Urteil des SozG Berlin vom 20.07.2006

SozG Berlin: unterkunftskosten, umzug, elterliche sorge, haushalt, verfassungskonforme auslegung, wohnfläche, sorgerecht, betriebskosten, wohnraum, produkt

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Gericht:
SG Berlin 128.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
S 128 AS 11433/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2 vom
20.07.2006, § 22 Abs 1 S 3 SGB
2 vom 20.07.2006, § 73 SGB 12,
Art 6 Abs 2 GG
Arbeitslosengeld II - Unterkunfts- und Heizkosten - Ermittlung
der Angemessenheitsgrenzen für einen Zwei-Personen-Haushalt
in Berlin - erhöhter Unterkunftsbedarf bei Ausübung von
Umgangs- und Sorgerecht bzw Besuch der getrennt lebenden
Kinder - verfassungskonforme Auslegung -
Kostensenkungsverfahren - Zumutbarkeit des
Wohnungswechsels
Leitsatz
1. Zu den angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 für einen Zwei-
Personen-Haushalt in Berlin im Jahr 2008.
2. Ein Unterkunftsbedarf für drei oder mehr Personen wird nur dann ausgelöst, wenn auch
tatsächlich drei Personen die Wohnung ausschließlich oder ganz überwiegend bewohnen.
Allein daraus, dass weitere Personen zeitweise in die Wohnung aufgenommen werden, folgt
nicht automatisch ein - ständiger - höherer Unterkunftsbedarf. Dies gilt auch dann, wenn ein
Elternteil von seinen Kindern im Rahmen der Umgangs- oder Sorgerechtsausübung besucht
wird.
Allein die typischerweise mit einem Umzug verbundenen Belastungen und der Verlust des
engen sozialen Umfelds (Straßenzug, Viertel) machen einen Umzug nicht unzumutbar.
Tenor
1. Die Bescheide vom 12. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
3. März 2008 werden abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis
zum 31. Januar 2009 Leistungen ausgehend von Unterkunfts- und Heizkosten für den
Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 30. Juni 2008 in Höhe von 454,78 € und vom 1.
Juli 2008 bis zum 31. Januar 2009 in Höhe von 454,67 € zu gewähren.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Unterkunftskosten.
Die 1966 geborene Klägerin zu 1. und die 2003 geborene Klägerin zu 2. bewohnen in der
N…. ….straße .., B, gemeinsam eine rund 87 qm große seit 1910 bezugsfertige Drei-
Zimmer-Wohnung in einem Mehrfamilienhaus mit einer Gesamtgröße zwischen 501 und
1.000 qm zu einer monatlichen Warmmiete bis zum 31. März 2008 in Höhe von 710,75 €
(Kaltmiete 481,75 €; Betriebskostenvorauszahlung 141,- €; Heiz- und
Warmwasserkostenvorauszahlung 88,- €) und ab dem 1. April 2008 von 727,58 €
(Kaltmiete 498,58 €; Betriebskostenvorauszahlung 141,- €; Heiz-,
Warmwasserkostenvorauszahlung 88,- €). Die Wohnung wird mittels
Sammelheizung/Fernwärme beheizt. Die Klägerin zu 1. und der von ihr geschiedene Dr.
M O (O.) haben zwei weitere gemeinsame Kinder, die 1997 geborene E L (E.) und die
2000 geborene J A (J.), die jeweils bei O. leben. Die Klägerin und O. üben das Sorgerecht
über die gemeinsamen Kinder gemeinsam aus. Das Umgangsrecht der Klägerin zu 1.
mit E. und J. ist durch Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom …
2007 (15 UF …) näher geregelt worden. Der persönliche Umgang soll danach in
ungeraden Kalenderwochen am Donnerstag nach der letzten Schulstunde bis Montag
zum Schulbeginn und in den dazwischen liegenden Wochen von Donnerstag nach der
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zum Schulbeginn und in den dazwischen liegenden Wochen von Donnerstag nach der
letzten Schulstunde bis Freitag zum Schulbeginn ausgeübt werden. Der Beschluss
enthält ausführliche Regelungen zum Umgangsrecht in den Ferien, an Feiertagen und zu
besonderen Anlässen. Die Klägerinnen beziehen vom Beklagten seit 2005 Leistungen
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Schreiben vom 25. Juni 2007 erklärte der Beklagte der Klägerin zu 1., die von ihr
bewohnte Wohnung sei unangemessen teuer. Angemessen sei ein monatlicher Mietzins
von 444,- €. Die Wohnungskosten seien zu reduzieren, ab dem 1. Februar 2008 würden
nur noch die angemessenen Wohnungskosten übernommen.
Mit Bescheiden vom 12. Februar 2008 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für die
Zeit vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Juli 2008 und vom 1. August 2008 bis zum 31.
Januar 2009 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 767,55 €. Er
ging dabei von monatlichen Unterkunfts- und Heizkosten von 433,55 € monatlich aus,
weil er monatlich 10,45 € für Warmwasserkosten abzog. Den hiergegen gerichteten
Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3. März 2008 zurück.
Hiergegen haben die Klägerinnen am 3. April 2008 Klage erhoben. Unberücksichtigt
geblieben sei, dass die Klägerin zu 1. als Alleinerziehende einen Anspruch auf
Aufstockung der Miete um zehn Prozent habe. Zudem sei aufgrund der Ausübung ihres
Umgangsrechts von einem Vier-Personen-Haushalt auszugehen, weil E. und J. 40
Prozent ihrer Zeit in ihrem Haushalt verbrächten. Die Klägerin zu 2. besuche den
jüdischen Kindergarten in der …straße .., E. und J. besuchten die jüdische Grundschule
„H G“. Daher könnten die Klägerinnen nicht in andere, gegebenenfalls günstigere
Stadtviertel umziehen. Innerhalb des von ihnen bewohnten Stadtviertels C-W und der
angrenzenden Stadtviertel sei günstigerer Wohnraum nicht verfügbar.
In einem Erörterungstermin am 25. Juni 2009 hat die Klägerin zu 1. unter anderem
erklärt, E. und J. hätten jeweils ein eigenes Zimmer in der Wohnung ihres Vaters. Sie
habe nach Eingang der Kostensenkungsaufforderung nach einer Drei-Zimmer-Wohnung
zu einer Miete bis 500,- € monatlich geschaut, eine solche aber nicht gefunden.
Die Klägerin zu 1. trägt weiter vor, sie habe die Wochenendausgaben des Tagesspiegels
und die gängigen Internetportale nach Wohnungen durchsucht. Im Mai 2009 habe sie in
der S…straße eine Wohnung besichtigt, bei der in einem Zimmer Schimmel an der Wand
gewesen sei. Zudem habe die Wohnung statt 500,- € auf einmal 550,- € kosten sollen.
Die Klägerinnen beantragen schriftlich,
die Bescheide vom 12. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 3. März 2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum
vom 1. Februar 2008 bis zum 31. Januar 2009 Leistungen ausgehend von den
tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten abzüglich der Warmwasserpauschale zu
gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der
Prozessakte sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Er war
Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist
zulässig, aber nur teilweise begründet.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist auch die Klage der Klägerin zu 2. ungeachtet der
Tatsache zulässig, dass sie minderjährig ist und die Klägerin zu 1. mit O. das Sorgerecht
über sie gemeinsam ausübt. Bei gemeinsamer Ausübung des Sorgerechts getrennt
lebender Eltern besteht im sozialgerichtlichen Verfahren zwar kein Alleinvertretungsrecht
des umgangsberechtigten Elternteils (vgl. nunmehr ausdrücklich Bundessozialgericht
, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R - juris). Die Kammer hat aber keine
Anhaltspunkte dafür, dass eine Genehmigung vollmachtlosen Handelns durch O. hier
nicht vorliegt. Insoweit unterscheidet sich dieser Fall auch von dem vom BSG
entschiedenen Fall, in dem die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung
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entschiedenen Fall, in dem die Kindesmutter in der mündlichen Verhandlung
ausdrücklich ihre Zustimmung versagt hatte.
Die Klage ist aber weitgehend unbegründet. Die Bescheide vom 12. Februar 2008 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2008 sind weitgehend rechtmäßig und
verletzen die Klägerinnen insoweit nicht in ihren Rechten. Ihnen stehen lediglich im
geringen Umfang höhere Heizkosten zu.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe
der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die
Klägerinnen können hiernach Leistungen ausgehend von monatlichen Unterkunfts- und
Heizkosten für den Zeitraum vom 1. Februar 2008 bis zum 30. Juni 2008 in Höhe von
454,78 € und vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Januar 2009 von 454,67 € verlangen.
Die Kammer folgt dabei dem Ansatz des 29. Senats des Landessozialgerichts (LSG)
Berlin-Brandenburg (vgl. Urteil vom 31. März 2009 - L 29 AS 1164/08 - juris). Danach
sind zum einen die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur
Belegung von nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung
belegungsgebundenen Wohnungen heranzuziehen, wie sie sich aus der Mitteilung Nr.
8/2004 vom 15. Dezember 2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ergeben. In
Berlin wird die maßgebliche Wohnungsgröße für den Wohnberechtigungsschein in der
Regel nach Raumzahl bestimmt (Ziff. 8 Abs.1 Mitt. 8/04). Angemessen ist danach
grundsätzlich ein Raum für jeden Haushaltsangehörigen. Zum anderen ist zur
Bestimmung des angemessenen Wohnflächenbedarfs an die Durchführungsregelungen
im sozialen Wohnungsbau anzuknüpfen. In Berlin sind insoweit mangels den
Mietwohnungsbau betreffender Bestimmungen die Richtlinien über Förderungssätze für
eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr
vom 25. Mai 1999 - Eigentumsförderungssätze 1999 - (ABl. 1999, S. 2918 ff.)
heranzuziehen. Nach Ziffer 3 (3) der Eigentumsförderungssätze 1999 ist für zwei
Personen eine Wohnfläche von maximal 60 qm förderungsfähig. Unter Anwendung
dieser Maßstäbe ist hier eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm für die Klägerinnen
angemessen.
Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs sind die Kosten für
eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und
grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist"
(vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 3), zu
ermitteln. Abzustellen ist dabei auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und
Standard, welches sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Hier sind die sich aus der
Berliner Mietspiegeltabelle 2007 ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache
Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, S.
1797) zu Grunde zu legen. Für eine Wohnfläche von 60 qm und mehr ergibt sich daraus
eine Netto-Kaltmiete von gerundet 4,55 €/qm (2,90 €/qm + 4,26 €/qm + 3,18 €/qm +
4,66 €/qm + 4,31 €/qm + 4,11 €/qm + 4,35 €/qm + 5,29 €/qm + 6,38 €/qm + 4,38
€/qm + 6,25 €/qm = insgesamt 50,07 €/qm / 11 = durchschnittlich 4,55 €/qm) = 273,- €
monatliche gesamte Netto-Kaltmiete. Zu der demnach angemessenen Kaltmiete von
273,- € monatlich sind die durchschnittlichen "kalten" Betriebskosten, die regelmäßig mit
dem Mietzins zu entrichten sind, zu ermitteln. Unter Zugrundelegung der vom
Deutschen Mieterbund - DMB - mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das
Jahr 2008 veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de), ergeben sich bei
Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten
durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,73 €/qm (inklusive Steuern und
Abgaben). Daraus ergeben sich "kalte" Betriebskosten für eine Wohnung von 60 qm in
Höhe von 103,80 € monatlich. Ein für die Klägerinnen günstigeres Ergebnis ergäbe sich
im Übrigen auch dann nicht, wenn man der Berechnung von Richtern des Sozialgerichts
Berlin folgte (vgl. Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in
Berlin. Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin, Archiv für
Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit, 1/2010). Denn auch danach ergibt sich in
Berlin für einen Zwei-Personen-Haushalt nur eine angemessene Kaltmiete (inklusive
Betriebkosten) in Höhe von 370,20 € monatlich.
Ein Anspruch auf Übernahme höherer Unterkunftskosten ergibt sich nicht deshalb, weil
die Klägerin zu 1. im Rahmen ihres Umgangsrechts von ihren Kindern E. und J. besucht
wird. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine temporäre Bedarfsgemeinschaft auch
im Bereich der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen ist, ist allerdings bislang nicht
höchstrichterlich entschieden (das Problem wurde vom BSG in seinem Urteil vom 2. Juli
2009 – B 14 AS 36/08 R – a. a. O. - angedeutet) und wird in der sozialgerichtlichen
Rechtsprechung auch nicht einheitlich beurteilt. So folgert das Sozialgericht (SG)
Duisburg in seiner Entscheidung vom 31. März 2009 (S 5 AS 93/08 - juris) aus der
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Duisburg in seiner Entscheidung vom 31. März 2009 (S 5 AS 93/08 - juris) aus der
besonderen Förderungspflicht des Staates aus Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG),
dass - unter der Voraussetzung einer gewissen Regelmäßigkeit und zeitlichen
Erheblichkeit der Anwesenheit von Kindern im Haushalt eines hilfebedürftigen Elternteiles
- ein höherer Anspruch auf Leistungen für Unterkunft bestehen müsse. Auch das LSG
Nordrhein-Westfalen meint, die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II
müssten in einem Umfang gewährt werden, der eine Wahrnehmung des Umgangsrechts
nicht vereiteln darf (vgl. Beschluss vom 17. Juni 2008 - L 20 B 225/07 AS ER - juris). Zwar
sei es nicht sachgerecht, im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts und bei
zeitweisen Bedarfsgemeinschaften allein auf die Anzahl der während der
"Besuchszeiten" anwesenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abzustellen. Vielmehr
bedürfe es insoweit der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Kriterien für die
Bestimmung einer angemessenen Wohnungsgröße könnten insbesondere der zeitliche
Umfang der Ausübung des Umgangsrechts, das Alter der Kinder, individuell erhöhte
Raumbedarfe, gegebenenfalls auch die Entfernung zum Haushalt des anderen Elternteils
sein. In Abhängigkeit davon sei daher bei zeitweisen Bedarfsgemeinschaften ein
Zuschlag ausgehend von der dem Bedarf permanenten Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft nach den landesrechtlichen Vorgaben über die Förderung des
sozialen Wohnungsbaus oder den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen in
Betracht zu ziehen. Das SG Fulda begründet seine Ansicht, dass die Wahrnehmung des
Umgangsrechts einen zusätzlichen Wohnflächenbedarf auslösen könne, mit der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. SG Fulda, Urteil vom 27. Januar
2010 - S 10 AS 53/09 - juris). In seinem Beschluss vom 25. Oktober 1994 (1 BvR 1197/93
- NJW 1995, 1342-1343) habe das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass Artikel 6
Abs. 2 Satz 1 GG „
Jedenfalls in den Fällen, in denen die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem
getrennt lebenden Elternteil und seinen Kindern durch regelmäßige Aufenthalte der
Kinder bei diesem Elternteil aufrechterhalten werden, müsse, so das SG Fulda,
sichergestellt sein, dass auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung
stehe, innerhalb dessen dies möglich ist. In diesem Zusammenhang könne nicht
verlangt werden, dass sich die Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil in den Zeiten
der Aufenthalte - ungeachtet der tatsächlichen räumlichen Verhältnisse – „einrichten“
müssen. Ein solches Verlangen würde gerade in Fällen, in denen die wohnlichen
Verhältnisse bezogen auf die Wohnfläche für lediglich eine Person zugeschnitten sind,
die Gefahr bergen, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen – als Folge eines
dauerhaften und regelmäßigen Zusammenlebens in beengten Verhältnissen - nicht
ungehindert aufrechterhalten werden könnten und demzufolge jedenfalls auf längere
Sicht betrachtet die Möglichkeit einer Vereitelung des Umgangsrechts drohe. Die Frage,
in welchem Umfang bei Vorliegen einer temporären Bedarfsgemeinschaft weiterer
Wohnflächenbedarf anzuerkennen ist, könne nicht pauschal beantwortet werden. Im
konkreten Fall hat das SG Fulda bei einem zeitlichen Besuchsumfang von regelmäßig
zumindest zwei Wochenenden im Monat (entsprechend vier bis fünf Tage monatlich) für
jedes Kind der hälftige zusätzliche Wohnflächenbedarf zu berücksichtigen sei. Dieser
Zusatzbedarf sei dabei kein solcher des Kindes, sondern des umgangsberechtigten
Hilfebedürftigen.
Die Kammer ist der Auffassung, dass ein Unterkunftsbedarf für drei oder mehr Personen
nur dann ausgelöst wird, wenn auch tatsächlich drei Personen die Wohnung
ausschließlich oder ganz überwiegend bewohnen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,
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ausschließlich oder ganz überwiegend bewohnen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg,
Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 25 B 2022/08 ER - juris). Allein daraus, dass
weitere Personen zeitweise in die Wohnung aufgenommen werden, folgt nicht
automatisch ein – ständiger – höherer Unterkunftsbedarf. Andernfalls müssten hier für
fünf Personen Unterkunftskosten für sechs oder sieben Personen übernommen werden.
Tatsächlich können nicht Mutter und Vater jeweils einen Mehrpersonenhaushalt mit
demselben Kind führen (so auch SG Berlin, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - S 130 AS
27001/08 ER - juris). Richtig ist zwar, dass das Umgangsrecht des nicht
sorgeberechtigten Elternteils durch Artikel 6 Abs. 2 GG geschützt ist. Dieses
Umgangsrecht ermöglicht dem nicht sorgeberechtigten Elternteil, sich von dem
körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch
Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die
verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung
vorzubeugen sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (vgl. zum
Vorstehenden Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. August 1995 - 5 C 15/94 - NJW
1996, 1838-1840). Entsprechendes gilt auch dann, wenn – wie hier – ein getrennt
lebender Elternteil das Sorgerecht über die gemeinsamen Kinder zusammen mit dem
anderen Elternteil ausübt. Das Recht auf Pflege und Erziehung des Kindes ist gleichfalls
durch Artikel 6 Abs. 2 GG geschützt. Allerdings sind staatliche Leistungen zur
Existenzsicherung im Rahmen familienrechtlicher Beziehungen nicht dazu bestimmt, die
fehlende Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom
7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R – SozR 4-4200 § 20 Nr. 1). Die Wahrnehmung des
grundgesetzlich geschützten Umgangs- und Elternrechts des Hilfebedürftigen im
beschriebenen Sinne wird durch die Finanzierung angemessenen Wohnraums von
vorliegend 60 qm nicht vereitelt. Die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums
müssen die Ausübung des Umgangsrechts bei Bedürftigkeit ermöglichen (vgl. BSG,
Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R – a. a. O.) und nicht optimieren.
Ermöglicht wird aber das Umgangs- und Elternrecht, wenn in Fällen der vorliegenden Art
einem Bedürftigen und seinen Kindern eigener Wohnraum bis zu einer Größe von 60 qm
(im Regelfall; bei Anwendung der Produkttheorie kann bei entsprechend geringerem
Quadratmeterpreis auch größerer Wohnraum finanziert werden) finanziert wird. Das
Umgangs- und Elternrecht des Hilfebedürftigen mag allerdings dann eine Rolle spielen,
wenn er eine Wohnung bewohnt, die evident für Besuche durch seine Kinder nicht
geeignet ist. Hier mag im Einzelfall im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II
ein erforderlicher Umzug in eine größere Wohnung bejaht werden. Eine solche
Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor.
Ein Anspruch nach § 73 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) ist hier
schlechterdings nicht denkbar, weshalb auch eine Beiladung des Sozialhilfeträgers nach
§ 75 Abs. 2 SGG nicht in Betracht kommt. Das BSG hat festgestellt, dass § 73 SGB XII
dem Hilfebedürftigen selbst allenfalls eine Übernahme seiner eigenen Fahrtkosten
ermögliche. Die sonstigen Lebenshaltungskosten der Kinder während der Zeit der
Besuche würden nicht von § 73 SGB XII, sondern von den §§ 20 - 22 SGB II erfasst (vgl.
Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R – a. a. O.). Die Kammer folgt dieser
Auffassung und entnimmt ihr darüber hinaus, dass auch die Unterkunftskosten in
Zeiten, in denen Kinder den Hilfebedürftigen nicht besuchen, gleichfalls nicht unter § 73
SGB XII fallen können. Offen lässt die Kammer in diesem Zusammenhang, ob aus dem
bereits mehrfach zitierten Urteil des BSG vom 7. November 2006 hervorgeht, dass es
sich (auch) bei den Unterkunftskosten generell um Leistungen an die Kinder handelt (vgl.
juris, Rn. 28), was einem Anspruch der Klägerinnen unabhängig von den obigen
Erwägungen schon im Ansatz entgegen stünde.
Die Klägerinnen können einen zusätzlichen Bedarf für die Unterkunft auch nicht als so
genannten atypischen Bedarf geltend machen. Insoweit hat das
Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, es sei mit Artikel 1 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 GG unvereinbar, dass im SGB II
eine Regelung fehlt, die einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines zur
Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums unabweisbaren, laufenden, nicht
nur einmaligen, besonderen Bedarfs vorsieht (Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1
BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227-240). Ein solcher sei für denjenigen Bedarf
erforderlich, der nicht schon von den §§ 20 ff. SGB II abgedeckt wird, weil die
Einkommens- und Verbrauchsstatistik, auf der die Regelleistung beruht, allein den
Durchschnittsbedarf in üblichen Bedarfssituationen widerspiegelt, nicht aber einen
darüber hinausgehenden, besonderen Bedarf aufgrund atypischer Bedarfslagen. Die
Kammer lässt offen, ob sich die Klägerinnen dem Grunde nach überhaupt mit Erfolg auf
die zitierte Rechtsprechung berufen könnten. Jedenfalls gilt die durch Anordnung des
Bundesverfassungsgerichts geschaffene Härtefallregelung nur für die Zeit ab der
Verkündung des Urteils und damit nicht für Leistungszeiträume vor dem 9. Februar 2010
(vgl. Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR
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(vgl. Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 24. März 2010 - 1 BvR
395/09 – juris) und damit auch nicht für den hier streitigen Zeitraum.
Da die Kammer die von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und
Verbraucherschutz des Landes Berlin am 7. Juni 2005 erlassenen
Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22
SGB II (AV-Wohnen) nicht anwendet, ist den Klägerinnen auch nicht ein zehnprozentiger
Aufschlag nach Nr. 4 Abs. 5 Buchstabe a der AV-Wohnen zu gewähren.
Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten ergibt sich für die
Klägerinnen hier auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Soweit die Aufwendungen für
die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang
übersteigen, sind sie danach als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der
Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden
Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist,
durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die
Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Besondere Gründe, nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die unangemessenen Kosten für die
Unterkunft im Streitzeitraum weiterhin zu erbringen, bestanden hier nicht. Insbesondere
liegt auch nicht aufgrund einer fehlerhaften Kostensenkungsaufforderung des Beklagten
ein Fall der Unmöglichkeit einer Kostensenkung vor. Dies kommt nur in Betracht, wenn
der Grundsicherungsträger dem Hilfeempfänger zur Angemessenheit der
Unterkunftskosten über die als angemessen angesehene Referenzmiete hinaus
unrichtige Richtgrößen (Parameter) mitteilt und der Hilfeempfänger gerade deshalb
keine angemessene Wohnung findet. Dafür gibt es mangels ausreichender Bemühungen
der Klägerinnen um kostengünstigeren Wohnraum indes keinen Anhalt. Es ist zwar so,
dass die vom Beklagten benannte Referenzgröße einer Bruttowarmmiete von 444,- € im
Lichte der neueren Erkenntnisse über die Auslegung von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II
deshalb unzutreffend ist, weil die Heizkosten nicht bei der Festlegung dieser Größe
pauschaliert werden dürfen. Die Klägerinnen sind jedoch durch die Angabe der aus Sicht
des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten und die über die aus seiner Sicht
bestehende Rechtslage grundsätzlich hinreichend informiert worden (vgl. auch BSG,
Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 43/06 R – juris). Allein die objektiv fehlerhafte
Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der
Kostensenkung in einem Ausnahmefall, wenn dadurch bewirkt wird, dass der
erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in
wesentlichem Umfang beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08
R - BSGE 102, 263-274). Dies war hier aber nicht der Fall, zumal die Klägerinnen nach
eigenem Bekunden eine Drei-Zimmer-Wohnung bis zu einer Warmmiete von 500,- €
monatlich gesucht haben und sich somit die objektiv nicht ganz zutreffenden Vorgaben
des Beklagten nicht kausal auf die Bemühungen der Klägerinnen auswirken konnten.
Auch aus anderen Gründen ist ein Umzug nicht unzumutbar gewesen. Ob es dem
Leistungsberechtigten unzumutbar ist, die Unterkunftskosten auf das angemessene
Maß abzusenken, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. hierzu und zum Folgenden
Lauterbach in Gagel, SGB III, § 22 SGB II, Rn. 55). Allein die typischerweise mit einem
Umzug verbundenen Belastungen und der Verlust des engen sozialen Umfelds
(Straßenzug, Viertel) machen einen Umzug nicht unzumutbar. Unzumutbarkeit kann
sich aus einer vom Durchschnitt abweichenden Belastungssituation ergeben, wie
Gebrechlichkeit bei hohem Alter, einer aktuellen schweren Erkrankung, einer ärztlich
bestätigten akuten schweren seelischen Belastungssituation. Unzumutbar können ein
Umzug oder eine Untervermietung auch bei ohnehin aus anderem Grund in nächster
Zeit anstehenden Wechsel der Unterkunft (etwa wegen der bevorstehenden
Arbeitsaufnahme in einer anderen Region) oder bei mit hoher Wahrscheinlichkeit
feststehendem alsbaldigem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug (wegen zeitnaher
Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine bedarfsdeckende Altersrente; bei
Zusage für die bevorstehende Aufnahme einer den Lebensunterhalt sichernden
Beschäftigung) sein. In die Zumutbarkeitsbeurteilung sind auch, insbesondere bei nur
geringfügiger Überschreitung der Angemessenheitsgrenze und absehbarem Ende des
Leistungsbezuges, die zu erwartenden Renovierungs- und Umzugskosten
einzubeziehen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass von Unzumutbarkeit vorliegend
nicht ausgegangen werden kann, weil die Klägerin zu 2. den jüdischen Kindergarten in
der Dstraße .. besucht. Zwar gehört zu den berücksichtigenswerten Gründen die
Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger
Kinder, die möglichst nicht durch einen Wohnungswechsel zu einem Schulwechsel
gezwungen werden sollten; ebenso kann auf Alleinerziehende Rücksicht genommen
werden, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind,
die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge
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die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge
und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar
2009 - B 4 AS 30/08 R – a. a. O.). Indes ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen
bereits jetzt in rund fünf Kilometer Entfernung (Fahrtstrecke) vom Kindergarten der
Klägerin zu 2. wohnen. Die von ihnen besichtigten Wohnungen (T… Zeile; Q… Straße;
S…straße) befinden sich sogar in noch weiterer Entfernung (ca. acht Kilometer). Bei
dieser Sachlage war ein Umzug auch in die Stadtbezirke Schöneberg, Charlottenburg,
Tiergarten, Steglitz, Zehlendorf, teilweise auch Spandau, zumutbar. Hier sind nach
Recherchen der Kammer Zwei-Zimmer-Wohnungen zu der angemessenen Kaltmiete
von 273,- € monatlich verfügbar und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies im
streitigen Zeitraum nicht so war.
Soweit E. und J. die jüdische Grundschule „H. G“ besuchen, begründet dies keine
weitergehende Einschränkung des zumutbaren Wohnraums. Der Umzug in Wohnungen
in den genannten Stadtbezirken würde die Ausübung des Elternrechts der Klägerin zu 1.
nicht vereiteln.
Ist demnach die Kaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten zu hoch, gilt dies nicht für
die separat zu beurteilenden Heizkosten. Auch Leistungen für die Heizung werden
gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen übernommen,
soweit diese angemessen sind. Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten ist an
den Wohnverhältnissen der Hilfesuchenden im jeweiligen Einzelfall auszurichten. Es ist
wie bei den Aufwendungen für die Unterkunft ein konkret-individueller Maßstab
anzulegen. Eine Pauschalierung der Leistungen für die Heizung, die nur auf Grundlage
einer Verordnung nach § 27 Nr. 1 SGB II möglich wäre, lässt § 22 Abs. 1 SGB II nicht zu.
Die am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung hat grundsätzlich getrennt von
der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil
vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R – a. a. O.).
Auszugehen ist davon, dass Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen
lediglich dann nicht erstattungsfähig sind, wenn sie bei sachgerechter und
wirtschaftlicher Beheizung als der Höhe nach nicht erforderlich erscheinen. Dies setzt
eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus. Soweit ein kommunaler Heizspiegel nicht
existiert, ist der bundesweite Heizspiegel heranzuziehen. Aus diesem ergeben sich
Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der
von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des
Heizenergieverbrauchs zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem
hoch", ausweislich des Heizspiegels 2009 zwischen „günstig“, „mittel“, „erhöht“ und „zu
hoch“ unterscheiden. Der Grenzwert ist das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem
hohe" oder „zu hohe“ Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die
Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den
Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt. Insofern
wird der Wert für extrem (oder zu) hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene
Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der
Heizkosten darstellt, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen
einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglicht. Der
Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis
zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem (zu) hohe Heizkosten mit der
angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen (vgl. BSG, Urteil vom 2.
Juli 2009 - B 14 AS 33/08 R - juris).
Die Kammer zieht nicht die Durchschnittswerte des Berliner Heizspiegels heran. Dieser
differenziert für Wohnungen nicht zwischen den jeweiligen Gesamtgrößen eines
Mehrfamilienhauses. Heranzuziehen sind vielmehr die Werte des bundesweiten
Heizspiegels 2009 für 2008. Ausgehend hiervon sind hier die tatsächlichen Heizkosten
angemessen. Sie sind allerdings zunächst zu reduzieren um die Kosten für
Warmwasserbereitung. Dies sind 10,02 € monatlich (6,26 € + 3,76 €) bis zum 30. Juni
2008 und ab da 10,13 € monatlich (6,33 € + 3,80 €). Daraus ergeben sich
Jahresheizkosten von 935,76 € und 934,68 €. Der Grenzwert von 978,- € (60 qm mal
Grenzwert von 16,30 €) wird damit nicht überschritten. Bei dieser Sachlage sind 88,- €
Heizkosten abzüglich 10,02 € und 10,13 € monatlich zu übernehmen. Zuzüglich der
Kaltmiete und den Betriebskosten ergibt sich der tenorierte Leistungsbetrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Obsiegen der Klägerinnen fällt
kostentechnisch nicht ins Gewicht. Die Berufung ist für den Beklagten nicht zuzulassen,
weil Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen.
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