Urteil des SozG Aachen vom 23.07.2007

SozG Aachen: arbeitsentgelt, bemessungszeitraum, begriff, arbeitsmarkt, zuschuss, entstehung, verfassungskonforme auslegung, berufliche wiedereingliederung, beitragspflichtige beschäftigung

Sozialgericht Aachen, S 21 AL 38/06
Datum:
23.07.2007
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
21. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 21 AL 38/06
Sachgebiet:
Arbeitslosenversicherung
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur
Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III
in der Fassung des Artikels 1 Nr. 71 des Dritten Gesetzes für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt mit Artikel 6 Abs. 4 Grundgesetz
vereinbart ist, soweit der Bemessungszeitraum nicht die Zeit des
Mutterschutzes umfasst.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Bemessungsentgeltes, das der Bewilligung
des Arbeitslosengelds zugrunde liegt.
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Die am 00.00.0000 geborene Klägerin befand sich vom 01.07.2000 bis zum 31.12.2005
in einem Arbeitsverhältnis als Unternehmensjuristin. Bis zum 21.03.2004 arbeitete sie
Vollzeit (40 Stunden/Woche) und verdiente im Monat 4.700 Euro brutto (= 2.812,11 Euro
netto bei Steuerklasse I). Vom 22.03.2004 bis 29.06.2004 war sie in Mutterschutz. Am
00.00.0000 wurde ihr Sohn geboren. Im Anschluss an den Mutterschutz ging die
Klägerin am 30.06.2004 in Elternzeit. Beabsichtigt war eine Elternzeit von zwei Jahren.
Während der Elternzeit arbeitete sie ab dem 01.08.2004 in Teilzeit (20 Stunden/Woche).
Am 27.09.2005 kündigte der Arbeitgeber aufgrund von Insolvenz das Arbeitsverhältnis
zum 31.12.2005. Daraufhin meldete sich die Klägerin am 30.09.2005 mit Wirkung zum
01.01.2006 arbeitslos. Mit Bescheid vom 13.01.2006 bewilligte die Beklagte
Arbeitslosengeld in Höhe von 29,62 Euro/Tag ab dem 01.01.2006 für die Dauer von 360
Tagen. Der Berechnung legte sie nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Drittes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB III) ein fiktives Arbeitsentgelt von 98,- Euro zugrunde, da im
erweiterten Bemessungsrahmen vom 01.01.2004 bis 31.12.2005 keine 150 Tage mit
Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen seien. Unter Berücksichtigung der für das Jahr
2006 eingetragenen Lohnsteuerklasse V ergab sich daraus letztlich ein
Arbeitslosengeld von 29,62 Euro/Tag (= 888,60 Euro/Monat).
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Dagegen legte die Klägerin am 09.02.2006 Widerspruch ein, der sich gegen die fiktive
Berechnung des Bemessungsentgelts richtete. Zur Begründung verwies sie darauf,
dass sich im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 3 SGB III
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vom 01.01.2004 bis 31.12.2005 insgesamt 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt
feststellen ließen. Bei dem ab dem 22.03.2004 gezahlten Zuschuss zum
Mutterschaftsgeld handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
(BAG) um einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitsentgeltfortzahlung. Sofern die
Beklagte meine, die Zeit des Mutterschutzes nicht berücksichtigen zu können, seien nur
die an 150 Tagen fehlenden Tage mit dem fiktiven "Arbeitsentgelt" aufzufüllen. Die
Anwendung des § 130 SGB III bedeute dem Wortlaut nach eine klare Benachteiligung
der Mutter in Elternzeit. Die Elternzeit müsse deshalb nicht bei der Ermittlung des
Bemessungszeitraums, sondern bei der Ermittlung des Bemessungsrahmens außer
Betracht bleiben. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2006 wies die Beklagte den
Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld kein Arbeitsentgelt im Sinn des § 14 Abs. 1 Viertes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) darstelle. Das während der Elternzeit erzielte
Arbeitsentgelt könne nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III nicht berücksichtigt werden,
da die Klägerin ihre Arbeitszeit wegen der Betreuung ihres Kindes reduziert gehabt
habe.
Mit der am 03.04.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Dass die
Elternzeit nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III bei der Festlegung
des Bemessungszeitraums außer Betracht bleiben solle und nicht bei der Festlegung
des Bemessungsrahmens unberücksichtigt bleibe, könne nur ein redaktionelles
Versehen sein. Zielsetzung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III sei der Schutz von
Müttern, die ihre Kinder unter drei Jahren erziehen. Werde § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
SGB III entsprechend dem Wortlaut auf den Bemessungszeitraum angewandt, sei damit
für jede Mutter, die sich zu Beginn der Elternzeit entscheide, diese für zwei Jahre in
Anspruch zu nehmen, eine zwingende Benachteiligung verbunden. § 130 Abs. 2 Satz 1
Nr. 3 SGB III sei deshalb so zu verstehen, dass die Elternzeit bei der Ermittlung des
Bemessungsrahmens außer Betracht bleibe. Konkret bedeute dies, dass der
Bemessungsrahmen bei ihr die Zeit vom 29.06.2004 bis 30.6.2003 umfasse. Die Zeit
des Mutterschutzes sei, da ein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe, zu berücksichtigen.
Während ihres Mutterschutzes sei an sie folgendes Gehalt gezahlt worden: - 01.06.2004
bis 29.06.2004: 2.395,51 EUR brutto/netto - im Mai 2004: 2.560,71 EUR brutto/netto - im
April 2004: 2.478,11 EUR brutto/netto - 22.03.2004 bis 31.03.2004: 826,04 EUR
brutto/netto
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Im Jahr 2004 sei an sie an Gehalt gezahlt worden: - 01.03.2004 bis 21.03.2004:
3.290,00 EUR brutto - im Februar 2004: 4.700,00 EUR brutto - im Januar 2004: 4.700,00
EUR brutto
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Im Jahr 2003 sei in den relevanten Monaten an Gehalt gezahlt worden: - im Dezember
2003: 4.700,00 EUR brutto - im November 2003: 4.700,00 EUR brutto - im Oktober 2003:
4.700,00 EUR brutto - im September 2003: 4.700,00 EUR brutto - im August 2003:
4.700,00 EUR brutto - im Juli 2003: 4.700,00 EUR brutto - 30. Juni 2003: 156,67 EUR
brutto.
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Unter Berücksichtigung dieser Zahlungen sei das Bemessungsentgelt zu ermitteln. Die
Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 13.01.2006 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 aufzuheben und ein tägliches
Bemessungsentgelt von 136,96 Euro festzusetzen.
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Hilfsweise trägt sie vor, dass, sollte der Bemessungsrahmen den Zeitraum vom
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01.01.2004 bis 31.12.2005 umfassen, die Zeit des Mutterschutzes bei der Bildung des
Bemessungszeitraums zu berücksichtigen sei, so dass 150 Tage mit Anspruch auf
Arbeitsentgelt gegeben seien. Ein fiktives Arbeitsentgelt müsse daher nicht
angenommen werden. Aus den Zahlungen vom 01.01.2004 bis 29.06.2004 könne das
Bemessungsentgelt ermittelt werden. Sie beantragt daher hilfsweise, den Bescheid der
Beklagten vom 13.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006
aufzuheben und das tägliche Bemessungsentgelt auf 117,04 Euro festzusetzen.
Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass die Zeit des Mutterschutzes nicht zu
berücksichtigen sei, beantragt sie äußerst hilfsweise, den Bescheid der Beklagten vom
13.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 aufzuheben, nur
die fehlenden Tage bis zum Erreichen der 150 Tage mit dem fiktiven Arbeitsentgelt
"aufzufüllen" und somit das tägliche Bemessungsentgelt auf 129,68 Euro festzusetzen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte führte auf Veranlassung des Gerichts eine Probeberechnung durch.
Danach läge das Bemessungsentgelt unter Berücksichtigung eines monatlichen
Bruttogehalts von 4.700 Euro bei 154,52 Euro. Daraus würde sich für die Klägerin bei
der Lohnsteuerklasse V ein Arbeitslosengeld nach dem erhöhten Leistungssatz von
42,77 Euro/Tag ergeben (x 30 Tage = 1283,10 Euro/Monat). Die Differenz zwischen
dem so ermittelten Arbeitslosengeld und dem tatsächlich gezahlten Arbeitslosengeld
von 888,60 Euro liegt bei 394,50 Euro im Monat (x12 = 4.734 Euro/Jahr). Unter
Berücksichtigung des während der Elternzeit im Jahr 2005 erzielten Einkommens
ergäbe sich ein Bemessungsentgelt von 80,07 Euro und daraus folgend ein
Arbeitslosengeld von 25,48 Euro/Tag (= 764,40 Euro/Monat).
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Entscheidungsgründe:
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Der Rechtsstreit ist nach Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob §
130 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des Artikel 1 Nr. 71 des Dritten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848),
gültig ab 01.01.2005 mit Artikel 6 Abs. 4 GG vereinbar ist, soweit der
Bemessungszeitraum nicht die Zeit des Mutterschutzes umfasst, sofern - wie bei der
Klägerin - der Mutterschutz eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbricht. Nach
Auffassung der Kammer ist § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III insoweit verfassungswidrig.
Wenn § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III zur Anwendung kommt, muss die Klage insgesamt
abgewiesen werden. Die Beklagte hat das Arbeitslosengeld der Klägerin nach der
geltenden Rechtslage zutreffend berechnet (siehe unter A.). Damit würde die Klägerin
allein deshalb einen sozialrechtlichen Nachteil in Form eines niedrigeren
Arbeitslosengeldes erleiden, weil sie aufgrund des Beschäftigungsverbots während des
Mutterschutzes keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben durfte. Dieses
Ergebnis ist mit Art. 6 Abs. 4 GG nicht vereinbar (siehe unter B.). Auf die Gültigkeit des §
130 Abs. 1 Satz 1 SGB III kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits an. Ist § 130
Abs. 1 Satz 1 SGB III verfassungswidrig, kann das Gericht über den Hilfsantrag zu 1)
nicht entscheiden (siehe unter C.).
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A. Entscheidung bei Gültigkeit des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III Ist § 130 Abs. 1 Satz 1
SGB III vom Gericht anzuwenden, so ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und
Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwar zulässig.
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Insbesondere ist das Vorverfahren nach § 78 SGG erfolglos durchgeführt worden und
die Klage form- und fristgerecht erhoben worden. Die Klage ist jedoch weder hinsichtlich
des Hauptantrags noch der Hilfsanträge begründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid
vom 13.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 nicht
beschwert im Sinn des § 54 Abs. 2 SGG. Dieser Bescheid ist rechtmäßig.
Die Klägerin hat ab dem 01.01.2006 Anspruch auf Arbeitslosengeld (siehe unter I.).
Dieser Anspruch beläuft sich auf 29,62 Euro/Tag (= 888,60 Euro/Monat) (siehe unter II.).
Weder der Hauptantrag noch die Hilfsanträge sind begründet (siehe unter III.).
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I. Anspruch auf Arbeitslosengeld Die Klägerin hat ab dem 01.01.2006 einen Anspruch
auf Arbeitslosengeld. Zu diesem Zeitpunkt erfüllte sie die Voraussetzungen nach § 118
Abs. 1 SGB III (idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, gültig ab 1.1.2005). Danach haben
Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, die arbeitslos sind, sich bei der Agentur
für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Die Klägerin war
ab dem 01.01.2006 arbeitslos, da sie nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand,
sich bemühte die Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den
Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stand (vgl. § 119 Abs. 1
SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.
Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, gültig ab 1.1.2005). Sie hatte sich am 30.09.2005 mit
Wirkung zum 01.01.2006 persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Des
weiteren erfüllte sie am 01.01.2006 die Anwartschaftszeit. Die Anwartschaftszeit hat
erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 SGB III idF des Dritten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003,
BGBl. I S. 2848, gültig ab 1.1.2004). Die Rahmenfrist beträgt zwei Jahre und beginnt mit
dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf
Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, gültig ab
1.1.2004). Die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs erfüllte die Klägerin am
01.01.2006, so dass die Rahmenfrist vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2005 reicht. In
dieser Zeit stand die Klägerin durchgängig in einem Versicherungspflichtverhältnis.
Dies lag vom 01.01. bis 21.03.2004 aufgrund der versicherungspflichtigen
Beschäftigung vor, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Vom 22.03. bis 29.06.2004 bestand
aufgrund des Mutterschutzes gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III eine sonstige
Versicherungspflicht; im Anschluss daran bis zum 31.07.2004 war die Klägerin wegen
der Betreuung und Erziehung ihres Sohnes nach § 26 Abs. 2a SGB III
versicherungspflichtig. Vom 01.08.2004 bis 31.12.2005 bestand erneut eine
versicherungspflichtige Beschäftigung.
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II. Höhe des Arbeitslosengeldes Die Klägerin hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld
in Höhe von 29,62 Euro/Tag. Die Höhe des Arbeitslosengeldes beträgt nach § 129 Nr. 1
SGB III (idF des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001, BGBl. I S. 266, gültig ab
01.08.2001) für Arbeitslose, die mindestens ein Kind haben, 67 bzw. ohne zu
berücksichtigendes Kind 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts
(Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Die Höhe des
Arbeitslosengeldes wird danach in drei Schritten ermittelt:
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1. Bestimmung des Bemessungsentgelts nach §§ 130 – 132 SGB III, 2. Ermittlung des
Leistungsentgelts aus dem Bemessungsentgelt nach § 133 SGB III, 3. das
Arbeitslosengeld beträgt 60 bzw. 67 Prozent (Leistungssatz) des Leistungsentgelts.
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1. Bestimmung des Bemessungsentgelts Bemessungsentgelt ist das durchschnittlich
auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im
Bemessungszeitraum erzielt hat (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III idF des Dritten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S.
2848, gültig ab 1.1.2004). Nach der ab dem 01.01.2005 aufgrund des Dritten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848
geltenden Rechtslage umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des
Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten
Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im
Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein
Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der
Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Er kann maximal auf zwei
Jahre erweitert werden (§ 130 Abs. 3 SGB III). Lässt sich ein Bemessungszeitraum von
mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre
erweiterten Bemessungsrahmens nicht feststellen, ist als Bemessungsentgelt ein
fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Daraus ergibt sich, dass
für die Ermittlung des Bemessungsentgelts zunächst der Bemessungsrahmen zu
bestimmen ist. Anschließend wird der Bemessungszeitraum festgestellt (vgl.
Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 2.9.2004, B 7 AL 68/03 R zur Rechtslage bis
zum 31.12.2004; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Lfg 8/06, § 130 Rdnr. 4).
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a) Bemessungsrahmen Der Bemessungsrahmen umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB
III ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses
vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Der einjährige
Bemessungsrahmen umfasst bei der Klägerin die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2005. Der
Tag der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist der 01.01.2006. Mit
Anspruch auf Arbeitslosengeld ist das Stammrecht auf Arbeitslosengeld gemeint und
nicht die bloße Zahlungsberechtigung (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, 76.
Ergänzung Juni 2007, § 130 Rdnr. 27; Valgolio aaO, § 130 Rdnr. 20). Der Anspruch auf
Arbeitslosengeld entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem alle Voraussetzungen für den
Anspruch nach § 118 Abs. 1 SGB III erfüllt sind. Dies sind die Arbeitslosigkeit (§§ 119 –
121 SGB III), die persönliche Arbeitslosmeldung (§ 122 SGB III) und die Erfüllung der
Anwartschaftszeit (§§ 123, 124 SGB III). Damit wird das Stammrecht nach § 118 Abs. 1
SGB III begründet. Dies war bei der Klägerin der 01.01.2006 (siehe unter A I.).
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Der letzte Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des
Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 01.01.2006 war der 31.12.2005. Für die
Bestimmung des letzten Tags des letzten Versicherungspflichtverhältnisses ist an
dasjenige Versicherungspflichtverhältnis anzuknüpfen, das am nächsten an der
Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld liegt (Behrend, aaO § 130 Rdnr. 35).
Den Begriff des Versicherungspflichtverhältnisses definiert § 24 Abs. 1 SGB III für den
Bereich der Arbeitsförderung. Auf diese Definition ist auch im Rahmen des § 130 Abs. 1
SGB III zurückzugreifen (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom
15.9.2006, L 8 AL 3082/06 (juris), anhängig BSG B 11 a/7a AL 64/06 R; LSG Baden-
Württemberg, Urteil vom 09.08.2007, L 7 AL 1160/07 (juris); vgl. auch LSG Nordrhein-
Westfalen, Urteil vom 02.07.2007, L 12 AL 122/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de,
anhängig BSG B 11 AL 41/07 R; Behrend, aaO § 130 Rdnr. 38; 41; Valgolio, aaO § 130
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Rdnr. 19; 25; vgl. Brand, Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 130 Rdnr. 6). Nach § 24 Abs. 1 SGB
III stehen diejenigen Personen in einem Versicherungspflichtverhältnis, die als
Beschäftigte (§ 25 SGB III) oder aus sonstigen Gründen (§ 26 SGB III)
versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind Personen
versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Am 31.12.2005 war die
Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt, denn sie stand in einem 20 Stunden
wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis.
Der einjährige Bemessungsrahmen reicht vom 31.12.2005 bis zum 01.01.2005.
Ausgehend vom letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor
Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist der Bemessungsrahmen
kalendermäßig festzulegen (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m
§ 187, § 188 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Dabei ist es unerheblich, ob der
Bemessungsrahmen vollständig mit Versicherungspflichtverhältnissen belegt ist oder
insofern Lücken enthält (vgl. BSG, Urteil vom 25.1.1996, 7 RAr 90/94, SozR 3-4100 §
112 Nr. 24; Behrend, aaO § 130 Rndr. 44; Valgolio, aaO § 130 Rndr. 31; Pawlak in:
Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts 2003, § 11 Rdnr. 41
ff m.w.N). Auch auf die gesamte Anzahl, Lage und Verteilung der
Versicherungspflichtverhältnisse im Bemessungsrahmen kommt es für die Festlegung
des zeitlichen Ablaufs nicht an (Behrend, aaO § 130 Rndr. 44; Valgolio, aaO § 130
Rdnr. 19; Pawlak, aaO § 11 Rdnr. 41 ff).
23
b) Bemessungszeitraum Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des
Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten
Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im
Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Innerhalb des Bemessungsrahmens
vom 01.01. bis 31.12.2005 war die Klägerin zwar durchgängig versicherungspflichtig
beschäftigt, so dass die Abrechnungszeiträume dieser Beschäftigung grundsätzlich der
Ermittlung des Bemessungsentgelts zugrunde zu legen wären. Aufgrund der
Sonderregelung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III (idF des Dritten Gesetzes für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848,
gültig ab 01.01.2005, geändert zum 01.01.2007 durch das Gesetz zur Einführung des
Elterngeldes vom 5. Dezember 2006, BGBl. I S. 2748 hinsichtlich des Elterngelds in §
130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III) kann diese versicherungspflichtige Beschäftigung
jedoch nicht berücksichtigt werden. § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lautet: "(2) Bei der
Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht ( ...) 3. Zeiten, in denen
der Arbeitslose Elterngeld bezogen oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der
Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat oder ein Kind unter drei Jahren
betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das
Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war, ( ...).
24
Danach werden die in § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III genannten Zeiten so behandelt,
als handele es sich nicht um Entgelte aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung,
sondern aus sonstigen Versicherungspflichtverhältnissen (Valgolio, aaO § 130 Rndr.
45). Zeiten einer sonstigen Versicherungspflicht bleiben für die Ermittlung des
Bemessungszeitraums jedoch außen vor. Soweit Rolfs in Gagel, SGB III
Arbeitsförderungsrecht, 29 Ergänzung 2007, § 130 Rdnr. 34, ausführt, es handele sich
bei § 130 Abs. 2 SGB III nF um "Aufschubzeiten", die das Ende des
Bemessungszeitraums weiter nach hinten verschieben, bei der Berechnung selbst aber
ausgespart werden, kann sich das Gericht dieser Auffassung nicht anschließen. Bereits
zur vergleichbaren Regelung des § 416 a SGB III führt das BSG aus, dass diese
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Regelung ("außer-Betracht bleiben") zur Folge habe, dass die "außer-Betracht"
bleibenden Zeiten als Entgeltabrechnungszeiträume innerhalb des
Bemessungsrahmens nicht berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 02.09.2004, B 7 AL
68/03 R). § 416 a SGB III (idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848, gültig ab 01.01.2004) lautet:
"Zeiten einer Beschäftigung im Beitrittsgebiet, die das Arbeitsamt als
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ( ...) bleiben bei der Ermittlung des
Bemessungszeitraums außer Betracht, wenn der Arbeitnehmer 1. diese Beschäftigung
nahtlos im Anschluss an eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hat
und 2. bis zum 31. Dezember 2001 in die Maßnahme eingetreten ist."
Nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage konnte der Bemessungszeitraum
sukzessive über den Bemessungsrahmen hinaus erweitert werden, wenn im
Bemessungszeitraum keine 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten
waren (vgl. § 130 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung).
Nach dem Wortlaut des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III nF muss der Bemessungszeitraum
nunmehr jedoch ausdrücklich im Bemessungsrahmen liegen. Es findet keine
sukzessive Ausdehnung des Bemessungszeitraums über den Bemessungsrahmen
hinaus mehr statt (Behrend, aaO § 130 Rdnr. 2; Rotika, aaO § 130 Rdnr. 29). Dazu heißt
es in der Gesetzesbegründung: "Die Erweiterung des Bemessungsrahmens löst die
bisherige sukzessive Erweiterung um einzelne Abrechnungszeiträume ab." (BT-Drs.
15/1515 S. 85).
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Ziel des § 130 Abs. 2 SGB III ist es, die negativen Folgen abzumildern, die sich aus
atypischen Beschäftigungsverhältnissen ergeben, weil das hierbei erzielte
Arbeitsentgelt nicht das repräsentiert, was der Arbeitslose künftig an Entgelt erzielen
könnte (Valgolio, aaO § 130 Rdnr. 9). "Die hier genannten atypischen
Beschäftigungsverhältnisse sollen bei der Leistungsbemessung außer Betracht bleiben,
um unbillige Bemessungsergebnisse zu verhindern." (BT-Drs. 15/1515, S. 85).
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Die Frage, ob eine teleologische Reduktion der Vorschrift in den Fällen zu erfolgen hat,
in denen die Anwendung des § 130 Abs. 2 SGB III zu einer für den Arbeitslosen
ungünstigen Berechnung führt, kann hier offen bleiben (für eine teleologische
Reduktion: Behrend, aaO § 130 Rdnr. 61; Rolfs, aaO § 130 Rdn. 41; dagegen: Valgolio,
aaO § 130 Rdnr. 46). Eine teleologische Reduktion käme im zu entscheidenden Fall
nicht in Betracht, da das Bemessungsentgelt unter Berücksichtigung des tatsächlich
während der Elternzeit erzielten Entgelts niedriger wäre, als das fiktive Arbeitsentgelt
nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III.
28
Keine Anwendung des § 130 Abs. 2 SGB III auf den Bemessungsrahmen § 130 Abs. 2
SGB III führt nicht dazu, dass der einjährige Bemessungsrahmen (01.01. bis 31.12.2005)
verschoben würde. Aufgrund der klaren Trennung der Begriffe Bemessungszeitraum
und Bemessungsrahmen in § 130 Abs. 1 SGB III kann § 130 Abs. 2 SGB III nicht
entgegen seinem eindeutigen Wortlaut auf den Bemessungsrahmen Anwendung finden
kann (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.3.2007, L 12 AL 113/06, aaO,
anhängig BSG B 11a AL 23/07 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.07.2007, L
12 AL 122/06, aaO, anhängig BSG B 11a AL 41/07 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil
vom 15.09.2006, L 8 AL 3082/06 (juris); SG Berlin, Urteil vom 20.04.2007, S 58 AL
307/07, info also 2007, S. 162 ff; Behrend, aaO § 130 Rndr. 80; Valgolio, aaO § 130
Rdnr. 28; 45;). Ein "außer-Betracht-lassen" beim Bemessungszeitraum hat nicht die
Ausweitung des rein kalendermäßig ablaufenden Bemessungsrahmens zur Folge
29
(BSG, Urteil vom 02.09.2004, B 7 AL 68/03 R).
Soweit das Sozialgericht (SG) Berlin in seinem Urteil vom 29.05.2006, S 77 AL 961/06
(www.sozialgerichtsbarkeit.de) zu dem Ergebnis kommt, der Bemessungsrahmen werde
durch die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III verlängert, kann sich das Gericht dieser
Auffassung nicht anschließen. Das SG Berlin stützt dies im Wesentlichen darauf, dass
der Begriff des Bemessungsrahmens durch die gesetzgeberische Ausgestaltung eine
Wandlung erfahren habe. Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des
Begriffs "Bemessungsrahmen", des Wortlauts des § 130 Abs. 2 SGB III sowie der
Gesetzesbegründung ist eine solche Auslegung nach Auffassung des Gerichts nicht
möglich. Der Begriff des Bemessungsrahmens war bis zum 31.12.2004 gesetzlich nicht
geregelt. Es handelt sich um einen Begriff, der von der Rechtssprechung bereits zur
Vorgängerregelung des § 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entwickelt worden war
(BSG Urteil vom 25.1.1996, 7 RAr 90/94, SozR 3-4100 § 112 Nr. 24; BSG Urteil vom
21.3.1996, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 112 Nr. 36) und auch im Rahmen des zum
01.01.1998 eingeführten SGB III weiterverwendet wurde (vgl. Pawlak aaO, § 11 Rdnr.
42). Der Bemessungsrahmen wurde vom Ende des letzten
Versicherungspflichtverhältnisses vor Entstehung des Anspruchs rückwärts
kalendermäßig nach Wochen berechnet (BSG, Urteil vom 25.1.1996, 7 RAr 90/94, SozR
3-4100 § 112 Nr. 25; Urteil vom 2.9.2004, B 7 AL 68/03 R) und umfasste 52 Wochen.
Der Bemessungsrahmen war vom Begriff des Bemessungszeitraums zu unterscheiden
(BSG Urteil vom 25.1.1996, 7 RAr 90/94, SozR 3-4100 § 112 Nr. 24; BSG, Urteil vom
02.09.2004, B 7 AL 68/03 R; Behrend, aaO § 130 Rdnr. 23; Valgolio aaO, § 130 Rdnr.
19). Den eigentlichen Bemessungszeitraum bildeten die in den Bemessungsrahmen
fallenden Entgeltabrechnungszeiträume, sofern sie die erforderliche Mindestzahl von
Arbeitswochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthielten (vgl. BSG, Urteil vom
02.09.2004, B 7 AL 68/04 R m.w.N). Mit dem Dritten Gesetz für moderne
Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) ist der
Begriff von der Rechtssprechung entwickelt Begriff des Bemessungsrahmens zum
01.01.2005 in § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III aufgenommen worden (BT-Drs 15/1515 S.
85). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten
Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz
2 SGB III). Die Definition des Bemessungsrahmens in § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III
unterscheidet sich von der bis zum 31.12.2004 angewandten Definition nur dadurch,
dass die Berechnung nicht mehr kalendermäßig nach Wochen (52 Wochen) erfolgt,
sondern ein Jahr umfasst. Dies geschah zur Vereinfachung und Angleichung an die
übrigen Sozialversicherungszweige (BT-Drs. 15/1515 S. 85). Eine wesentliche
Änderung ist damit nicht verbunden, da 52 Wochen 364 Tage sind (§ 339 Satz 1 SGB III:
eine Woche wird mit sieben Tagen gerechnet) und somit annähernd ein Jahr (Rolfs,
aaO § 130 Rndr. 2). Die Entscheidung des SG Berlin wurde inzwischen laut
Pressemitteilung des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2007
(www.lsg.berlin.brandenburg.de) mit Urteil vom 16.10.2007, L 12 AL 318/06
aufgehoben.
30
c) Erweiterter Bemessungsrahmen Der Bemessungsrahmen von einem Jahr kann
jedoch auf einen Zeitraum von zwei Jahren und somit auf die Zeit vom 01.01.2004 bis
31.12.2005 erweitert werden. Nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III wird der
Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger
als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält. Eine weitergehende Ausdehnung
des Bemessungsrahmens ist in Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut nicht möglich (so
auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.9.2006, L 8 AL 3082/06, aaO, anhängig
31
BSG B 11a AL 41/07 R; LSG Nordrhein-Westfalen. Urteil vom 21.03.2007, L 12 AL
113/06, aaO, anhängig BSG B 11 a AL 23/07 und Urteil vom 02.07.2007, L 12 AL
122/06, aaO, anhängig BSG B 11 a AL 41/07 R; vgl. Behrend, aaO § 130 Rdnr. 44).
d) Bemessungszeitraum im erweiterten Bemessungsrahmen Im erweiterten
Bemessungsrahmen lassen sich 81 Tage mit zu berücksichtigenden
Abrechnungszeiträumen der versicherungspflichtigen Beschäftigung feststellen. Dies ist
die Zeit vom 01.01. bis 22.03.2004, in der die Klägerin in Vollzeit gearbeitet hat. Die Zeit
vom 01.08. bis 31.12.2004 bleibt, da die Arbeitszeit wegen der Kinderbetreuung
reduziert war, nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III - ebenso wie die Zeit vom 01.01.
bis 31.12.2005 - bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht. Vom
30.06. bis 31.07.2004 betreute die Klägerin ihren Sohn und übte keine Beschäftigung
aus.
32
Während des Mutterschutzes vom 23.03. bis 29.06.2004 bestand ebenfalls keine
versicherungspflichtige Beschäftigung, so dass diese Zeit bei der Ermittlung des
Bemessungszeitraums nicht herangezogen werden kann. Zu einem anderen Ergebnis
kann die Kammer aufgrund des Wortlauts des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III, der
Gesetzesbegründung, des Gesamtzusammenhangs der Vorschrift sowie der
historischen Entwicklung nicht kommen.
33
Der Begriff der "versicherungspflichtigen Beschäftigung" ist in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III
legaldefiniert. Dort heißt es: "Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen
Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige
Beschäftigung) sind." Diese Definition greift § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III auf, indem der
Begriff "versicherungspflichtige Beschäftigung" verwendet wird (vgl. auch Behrend, aaO
§ 130 Rdnr. 38; Valgolio aaO, § 130 Rdnr. 53). Dafür spricht auch, dass nach § 131 Abs.
1 Satz 1 SGB III das Bemessungsentgelt aus dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt
ermittelt wird. Nach § 342 SGB III sind beitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die
beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt. Damit erfolgt eine Verknüpfung des
beitragsrechtlichen Begriffs des Arbeitsentgelts mit dem leistungsrechtlichen Begriff des
Arbeitsentgelts. Der beitragsrechtliche und der leistungsrechtliche Begriff des
Arbeitsentgelts sind grundsätzlich identisch (BSG, Urteil vom 09.05.1996, 7 RAr 36/95
(juris)). Auch die Gesetzesbegründung spricht dafür, dass die Definition des § 25 Abs. 1
Satz 1 SGB III im Rahmen des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III anzuwenden ist. Nach den
Materialien sollen zur Vereinfachung "im Bemessungszeitraum nur noch Zeiten einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung berücksichtigt werden. Alle übrigen
Versicherungspflichtverhältnisse, denen ein besonderes Entgelt zugeordnet ist, was zu
komplizierten Berechnungen führt, bleiben künftig außer Betracht." (BT-Drs. 15/1515 S.
85). Damit wird auf die in § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB III enthaltene Unterteilung der
Versicherungspflichtverhältnisse in solche aufgrund einer versicherungspflichtigen
Beschäftigung und solche aufgrund einer sonstigen Versicherungspflicht Bezug
genommen. Seit dem 01.01.2005 können für den Bemessungszeitraum nur noch Zeiten
aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung berücksichtigt werden. Der
tatbestandliche Anknüpfungspunkt für den Bemessungszeitraum ist damit ein anderer
als der für den Bemessungsrahmen (Behrend, aaO § 130 Rdn. 26). Bis zum 31.12.2004
konnten im Gegensatz dazu bei der Ermittlung des Bemessungsentgelts im
Bemessungszeitraum sowohl Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als
auch Zeiten eines sonstigen Versicherungspflichtverhältnisses berücksichtigt werden.
Bemessungsentgelt war das im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche
entfallende Entgelt. Entgelt, von dem Beiträge nicht zu erheben waren, blieben außer
34
Betracht (§ 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III idF des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom
21. Juli 1999, BGBl. I S. 1648). Der Begriff des Entgelts umfasste nicht nur
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (§ 134 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden
Fassung), sondern auch besondere Entgelte, die bei sonstigen
Versicherungspflichtverhältnissen zugrunde gelegt wurden (§ 135 SGB III in der bis zum
31.12.2004 geltenden Fassung). So wurde z.B. für Zeiten, in denen Versicherungspflicht
wegen des Bezugs von Sozialleistungen bestand, das Entgelt zugrunde gelegt, das der
Bemessung der Sozialleistungen zugrunde gelegt worden war, mindestens aber das
Entgelt, das der Beitragsberechnung zugrunde zu legen war (§ 135 Nr. 4 SGB III aF).
Sowohl der Bemessungsrahmen als auch der Bemessungszeitraum konnten durch alle
Zeiten gebildet werden, in denen Versicherungspflicht im Sinn des § 24 Abs. 1 SGB III
bestand (Behrend, aaO § 130 Rdnr. 25). Begründet wird die Änderung auch damit, dass
sich das "Recht der Bemessung des Arbeitslosengeldes ( ...) im Laufe der Jahre zu
einem überaus komplexen Regelungssystem entwickelt (hat), in dem Bemühen,
zugleich ein hohes Maß an Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen, arbeitsmarktpolitische
Besonderheiten durch stark differenzierte Sonder- und Ausnahmeregelungen zu
berücksichtigen. Die Regelungen sind deshalb insgesamt sowohl für Fachleute als
auch für Betroffene nur noch schwer durchschaubar. Die Entscheidung über das
Arbeitslosengeld löst deshalb einen erheblichen Informations- und Beratungsbedarf aus
und erfordert einen hohen Personal-, Sach- und Zeitaufwand. Insgesamt bindet das
Bewilligungsverfahren damit Kapazitäten, die im Gesamtrahmen der Umgestaltung der
Bundesagentur für Arbeit zu einem modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt für die
Beratung und Betreuung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die berufliche
Wiedereingliederung Arbeitsloser dringend benötigt werden. Ziel der
Reformbestrebungen ist es deshalb, die Vielfalt und Komplexität der Regelungen zum
Bemessungsrecht zurückzuführen und das Verwaltungsverfahren deutlich und
nachhaltig zu vereinfachen. Verwaltungsvereinfachung ist allerdings nur zu erreichen,
wenn detaillierte Einzelfallregelungen durch ein größeres Maß an Pauschalierung
ersetzt und Ausnahmeregelungen eingeschränkt werden." (BT-Drs. 15/1515, S. 85) "Die
vorgesehenen Neuregelungen können sich im Einzelfall sowohl zu Gunsten als auch zu
Ungunsten der Betroffenen auswirken, ohne das Sicherungsniveau der
Arbeitslosenversicherung insgesamt zu beeinträchtigen." (BT-Drs. 15/1515, S. 73)
§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III setzt für das Bestehen einer sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt voraus. Beschäftigung ist die
nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 SGB IV
i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Der Begriff des Arbeitsentgelts ist in § 14 Abs. 1 Satz 1
SGB IV definiert, der ebenfalls über § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zur Anwendung kommt
(vgl. auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 07.08.2006, L 9 AL 57/06; Brand
aaO § 25 Rdnr. 34). Danach sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen
Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die
Einnahme besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet
werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr
erzielt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV ermächtigt
die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur
Wahrung der Belange der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung, zur Förderung
der betrieblichen Altersvorsorge oder zur Vereinfachung des Beitragseinzugs zu
bestimmen, dass einmalige Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse
oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden,
und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten. Auf
dieser Grundlage bestimmt die Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in
35
der Sozialversicherung (Arbeitsentgeltverordnung - ArEV) (idF der Bekanntmachung
vom 18. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1642, 1644) zuletzt geändert durch die Zweite
Verordnung zur Änderung der Arbeitsentgeltverordnung vom 18. Februar 2005 (BGBl. I
S. 322), gültig bis zum 31.12.2006), welche Zuwendungen nicht dem
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind. Dies sind nach § 2 Abs.
2 Nr. 2 ArEV die Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Mutterschutzgesetz
(MuSchG). Für die Zeit ab dem 01.01.2007 enthält § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 der
Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385) die
gleiche Regelung. Nach § 14 Abs. 1 MuSchuG erhalten Frauen, die Anspruch auf
Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs. 1, 2 Satz 1 bis 4 und Abs. 3 der
Reichsversicherungsordnung (RVO), § 29 Abs. 1, 2 und 3 des Gesetzes über die
Krankenversicherung der Landwirte oder § 13 Abs. 2, 3 MuSchG haben, während ihres
bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG
und § 6 Abs. 1 MuSchG sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen
Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen 13 Euro und dem um die
gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt.
Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben Frauen unter anderem dann, wenn ihnen wegen
der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt
wird (§ 200 Abs. 1 RVO). Nach § 3 Abs. 2 MuSchuG dürfen werdende Mütter in den
letzten sechs Wochen vor der Entbindung und - nach § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchuG - bis
zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Die
Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArEV hat zur Folge, dass auf den vom Arbeitgeber zu
zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld keine Beiträge zur Sozialversicherung zu
entrichten sind. Im Sinn der Sozialversicherung handelt es sich um kein Arbeitsentgelt.
Im Gegensatz dazu wird der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld arbeitsrechtlich als
Anspruch auf Arbeitsentgelt gewertet (BAG, Urteil vom 29.01.2003, 5 AZR 701/01
(juris)). An § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArEV ist das Gericht gebunden, da die Verordnung für sich
genommen nicht verfassungswidrig ist.
Da es sich bei dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld um kein Arbeitsentgelt im
sozialversicherungsrechtlichen Sinn handelt, besteht während der Zeit des Bezugs
eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld auch keine versicherungspflichtige
Beschäftigung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, da es an einer Beschäftigung gegen
Arbeitsentgelt fehlt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV.
Danach gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das
Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht
länger als einen Monat. Diese Regelung greift nach § 7 Abs. 3 Satz 2 SGB IV nicht ein,
wenn Mutterschaftsgeld bezogen wird, so dass beim Bezug von Mutterschaftsgeld die
Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt nicht als fortbestehend gilt. Dies enthält auch die
gesetzliche Wertung, dass während des Bezugs von Mutterschaftsgeld gerade keine
Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gegeben ist. Gleiches lässt sich auch den früheren
Regeln zur Bemessung des Arbeitslosengeldes entnehmen. Nach § 107 Satz 1 Nr. 5 b
AFG war die Zeit des Mutterschutzes, wenn eine beitragspflichtige Beschäftigung
unterbrochen wurde, der Zeit einer Beitragspflicht gleichgestellt. In der Zeit vom
01.01.1998 bis 31.12.2002 hätte die Zeit des Mutterschutzes über § 135 SGB III (idF des
GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BGBl. I S. 2626) bei Bestehen eines sonstigen
Versicherungspflichtverhältnisses berücksichtigt werden können. Allerdings war in
diesem Zeitraum die Zeit des Mutterschutzes (in verfassungswidriger Weise, BVerfG, 1
BvL 10/01 vom 28.3.2006) nicht versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung
(vgl. § 26 SGB III idF des Bundeswehrneuausrichtungsgesetzes vom 20. Dezember
2001, BGBl. I S. 4013). Seit dem 01.01.2003 besteht während des Mutterschutzes ein
36
sonstiges Versicherungspflichtverhältnis nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III (idF des Job-
AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443). Vom 01.01.2003 bis
31.12.2005 blieb die Zeit der Versicherungspflicht wegen Bezugs von Mutterschaftsgeld
bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht (§ 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443).
Allerdings bestand die Möglichkeit, den Bemessungszeitraum auf bis zu drei Jahre
auszudehnen, bevor nach § 133 Abs. 4 SGB III (idF des Gesetzes vom 16. Dezember
1997, BGBl. I S. 2970) ein fiktives Arbeitsentgelt der Bemessung zugrunde gelegt
wurde. Dieser Regelungen hätte es nicht bedurft, wenn der Bezug von
Mutterschaftsgeld eine versicherungspflichtige Beschäftigung begründen würde.
Dieses Ergebnis (Nichtberücksichtigung der Zeit des Zuschusses zum
Mutterschaftsgeld bei Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung),
deckt sich auch mit § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Danach kann nur beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt der Ermittlung des Bemessungsentgelts zugrunde gelegt werden. Der
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist jedoch nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArEV nicht
beitragspflichtig.
37
Etwas anderes kann sich auch nicht aus § 132 Abs. 1 SGB III ergeben. § 132 Abs. 1
SGB III stellt für die Festsetzung eines fiktiven Arbeitsentgelts darauf ab, dass ein
Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt
innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festzustellen ist.
Insoweit könnte daran gedacht werden, den Begriff des Arbeitsentgelts in § 132 Abs. 1
SGB III so zu verstehen, dass auch Arbeitsentgelt im arbeitsrechtlichen Sinn davon
erfasst würde, so dass damit auch der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld umfasst wäre.
Eine solche Auslegung ist jedoch aufgrund des inneren Zusammenhangs der §§ 130 –
132 SGB III nicht möglich und würde sich auch nicht mit der Gesetzesbegründung
vereinbaren lassen. In dieser heißt es zu § 132 SGB III: "Sind auch in dem erweiterten
Bemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit versicherungspflichtigem Arbeitsentgelt
enthalten, wird das für die Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrunde zu legende
Bemessungsentgelt fiktiv berechnet." (BT-Drs 15/1515 S. 85). Mit
"versicherungspflichtigem Arbeitsentgelt" kann insoweit nur "beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt" gemeint sein. Den Wortlaut des § 132 Abs. 1 SGB III greift § 130 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 SGB III auf, der eine Erweiterung des Bemessungsrahmens auf zwei Jahre
vorsieht, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf
Arbeitsentgelt enthält. "Anspruch auf Arbeitsentgelt" wird dabei als "Abkürzung" für
"beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis
abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen
Beschäftigung" verwendet. Denn der Begriff des Bemessungszeitraums wird von § 130
Abs. 1 Satz 1 SGB III gerade dahingehend definiert. Greifen § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
SGB III und § 132 Abs. 1 SGB III den Begriff des Bemessungszeitraums auf, so
geschieht dies im Sinn der in § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III enthaltenen gesetzlichen
Definition.
38
Eine andere Auslegung des Begriffs der versicherungspflichtigen Beschäftigung ist
auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen
vom 22.1.2004, L 8 AL 147/03 (juris), möglich. Dieses hat § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III idF
des 2. SGB III-ÄndG vom 21.7.1999 (BGBl I S. 1648), dahingehend ausgelegt, dass
Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG als Ausübung einer
Beschäftigung im Sinn des § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III idF des 2. SGB III-ÄndG gelten.
Nach § 131 Abs. 2 Nr. 2 SGB III idF des 2. SGB III-ÄndG blieben bei der Ermittlung des
39
Bemessungszeitraums Zeiten außer Betracht, in denen die durchschnittliche
regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur
vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen
Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden
wöchentlich, vermindert war, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren
Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs
während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt
hat. Zu entscheiden war, ob die Zeit des Mutterschutzes, die sich an eine
Vollzeittätigkeit anschloss, als Ausübung einer Beschäftigung angesehen werden
konnte. Nur so ergab sich ein zusammenhängender Zeitraum von sechs Monaten
innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre. Dabei ging das LSG Niedersachsen-Bremen
davon aus, dass bei Unterbrechung der Vollzeitbeschäftigung durch Krankheit mit
Lohnfortzahlung oder durch Urlaub der Sechsmonatszeitraum des § 131 Abs. 2 Nr. 2
SGB III idF des 2. SGB III-ÄndG erfüllt werden kann. Es bestehe deshalb kein Anlass,
die Zeiten des Beschäftigungsverbots als Ausübung einer Beschäftigung im Sinn der
Vorschrift auszunehmen (LSG Niedersachsen-Bremen, aaO). Diese Entscheidung ist
nicht auf die Regelung des § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III übertragbar, weil in § 130 Abs. 1
Satz 1 SGB III der Begriff der "versicherungspflichtigen Beschäftigung" verwendet wird.
Dieser ist in § 25 Abs. 1 SGB III legaldefiniert. Der Begriff der "Ausübung einer
Beschäftigung" ist demgegenüber nicht in gleichem Maße gesetzlich festgelegt und
deshalb einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich.
e) fiktive Bemessung Lässt sich ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tage mit
Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten
Bemessungsrahmens nicht feststellen, ist nach § 132 Abs. 1 SGB III als
Bemessungsentgelt ein fiktives Entgelt zugrunde zu legen. Für die Festsetzung des
fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der
beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die
Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132
Abs. 2 Satz 1 SGB III). Für Beschäftigungen, die eine Hochschul- oder
Fachhochschulausbildung erfordern, ist ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem
Dreihundertstel der Bezugsgröße zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III).
Die Bezugsgröße belief sich nach § 18 Abs. 1 SGB IV i.V.m § 2 Abs. 1
Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2006 vom 21. Dezember 2005 (BGB. I
S. 3627) im Jahr 2006 auf 29.400 Euro, so dass bei der Klägerin 98,- Euro (= ein
Dreihundertstel der Bezugsgröße) als fiktives Arbeitsentgelt der Bemessung zugrunde
zu legen sind.
40
2. Leistungsentgelt Aus diesem Bemessungsentgelt von 98,00 Euro ergibt sich ein
Leistungsentgelt von 44,21 Euro. Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist Leistungsentgelt
das um pauschale Abzüge verminderte Bemessungsentgelt. Abzuziehen sind (1.) eine
Sozialversicherungspauschale in Höhe von 21 Prozent des Bemessungsentgelts, (2.)
die Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle, die sich nach dem vom Bundesministerium
der Finanzen auf Grund des § 51 Abs. 4 Nr. 1 a des Einkommensteuergesetzes bekannt
gegebenen Programmablaufplan bei Berücksichtigung der Vorsorgepauschale nach §
10 c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in dem Jahr, in dem der Anspruch
entstanden ist, ergibt und (3.) der Solidaritätszuschlag (§ 133 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Die
Feststellung der Lohnsteuer richtet sich nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des
Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen
eingetragen war (§ 133 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Danach sind 20,58 Euro als
Sozialversicherungspauschale, 31,48 Euro als Lohnsteuerpauschale und 1,73 Euro als
41
Solidaritätszuschlag von den 98,- Euro abzuziehen.
3. Erhöhter Leistungssatz Das Arbeitslosengeld beträgt 67 Prozent des
Leistungsentgelts (erhöhter Leistungssatz) und damit 29,62 Euro.
42
III. Unbegründetheit von Haupt- und Hilfsanträgen Die von der Klägerin mit dem
Hauptantrag begehrte Verschiebung des Bemessungsrahmens auf die Zeit vom
29.06.2004 bis 30.06.2003 ist nicht möglich. § 130 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 SGB III
regeln abschließend die kalendermäßige Festlegung des Bemessungsrahmens. Eine
Verschiebung auf den von der Klägerin begehrten Zeitraum dadurch zu erreichen, dass
die Regelung des § 130 Abs. 2 SGB III auf den Bemessungsrahmen angewandt wird, ist
ausgeschlossen. § 130 Abs. 2 SGB III findet nach seinem Wortlaut nur auf den
Bemessungszeitraum, nicht jedoch auf den Bemessungsrahmen Anwendung.
43
Soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag zu 1) das Ziel verfolgt, den vom Arbeitgeber
gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Abs. 1 MuSchG in die
Berechnung des Bemessungsentgelts miteinzubeziehen, ist der Antrag unbegründet
und abzuweisen, sofern § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III verfassungsgemäß ist. Bei der
Ermittlung des Bemessungsentgelts können ausschließlich
Entgeltabrechnungszeiträume einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
berücksichtigt werden, mithin beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Während der Zeit des
Mutterschutzes bestand keine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinn des § 25
Abs. 1 Satz 1 SGB III. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist kein beitragspflichtiges
Arbeitsentgelt (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 ArEV).
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Der Hilfsantrag zu 2) hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Damit will die Klägerin der
Berechnung des Arbeitslosengeldes ihre 81 Tage mit Entgelt der
versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie weiter 69 Tage mit einem fiktiven
Bemessungsentgelt zugrunde legen, um so auf 150 Tage zu kommen. Eine solche
Vorgehensweise ist ausgeschlossen. Für diese hilfsweise beantragte Berechnung fehlt
es an einer Rechtsgrundlage. § 132 Abs. 1 SGB III regelt abschließend, welche Folgen
eintreten, sofern sich 150 Tage mit Anspruch auf beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im
Bemessungszeitraum nicht feststellen lassen.
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B. Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 GG Dieses Ergebnis - fiktive Bemessung des
Arbeitsentgelts allein wegen des Mutterschutzes bei vorausgehender
versicherungspflichtiger Beschäftigung - verstößt gegen Art. 6 Abs. 4 GG.
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Nach Art. 6 Abs. 4 GG hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des
Staates. Daraus ergibt sich der bindende Auftrag an den Gesetzgeber, jeder Mutter
Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft zukommen zu lassen. Er verpflichtet den
Gesetzgeber grundsätzlich auch, wirtschaftliche Belastungen der Mutter, die im
Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen.
Insoweit schützt Art. 6 Abs. 4 GG die Mutter in vergleichbarer Weise wie Art. 6 Abs. 1 GG
Ehe und Familie (vgl. BverfGE 60, 68 (74)). Dies gilt auch für das Gebiet der sozialen
Sicherheit (BVerfG 1 BvL 10/01 vom 28.3.2006, Absatz-Nr. 53 m.w.N.). Der
Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG bedeutet zwar nicht, dass der Gesetzgeber gehalten
wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung
auszugleichen (vgl. BVerfGE 60, 68 (74)). Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, dem
Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen (vgl. BVerfGE
82, 60 (81); BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. April 1996,
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NVwZ 1997, S. 54 (55)). Untersagt er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchuG,
der Frau für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung
oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so ist er gehalten,
die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit
wie möglich auszugleichen. Dazu gehört auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz
im Falle der Arbeitslosigkeit. (BVerfG, 1 BvL 10/01 vom 28.03.2006, Absatz-Nr. 53, 54).
Grundsätzlich kann der Gesetzgeber frei entscheiden, wie er die ihm durch Art. 6 Abs. 4
GG auferlegte Förderung ausgestalten will. Ist er zum Schutz der Mutter
gesetzgeberisch tätig geworden, indem er durch Beschäftigungsverbote der werdenden
Mutter und dem Kind Schutz bietet, so hat er damit jedoch eine Vorfestlegung getroffen
und seinen weiteren Handlungsspielraum eingeschränkt. Der mit den
Beschäftigungsverboten angestrebte Schutz bleibt, gemessen an Art. 6 Abs. 4 GG,
unvollständig, wenn er nicht von Maßnahmen begleitet wird, die die sich daraus
ergebende Benachteiligung der Mutter soweit wie möglich ausgleichen. (BVerfG, 1 BvL
10/01 vom 28.03.2006, Absatz-Nr. 55)
Diesen Anforderungen entspricht der Gesetzgeber mit § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III
insoweit nicht, als dass im Bemessungszeitraum die Zeit des Mutterschutzes bei
Frauen, bei denen der Mutterschutz eine versicherungspflichtige Beschäftigung
unterbricht, nicht berücksichtigt werden kann. Hierin liegt ein Verstoß gegen Art. 6 Abs.
4 GG, denn dadurch erleiden Mütter einen sozialrechtlichen Nachteil, der Nichtmüttern
nicht entsteht. Diesen ist es weiterhin möglich, ein Arbeitsentgelt aus einer
versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erzielen, während dies für Müttern aufgrund
des Beschäftigungsverbotes ausgeschlossen ist. Damit werden Mütter gegenüber
Arbeitnehmerinnen benachteiligt, für die kein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 und
§ 6 Abs. 1 MuSchG besteht. Diese Benachteiligung führt auch zu einem
sozialrechtlichen Nachteil, sofern sich allein dadurch ein Bemessungszeitraum von 150
Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinn von "abgerechneten
Entgeltabrechnungszeiträumen der versicherungspflichtigen Beschäftigung" nicht
feststellen lässt, es deshalb zu einer fiktiven Bemessung des Arbeitsentgelts kommt und
sich daraus ein niedrigeres Bemessungsentgelt ergibt als dies bei Berücksichtigung des
vor dem Mutterschutz erzielten Arbeitsentgelts aus der versicherungspflichtigen
Beschäftigung der Fall gewesen wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 130
Abs. 1 Satz 1 SGB III ist in Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut, die
Gesetzesbegründung sowie den Gesamtzusammenhang der Norm und deren
historischer Entwicklung nicht möglich (siehe unter A).
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Entscheidung des LSG
Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.3.2007, L 12 AL 113/06, aaO. Der 12. Senat des
LSG Nordrhein-Westfalen hat keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken
gegenüber dem Regelungskonzept, selbst wenn Mutterschafts- und Erziehungszeiten
mitursächlich dafür geworden sind, dass eine fiktive Bemessung zu erfolgen hat. Dies
begründet er mit sachlich begründbaren Zielen für die Neuregelung. Der Gesetzgeber
sei nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche
Benachteiligung auszugleichen (LSG Nordrhein-Westfalen aaO). Bei dieser
Entscheidung ist aber zu berücksichtigen, dass im dortigen Verfahren eine
Erziehungszeit von drei Jahren in Anspruch genommen worden war. Die Frage, ob
allein die Zeit des Mutterschutzes in verfassungswidriger Weise zu einer
Benachteiligung geführt hat, stellte sich daher nicht.
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C. Entscheidungserheblichkeit Ist § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III verfassungsgemäß und
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damit für das Gericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen, so ist - wie unter A.
ausgeführt - die Klage insgesamt abzuweisen. Erweist sich § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III
als verfassungswidrig, soweit bei Unterbrechung einer versicherungspflichtigen
Beschäftigung die sich anschließende Zeit des Mutterschutzes bei der Ermittlung des
Bemessungszeitraums nicht berücksichtigt werden kann, ist der Kammer eine
abschließende Entscheidung über den Hilfsantrag zu 1) nicht möglich. Denn mit diesem
Antrag soll gerade die nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III von der Ermittlung des
Bemessungszeitraums ausgeschlossene Zeit des Mutterschutzes einbezogen werden.
Das Verfahren wäre deshalb bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber
auszusetzen. Um den Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG zu erfüllen, wird der
Gesetzgeber zwar gehalten sein, die Zeit des Mutterschutzes bei vorausgehender
Beschäftigung im Rahmen der Ermittlung des Bemessungsentgelts zu berücksichtigen.
Dies kann jedoch in unterschiedlicher Weise geschehen. Möglich wäre eine Regelung
dahingehend, dass im Bemessungszeitraum auch Zeiten des Mutterschutzes bei
vorausgehender versicherungspflichtiger Beschäftigung berücksichtigt werden können.
Dann bedürfte es auch einer Regelung dazu, welches Entgelt für diese Zeit zugrunde zu
legen wäre. Denkbar wäre auch, die Regelung hinsichtlich des Bemessungszeitraums
zu belassen und statt dessen den zweijährigen Bemessungsrahmen um die Zeit des
Mutterschutzes noch weiter zu verlängern. Es könnte aber auch eine Sonderregelung
dahingehend getroffen werden, dass ein fiktives Arbeitsentgelt der Bemessung auch
dann nicht zugrunde zu legen ist, wenn die Zeit des Mutterschutzes zusammen mit einer
vorausgehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung 150 Tage im
Bemessungszeitraum ergibt. Dafür könnte z.B. entsprechend der Regelung im AFG die
Zeit des Mutterschutzes bei vorausgehender versicherungspflichtiger Beschäftigung der
Zeit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleich gestellt werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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