Urteil des SozG Augsburg vom 28.07.2006

SozG Augsburg: reformatio in peius, vergütung, aufwand, versicherungspflicht, beendigung, auflage, gebühr, unverzüglich, anzeigepflicht, behörde

Sozialgericht Augsburg
Kostenbeschluss vom 28.07.2006 (rechtskräftig)
Sozialgericht Augsburg S 13 R 4325/04 Ko
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. März 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist, in welchem Umfang dem Erinnerungsführer (Ef) im Rahmen der mit Wirkung ab 20.10.2004 bewilligten
Prozesskostenhilfe (PKH) Anwaltskosten zu erstatten sind.
In dem Rentenstreitverfahren S 13 R 4325/04 war zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger der
Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Die Beklagte hatte eine Versicherungspflicht mit
Bescheid vom 14.04.2004 und Widerspruchsbescheid vom 22.07.04 festgestellt. Nach Klageerhebung am 27.08.2004
nahm der Ef Einsicht in die Verwaltungsakte. Nach gerichtlicher Erinnerung und Mahnung wurde die Klage mit
zweiseitigem Schriftsatz vom April 2005 begründet. Auf Aufforderung der Beklagten legte der Ef umfangreiche
Unterlagen vor. Daraufhin gab die Beklagte ein Anerkenntnis in der Sache ab und erklärte sich bereit, die Hälfte der
außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Nach weiterem Schriftwechsel und einem richterlichen Hinweis nahm der Ef
schließlich das Anerkenntnis der Beklagten im August 2005 auch hinsichtlich des Kostenpunktes für den Kläger an.
Mit Kostennote vom 19.12.2005 bezifferte der Ef seine Kosten wie folgt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV 350,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV 300,00 EUR Einigungsgebühr
nach Nr. 1006 VV 300,00 EUR Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV 20,00 EUR Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV
155,20 EUR - Summe gesamt 1.125,20 EUR. In einer an die Beklagte adressierten Kostennote hatte er außerdem
noch 63,70 EUR für Ablichtungen und damit einen Gesamtbetrag von 1.199,09 EUR berechnet. Die Beklagte teilte
dem Gericht mit, dass sie dem Ef daraus den hälftigen Betrag, nämlich 599,55 EUR überwiesen habe.
Nach einem ausführlichen Aufklärungsschreiben setzte die Kostenbeamtin die dem Ef für das Verfahren insgesamt zu
erstattenden Kosten auf 661,20 EUR fest und bezifferte die von der Staatskasse im Rahmen der PKH zu tragende
Last nach Abzug der von der Beklagten durchgeführten Kostenerstattung von 599,55 EUR auf 61,65 EUR. Die 661,20
EUR berechnete sie wie folgt:
Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV 305,00 EUR Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV 245,00 EUR Auslagenpauschale
gemäß Nr. 7002 VV 20,00 EUR Mehrwertsteuer nach Nr. 7008 VV 91,20 EUR - insgesamt 661,20 EUR.
Der Ansatz einer überdurchschnittlichen Verfahrensgebühr und Terminsgebühr sei im Hinblick auf die
überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber gerechtfertigt. Eine Einigungsgebühr nach
Nr. 1006 der VV könne nicht erstattet werden, wenn wie vorliegend, der Vertrag sich ausschließlich auf ein
Anerkenntnis beschränkte. Mehr als das, was die Beklagte dem Kläger zuerkannte, habe er kaum erreichen können.
Gegen den Beschluss vom 15.03.2006 legte der Ef Erinnerung ein. Er sei der Beklagten bei der Verteilung der
Kostenlast der außergerichtlichen Kosten wesentlich entgegengekommen. Ein solches Entgegenkommen sei
ausreichend für die Entstehung der Einigungsgebühr. Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr seien im
Kostenfestsetzungsbeschluss zu niedrig angesetzt. Schließlich sei dieser auch insofern fehlerhaft, als die
Gebührenerstattung der Beklagten in vollem Umfang berücksichtigt würde. Der Ef habe getrennte
Erstattungsansprüche gegenüber der Beklagten einerseits und der Staatskasse im Rahmen der PKH andererseits.
Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Kostenrichter zur Entscheidung vor.
II.
Das Gericht ist zur Entscheidung befugt (§ 56 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -). Die rechtzeitig
eingelegte Erinnerung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Vergütungsanspruch des Ef richtet sich vorliegend nach dem RVG, weil ihm der Auftrag zur Erledigung der
Angelegenheit nach dem 30.06.2004 erteilt wurde (§§ 60, 61 RVG).
Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt hat dem Grunde nach gemäß § 45 RVG gegen die Landeskasse
des Freistaates Bayern Anspruch auf die gesetzliche Vergütung. Bei der Vertretung kostenprivilegierter Kläger (§§
183, 197 a SGG) entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG).
Prüfungsmaßstab ist § 14 RVG. Nach dieser Vorschrift bestimmt bei den in Verfahren vor den Sozialgerichten
entstehenden Rahmengebühren (§ 3 RVG) der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller
Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit
sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nicht anwendbar ist
Abs. 1 Satz 4 der Vorschrift, weil die Staatskasse als Vergütungsschuldner nicht "Dritter" ist. In entsprechender
Anwendung von § 315 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) findet gleichwohl zu ihren Gunsten eine
Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt/u. a., Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, Kommentar, 17. Auflage, § 55 Anm.
25; a.A. LSG Sachsen, L 6 B 168-06 R-ko, Beschluss vom 17.07.2006).
Entgegen der Auffassung des Ef ist die durch die Urkundsbeamtin im Beschluss vom 15.03.2006 getroffene
Festsetzung rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach dem dem RVG als Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG angefügten Vergütungsverzeichnis (VV) erhält der Anwalt in
Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, für das Betreiben des Verfahrens die
Verfahrungsgebühr (Nr. 3102 VV). Der Gebührenrahmen beträgt 40,00 bis 460,00 EUR. Dabei steht ihm nach dem
Willen des Gesetzgebers in Verfahren mit durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlichem Aufwand und
durchschnittlicher Bedeutung für den Mandanten die Mittelgebühr (250,00 EUR) zu. Entscheidend ist eine
Gesamtabwägung. Es müssen sämtliche den Gebührenanspruch potentiell beeinträchtigenden Faktoren miteinander
im Einzelfall abgewogen werden.
Diese Abwägung ergibt vorliegend, dass der von der Urkundsbeamtin für die Verfahrensgebühr festgesetzte Wert zu
hoch erscheint, aus Rechtsgründen aber nicht korrigert werden kann. Fraglich ist insbesondere, ob man der
Urkundsbeamtin folgend von einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger des
Hauptsacheverfahrens ausgehen kann. Mit knapp einjähriger Dauer war das Verfahren nicht überdurchschnittlich lang,
der dem Ef abverlangte Aufwand eher unterdurchschnittlich. Das folgt daraus, dass er laut Beschluss vom 23.12.2004
erst mit Wirkung ab Antragsdatum - das war der 20.10.2004 - im Rahmen der PKH beigeordnet wurde. Nur für die
zeitlich nachfolgenden Tätigkeiten steht ihm folglich der Erstattungsanspruch gegen die Landeskasse zu. Die in dem
Festsetzungsbeschluss vom 15.03.2006 aufgelisteten anwaltlichen Tätigkeiten (Vorbesprechung, Klageerhebung,
Akteneinsicht und der damit verbundene Zeitaufwand) sind folglich im Rahmen der hier streitigen Kostenerstattung
nicht berücksichtigungsfähig. Gegebenenfalls hat der Bevollmächtigte des Ef insoweit einen (weiteren)
Erstattungsanspruch gegen seinen Mandanten (a.a.O., § 45 Anm. 26). Da jedoch nur der Ef, nicht auch die
Staatskasse, Einwendungen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss erhoben hat, ist er in Anwendung des
Grundsatzes der Reformatio in peius von einer gebührenrechtlichen Korrektur zu seinen Lasten geschützt.
Ergänzend zur Verfahrensgebühr steht dem Ef - obwohl tatsächlich ein Termin zur mündlichen Verhandlung nicht
stattgefunden hat - eine Terminsgebühr (Nr. 3106 VV) zu (a.A. LSG Sachsen, a.a.O.). Denn nach Ziffer 3 der Nr. 3106
VV hat er diesen Anspruch auch dann, wenn ein Verfahren - wie vorliegend - nach angenommenem Anerkenntnis
ohne mündliche Verhandlung endet (sog. fiktive Terminsgebühr). Bei der Bestimmung der zutreffenden Gebühr
(Rahmen von 20,00 bis 380,00 EUR, Mittelgebühr 200,00 EUR) sind hier wiederum die in § 14 RVG niedergelegten
Grundsätze (ausgenommen § 14 Abs. 1 Satz 2 RVG, weil die Staatskasse nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift ist)
anzuwenden. Der Gesetzgeber stellt also in der Nr. 3106 VV die Beendigung eines Verfahrens nach angenommenem
Anerkenntnis und ohne, dass eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, den Verfahren gleich, in denen eine
mündliche Verhandlung durchgeführt wurde. Wenn nun vereinzelt vertreten wird (Guhl in NZS 2005, S. 193 f.), dass
deshalb auch die fiktive Terminsgebühr in jener Höhe anfalle, wie wenn ein ganz normaler und üblicher Termin
stattgefunden hätte, kann dem nicht gefolgt werden. Denn Sinn und Zweck des RVG ist in erster Linie die
sachgerechte Vergütung für den Bevollmächtigten. Dessen Aufwand ist aber erfahrungsgemäß sehr unterschiedlich,
je nachdem, ob er an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen muss bzw. teilnimmt oder nicht. Nimmt der Mandant
in einem gegebenenfalls gesondert anberaumten Besprechungstermin ein Anerkenntnis der Gegenseite an, führt dies
auch beim Bevollmächtigten zu einer erheblichen Reduzierung seines Aufwands in diesem Verfahren. Die Annahme
des Anerkenntnisses kann er dem Gericht nämlich in einem kurzen Schriftsatz mitteilen. Kommt es dazu nicht, muss
er sich demgegenüber auf den Termin zur mündlichen Verhandlung vorbereiten, dazu anreisen, den Termin
wahrnehmen und anschließend wieder zur Kanzlei zurückkehren. Wenn sich also gegenüberstehen ein Aufwand von
wenigen Minuten für ein kurzes Diktat zur Übermittelung der Annahme des Anerkenntnisses einerseits und ein
Zeitaufwand von mehreren Stunden wegen Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung, kann dies gebührenrechtlich
nicht außer Betracht bleiben. Angemessen wäre nach Auffassung des Gerichts vorliegend folglich eine Terminsgebühr
klar unterhalb der Mittelgebühr. Aus den vorstehend genannten Erwägungen einer Reformatio in peius ist eine Kürzung
des Gebührenanspruchs jedoch ausgeschlossen.
Der Ef hat keinen Anspruch auf die von ihm geforderte Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind. Unter der laufenden Nr. 1006 VV, die nur im Zusammenhang mit der Nr.
1005 VV verständlich wird, ist der Gebührentatbestand "Einigung oder Erledigung in sozialrechtlichen
Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen" erfasst. Über die
Formulierung "die Gebühren 1000 und 1002 betragen" werden die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen im Sinne
einer Rechtsgrundverweisung mit einbezogen. Eine Erledigungsgebühr, wie sie der Ef hier geltend macht, entsteht
somit, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf
angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine
Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledigt (vgl. Nr. 1002 VV).
Unstreitig hat sich das Streitverfahren nach Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt. Das Entstehen
der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV bzw. für das sozialgerichtliche Verfahren nach Nr. 1006 VV fordert darüber
hinaus eine anwaltliche Mitwirkung. Dabei genügt eine Mitwirkung bei der formellen Beendigung des Verfahrens z. B.
durch die Erklärung der Klagerücknahme bzw. einer Erledigterklärung nicht (Peter Hartmann, Kostengesetze, 34.
Auflage, VV 1002 Nr. 11). Vielmehr muss eine besondere gerade auf die Beilegung der Sache ohne Entscheidung
gerichtete Tätigkeit, die zur Erledigung nicht nur ganz unwesentlich beigetragen hat, vorliegen. Allein durch das
Einlenken der Behörde als Folge schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Anwalts im Verfahren entsteht die
Erledigungsgebühr nicht (a.a.O., Anm. 16). In seinem Urteil vom 09.08.1995 (Az: 9 RVs 7/94) hat das
Bundessozialgericht (BSG) hierzu zutreffend ausgeführt, dass ein Bevollmächtigter gegenüber seinem Mandanten
stets verpflichtet ist, das Verfahren gewissenhaft, sorgfältig und gründlich zu betreiben. Eine Sondergebühr für
besondere Bemühungen sehe die BRAGO (jetzt RVG) nicht vor. Ebenso sieht das Thüringer Landessozialgericht in
seinem Beschluss vom 05.04.2005 (L 6 B 8/05 SF) eine Gebührenerhöhung nur dann für gerechtfertigt an, wenn ein
besonderes Bemühen um eine außergerichtliche Erledigung an den Tag gelegt wurde. Diese muss sich aus der
Sitzungsniederschrift oder den Akten ersichtlich ergeben. Nicht ausreichend hierfür sind die Fertigung einer
Klagebegründung und Stellungnahmen auf gerichtliche Anfragen.
Die vorstehend wiedergegebenen und von der (sozial-) gerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für die
Vorgängervorschrift der Nr. 1002 bzw. 1006 VV, nämlich § 24 BRAGO, decken sich mit der Rechtsauffassung des
entscheidenden Gerichts, so wie sie in früheren Beschlüssen zur Rechtsanwendung kamen. Entgegen der Auffassung
des Ef wird also die Einigungsgebühr nicht schon allein durch ein anwaltliches Tätigwerden in Richtung auf den später
erzielten Erfolg verdient. Das sorgfältige und gewissenhafte und letztlich auch erfolgsorientierte Vertreten des
Mandanten gehört zu den Grundpflichten eines Bevollmächtigten (§ 43 BRAO). Für das Tätigwerden des
Bevollmächtigten wird dieser nach der Systematik des RVG durch die Verfahrensgebühr, mit der der gesamte Umfang
der anwaltlichen Tätigkeit abgegolten wird (vgl. Hartmann, a.a.O., VV 3100 Nr. 11) und zu der gegebenenfalls weitere
Gebühren wie Geschäftsgebühr und Terminsgebühr hinzutreten, entlohnt. Aus dieser Gesamtsystematik ergibt sich
somit zwanglos, dass das sorgfältige anwaltliche Tätigwerden im Interesse des Mandanten durch die vorstehend
genannten Gebührentatbestände voll umfänglich erfasst wird und andererseits nicht noch einmal zusätzlich durch die
Einigungsgebühr vergütet werden soll (kann).
Ein wesentliches Ziel des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes war, im Bereich der Anwaltschaft Anreize für
außergerichtliche Lösungen zu schaffen. Gerade durch den Gebührentatbestand Nr. 1006 VV soll ein Anreiz für
anwaltliches Hinwirken auf Erledigung ohne gerichtliches Zutun geschaffen werden.
Ein solches besonderes Bemühen des Ef gerade um außergerichtliche Erledigung des Rechtsstreits bzw. Einigung -
wie es Nr. 1006 VV voraussetzt - ist den dem Gericht zur Verfügung stehenden Unterlagen aus dem Verfahren S 13 R
4325/04 nicht zu entnehmen.
Dem Ef kann nicht darin gefolgt werden, wenn er meint, der Gebührentatbestand Nr. 1006 VV komme bereits
deswegen zur Anwendung, weil sein Mandant vergleichsweise bereit gewesen sei, die Hälfte der entstandenen
Gebühren selbst zu tragen. Die Nr. 1006 VV ist zwar durchaus im Anschluss an ein Verfahren anwendbar, in dem sich
die Beteiligten im Kostenpunkt geeinigt haben. Voraussetzung dafür ist jedoch, das Streit- und Verfahrensgegenstand
ein Verwaltungsakt eines Versicherungsträgers ist, indem es nicht um eine materiell-rechtliche Entscheidung über
einen sozialrechtlichen (Leistungs-) Anspruch geht, sondern der isoliert über einen Anspruch des Versicherten auf
Kostenerstattung (sei es der Höhe nach oder sei es dem Grunde nach), insbesondere also in Anwendung von § 63
SGB X entscheidet. In dem Verfahren S 13 R 4325/04 stritten die Beteiligten aber nicht über eine solche isolierte
Kostenentscheidung der Beklagten, sondern über die materiell-rechtliche Frage der Versicherungspflicht des Ef. Auf
die Einigung in der Annexfrage der Kostentragung ist Nr. 1006 VV somit nicht anwendbar.
Die Entscheidung der Urkundsbeamtin in ihrem Beschluss vom 15.03.2006 hat auch insofern Bestand, als darin die
Gebührenerstattung der Beklagten berücksichtigt wurde. Denn der beigeordnete Bevollmächtigte hat aufgrund der
positiven Entscheidung im PKH-Verfahren zunächst einen Gesamtvergütungsanspruch gegen die Staatskasse. Er ist
nach § 45 RVG der Höhe nach auf die gesetzliche Vergütung begrenzt. Diese wird nach § 55 Abs. 1 RVG von dem
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Vorliegend ist dies mit
Beschluss vom 15.03.2006 in rechtlich nicht anzugreifender Weise erfolgt. Nur dieser Beschluss des
Urkundsbeamten, so er der gerichtlichen Überprüfung standhält, kann schließlich auch Grundlage für den im Falle
einer Kostenquotelung von der Gegenseite zu erstattenden Betrag sein. Wenn nun die Beklagte ohne die gerichtliche
Entscheidung über die zutreffende Höhe des Vergütungsanspruches abzuwarten, dem Ef vorab einen Geldbetrag
überweist, welcher sich nach Vorlage des maßgeblichen Beschlusses als überhöht erweist, hat sie gegebenenfalls
einen Rückforderungsanspruch oder Erstattungsanspruch gegen den Bevollmächtigten bzw. die Staatskasse. Eine
solche Vorgehensweise verändert aber nicht den Gesamtvergütungsanspruch des beigeordneten Anwalts der Höhe
nach.
Wenn der Ef entgegnet, ihm stünden im Falle einer Kostenteilung zwei getrennte und isoliert - also voneinander
unabhängige - Erstattungsansprüche gegen die Beklagte einerseits und die Staatskasse andererseits zu, kann ihm
(s.o.) nicht gefolgt werden. Diese Auffassung übersieht, dass er verpflichtet ist, Zahlungen, die er nach Stellung des
PKH-Antrages erhalten hat, unverzüglich anzuzeigen (§ 55 Abs. 2 RVG). Dies gilt entsprechend für die nach der
Kostenfestsetzung empfangenen Beträge (Gerold/Schmidt/u. a., a.a.O., § 55 Anm. 15). Die Anzeigepflicht soll
sicherstellen, dass der PKH-Anwalt die ihm zustehende gesetzliche Vergütung tatsächlich bekommt, nicht weniger,
aber auch nicht mehr. Die gesetzliche Vergütung in der Summe übersteigende Zahlungen stehen nicht ihm, sondern
der Staatskasse zu (a.a.O., § 58 Anm. 12).
Insgesamt war der Erinnerung damit kein Erfolg beschieden. Sie war als unbegründet zurückzuweisen.