Urteil des SozG Berlin vom 20.07.2006

SozG Berlin: verpflegung, ernährung, pauschalierung, niedersachsen, minderung, marktwert, klinik, deckung, pauschalbetrag, form

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Gericht:
SG Berlin 106.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 106 AS 530/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 Abs 3 S 1 Halbs 2 SGB 2
vom 20.07.2006, § 3 Abs 3 S 2
SGB 2 vom 20.07.2006, § 11
Abs 1 S 1 SGB 2, § 20 Abs 1
SGB 2, AlgIIV
Arbeitslosengeld II - freie Verpflegung bei stationärer
Rehabilitationsmaßnahme - keine Einkommensberücksichtigung
bzw Kürzung der Regelleistung
Leitsatz
Die während einer stationären Rehabilitationsmaßnahme gewährte Verpflegung ist kein
Einkommen im Sinne von § 11 SGB 2; eine Kürzung der SGB-2-Regelleistung ist
ausgeschlossen.
Tenor
Der Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 20.Oktober 2006
in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. und 23. November 2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 28. Februar 2007 verurteilt, dem Kläger über die im
Leistungszeitraum 1. November 2006 bis 30. April 2007 hinaus bewilligten Leistungen
zusätzliche Leistungen in Höhe von 120,75 Euro monatlich vom 1. November 2006 bis
zum 31. Januar 2007 sowie in anteiliger Höhe für die Zeit vom 1. Februar bis zum 5.
Februar 2007 zu gewähren.
Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kürzung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des
Sozialgesetzbuches – SGB II - während eines stationären Krankenhausaufenthaltes des
Klägers.
Mit Bescheid vom 12. Mai 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Juli
2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Juli 2006 bewilligte der Beklagte
dem 1968 geborenen, allein stehenden Kläger Leistungen nach dem SGB II für den
Zeitraum vom 28. April bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 628,90 Euro ab dem 1. August
2006.
Vom 16. Oktober 2006 bis zum 5. Februar 2007 befand der Kläger sich zur stationären
Behandlung im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme der Deutschen
Rentenversicherung in den Kliniken D – Verhaltensmedizinisches Zentrum für
Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik.
Mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2006 senkte der Beklagte die dem Kläger
gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes „ab Beginn der
Rehamaßnahme“ für den Zeitraum ab dem 16. Oktober 2006 ab. Für die Kläger wurde
nunmehr ein Gesamtleistungsbetrag von 564,50 Euro wegen einer Kürzung der
Regelleistung um 35% festgesetzt.
Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 20.
Oktober 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. November 2006 und vom
28. Februar 2007, der nach § 96 Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, dem
Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum
30. April 2007, wobei er statt eines Regelsatzes von 345,00 Euro für den Zeitraum 1.
November 2006 bis zum 5. Februar 2007 nur Leistungen in Höhe von 215,25 Euro
monatlich - im Februar 2007 entsprechend anteilig - berücksichtigte, also den Regelsatz
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monatlich - im Februar 2007 entsprechend anteilig - berücksichtigte, also den Regelsatz
um 35% oder 120,75 Euro kürzte.
Den Widerspruch des Klägers gegen beide Bescheide wies der Beklagte durch
Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2006 zurück. Zur Begründung führte er aus,
dass die von dem Kläger erhaltene Vollverpflegung für die Dauer des stationären
Aufenthaltes in der Klinik seinen Bedarf um einen Anteil der Regelleistung von 35%
mindere.
Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der
Auffassung, dass die Verpflegung in der Klinik weder im Wege der Bedarfssenkung noch
als Einkommen zu berücksichtigen sei.
Der Kläger beantragt,
1) den Änderungsbescheid vom 20.Oktober 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 aufzuheben und
2) den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 20. Oktober
2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. und 23. November 2006 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 28. Februar 2007 zu verpflichten, dem Kläger Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 1. November 2006 bis zum 5.
Februar 2007 in ungekürzter Höhe zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend
aus, dass es sich bei der an den Kläger im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahme um
einen Geldwert handele, der die Hilfebedürftigkeit des Klägers mindere. Die Kürzung
erfolge aufgrund einer Arbeitsanweisung der Bundesagentur für Arbeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Leistungsakte des Beklagten verwiesen,
die der Kammer vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch
begründet.
Der angefochtene Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 für den Leistungszeitraum vom 1.
Oktober bis zum 31. Oktober 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen
Rechten. Er unterliegt daher der Kassation durch das Gericht.
Für den Leistungszeitraum vom 1. November 2006 bis zum 5. Februar 2007 stehen dem
Kläger höhere Leistungen zu.
Gegenstand der Klage ist ausschließlich die Entscheidung des Beklagten über die
Kürzung der Regelleistung um 35% in den angefochtenen Bescheiden. Der Kläger hat die
Klage zulässiger Weise hierauf beschränkt, weil es sich bei der Entscheidung des
Beklagten über die Höhe der Regelleistung nach § 20 SGB II und die Berücksichtigung
von Einkommen um eine selbständige, abtrennbare Verfügung handelt (vgl. für
abtrennbare Kosten für Unterkunft und Heizung BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B
7 b AS 8/06 R -).
Der Kläger hat auch für die Zeit seines stationären Aufenthaltes vom 16. Oktober 2006
bis zum 5. Februar 2007 einen Anspruch auf die Bewilligung der vollen monatlichen
Regelleistung in Höhe von 345,00 Euro aus § 20 Abs. 2 SGB II. Der allein stehende Kläger
erfüllte in diesem Zeitraum die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 SGB II, insbesondere
war er hilfebedürftig. Er bezog auch kein leistungsminderndes Einkommen. Ein
Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II lag nicht vor. Der Kläger war weniger
als sechs Monate stationär untergebracht (§ 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II).
Die Höhe der für den Kläger anzusetzenden Regelleistung zur Sicherung des
Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 SGB II. Abs 1 dieser
Vorschrift benennt die Bereiche, die von der Regelleistung abgedeckt werden sollen; in
Abs 2 und 3 ist die Höhe gesetzlich festgelegt. Nach § 20 Abs 2 SGB II beträgt die
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Abs 2 und 3 ist die Höhe gesetzlich festgelegt. Nach § 20 Abs 2 SGB II beträgt die
monatliche Regelleistung für (u.a.) alleinstehende Personen in den alten Bundesländern
(bis einschließlich 30. Juni 2007) – wie den Kläger - 345,00 Euro.
Für eine Minderung dieses Leistungsanspruchs aufgrund der während eines
Klinikaufenthaltes gewährten Verpflegung gibt es nach Auffassung der Kammer keine
Rechtsgrundlage (vgl. auch SG Freiburg, Urteil vom 24. Oktober 2006 – S 9 AS 1557/06
= info also 2007, 75, 77 m.w.N.; SG Mannheim, Urteil vom 28. Februar 2007 – S 9 AS
3882/06, zitiert nach juris; Urteil der 93. Kammer des SG Berlin vom 24. April 2007 – S
93 AS 9826/06, zitiert nach juris; und Urteil des SG Berlin vom 27. Juni 2007 – S 103 AS
5267/06).
Der insoweit nach § 20 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigende Regelbedarf wird im Bereich
des SGB II nicht individuell ermittelt. Nach § 20 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch -
SGB II - umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere
Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in
vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen
Leben. Abs. 1 enthält dabei die nicht abschließende Liste der aus der Regelleistung zu
deckenden Bedarfe. Die durch § 20 SGB II gewährten Regelleistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts dienen – wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt – grundsätzlich der
Deckung des ohne die Besonderheit des Einzelfalles bei vielen Hilfeempfängern
gleichermaßen bestehenden Bedarfs. Es handelt sich um eine Typisierung des Bedarfs
der Hilfebedürftigen, der durch eine Pauschalierung der entsprechenden zu
gewährenden Leistungen gedeckt wird. Hierdurch werden im Interesse einer
Gleichbehandlung der Hilfebedürftigen und auch zur Verwaltungsvereinfachung die
Besonderheiten des Einzelfalles weitgehend außer Acht gelassen und allen
Hilfebedürftigen ein fester monatlicher Pauschalbetrag zur Verfügung gestellt. Auf den
individuellen Bedarf des Einzelnen kommt es daher gerade nicht an. Hilfebedürftige
können daher auch dann keine höheren Leistungen erhalten – abgesehen von
anzuerkennendem Mehrbedarf nach § 21 SGB II und Sonderleistungen nach § 23 SGB II
–, wenn im konkreten Einzelfall ein zusätzlicher, in der Regelleistung nicht enthaltener
Bedarf anfällt oder wenn ausnahmsweise ein in der Regelleistung enthaltener Bedarf in
größerer Höhe entsteht. Mit der Anfügung der nachstehenden Passage an § 3 Abs 1
SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat
der Gesetzgeber diesen Gesichtspunkt im Gesetz noch einmal klargestellt: "die nach
diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen.
Eine davon abweichende Festlegung des Bedarfs ist ausgeschlossen." Zur Begründung
dieser Klarstellung (BT-Drucks 16/1696 S 26 zu Nr 2) ist ausgeführt, die Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts würden mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft und
der Heizung grundsätzlich in pauschalierter Form erbracht. Sie deckten den allgemeinen
Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der Personen, die mit ihnen in einer
Bedarfsgemeinschaft leben, abschließend. Unbeschadet der Regelungen des zweiten
Abschnitts des dritten Kapitels, die insbesondere die Möglichkeit der darlehensweisen
Leistungsgewährung bei unabweisbarem Bedarf im Einzelfall beinhalteten, würden
Leistungen für weiter gehende Bedarfe durch die Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nicht erbracht.
Umgekehrt folgt hieraus aber auch, dass der Leistungsträger nicht berechtigt ist, die
Leistung abzusenken, wenn ausnahmsweise einmal im Bereich der Regelleistung ein
Teilbereich entweder gar nicht oder nur in reduzierter Höhe anfällt. Das Wesen der
Pauschalierung besteht gerade darin, solche Besonderheiten des Einzelfalles
auszublenden. Eine Minderung des Regelbedarfes um den Anteil für einzelne, ggf. nicht
vorliegende Bedarfe, stieße auch auf die Schwierigkeit, dass die einzelnen Bedarfe in
ihren Anteilen am Regelbedarf gesetzlich nirgends fixiert sind und also freihändig in den
Pauschalbetrag interpretiert werden müssten (beispielhaft zu der Bandbreite der
Auffassungen bezüglich des Ernährungsanteils vgl. nur LSG Niedersachsen-Bremen,
vom 29. Januar 2007 – L 13 AS 14/06 ER). Zudem würden entsprechende
Ermittlungstätigkeiten der Leistungsträger zu den einzelnen Bedarfspositionen
erforderlich werden (vgl. hierzu die Beispiele in dem Urteil der 103. Kammer des SG
Berlin vom 27. Juni 2007 – S 103 AS 5267/06 – III.1.). Daher mindert die
Krankenhausverpflegung den Bedarf des Hilfebedürftigen im Rahmen des SGB II nicht.
Es tritt auch keine Minderung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 SGB II durch die
erforderliche Hilfe von Trägern anderer Sozialleistungen ein. Im Regelungssystem des
SGB II definiert § 9 Abs. 1 SGB II nämlich nur das Tatbestandsmerkmal der
Hilfebedürftigkeit in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II (vgl. hierzu und zum Folgenden Urteil
der 103. Kammer vom 27. Juni 2007, a.a.O.). Kann der Lebensunterhalt nicht vollständig
selbst gedeckt werden, liegt Hilfebedürftigkeit in diesem Sinne vor. Ob und in welchem
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selbst gedeckt werden, liegt Hilfebedürftigkeit in diesem Sinne vor. Ob und in welchem
Umfang das eigene Einkommen oder Leistungen Dritter auf der Rechtsfolgenseite den
Leistungsanspruch mindern, ergibt sich jedoch nicht aus der Legaldefinition des § 9 Abs.
1 SGB II, sondern allein aus den spezielleren Regelungen insbesondere zur
Berücksichtigung von Einkommen nach § 11 i.V.m. § 9 Abs. 2 SGB II und der
Arbeitslosengeld-II-Verordnung (ebenso SG Freiburg, Urteil vom 24. Oktober 2006 – S 9
AS 1557/06 = info also 2007, 75, 77). So erhält nach der Praxis der Träger der
Grundsicherung auch derjenige ergänzendes Arbeitslosengeld II, dessen unbereinigtes
Einkommen ausreicht, um seinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren, wenn das
Einkommen nach Abzug des Freibetrages (§ 30 SGB II) den Bedarf unterschreitet.
Vorliegend liegt es auf der Hand, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt auch während
des Klinikaufenthaltes nicht vollständig selbst decken konnte.
Die erhaltene Verpflegung ist auch nicht als Sacheinkommen zu berücksichtigen (a.A.
LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II
alle Einnahmen in Geld und mit Geldeswert. Nicht als Einkommen zu berücksichtigen
sind unter anderem gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II Einnahmen, soweit sie a)
zweckbestimmte Einnahmen oder als b) Zuwendungen der Freien Wohlfahrtspflege
einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des
Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II
nicht gerechtfertigt wären.
Zwar ist daran festzuhalten, dass auch dann von einer geldwerten Einnahme
ausgegangen werden muss, wenn der Zufluss den Einsatz eigener Geldmittel erspart.
Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Zufluss tatsächlich in Geld getauscht werden
kann. Sachbezüge müssen stets einen Marktwert haben (so auch Hasske in Estelmann,
SGB II, Stand 05/07 Rn. 18 zu § 11; SG Freiburg aaO.). Die Leistungsberechtigten nach
dem SGB II können selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang sie die Regelleistung
einsetzen. Allein ihnen steht die Entscheidung zu, ob etwa für den Bereich der
Verpflegung oder des Tabakkonsums weniger und dafür beispielsweise für den Bedarf an
Kulturgütern mehr ausgegeben wird. Diese vom Gesetzgeber eingeräumte Freiheit wäre
den Leistungsberechtigten jedoch wieder genommen, wenn der Zufluss nicht
handelbarer Sachen als Einkommen angerechnet würde. Die Leistungsberechtigten
wären hierdurch auf den Einsatz des Sachbezugs zur Deckung einer bestimmten
Bedarfskomponente festgelegt. Die Leistungsberechtigten könnten den Wert des
Sachbezugs, der ihnen angerechnet wird, nicht mehr in Ausübung ihrer
Gestaltungsfreiheit für andere Zwecke einsetzen (ebenso SG Freiburg a.a.O., Seite 77).
Zwar handelt es sich bei der vom Krankenhausträger gewährten Verpflegung um eine
Leistung, die an sich einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren Wert besitzt. Allein dies
reicht jedoch nicht aus, um einen Marktwert der Krankenhausverpflegung zu begründen
(a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Es fehlt die faktische Möglichkeit, die Mahlzeit
zu veräußern. Auch der Verzicht auf die angebotene Verpflegung brächte dem Patienten
keinen geldwerten Vorteil.
Zudem wäre auch eine Bewertung der Verpflegung kaum möglich. Die Pauschalierung
des Beklagten, die 35% der Regelleistung in Abzug bringt, berücksichtigt zum einen
nicht, dass zusätzlich zu den angebotenen Mahlzeiten bei einem Klinikaufenthalt ggf.
weitere Nahrungsmittel ergänzend hinzugekauft werden (Getränke, Süßigkeiten).
Zudem wäre zum anderen im Einzelnen zu ermitteln, in welchem Umfang die
Verpflegung tatsächlich gewährt wurde und welchen Wert diese im Einzelnen hat. Im Fall
von Schwerkranken kann der Wert der erhaltenen Ernährung bei dem Erfordernis von
Infusionen oder enteraler Ernährung ggf. deutlich geringer oder sogar höher sein.
Dem Kläger waren daher die gekürzten Leistungen um 120,75 Euro monatlich vom 1.
November bis zum 5. Februar 2007 in voller Höhe zuzusprechen.
Aus den genannten Gründen handelte es sich bei der von dem Kläger angetretenen
Rehabilitationsmaßnahme auch nicht um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48
Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Anfechtungsklage war daher
ebenfalls in vollem Umfang zu entsprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz.
Obwohl der Beschwerdewert die Grenze von 500,00 Euro nicht erreicht, macht das
Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufung zuzulassen. Die aufgeworfene
Rechtsfrage hat nämlich über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 144
Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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