Urteil des SozG Augsburg vom 12.11.2008
SozG Augsburg: integration, haushalt, feststellungsklage, krankenpflege, versorgung, bayern, vergütung, leistungsklage, lagerung, gefahr
Sozialgericht Augsburg
Urteil vom 12.11.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 12 KR 353/06
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 64.000,00
EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Zahlung einer Hausbesuchsgebühr bei Leistungen der Behandlungspflege.
Der Kläger ist Inhaber der Firma C., deren Leistungsspektrum laut Briefkopf folgende Bereiche umfasst: "Ambulante
Alten- und Krankenpflege, Betreutes Wohnen S.-straße, Betreutes Wohnen K. Straße, Hauswirtschaftliche
Leistungen, Gesetzliche Betreuungen". Der Sitz der Firma und des Pflegedienstes befindet sich in der K. Straße ,
früher war in der S.-straße, wo sich auch die Wohnung des Klägers befindet. Der Pflegedienst ist zugelassener
Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege. Das Betreute Wohnen in der S.-straße ist in einem ehemaligen
Schwesternwohnheim untergebracht. Dort sind derzeit 4 Stockwerke mit dem Betreuten Wohnen belegt, früher 5. Der
Pflegedienst rechnet gegenüber der Beklagten Hausbesuchsgebühren ab für Behandlungspflegeleistungen in der S.-
straße. Die Beklagte stellte sich mit Schreiben vom 28.12.2005 auf den Standpunkt, dass Pflegedienst und Betreute
Wohnanlage räumlich integriert seien und daher keine Hausbesuchsgebühren mehr für Patienten des Betreuten
Wohnens S.-straße übernommen werden könnten.
Anlässlich einer Qualitätsprüfung in ambulanten Pflegeeinrichtungen gemäß § 114 Sozialgesetzbuch Elftes Buch
(SGB XI) durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 24.01.2006 wurde
festgestellt, dass durch den Pflegedienst insgesamt 59 Personen betreut wurden, davon 35 Personen im Betreuten
Wohnen S.-straße, 11 Personen im Betreuten Wohnen K. Straße und 13 Personen in Privathaushalten. Nach den
Feststellungen des MDK befindet sich das Geschäftsbüro der Einrichtung in der K. Straße , wo auch die
personenbezogenen Unterlagen aufbewahrt werden. Das morgendliche Übergabegespräch findet im Raum unmittelbar
daneben (Seniorentreff/Café der Betreuten Wohnanlage K. Straße ) statt. Im 1. Stock der S.straße gab es einen
Raum, welcher abgeschlossen war. In diesem Raum wurden die Pflegedokumentationen und die Medikamente der
meisten Bewohner der S.-straße aufbewahrt. Die Medikamente wurden personenzugeordnet in einem abschließbaren
Schrank gelagert, das Anbruchsdatum sei auf der Medikamentenpackung vermerkt. Nach den vorgelegten
Tourenplänen gab es 2 Frühtouren und 2 Spättouren, dabei eine Frühtour und eine Spättour für die Betreute
Wohnanlage S.-straße und eine weitere Tour für die Betreute Wohnanlage K. Straße und die Privathaushalte. Der
Kläger und der Pflegedienstleiter haben einen Generalschlüssel für die Betreute Wohnanlage S.-straße.
Am 03.03.2006 fand ein Gespräch zwischen dem Pflegedienst und der Beklagten hinsichtlich der Büroräume statt. Es
fand eine Besichtigung des Raumes in der S.-straße statt. Dort befand sich weiterhin im ersten Stock ein
abgeschlossenes Zimmer des Pflegedienstes, wo im abgeschlossenen Schrank die Medikamente der Versicherten
aufbewahrt wurden sowie einzelne Dokumentenmappen. Die Beklagte verweigerte dann mit Bescheid vom 09.03.2006
die Abrechnung der Hausbesuchsgebühr. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass nach der vertraglichen Regelung
für die Versorgung von Versicherten, die Leistungen von einem in ihrer Wohnanlage räumlich integrierten ambulanten
Pflegedienst erhalten, keine Hausbesuchsgebühr beziehungsweise Anfahrtpauschale abgerechnet werden dürfe. Hier
handle es sich um einen derartigen Fall. Zudem hätten die Bewohner der S.-straße keinen eigenen Haushalt und
deshalb könne die Hausbesuchsgebühr nur einmal pro Anfahrt abgerechnet werden.
Gegen dieses Schreiben der Beklagten legte der Kläger mit Schreiben vom 20.03.2006 förmlich Widerspruch ein,
wobei sich die Beklagte wegen der Gleichordnung auf den Standpunkt stellte, dass kein Verwaltungsakt und
Widerspruchsbescheid zu erlassen seien. Der Bevollmächtigte des Klägers hat sich dann argumentiert, dass nach der
Ausgestaltung der Mietverträge die Bewohner tatsächlich über einen eigenen Haushalt verfügen würden.
Patientenakten seien nur ausnahmsweise in den Büroräumen der K. Straße aufbewahrt, wenn aufgrund der Eigenart
der Versicherten die Gefahr bestehe, dass die Dokumente vernichtet werden könnten. Auch sei die Teeküche, die im
Zeitpunkt des Besuches verschlossen gewesen sei, im Regelfall geöffnet. In diesem Raum würden auch nicht
sämtliche Pflegedokumentationen vorgehalten, es befinde sich auch keine Außenstelle des Pflegedienstes in der S.-
straße. Die Tour des Pflegedienstes werde auch von der K. Straße aus angetreten und dort finde auch die Übergabe
statt. Im Rahmen der Qualitätsprüfung hat der Kläger am 13.04.2006 der Arbeitsgemeinschaft der
Pflegekassenverbände in Bayern mitgeteilt, dass in den Räumen in der S.-straße lediglich die Pflegemappen von vier
Patienten aufbewahrt würden, bei denen die Gefahr bestehe, dass diese wegen des Krankheitsbildes der Patienten
abhanden kommen könnten. Auch sei dieser Raum in der S.straße mittlerweile geöffnet und den Bewohnern
zugänglich. Dokumentationsmappen und Medikamente würden jetzt in diesem Raum in einem verschlossenen
Schrank aufbewahrt. Der Klägerbevollmächtigte hat dann am 20.08.2006 einen Mustermietvertrag für das Betreute
Wohnen S.-straße vorgelegt und argumentiert, dass im Rahmen des Betreuten Wohnens lediglich einzelne
Serviceleistungen und Hausmeistertätigkeiten angeboten würden, jedoch keine laufende Betreuungstätigkeit. Es
handele sich tatsächlich um eine Einrichtung des Betreuten Wohnens und nicht um eine Pflegeeinrichtung. Auch sei
der Pflegedienst nicht in der S.-straße räumlich integriert.
Am 05.10.2006 hat der Bevollmächtigte dann Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben auf Feststellung, dass die
Beklagte zur Zahlung der Hausbesuchsgebühr für Versicherte im Betreuten Wohnen S.-straße verpflichtet ist, sowie
gleichzeitig auf Zahlung der Hausbesuchsgebühr für die Monate Januar bis Juli 2006. Genannt war beispielsweise für
Januar 2006 ein Betrag von 3.300,69 EUR. Nach den von der Beklagten vorgelegten Rechnungen handelte es sich im
Januar 2006 um insgesamt 16 betroffene Versicherte. Bei der überwiegenden Zahl der Rechnungen war die
Hausbesuchsgebühr der Hauptanteil der Forderung, höher als die für die eigentliche Behandlungspflegeleistung
zustehende Vergütung. Beispielsweise wurde für den Versicherten R. am 09.02.2006 ein Betrag von 285,46 EUR in
Rechnung gestellt. Dabei entfallen 78,02 EUR auf die Leistung Medikamentenabgabe und 207,74 EUR auf die
Hausbesuchsgebühr. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte ergänzend unter anderem noch vorgetragen, dass
deshalb keine räumliche Integration des Pflegedienstes vorliegen könne, da dessen Verwaltung 3 km entfernt liege
und die S.-straße vom Ambulanten Dienst mit dem PKW angefahren würde. Bei 4 Bewohnern werde wegen deren
Krankheitsbild die Pflegedokumentation in der Tasche der Mitarbeiter mitgeführt. Es handle sich um abgeschlossene
Appartements. Außerdem hat er den Vertrag gemäß § 132 SGB V für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege
nach § 37 SGB V zwischen der Beklagten und C. Ambulante Dienste vom 26.11.1997 vorgelegt und einen Flyer zur
Beschreibung der Firma C. Soziale Dienste. Am 18.12.2006 korrigierte der Klägerbevollmächtigte die bisherige
Berechnung für die Monate Januar bis Juli 2006 und errechnete eine höhere Gesamtforderung. Die Beklagte hat sich
auf den Standpunkt gestellt, dass der Pflegedienst über zwei Standorte, nämlich in der K. Straße und der S.-straße
verfüge. Die räumliche Integration ergebe sich dadurch, dass der Pflegedienst über ein gesondertes Zimmer in der S.-
straße verfüge. Außerdem hat sie sich auf ein Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.11.2005 (S 6 KR 401/04)
berufen. Am Montag, den 04.03.2008 fand ein Ortstermin in der S.-straße statt. Dabei wurde unter anderem
festgestellt, dass das im Qualitätsbericht erwähnte verschlossene Zimmer im 1. Stock eine inzwischen offen
zugängliche Teeküche ist. Dort befinden sich in einem Teil des Küchenschranks, der verschlossen ist, die
Medikamente der Bewohner. Dabei handelt es sich nach Aussage des Klägers nur um die Medikamentenboxen für
jeweils eine Woche, die im Hauptsitz in der K. Straße zusammengestellt würden. Die in den Touren eingeplante 15-
minütige Pause findet nach den Angaben des Klägers im Aufenthaltsraum im 2. Stock statt. Dabei handelt es sich um
den Nebenraum zur Stockwerksküche im 2. Stock, die nicht durch die Bewohner genutzt wird sondern für "Essen auf
Rädern". Der Aufenthaltsraum im 2. Stock wird nach den Angaben des Klägers für die Pause des Personals, nämlich
Küchenpersonal und die Pflegekraft, genutzt und nicht für die Bewohner. Im Aufenthaltsraum im 3. Stock befand sich
ein Overheadprojektor. Nach Angaben des Klägers fand dort am vorhergehenden Freitag eine Fortbildung für alle
Mitarbeiter statt, die normalerweise in der K. Straße durchgeführt worden wäre. Wegen der weiteren Feststellungen
des Ortstermins wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, diesem im Rahmen der Erbringung
von Sachleistungen der häuslichen Kranken- pflege, auch die gemäß jeweils nach Einzelnachweisen berechnete
Hausbesuchs- pauschale für die Patienten vollumfänglich zu erstatten, welche in betreutem Wohnen im Anwesen S.-
straße, A-Stadt wohnen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die gemäß Einzelnachweis berechnete und von ihr nicht ausbezahlte
Hausbesuchspauschale für die Monate Januar 2006 in Höhe von 3.291,69 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2006 Februar 2006 in Höhe von 3.279,92 EUR zzgl. Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2006 März 2006 in Höhe von 3.463,04 EUR
zzg. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 April 2006 in Höhe von
3.431,80 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2006 Mai 2006 in
Höhe von 3.969,96 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2006
Juni 2006 in Höhe von 3.234,84 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.
September 2006 Juli 2006 in Höhe von 3.127,50 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem 1. Oktober 2006 zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung erfolgt gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung, da die
Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 SGG zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und
sachlich zuständig. Die Durchführung eines Vorverfahrens war nicht erforderlich, da zwischen den Beteiligten kein
Über- und Unterordnungsverhältnis besteht. Die formgerecht erhobene Klage ist jedoch nur teilweise zulässig.
Gegenstand ist zum einen eine zulässige echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG), was den Antrag auf Zahlung für
die Monate Januar bis Juli 2006 anbelangt. Daneben ist eine Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) erhoben, bei
der es um die Klärung eines Rechtsverhältnisses geht in dem Sinne, ob vom Kläger Hausbesuchsgebühren für
Bewohner der S.-straße abrechenbar sind oder nicht. Für diese Feststellungsklage fehlt es insoweit an einem
berechtigten Interesse an der baldigen Feststellung, als es dem Kläger bereits bei Klageerhebung beziehungsweise im
Verlauf des Klageverfahrens möglich gewesen wäre, den Zahlungsanspruch hinsichtlich der Hausbesuchsgebühren ab
August 2006 konkret zu beziffern.
Die Klage ist insgesamt aber auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von
Hausbesuchsgebühren anlässlich der Erbringung von Leistungen der Behandlungspflege bei Bewohnern des Betreuten
Wohnens S.-straße.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Zahlung der Aufwendungen von genehmigten Leistungen der
Behandlungspflege für Versicherte der Beklagten ist § 3 Abs. 1 des oben genannten Vertrages gemäß § 132 SGB V
vom 26.11.1997. Nach § 3 Abs. 2 dieses Vertrages wird die Vergütung in einer landeseinheitlichen Vereinbarung
geregelt, die Gegen- stand des Vertrages ist. Einschlägig ist dabei die Vereinbarung über Gebühren für Leistungen der
häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) vom 12.03.2004 zwischen den Krankenkassen und dem Bundesverband
privater Anbieter sozialer Dienste e.V., Landesvertretung Bayern. Dessen Abschnitt V. regelt die Hausbesuchsgebühr
und lautet: V. Hausbesuchsgebühr (1) Soweit ärztlich verordnete Hausbesuche durchgeführt werden, können neben
den Gebühren der Position 1 bis 9 zusätzlich 4,42 EUR berechnet werden. Soweit Haus- besuche für die Nacht (20.00
bis 8.00 Uhr) ärztlich verordnet werden, können neben den Gebühren der Positionen 1 bis 9: 6,33 EUR berechnet
werden. (2) Neben den Positionen 10 bis 12 sind ggf. auch die Gebühren der Positionen 1 bis 9 - ohne
Hausbesuchsgebühr – berechenbar. (3) Wird von einer Fachkraft anlässlich eines Hausbesuches neben der
Grundpflege und /oder hauswirtschaftlichen Versorgung nach dem SGB XI zusätzlich Behand- lungspflege nach Ziffer
I, Buchst. A erbracht, können in Abweichung zu Ziffer V Abs. 1 für ärztlich verordnete Hausbesuche nur 2,20 EUR
gegenüber der Kranken- kasse berechnet werden. Soweit Hausbesuche für die Nacht (20.00 bis 8.00 Uhr) ärztlich
angerechnet werden, erhöht sich der Betrag auf 3,17 EUR. (4) Bei der gleichzeitigen Abgabe mehrerer Leistungen
anlässlich eines Hausbesuches Ist die Hausbesuchsgebühr nur einmal berechenbar; dies gilt auch, wenn in einem
Haushalt mehre Versicherte versorgt werden. (5) Für die Versorgung von Versicherten, die Leistungen von einem in
ihrer Wohnanlage räumlich integrierten ambulanten Pflegedienst erhalten, darf keine Hausbesuchs- gebühr
abgerechnet werden (z.B. "Betreutes Wohnen", Pflegeheim mit ange- schlossener Wohneinrichtung). (6) Mit den
Gebühren für Hausbesuche ist auch der Aufwand für alle im Zusammen- hang mit den erbrachten Leistungen
notwendig gewordenen Wege abgegolten. Wegpauschale oder Wegegeld können nicht gesondert berechnet werden.
Die Regelung beruht auf einer Schlichtungsentscheidung vom 19.12.2000.
Soweit die Beklagte ursprünglich eingewandt hatte, dass die Bewohner des Betreuten Wohnens S.-straße nicht über
einen eigenen Haushalt verfügen würden und deshalb die Hausbesuchsgebühr nur ein Mal abgerechnet werden könne,
wenn in einem Haushalt mehrere Versicherte versorgt werden, wurde dieses Argument zuletzt fallen gelassen.
Aufgrund des Ortstermines war für das Gericht auch eindeutig feststellbar, dass die einzelnen Bewohner des
Betreuten Wohnens S.-straße einen eigenen Haushalt führen.
Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Pflegedienst in die Anlage des Betreuten Wohnens S.-straße
räumlich integriert ist, weshalb eine Hausbesuchsgebühr nicht abgerechnet werden kann. Hintergrund der Regelung in
V.5. der Gebührenvereinbarung vom 12.03.2004 sind die Arbeitserleichterung und die tatsächliche Ersparnis von
Anfahrtswegen und entsprechenden Kosten bei einer räumlichen Integration des Pflegedienstes in die Wohnanlage.
Eine räumliche Integration ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil der Sitz der Firma und die Büroräume des
Pflegedienstes sich in der K. Straße befinden und nicht in der S.-straße. Da der Pflegedienst nicht als getrennte
Einzelfirma organisiert ist, abgetrennt von der Firma C., zu der das Betreute Wohnen ebenso wie der Pflegedienst
gehört, ist zur Überzeugung des Gerichts für die Beurteilung der räumlichen Integration auch die Verflechtung mit den
übrigen Diensten von C. zu berücksichtigen. Eine räumliche Integration ist auch nicht schon deshalb zu verneinen,
weil die Touren der Pflegekräfte grundsätzlich von den Büroräumen in der K. Straße ausgehen.
Nach der Qualitätsprüfungen durch den MDK vom 24.01.2006 wurde durch den Pflegedienst ein Zimmer im 1. Stock
der Betreuten Wohnanlage S.-straße genutzt. Dieses Zimmer (Teeküche) war verschlossen und für die Bewohner des
Betreuten Wohnens nicht zugänglich. Dieser Raum wurde genutzt für die Pause und um Pflegedokumentationen von
einzelnen Bewohnern der S.-straße und die Medikamente der meisten Bewohner der S.-straße aufzubewahren. Die
unkomplizierte Nutzung durch den Pflegedienst war möglich, weil die gesamte Anlage des Betreuten Wohnens zur
Firma C. gehört. Erst nach der Qualitätsprüfung wurde dieses Zimmer den Bewohnern zugänglich gemacht. Dies
ergibt sich aus dem Schreiben des Klägers vom 13.04.2006. Damit steht fest, dass der Pflegedienst jedenfalls bis im
März 2006 einen Raum in der Betreuten Wohnanlage S.-straße unterhalten hat. Hier ist zur Überzeugung des Gerichts
zwanglos von einer räumlichen Integration des Pflegedienstes in die Anlage des Betreuten Wohnens auszugehen.
Aber auch für die Zeit ab April 2006 hat der Pflegedienst keinen Anspruch auf Zahlung der Hausbesuchsgebühr.
Wie sich beim Ortstermin ergeben hat, ist die Teeküche im 1. Stock zwar nicht mehr verschlossen und wird von den
Bewohnern genutzt. Dies war ersichtlich aus dem verschlossenen Kühlschrank eines Bewohners und den teilweise
verschlossenen Küchenschränken. Jedoch werden weiterhin in der Teeküche Medikamente der Bewohner in einem
verschlossenen Schrankbereich gelagert. Diese Verwahrung der Medikamente in der S.-straße aber außerhalb der
Räume der Bewohner, die wegen ihrer Erkrankung (oft Alkoholprobleme) teilweise nicht zu einer verantwortlichen
Lagerung der Medikamente in der Lage sind, erlaubt dem Pflegepersonal einen vereinfachten Zugriff auf die tägliche
Medikamentenration. Die Pflegekraft ist nicht dazu gezwungen, die Medikamente aus der K. Straße täglich zu den
einzelnen Bewohnern zu transportieren. Die Pflegeperson muss auch nicht sämtliche Medikamente für alle Bewohner
gleichzeitig mit sich führen, sondern kann beispielsweise nur Medikamente für die Bewohner im 1. Stock entnehmen
und sich später die Medikamente für die Bewohner im 2. Stock holen. Tatsächlich ist mit der Lagerung der
Medikamente in der Teeküche also eine Arbeitserleichterung für die Pflegekräfte verbunden, die ohne diesen
zusätzlichen Standort des Pflegedienstes nicht möglich wäre. Zudem findet die Pause der Pflegekraft in einem Raum
der Betreuten Wohnanlage statt, nämlich im Aufenthaltsraum im 2. Stock, der neben der vom "Essen auf Rädern",
das zu C. gehört, genutzten Küche liegt, und für die Bewohner des Betreuten Wohnens zur Nutzung nicht freigegeben
ist. Durch die Möglichkeit, die arbeitsrechtlich vorgesehene Arbeitspause in einem Raum in der S.-straße zu
verbringen, ergibt sich ebenfalls eine Arbeitserleichterung für die Pflegekraft und für die Planung der Touren. Ein
weiterer Aspekt für die Bejahung einer räumlichen Integration ist die Nutzung des Aufenthaltsraumes im 3. Stock, der
eigentlich ausschließlich für eine Nutzung der Bewohner gedacht ist, für eine Fortbildungsveranstaltung des
Personals. Selbst wenn diese Nutzung nur einmalig am Freitag vor dem Ortstermin stattgefunden hätte, zeigt dies
deutlich, dass bei entsprechendem Bedarf des Pflegedienstes auch eine Nutzung von Räumen des Betreuten
Wohnens erfolgt. Überdies spricht die Tatsache, dass der Overheadprojektor nach der Veranstaltung nicht sofort in
die K. Straße zurückgebracht wurde dafür, dass der Aufenthaltsraum durchaus häufiger genutzt wird.
Insgesamt ist daher zur Überzeugung des Gerichts von einer räumlichen Integration des Pflegedienstes innerhalb der
betreuten Wohnanlage S.-straße auszugehen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der
Klagantrag hinsichtlich der Leistungsklage auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§
52 Abs. 3 GKG). Andererseits ist hinsichtlich der Feststellungsklage zusätzlich § 52 Abs. 1 GKG zu beachten,
wonach der Streitwert sich nach der aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach
Ermessen bestimmt. Anhaltspunkt für diese Bedeutung der Feststellungsklage ist die voraussichtliche Höhe des noch
geltend zu machenden Zahlungsanspruches. Insgesamt erschien daher ein Streitwert von 64.000 EUR angemessen.