar 2005 bezogen die Kläger dann
Leistungen nach dem SGB II. In den dortigen Verfahren vertraten die Kläger die Ansicht, dass ihnen mit Beginn des
Bezugs der Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2005 eine erneute Übergangsfrist von sechs Monaten
zustehe. Dieser Ansicht hat das Bundessozialgericht in seinen Entscheidungen vom 7. November 2006 eine Absage
erteilt und darauf hingewiesen, dass die Kläger aufgrund der Mitteilung des damaligen Sozialhilfeträgers im Jahr 2002
bzw. 2004 um die Unangemessenheit der Kosten wussten. Eine erneute "Schonfrist" von sechs Monaten ab dem 1.
Januar 2005 entspreche nicht der Ratio des Gesetzes. Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch dadurch, dass
die Antragstellerin nicht ohne Unterbrechung im Bezug von Hilfeleistungen stand und daher nicht während einer
ununterbrochenen Leistungsgewährung eine Kostensenkungsaufforderung erging. Vielmehr bezog die Antragstellerin
über ein Jahr keinerlei Hilfeleistungen. Dies rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichts, der Antragstellerin
grundsätzlich eine erneute "Schonfrist" zu gewähren. Dem steht auch der Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II nicht
entgegen. Der dort genannte Zeitraum von sechs Monaten ist lediglich eine Regelangabe. Einen Ausschluss der
Übernahme der unangemessenen Kosten der Unterkunft ordnet das Gesetz jedoch nicht zwingend an. Da die
Antragstellerin die Wohnung zum 30. September 2009 gekündigt hat, ist der Zeitraum der Übernahme der
unangemessenen Unterkunftskosten zudem begrenzt. Der erforderliche Anordnungsgrund folgt aus dem
existenzsichernden Charakter der SGB-II-Leistungen. Ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung kann die
Antragstellerin unter Berücksichtigung des Schonvermögens die Kosten der Unterkunft und des Lebensunterhalts aus
eigenen Mitteln nicht mehr bestreiten. Abgesehen davon dürfen bei bejahtem Anordnungsanspruch und einer sich auf
einen längeren Zeitraum erstreckenden Vorenthaltung der begehrten Leistungen an den Anordnungsgrund keine
besonderen Anforderungen gestellt werden; vielmehr dürfte in einem solchen Fall der Anordnungsgrund indiziert sein
(vgl. LSG Baden-Württemberg, NJOZ 2007, 518, 522). 2) 1. bis 9. Juli 2009 Der Antrag auf Übernahme der
tatsächlichen Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 1. bis 9. Juli 2009 ist unbegründet, da die Antragstellerin einen
Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat. Insofern ist nicht ersichtlich, dass der Anragstellerin ein Abwarten der
Hauptsacheentscheidung nicht zuzumuten ist und ihr ohne Erlass der einstweiligen Anordnung schwere und
unzumutbare Nachteile drohen, die auch nach einem Obsiegen im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig
gemacht werden könnten. Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen ist, von einer in die
Gegenwart fortfolgenden Notlage abgesehen, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des
Hauptsacheverfahrens (vgl. LSG Baden-Württemberg NJOZ 2007, 518, 522). Ein Anordnungsgrund besteht daher in
der Regel nicht bei Geldleistungen für die Vergangenheit (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.
2008, § 86b Rn. 29a m. w. N.). Da eine in die Gegenwart fortwirkende Notlage der Antragstellerin wegen der nicht
gewährten Unterkunftskosten für den Zeitraum vor Eingang des Eilantrages (1. bis 9. Juli 2009) nicht ersichtlich ist,
ist der Antragsgegner nicht zur Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für diesen Zeitraum zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Da der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung für etwa 2 2/3 der drei beantragten Monate Erfolg hat, hat der Antragsgegner 8/9 der
notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.