Urteil des SozG Aachen vom 17.11.2010

SozG Aachen (höhe, wohnfläche, alleinstehende person, stadt, heizung, wohnung, sgg, vorschrift, begründung, betriebskosten)

Sozialgericht Aachen, S 5 AS 910/10
Datum:
17.11.2010
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 5 AS 910/10
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 26.02.2010,
24.03.2010, 29.03.2010, 26.04.2010, 30.04.2010, 02.06.2010,
22.06.2010, 28.06.2010 und 06.07.2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14.07.2010 sowie unter Abänderung der
Bescheide vom 27.07.2010 und 31.08.2010 verurteilt, der Klägerin
Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Gesetzes im Zeitraum
von Februar bis August 2010 unter Zugrundelegung einer
angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 210,00 EUR und im
Zeitraum von September 2010 bis Januar 2011 unter Zugrundelegung
einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 215,00 EUR zu
bewilligen. Der Beklagte trägt 3/4 der außergerichtlichen Kosten der
Klägerin dem Grunde nach. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
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Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der der Klägerin zu bewilligenden monatlichen
Kosten der Unterkunft und Heizung im Zeitraum von Februar 2010 bis Januar 2011
umstritten.
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin bezieht seit Juli 2008 Leistungen nach dem
Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Die
Wohnfläche der von der Klägerin bewohnten Wohnung beträgt 44 qm, für die eine
tatsächliche Kaltmiete von 256,00 EUR und Betriebskosten von 54,00 EUR zuzüglich
Heizkosten anfallen.
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Bereits mit Schreiben vom 30.07.2008 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass
die bestehenden Unterkunftskosten nicht angemessen seien, und forderte die Klägerin
auf, die Kosten der Unterkunft zu senken. Ab Februar 2009 berücksichtigte der Beklagte
im Rahmen der Leistungsbewilligung nur noch eine Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete
zuzüglich Betriebskosten) in Höhe von 260,- EUR.
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Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 01.12.2009 bewilligte der Beklagte
der Klägerin mit Bescheid vom 04.12.2009 Leistungen für den Zeitraum von Januar bis
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Juni 2010. Auch dieser Leistungsberechnung legte der Beklagte eine Bruttokaltmiete in
Höhe von 260,- EUR zugrunde. Im Folgenden erließ der Beklagte mehrere diesen
Bewilligungszeitraum betreffende Änderungsbescheide (vom 25.01.2010, 26.02.2010,
24.03.2010, 29.03.2010, 26.04.2010, 30.04.2010, 02.06.2010, 28.06.2010), ohne dass
eine Änderung hinsichtlich der berücksichtigten Bruttokaltmiete erfolgte. Gegen diese
Bescheide legte die Klägerin jeweils Widerspruch ein.
Auf den weiteren Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 21.06.2010 bewilligte der
Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 22.06.2010 Leistungen für den Zeitraum von
Juli 2010 bis Januar 2011. Auch dieser Leistungsberechnung legte der Beklagte eine
Bruttokaltmiete in Höhe von 260,- EUR zugrunde. Im Folgenden erließ der Beklagte
mehrere diesen Bewilligungszeitraum betreffende Änderungsbescheide (vom
06.07.2010 und später vom 27.07.2010 sowie 31.08.2010), ohne dass eine Änderung
hinsichtlich der berücksichtigten Bruttokaltmiete erfolgte. Auch diese Bescheide wurden
von der Klägerin angegriffen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2010 wies der Beklagte die Widersprüche der
Klägerin zurück. Ausgehend von einer für eine Person angemessenen Wohnfläche von
47 qm und einem angemessenen Quadratmeterpreis von 3,70 EUR ergäbe sich eine
angemessene Nettokaltmiete von 173,90 EUR. Zuzüglich der tatsächlichen
Betriebskosten in Höhe von 54,00 EUR hätte der Beklagte - selbst unter weiterer
Einbeziehung von Teilmöblierungskosten in Höhe von 26,00 EUR - bei einer
Bewilligung von 260,00 EUR hinreichend Kosten der Unterkunft für die Bruttokaltmiete
gewährt. Es bestünden keine Bedenken gegen die Gewährung nur der angemessenen
Kosten der Unterkunft, da die Klägerin keine Bemühungen zum Wohnraumwechsel
unternommen habe. Zudem sei auch nicht von einer Unzumutbarkeit auszugehen.
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Am 20.08.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass für
einen Ein-Personen-Haushalt eine angemessene Wohnfläche von 50 qm vorgesehen
sei. Der angemessene Quadratmeterpreis läge bei 4,30 EUR, so das eine
Nettokaltmiete in Höhe von 215,00 EUR angemessen sei.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 26.02.2010, 24.03.2010,
29.03.2010, 26.04.2010, 30.04.2010, 02.06.2010, 22.06.2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 14.07.2010 zu verurteilen, ihr Kosten der Unterkunft unter
Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 215,00 EUR zu
bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist in ihren Rechten gemäß § 54 Abs. 2
Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verletzt. Die Bescheide vom 26.02.2010, 24.03.2010,
29.03.2010, 26.04.2010, 30.04.2010, 02.06.2010, 22.06.2010, 28.06.2010 und
06.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2010 sowie die
Bescheide vom 27.07.2010 und 31.08.2010 sind rechtswidrig. Die Klägerin hat im
Zeitraum von Februar bis August 2010 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II
unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe von 210,00 EUR
und im Zeitraum von September 2010 bis Januar 2011 einen Anspruch auf Leistungen
nach dem SGB II unter Zugrundelegung einer angemessenen Nettokaltmiete in Höhe
von 215,00 EUR. Der Bescheid vom 04.12.2009, der als einziger Bescheid den Monat
Januar 2010 betrifft, ist zwar mit Widerspruch vom 21.12.2009 angegriffen worden,
mangels Einbeziehung in den Widerspruchsbescheid vom 14.07.2010 jedoch nicht
Streitgegenstand dieses gerichtlichen Verfahrens.
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Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe
der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Mit der
Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung wird der Verfassungsauftrag der Art.
1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) insoweit umgesetzt, als ein zum
dauerhaften Wohnen geeigneter und bestimmter Wohnraum notwendiger Bestandteil
eines menschenwürdigen Daseins ist (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, Kommentar
zum SGB II, 2. Aufl., § 22, Rdnr. 5). Welche Aufwendungen im Einzelfall angemessen
sind, errechnet sich aus der für den Leistungsempfänger abstrakt angemessenen
Wohnungsgröße und nach dem örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro qm
(sogenannte "Produkttheorie"; vgl. dazu u.a. Bundessozialgericht, Urteil vom
07.11.2006, B 7b AS 18/06 R und Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R). Dabei ist
nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in drei Schritten vorzugehen.
Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist
sodann die Angemessenheit des Mietpreises unter Berücksichtigung der örtlichen
Besonderheiten zu ermitteln. Schließlich ist zu prüfen, ob eine bedarfsgerechte und
kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich war (vgl. dazu u.a.
Bundessozialgericht, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R und Urteil vom
18.06.2008, B 14/7b AS 44/06 R).
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Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche war bis zum 31.12.2009 auf die
landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale
Wohnraumförderung (WoFG) abzustellen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom
17.12.2009, B 4 AS 27/09 R). In Nordrhein-Westfalen stellte der Runderlass des
Ministeriums für Städtebau und Wohnen "Verwaltungsvorschriften des Landes
Nordrhein-Westfalen zum WoBindG (VV-WoBindG)" vom 08.03.2002 in der geänderten
Fassung vom 21.09.2006 die maßgebliche landesrechtliche Regelung dar (vgl.
Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R; Landessozialgericht
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.02.2009, L 19 AS 62/08 und Urteil vom 29.04.2010,
L 9 AS 58/08), die bei einem Ein-Personen-Haushalt eine angemessene
Wohnungsgröße von 45 qm (vgl. Nr. 5.71 lit. c) der VV-WoBindG) vorsah. Nicht
heranzuziehen war dagegen der Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr
"Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB)" vom 03.02.2004 in der geänderten
Fassung vom 26.01.2006 (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS
27/09 R; so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2010, L 9
AS 58/08), nach dem bei einer Ein-Zimmer-Wohnung von einer
Wohnflächenobergrenze von 47 qm auszugehen war (vgl. Nr. 1.4.1 der Anlage 1 der
18
WFB). Infolge der Föderalismusreform wurde das bundesrechtliche WoFG für das Land
Nordrhein-Westfalen durch das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für
das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW) vom 08.12.2009 außer Kraft gesetzt. Die
VV-WoBindG wurden - weitestgehend und insbesondere hinsichtlich der hier allein
bedeutsamen Nr. 5.71 - von dem neuen Runderlass des Ministeriums für Bauen und
Verkehr "Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB)" vom 12.12.2009 abgelöst (vgl. Nr.
19 Satz 2 der WNB). Nach Nr. 8.2 lit. a) dieser WNB sind für eine alleinstehende Person
50 qm Wohnfläche angemessen im Sinne des § 18 Abs. 2 WFNG NRW.
Diese Nachfolgeregelung ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche
zugrunde zu legen (vgl. Sozialgericht Aachen, Beschluss vom 25.02.2010, S 6 AS
205/10 ER; Sozialgericht Aachen, Urteil vom 11.08.2010, S 4 AS 577/10; Sozialgericht
Aachen, Urteil vom 01.09.2010, S 5 AS 394/10; Sozialgericht Duisburg, Beschluss vom
27.04.2010, S 35 AS 1592/10 ER; vgl. auch Sozialgericht Aachen, Beschluss vom
26.07.2010, S 19 AY 28/10 ER und Beschluss vom 06.10.2010, S 19 SO 115/10 ER
zum SGB XII). Nr. 8.2 der WNB konkretisiert ebenso wie vorher Nr. 5.71 der VV-
WoBindG die gesetzliche Vorschrift (§ 18 Abs. 2 WFNG NRW bzw. § 27 Abs. 4 WoFG),
die die im Wohnberechtigungsschein anzugebende Wohnungsgröße für den
Wohnungssuchenden regelt. Es besteht kein sachlicher Grund, nunmehr die am
28.01.2010 geänderten WFB als Rechtsgrundlage zur Bestimmung der angemessenen
Wohnfläche heranzuziehen (so aber bislang Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales (MAGS) des Landes Nordrhein-Westfalen, Arbeitshilfe: Kosten der Unterkunft
und Heizung gemäß § 22 SGB II, 4. Aufl., Stand: 1. März 2010). Das
Bundessozialgericht hat bereits in seinem Urteil vom 17.12.2009 (B 4 AS 27/09 R)
überzeugend dargelegt, dass diese Vorschrift bereits deshalb außer Betracht zu lassen
ist, da sie die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer - und nicht (auch)
mit der Anzahl der haushaltsangehörigen Personen - verknüpft. Diese Begründung ist
auf die aktuelle Rechtslage übertragbar. Gefolgt werden kann aber auch nicht dem
neunten Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 29.04.2010, L
9 AS 58/08 und Beschluss vom 27.10.2010, L 9 AS 1472/10 B ER; vgl. diesem nunmehr
folgend MAGS des Landes Nordrhein-Westfalen, Arbeitshilfe: Kosten der Unterkunft und
Heizung gemäß § 22 SGB II, 5. Aufl., Stand: 1. Oktober 2010), nach dem weiterhin auf
die VV-WoBindG abzustellen sein dürfte, so dass im vorliegenden Fall eine Wohnfläche
von 45 qm angemessen wäre. Solange der Verordnungsgeber seine gemäß § 27 SGB II
bestehende Möglichkeit der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche speziell für
das SGB II nicht in Anspruch nimmt, hat sich die Rechtsprechung weiterhin an den
geltenden Durchführungsbestimmungen des WoFG oder der entsprechenden neuen
landesrechtlichen Regelungen zu orientieren. Die Kammer hält es nicht für
nachvollziehbar, an einer - hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Frage -
abgelösten Vorschrift festzuhalten, obgleich eine Nachfolgeregelung in Kraft getreten ist
(vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 70/08 R zur
Heranziehung der aktuell geltenden Verwaltungsvorschrift). Auch ist gerade nicht
auszuschließen, dass der Gesetzgeber eine dynamische Entwicklung der
Wohnraumgröße für möglich gehalten hat. Vielmehr hat er diese Frage bisher offen
gelassen.
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Im Hinblick auf den angemessenen Quadratmeterpreis kann als qualifizierte
Erkenntnisquelle auf den jeweils örtlich einschlägigen Mietspiegel für Wohnungen im
unteren, nicht im untersten Bereich abgestellt werden (vgl. dazu Bundessozialgericht,
Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R und Urteil vom 18.06.2008, B 14/7b AS 44/06
R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.02.2009, L 19 AS 62/08). Bei
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den beiden hier relevanten Mietspiegeln 2007 und 2010 der Stadt Düren ist auch von
einem schlüssigen Konzept auszugehen (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom
22.09.2009, B 4 AS 18/09 R und Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R). Die Daten der
Mietspiegel beruhen auf einer empirischen Datenerhebung, sind repräsentativ und
valide. Zudem waren die unterschiedlichsten Interessengruppen des Wohnungsmarktes
an der Erstellung der Mietspiegel beteiligt. Auch ist von einer Auswertung des
Datenmaterials aufgrund objektiver statistischer Kriterien auszugehen. Der
Gutachterausschuss in der Stadt Düren erfasst im Rahmen der Erstellung des
jeweiligen Mietspiegels durchgängig Angaben neuer Erwerber von Immobilien, die zur
Vermietung vorgesehen sind. Zudem verfolgt er permanent die Inserate der örtlichen
Tagespresse. Mit Hilfe dieser Daten und des vorherigen Mietspiegels sowie von
Zeitreihen über Mietentwicklungen (jährlich erscheinende Mietwertübersicht für
Wohnimmobilien des Gutachterausschusses) fertigt der Gutachterausschuss einen
Verhandlungsentwurf an, bei dem nur Wohnungen mit Größen zwischen 45 und 90 qm
herangezogen werden. Nach Zustimmung des Vereins Haus und Grund sowie des
Mietervereins Köln, Regionalstelle Düren, werden die Mietspiegel von der Stadt Düren
veröffentlicht.
Unter Berücksichtigung des Mietspiegels 2007 der Stadt Düren (gültig vom 01.08.2007
bis 31.08.2010) ist ein Wert von 4,20 EUR pro qm anzusetzen. Der notwendigen
Beschränkung auf das untere Marktsegment kann nach Auffassung der Kammer
dadurch Rechnung getragen werden, dass vom einschlägigen Mietspiegel des
Wohnungsortes ein Querschnitt aus dem gesamten Spektrum gezogen wird. Dabei
werden allerdings Wohnungen, die in einer sogenannten "guten Wohnlage", sowie
solche Wohnungen, die unter die Kategorie "besondere Ausstattung" gefasst werden,
nicht berücksichtigt. Zudem hält es die Kammer im vorliegenden Fall für angemessen,
die Wohnungen der jüngsten Baualtersgruppe nicht zu berücksichtigen. Man erhält so
nicht die durchschnittliche Miete in dem betreffenden Gebiet, sondern einen nach unten
korrigierten Durchschnittswert. Dieser wird nach Auffassung der Kammer am besten der
Notwendigkeit einer Orientierung am unteren Marktsegment gerecht. Somit gibt der
Mietspiegel 2007 für die Stadt Düren ein entsprechendes Spektrum von 2,60 bis 5,80
EUR pro qm und damit einen Durchschnittswert von 4,20 EUR pro qm vor. Unter
Berücksichtigung des Mietspiegel 2010 der Stadt Düren (gültig 01.09.2010) ist - bei
einem Spektrum von 2,60 bis 6,00 EUR pro qm - ein Wert von 4,30 EUR pro qm
anzusetzen.
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Ausgehend von einer angemessenen Wohnfläche von 50 qm und einem bis August
2010 angemessenen Quadratmeterpreis von 4,20 EUR beträgt die angemessene
Nettokaltmiete im Zeitraum von Februar bis August 2010 somit 210,00 EUR. Im
Zeitraum von September 2010 bis Januar 2011 ist demzufolge eine angemessene
Nettokaltmiete von 215,00 EUR anzusetzen. Die Nebenkosten in Höhe von 54,- EUR
und die Heizkosten sind als angemessen einzustufen; dieses wurde von den Beteiligten
auch nicht bestritten.
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Eine Beschränkung auf die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung war
demgegenüber gerechtfertigt. Erstens ist es gerichtsbekannt, dass die Anmietung einer
in Bezug auf Größe und Kosten angemessenen Wohnung in Düren möglich ist.
Derartige Wohnungen sind konkret verfügbar und zugänglich. Dieses wurde von der
Klägerin auch nicht bezweifelt. Zweitens hat die Beklagte die Kläger auch zur
Kostensenkung aufgefordert. Zudem ist drittens auch nicht von einer Unzumutbarkeit der
Kostensenkung auszugehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Der Beschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wird nicht erreicht. Die
Berufung wird indes gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG zugelassen. Zum einen
hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Zum anderen weicht das Urteil von
Entscheidungen des neunten Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
(vgl. Urteil vom 29.04.2010, L 9 AS 58/08 bzw. Beschluss vom 27.10.2010, L 9 AS
1472/10 B ER) ab; es beruht zudem auf dieser Abweichung.
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