Urteil des SozG Berlin vom 13.03.2017

SozG Berlin: gebühr, glaubhaftmachung, vergütung, ermessen, gerichtsakte, vergleich, fahrtkosten, vertreter, entstehung, link

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Gericht:
SG Berlin 180.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 180 SF 1755/09 E
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 2 S 1 RVG, § 3 Abs 1
RVG, § 14 Abs 1 RVG, Nr 1006
RVG-VV, Nr 1007 RVG-VV
Sozialgerichtliches Verfahren - Rechtsanwaltsvergütung -
Festsetzung - Beschwerdeverfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes - Verfahrensgebühr - Einigungsgebühr -
Erstattung von Auslagen für angefertigte Fotokopien aus der
Verfahrensakte
Leitsatz
1. In sozialgerichtlichen Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind die Nrn.
3500 ff RVG-VV und nicht die Nrn 3200 ff RVG-VV anwendbar.
2. Die Einigungsgebühr in einem sozialgerichtlichen Beschwerdeverfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes, in dem Betragsrahmengebühren anfallen, richtet sich nicht nach Nr 1007
RVG-VV, sondern nach Nr 1006 RVG-VV.
3. Eine Berücksichtigung von Auslagen für angefertigte Fotokopien durch den Rechtsanwalt ist
grundsätzlich nicht möglich, wenn der Rechtsanwalt die gesamte Verfahrensakte hat
ablichten lassen. In diesem Fall ist das Gericht auch nicht zur Festsetzung der für erforderlich
gehaltenen Fotokopien verpflichtet.
Tenor
Die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des
Sozialgerichts vom 27. Mai 2009 (Az. S 137 AS 1…./08 ER) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer legte im Juli 2008 namens der drei Antragsteller Beschwerde
gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Berlin ein, durch den ihr Antrag auf
Verpflichtung des Antragsgegners zur Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt worden
war. Die Ablehnung hatte das Sozialgericht im Wesentlichen damit begründet, dass die
Antragsteller als polnische Staatsangehörige keine Leistungsberechtigte nach dem SGB
II seien. In dem Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-
Brandenburg fand am 14.10.2008 ein Erörterungstermin statt, der mit dem Abschluss
eines von der Berichterstatterin angeregten Vergleichs endete. Im Rahmen des
Erörterungstermins gewährte das LSG den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers als Rechtsanwalt.
Mit Schriftsatz vom 02. März 2009 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung
seiner Vergütung nach folgender Berechnung:
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Mit Beschluss vom 27. Mai 2009 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem
Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf den Betrag von 737,21 EUR fest. Dabei
legte sie folgende Berechnung zugrunde:
Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin u. a. aus, dass die Verfahrensgebühr sich
nach Nr. 3501 VV RVG richte, da Nrn. 3200 ff. VV RVG nur für bestimmte Beschwerden
gälten. Die Beschwerde über die Zurückweisung der einstweiligen Anordnung sei dort
nicht aufgeführt. Nach den Kriterien des § 14 RVG sei für die Verfahrensgebühr der
Betrag von 130,00 € billig, wobei die Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 78 €
wegen Mehraufwand bei zwei weiteren Auftraggebern hinzukäme. Hinsichtlich der
Terminsgebühr nach Nr. 3515 VV RVG sei von einer leicht über dem Mittelwert liegenden
Gebühr auszugehen. Die Einigungsgebühr könne antragsgemäß festgesetzt werden, da
Nr. 1007 VV RVG für alle Rechtsmittelverfahren einschließlich des Beschwerdeverfahrens
Anwendung finde. Die beantragte Dokumentenpauschale sei nicht festzusetzen. Der
Rechtsanwalt müsse sein Ermessen ausüben und dürfe nicht kurzerhand die gesamte
Akte ablichten lassen. Bei der Durchsicht der Kopien sei festgestellt worden, dass ab
einer bestimmten Blattzahl die gesamte Akte fotokopiert worden sei, darunter auch viele
nicht ausgefüllte Antragsformulare. Da das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt
worden sei, komme eine Erstattungspflicht nicht in Betracht.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung vom 18. Juni 2009,
die hier am selben Tag eingegangen ist. Der Erinnerungsführer meint, unter Geltung der
Gebührenrahmen der Nrn. 3501, 3515 VV RVG sei es unbillig nur die Mittelgebühr bzw.
die um 30 % erhöhte Mittelgebühr in Ansatz zu bringen. Das entspreche nicht
annähernd dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Die Antragsteller hätten sich in einer
schweren Notlage befunden, so dass der Ausgang des Verfahrens für sie beinahe von
existenzieller Bedeutung gewesen sei. Bei einem Termin, der über zwei Stunden
gedauert habe und sorgfältig vorbereitet worden sei, sei eine Terminsgebühr von nur
100,00 € völlig unangemessen. Es sei eine rechtlich äußerst schwierige Angelegenheit
gewesen, in der er alle Besprechungen in polnischer Sprache geführt habe. Sowohl für
die Verfahrens- als auch die Terminsgebühr sei die Höchstgebühr anzusetzen. Zur
sachgerechten Durchführung der Angelegenheit sei auch die Ablichtung der nicht
ausgefüllten Antragsformulare erforderlich gewesen. Jedenfalls sei es unzulässig, wenn
das Gericht Auslagen, die es nur teilweise für erforderlich halte, überhaupt nicht erstatte.
Aus § 46 Abs. 1 RVG ergebe sich, dass dann wenigstens die für nötig befundenen
Auslagen zu vergüten seien.
Der Erinnerungsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die zulässige Erinnerung vom 18. Juni 2009, hier eingegangen am selben Tag, ist nicht
begründet. Im angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss sind im Ergebnis zu
Recht keine höheren Gebühren und Auslagen festgesetzt worden.
Nach § 3 Abs. 1 RVG entstehen Betragsrahmengebühren in Verfahren vor den Gerichten
der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden
ist. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet,
wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)
genannten Personen gehört. Da die Antragsteller zu dem Kreis der Personen nach § 183
SGG zählen und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen hier
Betragsrahmengebühren.
Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter
Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der
anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes
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Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes
Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei
Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das
Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die
von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist, §
14 Abs. 1 RVG.
Unter Beachtung der Bemessenskriterien des § 14 Abs. 1 RVG ist hier die Festsetzung
der Verfahrensgebühr nach Nrn. 3501, 1008 VV RVG in Höhe von 208,00 € nicht zu
beanstanden. Die darüber hinausgehende Forderung des Erinnerungsführers ist unbillig.
Im Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist zutreffend auf Nr. 3501 VV RVG als dem
einschlägigen Gebührentatbestand für die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens
vor dem Landessozialgericht abgestellt worden (ebenso: LSG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss v. 05.05.2008, L 20 B 139/07; LSG Hessen, Beschluss v. 25.05.2009, L 2 SF
50/09 E; SG Lüneburg, Beschluss v. 24.03.2009, S 12 SF 55/09 E; zitiert nach
sozialgerichtsbarkeit.de; SG Berlin, Beschluss v. 30. April 2009, S 164 SF 78/09 E,
unveröffentlicht; vgl. auch BSG, Beschluss v. 01.04.2009, B 14 SF 1/08 R Rn. 20, zitiert
nach juris). Ein Fall von Nr. 3204 VV RVG, wie im Vergütungsfestsetzungsantrag vom
Erinnerungsführer angenommen, liegt nicht vor. Aus dem Wortlaut von Nr. 3501 VV RVG
und der Systematik des RVG ergibt sich, dass vorliegend eine Anwendung von Nr. 3204
VV nicht in Betracht kommt (überzeugend: LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.).
Insbesondere gehört die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu
den „bestimmten Beschwerden“ im Sinne des Teil 3 Abschnitt 2. des RVG, die dort
abschließend aufgezählt werden. Die Regelungen im 2. Abschnitt des 3. Teils gelten
damit nur für die dort in der Vorbemerkung ausdrücklich genannten Beschwerden; im
Übrigen bleibt es bei den Regelungen im Abschnitt 5 (vgl. Vorbemerkung 3.5 vor
Abschnitt 5). Zu den im 2. Abschnitt des 3. Teils aufgezählten Beschwerden gehören
Beschwerdeverfahren vor dem LSG nicht. Bei Nr. 3501 VV RVG handelt es sich insoweit
um eine Spezialregelung für sozialgerichtliche Beschwerdeverfahren, wenn in den
Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen. Zudem würde bei Zugrundelegung der
Nr. 3204 VV RVG kein Anwendungsbereich für die Regelung in Nr. 3501 1. Alt. VV RVG
verbleiben und die Vorschrift bei Beschwerdeverfahren damit leer laufen.
Innerhalb des Gebührenrahmens der entstandenen Betragsrahmengebühr nach Nrn.
3501, 1008 VV RVG ist zutreffend keine höhere Gebühr als 208,00 € festgesetzt worden.
Die Bewertungen im angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss zu Umfang und
Schwierigkeit der Angelegenheit sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch im
Übrigen sind Fehler bei der Bestimmung der billigen Gebühr nicht ersichtlich. Die
Kammer kann ebenfalls nicht erkennen, dass nach den Bemessenskriterien des § 14
RVG hier, wie vom Erinnerungsführer beantragt, die jeweiligen Höchstgebühren
festzusetzen wären. Diese müssen solchen Verfahren vorbehalten bleiben, in denen
zumindest der weit überwiegende Teil der Bewertungskriterien des § 14 Abs. 1 RVG
deutlich überdurchschnittlich sind. Das ist hier nicht der Fall. Denn jedenfalls die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragsteller als SGB II-
Leistungsempfänger waren weit unterdurchschnittlich. Die Schwierigkeit der
Anwaltstätigkeit ist als weit überdurchschnittlich einzuschätzen, nicht jedoch der Umfang
der Anwaltstätigkeit. Der Bevollmächtigte hatte sich mit dem ablehnenden Beschluss
sowie den Einwänden des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren
auseinanderzusetzen. Dabei beschränkte sich sein Vortrag im Beschwerdeverfahren im
Wesentlichen auf die Darlegung und Glaubhaftmachung der Ausübung der selbständigen
Tätigkeit durch den Antragsteller zu 2). Die Anwaltstätigkeit war damit zwar
überdurchschnittlich umfangreich. Dies allerdings nicht in einem solchen Ausmaß, das
die Höchstgebühr rechtfertigt. Schließlich ist auch kein besonderes Haftungsrisiko des
Bevollmächtigten ersichtlich.
Dem Erinnerungsführer ist jedoch darin zu folgen, dass für die Terminsgebühr nach Nr.
3513 VV RVG hier die Höchstgebühr von 160,00 € anzusetzen ist. Insoweit ist zu
berücksichtigen, dass der Erörterungstermin vom 14.10.2008 über zwei Stunden
gedauert und damit überdurchschnittlich lang war. Die Kammer geht hierbei davon aus,
dass in sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig eine Terminsdauer von 30-45 Minuten
dem Durchschnitt entspricht (SG Berlin, Beschluss v. 22.01.2010, S 165 SF 1315/09 E,
zitiert nach juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Die benannten Bemessenskriterien des §
14 Abs. 1 RVG sind ebenfalls deutlich überdurchschnittlich. Im Termin erfolgte eine
ausführliche Anhörung der beiden erwachsenen Antragsteller, es war zudem eine
Auseinandersetzung mit der schwierigen und uneinheitlichen Rechtsprechung zu den
Leistungsausschlüssen im SGB II bei EU-Bürgern aus den osteuropäischen EU-
Mitgliedsstaaten erforderlich. Hinzu kam die Prüfung des vom Gericht angeregten
Vergleichsvorschlags. Zu berücksichtigen ist auch die überragende Bedeutung der
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Vergleichsvorschlags. Zu berücksichtigen ist auch die überragende Bedeutung der
streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Antragsteller.
Insgesamt erscheint der Kammer trotz der unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen
Verhältnisse der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf die außergewöhnlich lange
Terminsdauer in einem schwierigen Verfahren die Festsetzung der Höchstgebühr
gerechtfertigt.
Dennoch führt die Festsetzung der Höchstgebühr für die Terminsgebühr nicht zu einer
höheren Vergütung. Denn die Einigungsgebühr ist ausgehend von Nr. 1006 VV RVG und
nur in Höhe von 190,00 € festzusetzen, so dass die höhere Terminsgebühr hier im
Ergebnis nicht zu einer höheren Vergütung führt. Unstreitig ist eine Einigungsgebühr
angefallen, da die Beteiligten in dem Erörterungstermin vom 14.10.2008 zur Beendigung
des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens einen gerichtlichen Vergleich geschlossen
haben. Im Gegensatz zum Erinnerungsführer und der Ansicht im Beschluss geht die
Kammer allerdings davon aus, dass hier der Gebührentatbestand Nr. 1006 VV RVG und
nicht Nr. 1007 VV RVG anwendbar ist. Nr. 1007 VV RVG gilt nur für den Fall, dass über
den Gegenstand ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig ist. Dagegen ist Nr.
1006 VV RVG anwendbar, wenn über den Gegenstand ein sonstiges gerichtliches
Verfahren anhängig ist. Damit ist Nr. 1007 VV RVG ausweislich Wortlaut und Systematik
eine Spezialregelung für Einigungen oder Erledigungen in Berufungs- oder
Revisionsverfahren. Eine Beschwerde in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist
aber weder eine Berufung noch eine Revision. Nr. 1007 VV RVG kann hier auch nicht
analog angewandt werden. Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke. Aus
der Parallelvorschrift zu den gerichtskostenpflichtigen Verfahren in Nr. 1004 Absatz 1 VV
RVG ist zu folgern, dass dem Gesetzgeber der Ausschluss von Beschwerdeverfahren
bewusst gewesen ist. Denn in dieser Vorschrift hat er ausdrücklich geregelt, dass der
höhere Gebührensatz im Falle einer Einigung oder Erledigung für bestimmte
Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren (Vorb. 3.2.1 und 3.2.2) gelten soll (vgl.
Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 1003, 1004 Rn. 55). Da bei dem im
gleichen Abschnitt des RVG geregelten Nr. 1007 VV RVG eine vergleichbare
Ausnahmeregelung fehlt, kann jedenfalls für die Beschwerde im einstweiligen
Rechtsschutzverfahren nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen
werden (vgl. aber Müller-Rabe in: a. a. O., Nr. 1005-1007 Rn. 5, der für die
Nichtzulassungsbeschwerden nach §§ 145, 160a SGG Nr. 1007 VV RVG für anwendbar
hält).
Als billige Einigungsgebühr ist hier die Mittelgebühr von 190,00 € anzusetzen. Insoweit ist
festzustellen, dass der Erinnerungsführer ebenfalls - wenngleich unter Zugrundelegung
von Nr. 1007 VV RVG - von einem durchschnittlichen Verfahren ausgegangen ist. Der im
Termin geschlossene Vergleich weist keine Besonderheiten auf. Er ist nicht besonders
kompliziert oder umfangreich. Der Inhalt des Prozessvergleichs wurde ausweislich des
Sitzungsprotokolls auf Vorschlag der Berichterstatterin mit dem Vertreter des
Antragsgegners im Erörterungstermin vereinbart. Die Anforderungen an die Mitwirkung
des Rechtsanwalts beim Abschluss des gerichtlichen Vergleichs sind somit als
durchschnittlich zu bewerten. Der hohen Bedeutung der Angelegenheit für die
Auftraggeber stehen deren schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnisse
gegenüber, vgl. die obigen Ausführungen. Auch im Übrigen sind keine Anhaltspunkte für
die Festsetzung einer höheren Gebühr geltend gemacht oder ersichtlich. Daher ist
bezüglich der Einigungsgebühr von der Mittelgebühr auszugehen.
Schließlich kann der Erinnerungsführer nicht die Dokumentenpauschale für Ablichtungen
aus dem von ihm eingesehenen Verwaltungsvorgang geltend machen. Nach Nr. 7000
Ziff. 1.a) VV RVG kann eine Pauschale für die Herstellung und Überlassung von
Dokumenten für Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten gewährt werden, soweit
deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war.
Was zur Bearbeitung der Sache sachgemäß ist, bestimmt sich nicht nach der
subjektiven Auffassung des Prozessbevollmächtigten, sondern nach der allgemeinen
Verkehrsanschauung im Prozessrechtsverkehr. Dabei ist die Eigenverantwortlichkeit des
Prozessbevollmächtigten für die Prozessführung zu berücksichtigen und eine kleinliche
Handhabung bei der erforderlichen Glaubhaftmachung der Entstehung der Kosten und
ihrer Notwendigkeit im Hinblick auf die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsverkehrs zu
vermeiden (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 7000 Rn. 22 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Grundätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die
Ablichtung der geltend gemachten 126 Seiten aus der Verwaltungs- und Gerichtsakte
zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Zwar dürfte entgegen der
Begründung im Beschluss die Anfertigung von Kopien der nicht ausgefüllten
Antragsformulare grundsätzlich nicht zu beanstanden sein. Zutreffend weist der
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Antragsformulare grundsätzlich nicht zu beanstanden sein. Zutreffend weist der
Erinnerungsführer insoweit darauf hin, dass diese Kopien erforderlich waren, weil nur so
nachzuvollziehen war, dass insoweit keine Angaben durch die Mandanten gemacht
worden waren. Allerdings hat der Erinnerungsführer sich offensichtlich keine Gedanken
darüber gemacht, welche Kopien notwendig sind und welche nicht. Denn er hat
sämtliche Schriftstücke, die sich in dem Verwaltungs- und Gerichtsvorgang befanden,
abgelichtet oder ablichten lassen. Darunter sind auch einige Schreiben, die sowohl aus
der Verwaltungs- als auch aus der Gerichtsakte und damit doppelt kopiert worden sind
(u. a. Schreiben des Vermieters und zum Widerspruchsvorgang). Soweit der
Erinnerungsführer darauf verweist, dass hier zumindest die aus Sicht des Gerichts
notwendigen Fotokopien zu berücksichtigen seien, kann er damit nicht gehört werden. Es
ist in einer solchen Situation nicht Aufgabe des Gerichts, die notwendigen Fotokopien
von den insgesamt geltend gemachten Fotokopien abzuziehen (OVG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 16.10.2006, Az.: 7 E 1339/05, zitiert nach juris).
Voraussetzung für die Anerkennung von Fotokopierkosten im Festsetzungsverfahren ist
nach Nr. 7000 Ziff. 1a) VV RVG, dass der Beteiligte Tatsachen darlegt, aus denen sich
schlüssig die Notwendigkeit der Kopien für eine sachgerechte Prozessführung ergibt.
Hieran fehlt es vorliegend. Diese Verpflichtung der Kostengläubiger zur Darlegung und
Glaubhaftmachung der Umstände, die die Gebotenheit der Anfertigung von Kopien zur
sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache belegen, dürfen sie nicht auf das Gericht
abwälzen. Daher waren die Fotokopierkosten insgesamt nicht berücksichtigungsfähig.
Aus dem vom Erinnerungsführer angeführte § 46 Abs. 1 RVG folgt hier nichts anderes.
Denn bezüglich der Erstattung von Kopierkosten ist Nr. 7000 VV RVG die speziellere
Regelung, so dass § 46 Abs. 1 RVG nicht zur Anwendung kommt. Zudem käme man
auch unter Anwendung von § 46 Abs. 1 RVG zu keinem anderen Ergebnis. Denn er sieht
die Erstattung von Auslagen des beigeordneten Rechtsanwalts nur für den Fall vor, dass
sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich waren. Insoweit trifft
den Rechtsanwalt somit ebenfalls die Pflicht die Erforderlichkeit des Anfalls von Auslagen
darzulegen. Dieser Verpflichtung ist der Erinnerungsführer, wie oben dargelegt, hier nicht
nachgekommen.
Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die
Erinnerung war daher zurückzuweisen.
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3
RVG.
Die Beschwerde gegen diese Entscheidung ist nicht statthaft, vgl. Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.06.2008, L 1 B 60/08 SF AL.
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