Urteil des SozG Altenburg vom 15.02.2005

SozG Altenburg: unfallversicherung, echte rückwirkung, altersrente, minderung, freibetrag, gesundheit, anfang, erwerbsfähigkeit, sozialversicherung, ddr

Sozialgericht Altenburg
Urteil vom 15.02.2005 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Altenburg S 2 RA 1103/04
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1919 geborene Kläger begehrt die Berücksichtigung eines höheren Freibetrages bei der Anrechnung seiner Rente
aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf seine gesetzliche Alters¬rente.
Der Kläger bezog seit November 1974 eine Unfall-Teilrente aus der Sozialversicherung der DDR, die ab Januar 1992
als Verletztenrente von der Berufsgenossenschaft für den Einzelhan¬del unter Zugrundelegung einer Minderung der
Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vom Hundert gezahlt wurde.
Der Kläger bezog seit August 1984 eine Altersrente aus der Sozialversicherung und eine zu¬sätzliche
Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates der DDR. Diese wurde von der Beklagten ab Juli 1990 unter
Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversi¬cherung nach dem Sechsten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) neu berechnet (Bescheid vom 30. Mai 1995). Von der Anrechnung ausgenommen wurde
ab Januar 1992 ein Freibetrag in Höhe der Beschädigten-Mindestgrundrente; bei der Ermittlung der Freibeträge
minderte die Beklagte die in § 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) genannten Zahlbeträge in dem Verhältnis,
in dem der aktuelle Rentenwert (Ost) zum aktuellen Rentenwert steht.
Die Altersrente des Klägers wurde ab Januar 1997 auf Grund des Ersten Gesetzes zur Ände¬rung des Anspruchs-
und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) neu berechnet (Be¬scheide vom 15. Juli 1997 und 6. Dezember
2000). Die Ermittlung des Freibetrages bei der Anrechnung der Verletztenrente aus der Unfallversicherung erfolgte
weiterhin nach den darge¬stellten Grundsätzen. Der monatliche Wert der Rente des Klägers vor Anrechnung der
Ver¬letztenrente wurde ab 1. Juli 1998 mit 2.851,57 DM festgestellt. Mit Bescheid vom 19. März 2003 berechnete die
Beklagte die Altersrente auf Grund des Zweiten AAÜG-Änderungsgeset¬zes für die Zeiten ab dem 1. Mai 1999 neu.
Dabei ermittelte sie 69,7718 persönliche Entgelt¬punkte (Ost). Der Wert der Altersrente vor Anrechnung der
Verletztenrente aus der Unfallver¬sicherung wurde ab 1. Mai 1999 mit 2.851,57 DM festgestellt und nachfolgend
entsprechend der Veränderung des aktuellen Rentenwertes (Ost) angepasst (für die im Bescheid aufgeführten
Zeiträume: 2.931,11 DM ab 1. Juli 1999, 2.948,56 DM ab 1. Juli 2000, 3.010,65 DM ab 1. Juli 2001, 1.539,32 EUR ab
1. Januar 2002, 1.583,82 EUR ab 1. Juli 2002). Die bei der Anrechnung be¬rücksichtigte Leistung aus der
Unfallversicherung betrug von Januar bis Juni 1999 295,03 EUR unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes
von 17.701,84 EUR. Der Jahresarbeitsver¬dienst und die monatliche Verletztenrente wurden jeweils zum 1. Juli jeden
Jahres entspre¬chend dem Vomhundertsatz angepasst, um den sich die Renten aus der gesetzli¬chen
Renten¬versicherung veränderten. Zum 1. Januar 2002 wurde im Rahmen der Umstellung auf Euro außerdem eine
Rundung vorgenommen. Während der in dem Renten¬bescheid vom 19. März 2003 aufgeführten Zeiten ergaben sich
dadurch folgende Beträge:
ab 1. Juli 1999 Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 18.158,55 EUR und monatliche Ver¬letztenrente in Höhe von
302,64 EUR, ab 1. Juli 2000 Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 18.267,50 EUR und monatliche Ver¬letztenrente in
Höhe von 304,46 EUR, ab 1. Juli 2001 Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 18.652,94 EUR und monatliche
Ver¬letztenrente in Höhe von 310,88 EUR, ab 1. Januar 2002 Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 18.653,- EUR und
monatliche Ver¬letztenrente in Höhe von 310,89 EUR, ab 1. Juli 2002 Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 19.192,07
EUR und monatliche Ver¬letztenrente in Höhe von 319,87 EUR.
Die Beklagte legte bei der Anrechnung die genannten monatlichen Zahlbeträge der Verletzten¬rente zu Grunde und
setzte davon als Freibetrag die in § 31 BVG genannten Zahlbeträge, wei¬terhin gemindert in dem Verhältnis, in dem
aktuelle Rentenwert (Ost) zum aktuellen Renten¬wert steht, ab. Als Grenzbetrag legte sie jeweils den Betrag der
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Anrechnung der Unfallrente zu Grunde, da diese höher war als 70
% von einem Zwölftel des jeweiligen Arbeitsverdienstes, welcher der Verletztenrente zu Grunde lag.
Im April 2003 beantragte der Kläger die Überprüfung seiner Rentenbescheide für Leistungs¬zeiträume ab Januar 1999
mit dem Ziel der Berücksichtigung eines höheren Freibetrages. Die Beklagte lehnte eine Änderung mit Bescheid vom
21. Januar 2004 ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2004
zurück.
Dagegen richtet sich die am 28. April 2004 erhobene Klage. Der Kläger vertritt die Auffas¬sung, es sei bei der
Berechnung des Freibetrages einheitlich im gesamten Bundesgebiet die sich aus § 31 BVG ergebende Grundrente zu
berücksichtigen und § 84a BVG nicht anzuwenden. Gegenüber der zwischenzeitlich erfolgten Änderung des § 93 Abs.
2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI werden im Hinblick auf deren Rückwirkung zum 1. Januar 1992 verfassungsrechtliche
Be¬denken erhoben.
Die Beklagte hat die Rente des Klägers für die Zeit ab 1. Juli 2004 in Folge eines veränderten Beitrages zur
Pflegeversicherung neu festgestellt. Die Höhe der monatlichen Rente nach An¬rechnung der Verletztenrente aus der
gesetzlichen Unfallversicherung und vor Abzug der Bei¬träge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurde mit
1.382,99 EUR festgestellt. Angaben über die Anrechnung der Unfallrente sind in dem Bescheid nicht enthalten.
Bereits mit Bescheid vom 8. März 2004 wurde dem Kläger der höhere Beitrag zur Pflegeversicherung bekannt
ge¬geben und ein Rentenzahlbetrag nach Anrechnung der Unfallrente und vor Abzug der Bei¬tragsanteile zur
Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.382,99 EUR ab 1. April 2004 festgestellt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19. April 2004 zu verurteilen, bei der Anrechnung der Un¬fallrente ab dem 1. Januar 1999 den Freibetrag wegen des
Zusammentreffens der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Rente der gesetzlichen Unfallversicherung
nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch ausgehend von der ungekürzten Grundrente
nach § 31 Bundesversorgungsgesetz bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v. H. zu bilden und die Rente
der gesetzlichen Rentenversiche¬rung dementsprechend zur Auszahlung zu bringen sowie den Rentenbescheid vom
6. De¬zember 2000 in der Gestalt der Bescheide vom 13. September 2001, 19. März 2003, 8. März 2004 und 14. Juli
2004 zurückzunehmen, soweit sie dem entgegenstehen.
Hilfsweise beantragt er,
die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zuzulassen.
Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die gesetzliche Neuregelung, die aus ihrer Sicht eine rückwirkende Klarstel¬lung darstellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie auf die
Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewe¬sen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht hat in Abwesenheit einer Vertreterin der Beklagten verhandeln und entscheiden können, da sich die
Beklagte hiermit nach dem Verkehrsunfall ihrer Vertreterin ausdrücklich einverstanden erklärt hat.
Klagegegenstand ist nicht nur die vom Kläger begehrte Überprüfung des Bescheides vom 6. Dezember 2000, sondern
auch diejenige der Folgebescheide vom 13. September 2001, 19. März 2003 und 14. Juli 2004, soweit sie die
Anrechnung der Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung betreffen. Dies ergibt sich aus §§ 86 und 96
Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Vorschriften sind auch auf Folgebescheide im Rahmen eines Verfahrens zur
Überprü¬fung früherer bestandskräftiger Bescheide anzuwenden, soweit diese Bescheide dieselbe Rechtsfrage im
Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses betreffen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25. März 2003, Az.: B 7 AL
114/01 R, Juris Rn. 20 mit weiterem Nachweis). Zwar wird in dem Bescheid vom 14. Juli 2004 nicht ausdrücklich
ausgeführt, in welcher Weise die Anrechnung vorgenommen wird, der Ermittlung des Rentenbetrages liegt jedoch die
offenbar maschinell durchgeführte Anrechnung der Leistungen aus der Unfallversicherung zu Grunde und ist insofern
zumindest auch Gegenstand des Bescheides. Entsprechendes gilt für den zu Grunde liegenden Bescheid vom 8.
März 2004. Diese Bescheide sind jedoch nur Gegenstand des Rechtsstreits, soweit der Ermittlung des monatlichen
Rentenzahlbetrages die Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu Grunde liegt.
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 19. April 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat
keinen Anspruch auf eine Rücknahme der Bescheide vom 6. Dezember 2000, 13. September 2001, 19. März 2003, 8.
März 2004 und 14. Juli 2004 gemäß § 44 Zehn¬tes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der Anrechnung
seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit sich ergibt, dass bei seinem Erlass das
Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausge¬gangen worden ist und soweit deshalb
Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden sind. Die genannten Bescheide der Beklagten entsprechen jedoch
hinsichtlich der hier in allein in Streit stehenden Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung der
Sach- und Rechtslage. Die Beklagte hat die Verletztenrente des Klägers gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buch¬stabe a SGB
VI in zutreffender Höhe auf seine Altersrente angerechnet. Insbesondere hat sie die dem Kläger zustehenden
Freibeträge dem Gesetz entsprechend ermittelt.
Nach § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI wird beim Zusammentreffen einer eigenen Rente aus der Rentenversicherung mit
einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung die Rente aus der Rentenversicherung insoweit ganz oder teilweise
nicht geleistet, als beide Renten zusammen vor Einkommensanrechnung einen bestimmten Betrag – den
sogenannten Grenzbetrag – über¬steigen. § 93 Abs. 2 SGB VI enthält eine Freibetragsregelung; sie bestimmt in Nr. 2
Buchstabe a, welche Anteile der Verletztenrente bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden
Rentenbeträge unberücksichtigt bleiben. § 93 Abs. 3 SGB VI bestimmt schließlich in Gestalt des Grenzbetrages, in
welchem Umfang nach Abzug des Freibetrages eine Anrechnung der Verletztenrente auf die Altersrente stattfindet.
Als Freibeitrag ist nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der
nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 26. Juli 2004 (RV-
Nachhaltigkeitsgesetz) der Betrag von der Anrechnung auszunehmen, der bei gleichem Grad der MdE als Grundrente
nach § 31 i. V. m. § 84a Satz 1 und 2 des BVG geleistet würde. Durch die mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz erfolgte
Ergänzung der Vor¬schrift wird klargestellt, dass bei der Ermittlung des Freibetrages nicht nur § 31 BVG, sondern
auch § 84a Satz 1 und 2 BVG zu berücksichtigen ist. § 84a BVG seinerseits bestimmt, dass für Berechtigte, die am
18. Mai 1990 ihren Wohnsitz in den neuen Bundesländern hatten, die für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag
geltenden Maßgaben zu berücksichtigen sind.
Der Einigungsvertrag sieht in Anlage 1 Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt 3 Nr. 1a eine Minderung der Grundrente
des § 31 BVG in dem Verhältnis vor, in dem die Standardrente in den neuen Bundesländern hinter der Standardrente
in den alten Bundesländern zurückbleibt. Die gesetzliche Klarstellung ist gemäß Artikel 15 Abs. 2 RV-
Nachhaltigkeitsgesetz zum 1. Januar 1992 in Kraft gesetzt worden. Die hiervon abweichende Auslegung des § 93
Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI in der vor der Änderung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz geltenden Fassung
durch das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 10. April 2003, Az.: B 4 RA 32/02 R, und vom 20. November 2003,
Az.: B 13 RJ 5/03 R, beide Juris) kann auf Grund der jetzt eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht mehr
herangezogen werden.
Die gesetzliche Neufassung des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI durch das RV-Nachhal¬tigkeitsgesetz
begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Artikel 15 Abs. 2 RV-Nach¬haltigkeitsgesetz beinhaltet zunächst
keine mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbarende echte Rückwirkung, da es sich lediglich um eine
Klarstellung handelt. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass im Wege einer authentischen Interpretation
eine Änderung des Gesetzestextes auch insofern eine Rückwirkung entfalten kann, als der Gesetzgeber durch eine
eigene nachträgliche Interpretation seiner selbst anordnen kann, wie die schon bisher bestehen¬den gesetzlichen
Bestimmungen von Anfang an zu verstehen waren (BSG, Urteil vom 23.03.1994, Az.: 5 RJ 40/92, Juris Rn. 13 mwN).
Um eine solche authentische Interpretation handelt es sich bei Artikel 1 Nr. 19 RV-Nachhaltigkeitsgesetz. In der
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung (BT-Drs. 15/2678, S. 22) wird
hervorgeho¬ben, dass und aus welchen Gründen die seit 1992 bestehende Regelung auch die in § 84a BVG für
Berechtigte im Beitrittsgebiet geregelten Besonderheiten umfassen sollte und die anders lautende Auffassung des
BSG nicht dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entspricht. Vertrauensschutzgesichtspunkte werden durch
das rückwirkende Inkraftsetzen der Regelung trotz der genannten Rechtsprechung des BSG nicht berührt. Denn die
gesetzliche Klarstellung wurde unmittelbar nach Ergehen der Urteile des BSG vom 10. April und 20. November 2003
(aaO) eingeleitet und die Verwaltungspraxis entsprach von Anfang an der jetzt erfolgten Klar¬stellung.
§ 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes ist auch mit Artikel 3 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) vereinbar. Denn die Ungleichbehandlung der Rentenbezieher in den alten und neuen
Bundesländern ist nicht willkürlich, sondern durch die unterschiedlichen Lebensverhältnisse gerechtfertigt. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass der Freibetragsregelung nicht allein der Gedanke des immateriellen Schadensausgleichs
zugrunde liegt, sondern auch der Ausgleich von behinderungsbedingten Mehraufwendungen beabsichtigt ist
(Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung, aaO, S. 23). Bei gleichen
Freibeträgen in den neuen und in den alten Bundesländern würde im Übrigen auch angesichts des im Osten
niedrigeren Rentenniveaus der immaterielle Schadensanteil überbewertet (Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom
25.09.2002, Az.: L 6 RJ 585/01; vgl. auch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit und soziale
Sicherung, aaO).
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. März 2000 (E 102, 41
ff), mit dem entschieden wurde, dass es mit dem Gleichheitsgebot des Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, dass die
den Kriegsopfern nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG gewährte Beschädigtengrundrente in den alten und neuen Ländern
über den 31. Dezember 1998 hinaus bei gleicher Beschädigung ungleich hoch ist. Denn das Gericht hat betont, dass
die festgestellte Verletzung des Artikel 3 Abs. 1 GG wesentlich auch darin begründet ist, dass eine Beendigung der
durch § 84a BVG bewirkten Ungleichbehandlung für die betroffenen Kriegs¬opfer mit Rücksicht auf ihr Lebensalter
nicht mehr in Sicht ist und dass dies den Fall von ande¬ren staatlichen Leistungen mit immateriellem Gehalt
unterscheidet (aaO, S. 62). Anders als die Gruppe der Kriegsopfer erstreckt sich aber die der
Verletztenrentenbezieher aus der gesetzli¬chen Unfallversicherung auf alle Altersgruppen, da das die Leistungen
auslösende Ereignis nicht auf ein einmaliges, weit in der Vergangenheit liegendes Geschehen zurückzuführen ist,
sondern sich ein Arbeitsunfall jederzeit ereignen bzw. eine Berufskrankheit jederzeit auftreten kann und Arbeitnehmer
jeglichen Alters betroffen sein können; aufgrund der breit gefächerten Altersstruktur ist es trotz der gegenwärtig
stagnierenden Anpassung nicht gleichermaßen fern liegend, dass die Gruppe der Unfallrentner in den neuen
Bundesländern das Leistungsniveau der alten Bundesländer einmal erreichen wird (Sächsisches Landessozialgericht,
Urteil vom 22.10.2002, Az.: L 5 RJ 23/02, Juris Rn. 30).
§ 93 SGB VI wurde von der Beklagten sachlich und rechnerisch richtig angewandt. Diesbe¬züglich sind vom Kläger
auch keine Einwände erhoben worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Verfassungsmäßigkeit des § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a SGB
VI in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes zuzulassen.