Urteil des SozG Aachen vom 12.02.2008

SozG Aachen: aufenthaltserlaubnis, besitz, ausländer, duldung, abschiebung, erwerbstätigkeit, emrk, anknüpfung, behörde, verschulden

Sozialgericht Aachen, S 13 EG 24/07
Datum:
12.02.2008
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 13 EG 24/07
Nachinstanz:
Landessozialgericht NRW, L 13 EG 22/08
Sachgebiet:
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht
zu erstatten.
Tatbestand:
1
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Erziehungsgeld für das 1. Lebensjahr
des am 00.00.2006 geborenen Kindes Henry.
2
Die am 00.00.1978 geborene Klägerin ist ghanaische Staatsangehörige. Sie hat 2
Kinder: Sandy, geb. 00.00.2004, und Henry, geb. 00.00.2006. Henry ist deutscher
Staatsangehöriger. Die Klägerin reiste am 05.07.2004 nach Deutschland ein. Sie war
vollziehbar ausreisepflichtig, jedoch war ihre Abschiebung ausgesetzt. Die Klägerin war
daher im Besitz einer entsprechenden Duldung. Am 29.05.2007 erhielt sie eine
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Seitdem ist ihr
eine abhängige Beschäftigung jeder Art gestattet. Die Aufenthaltserlaubnis war
(zunächst) bis 29.11.2007 befristet. Die Klägerin war und ist nicht erwerbstätig, bezieht
keine Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und nimmt keine
Elternzeit in Anspruch.
3
Am 13.04.2007 beantragte die Klägerin Erziehungsgeld für das 1. Lebensjahr des
Kindes Henry.
4
Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 21.06.2007 ab mit der
Begründung, die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 6 des
Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) seien nicht erfüllt.
5
Dagegen legte die Klägerin am 04.07.2007 Widerspruch ein: Sie hoffe auf eine
rückwirkende Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG; selbst wenn sie diese nicht
erhalten sollte, stelle sich die Frage, ob das geänderte Erziehungsgeldrecht den
Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 06.07.2004
(1 BvR 2515/95) gerecht werde.
6
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19.07.2007
zurück.
7
Dagegen hat die Klägerin am 08.08.2007 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung,
Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG zu haben. Unabhängig
davon bestehe der Erziehungsgeldanspruch nicht erst ab dem Tage des "Besitzes" der
Aufenthaltserlaubnis, sondern ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Im Lichte der
Entscheidung des BVerfG vom 06.07.2004 sei das Tatbestandsmerkmal "im Besitz" in §
1 Abs. 6 BErzGG entgegen der bisher hierzu in Rechtsprechung und Literatur
vertretenen Auffassung nicht länger wörtlich zu begreifen, sondern vielmehr
verfassungskonform dahin auszulegen, dass lediglich die materiell-rechtlichen
Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung vorliegen müssten. Die
Klägerin meint, das BVerfG habe klar herausgearbeitet, dass es auf den formalen Besitz
eines Aufenthaltstitels nicht ankommen könne. Da der Zeitpunkt der Erteilung des
Aufenthaltstitels auch von Faktoren abhänge, die der Betroffene nicht beeinflussen
könne (z.B. Bearbeitungszeiten der Ausländer- behörde), und Amtshaftungsansprüche
oft am erforderlichen Verschulden scheiterten, sei das Gesetz verfassungskonform
dahinauszulegen, dass ihr bereits rückwirkend ab Geburt des Kindes ein Anspruch auf
Erziehungsgeld zustehe und nicht erst ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Besitznahme
der Aufenthaltserlaubnis. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anknüpfung an den
formalen Besitz einer Aufenthaltserlaubnis auch gegen Art. 14 i.V.m. Art. 8 der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstoße. Die Klägerin bezieht sich
hierzu auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschen- rechte
(EuGHMR) vom 25.10.2005 (59140/00).
8
Die Klägerin beantragt,
9
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.06.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 19.07.2007 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 00.00.2006
bis 14.10.2007 Erziehungsgeld für das Kind Henry zu gewähren, hilfsweise, das
Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungs- gericht zur Entscheidung
vorzulegen, ob § 1 Abs. 6 des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der Fassung durch
Art. 3 Nr. 1 des Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld,
Erziehungsgeld und Unter- haltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl. I S. 2915) mit Art. 3
Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar ist.
10
Der Beklagte beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12
Er bleibt bei seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des
Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug
genommen.
14
Entscheidungsgründe:
15
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
16
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen
Anspruch auf Erziehungsgeld für das 1. Lebensjahr ihres Kindes Henry, da sie die
Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 BErzGG in der hier maßgeblichen - nach Ansicht der
Kammer verfassungsmäßigen - Fassung nicht erfüllt.
17
Der Anspruch der Klägerin misst sich an § 1 Abs. 6 BErzGG in der Fassung durch Art. 3
Nr. 1 des "Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld,
Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss" vom 13.12.2006 (BGBl. I S. 2915). Die
Vorschrift ist in dieser Fassung am 01.01.2006 in Kraft getreten (Art. 6 des Gesetzes
vom 13.12.2006).
18
Anspruchszeitraum 15.10.2006 bis 28.05.2007
19
Für den Zeitraum vom 15.10.2006 bis 28.05.2007 kann die Klägerin bereits deshalb
kein Erziehungsgeld beanspruchen, weil sie in dieser Zeit keinen der in § 1 Abs. 6 Nrn.
1 oder 2 genannten Aufenthaltstitel besessen hat. Sie war in dieser Zeit lediglich im
Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG, ihre Abschiebung war vorübergehend
ausgesetzt. Eine Duldung nach § 60a AufenthG ist ebenso wie eine
Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens nach § 55 des
Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) kein Aufenthaltstitel. Beide begründen einen
Aufenthaltsstatus, der nicht erwarten lässt, dass der betreffende Ausländer auf Dauer in
Deutschland bleiben kann. Personen, die lediglich einen derart ungesicherten
Bleibestatus haben, durfte der Gesetzgeber durch die früheren Regelungen und darf er
durch die Neuregelung des § 1 Abs. 6 BErzGG ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder
Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) oder Art. 8 und 14 EMRK vom
Erziehungsgeldbezug ausschließen (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteile vom 23.01.2007 -
10 K 5107/05 Kg und 10 K 3095/06 Kg; BFH, Urteil vom 15.03.2007 - III R 93/03). Das
BVerfG hat durch Beschluss vom 06.07.2004 - 1 BvR 2515/95 (BVerfGE 111,176 =
SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 = NVwZ 2005, 319 = InfAuslR 2005, 116) die Regelung der
Anspruchsvoraussetzungen für Ausländer in § 1 BErzGG in der Fassung des "Gesetz
zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms" - FKPG - vom 23.06.1993
(BGBl. I S. 944) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Es hat zugleich angeordnet,
dass bei Ausbleiben einer Neuregelung innerhalb einer von ihm gesetzten Frist auf
noch nicht abgeschlossene Verfahren das bis zum 26. Juni 1993 geltende Recht
anzuwenden ist. Daraus wird deutlich, dass das BVerfG das bis 26.06.1993 geltende
Recht für verfassungsgemäß hält. Danach war für den Erziehungsgeldanspruch eines
Ausländers Voraussetzung, dass er im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung,
Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis war. Nach Auffassung des BVerfG durfte
der Gesetzgeber also ohne Verfassungsverstoß als Voraussetzung für die Gewährung
von Erziehungsgeld an Ausländern fordern, dass diese zumindest im Besitz einer
Aufenthaltsbefugnis waren. Die Aufenthaltsbefugnis nach § 30 des Ausländergesetzes
(AuslG) vom 09.07.1990 (BGBl. I, S. 1354) war für Ausländer vorgesehen, denen aus
völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen Aufenthalt gewährt wurde. Für
diesen Personenkreis sollte die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung vorgesehen
werden. Die Aufenthaltsbefugnis war deshalb bereits eine mögliche Vorstufe für einen
Daueraufenthalt (vgl. die Begründung zum Ausländergesetz, BT-Drucksache 11/6321,
S. 45, 46). Demgegenüber verleiht eine Duldung nach § 60a AufenthG, die früher in § 56
AuslG geregelt war, einen weit schwächeren Bleibestatus. Sie wird erteilt, solange die
20
Abschiebung eines Ausländer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist
und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Durch die Duldung bleibt die Ausreisepflicht
eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, unberührt (§ 60a Abs. 2 und 3
AufenthG). Das BVerfG hat im Beschluss vom 06.07.2004 festgestellt, dass das Ziel des
Gesetzgebers, Erziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von
denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben, legitim ist.
Dieses Kriterium trifft aber auf Ausländer, deren Aufenthalt lediglich gem. § 60a
AufenthG geduldet ist und denen keine Erwerbstätigkeit in Deutschland gestattet ist,
nicht zu.
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin in Anspruch genommenen
Entscheidung des EuGHMR vom 25.10.2005 - 59140/00 (InfAuslR 2006 = NvwZ 2006,
917). Zum einen betraf diese Entscheidung einen Anspruch auf Kindergeld, zum
anderen betraf sie den Ausschluss von Ausländern ohne Aufenthaltsbefugnis oder
Aufenthaltsberechtigung. Der EuGHMR hat sich in seiner Entscheidung auf den
Beschluss des BVerfG vom 06.07.2004 bezogen und sich dessen Begründung zu eigen
gemacht. Der Entscheidung kann daher nicht entnommen werden, dass sich Ausländer,
die nicht wenigstens im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis oder eines dieser
vergleichbaren Aufenthaltstitels sind, sondern die lediglich eine Duldung besitzen und
keine Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen, für einen Erziehungsgeldanspruch mit Erfolg
auf Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK berufen können.
21
Anspruchszeitraum 29.05.2007 bis 14.10.2007
22
Auch für den weiteren Zeitraum vom 29.05. bis 14.10.2007 erfüllt die Klägerin nicht die
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erziehungsgeld nach § 1 Abs. 6 BErzGG in
der Fassung des Gesetzes vom 13.12.2006. In dieser Zeit war die Klägerin zwar im
Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, jedoch im Bundesgebiet
nicht berechtigt erwerbstätig, bezog keine laufenden Geldleistungen nach dem SGB III
und nahm auch keine Elternzeit in Anspruch (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3. b) BErzGG). Für die
Zeit vom 29.05. bis 04.07.2007 fehlt es zudem an der Anspruchsvoraussetzung nach § 1
Abs. 6 Nr. 3. a) BErzGG, da die Klägerin erst am 05.07.2007 die Voraussetzung eines
rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet von
"mindestens 3 Jahren" erfüllt hat.
23
§ 1 Abs. 6 BErzGG in der Fassung des Gesetzes vom 13.12.2006 ist nicht
verfassungswidrig. Indem das Gesetz die Erziehungsgeldberechtigung von Ausländern
nun nicht mehr nur formal und allein an die Art eines bestimmten Aufenthaltstitels knüpft,
sondern entweder einen auf Dauer angelegten Aufenthaltstitel genügen lässt oder bei
einem weniger festen Aufenthaltsrecht einen engen Bezug zum Erwerbsleben in
Deutschland fordert, genügt es den Vorgaben des BVerfG im Beschluss vom
06.07.2004 (a.a.O.).
24
Soweit die Klägerin geltend macht, anstelle der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5
AufenthG einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG zu haben,
führt dies zu keiner anderen Beurteilung ihres Erziehungsgeldanspruchs für das 1.
Lebensjahr ihres Kindes Henry. Zwar handelt es sich bei § 28 AufenthG um eine
anspruchsbegründende Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 2 BErzGG, da
sie zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt (vgl. § 28 Abs. 5 AufenthG). Jedoch
"besitzt" die Klägerin eine solche Aufenthaltserlaubnis (noch) nicht und hat diese
insbesondere auch nicht im streitbefangenen Anspruchszeitraum besessen, wie dies §
25
1 Abs. 6 Nr. 2 BErzGG verlangt. Bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis handelt es
sich um eine ausländerrechtliche Entscheidung, an die die Erziehungsgeldbehörde und
die über den Erziehungsgeldanspruch entscheidenden Sozialgerichte gebunden sind.
Weder die Erziehungs- geldbehörde noch die Sozialgerichte sind befugt zu beurteilen,
ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 AufenthG hat
oder seit 15.10.2006 hatte und - bejahendenfalls - diese Beurteilung zur Grundlage
einer Erziehungsgeld zusprechenden Entscheidung zu machen.
Insofern kommt es durchaus auch darauf an, ab welchen Zeitpunkt die Klägerin im
Besitz des anspruchsbegründenden Aufenthaltstitels ist. Ihre Auffassung, die
Neuregelung des § 1 Abs. 6 BErzGG sei im Lichte des BVerfG-Beschlusses vom
06.07.2004 verfassungs- konform dahingehend auszulegen, dass es für den
Erziehungsgeldanspruch nicht mehr auf den Zeitpunkt des Besitzes des
Aufenthaltstitels ankomme, sondern auf den Zeitpunkt, ab dem Anspruch auf den
Aufenthaltstitel bestanden habe, verkennt die Ausführungen des BVerfG im Beschluss
vom 06.07.2004. Die Klägerin zitiert das BVerfG unrichtig, was sie zu falschen
Schlussfolgerungen verleitet. Das BVerfG hat nicht am formalen Besitz eines
Aufenthaltstitels Anstoß genommen, sondern daran, dass das Gesetz für den
Erziehungsgeldanspruch lediglich an die "formale Art des Aufenthaltstitels" als alleinige
Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland angeknüpft
hat. Die Vorgabe des Gesetzes, dass der Erziehungsgeldanspruch erst ab dem
Zeitpunkt besteht, ab dem der Ausländer den anspruchsbegründenden Aufenthaltstitel
besitzt, hat das BVerfG weder im Beschluss vom 06.07.2004 noch in anderen
Entscheidungen als verfassungswidrig beanstandet. Es handelt sich dabei auch um ein
sachgerechtes Kriterium. Eine Anknüpfung an den Zeitpunkt, von dem ab ein Anspruch
auf den Aufenthaltstitel besteht, ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, weil
dieser Zeitpunkt oftmals nicht oder nur mit erheblichem Aufwand genau datiert werden
kann. Durch die Anknüpfung an den Besitz des maßgeblichen Aufenthaltstitels ist
klargestellt, dass das Erziehungsgeld frühestens von diesem Zeitpunkt bezogen werden
kann. Selbst wenn im Aufenthaltstitel eine Rückwirkung angeordnet wurde, lässt die
Erteilung des maßgeblichen Aufenthaltstitels den Anspruch auf Elterngeld nur für die
Zukunft entstehen (BSG, Urteil vom 09.02.1994 - 14/14b REg 9/93 = SozR 3-7833 § 1
Nr. 12 = InfAuslR 1994, 30). Entgeht einem Ausländer Erziehungsgeld wegen einer
rechtswidrigen Verzögerung des Aufenthaltserlaubnisverfahrens, so kann er einen
Ausgleich nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend machen.
Denn für eine derartige Verfahrensverzögerung käme nur das Verschulden einer
Behörde in Betracht, die weder über den Erziehungsgeldanspruch zu entscheiden noch
als Antrags- oder Auskunftsstelle funktional in das Erziehungsgeldverfahren einbezogen
ist. Das Fehlverhalten einer solchen Behörde muss sich die zuständige
Erziehungsgeldkasse nicht zurechnen lassen. Für den durch das entgangene
Erziehungsgeld entstandenen Schaden bliebe nur ein etwaiger Amtshaftungsanspruch
nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (vgl. dazu Irmen in: Hambüchen, BEEG/EStG/ BKGG-
Kommentar, Stand: August 2007, § 1 BErzGG Rndr. 37 bis 55 i.V.m. § 1 BEEG Rndr.
109, 110 m.w.N.).
26
Die Klägerin kann sich im Übrigen auch nicht auf die Günstigkeitsregelung des § 24
Abs. 3 BErzGG in der Fassung durch Art. 3 Nr. 2.b) des Gesetz vom 13.12.2006 (BGBl. I
S. 2915) berufen. Danach ist § 1 Abs. 6 in der am 19.12.2006 geltenden Fassung in
Fällen, in denen eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsgeld für einen
Bezugszeitraum zwischen dem 27. Juli 1993 und dem 18.12.2006 noch nicht
bestandskräftig geworden ist anzuwenden, wenn dies für die
27
erziehungsgeldbeantragende Person günstiger ist. Die Klägerin hat jedoch den
Erziehungsgeldantrag selbst erst am 13.04.2007 gestellt. Voraussetzung für die
Anwendbarkeit des § 24 Abs. 3 BErzGG ist, dass über Ansprüche, die einen
Bezugszeitraum bis 18.12.2006 betreffen, eine Entscheidung bereits ergangen, aber
noch nicht bestandskräftig geworden ist. Dies trifft im Fall der Klägerin nicht zu, da der
hier angefochtene Bescheid erst am 21.06.2007 ergangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
28