Urteil des SozG Aachen vom 09.04.2008

SozG Aachen: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, vollziehung, gebühr, aussetzung, vollstreckung, gerichtsakte, akteneinsicht, verfahrensart, hauptsache, ermessensspielraum

Sozialgericht Aachen, S 11 AS 154/06 ER
Datum:
09.04.2008
Gericht:
Sozialgericht Aachen
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
S 11 AS 154/06 ER
Sachgebiet:
Grundsicherung für Arbeitssuchende
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Erinnerung vom 08.10.2007 wird der Beschluss des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 25.09.2007 abgeändert. Die
dem Antragsteller zu erstattenden Kosten werden auf 842,52 EUR
zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab dem 08.06.2007 festgesetzt. Im Übrigen wird die
Erinnerung zurückgewiesen.
Gründe:
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I.
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Streitig ist die Höhe der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in Rechnung
gestellten Gebühren.
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Im zu Grunde liegenden Verfahren begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes. Die Antragsschrift umfasste 3 Seiten. Auf Nachfrage des Gerichts
wurde außerdem unter anderem eine Kopie des Aufenthaltstitels des Antragstellers zur
Gerichtsakte gereicht. Die Antragsgegnerin hatte den Antrag auf Arbeitslosengeld II (Alg
II) zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beschieden, sondern vom Antragsteller unter
anderem eine Bescheinigung gefordert, der zu Folge sein Umzug nach Aachen
notwendig war, da sie der Auffassung war, diese Bescheinigung wegen des
ausländerrechtlichen Status des Antragstellers zu benötigen.
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Dem Antrag des Antragstellers, ihm vorläufig Leistungen zu bewilligen, wurde vom SG
Aachen mit Beschluss vom 28.11.2006 fast vollständig stattgegeben (nur die Kosten der
Unterkunft wurden um 36,00 EURO reduziert). Da die Antragsgegnerin hierauf keine
Leistungen auszahlte, wurde der Beschluss auf einen mit einer 3-seitigen Begründung
versehenden Antrag des Antragstellers am 13.12.2006 in einen Beschluss mit
bezifferten Tenor geändert und dem Antragsteller eine mit einer Vollstreckungsklausel
versehene Ausfertigung übersandt.
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Die Antragsgegnerin legte gegen den Beschluss des SG Aachen Beschwerde ein. Sie
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begründete diese dahingehend, dass der Antragsteller, der syrischer Staatsangehöriger
ist, nach B. gezogen war, obwohl in seiner Aufenthaltserlaubnis die Auflage
"Wohnsitznahme nur in der Gemeinde C. gestattet" vermerkt war und er aus diesem
Grund keine Leistungen nach dem SGB II in Aachen beziehen könne. Außerdem wurde
beantragt, die sofortige Vollziehung des Beschlusses gemäß § 199 Abs. 2 SGG
auszusetzen. Das SG Aachen half der Beschwerde nicht ab.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens beim Landessozialgericht erstellte der
Klägerbevollmächtigte eine rund 4-seitige Beschwerdeerwiderung, in der er beantragte,
beide Anträge der Antragsgegnerin abzuweisen. Der Antrag, die sofortige Vollziehung
des Beschlusses auszusetzen, wurde vom LSG mit Beschluss vom 11.01.2007
abgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 23.01.2007 wurden der Antragsgegnerin
außerdem die Kosten für das Aussetzungsverfahren auferlegt.
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Es folgte ein weiterer 2-seitiger Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten nach
Akteneinsicht, in welchem er unter anderem mitteilte, dass die Wohnsitzauflage aus der
Aufenthaltsgenehmigung des Antragstellers auf eine entsprechendes Verfahren bei der
Ausländerbehörde B. entfernt worden sei. Hierauf folgten weitere kürzere Schriftsätze.
Da die Antragsgegnerin mitteilte, dass der Leistungsversagungsgrund nunmehr
weggefallen sei, erklärten die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden vom LSG Nordrhein-Westfalen - nach
weiteren Schriftsätzen des Antragstellerbevollmächtigten - mit Beschluss vom
25.05.2007 der Antragsgegnerin auferlegt.
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Am 08.06.2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers, folgende
Kosten (nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Antragstellung) festzusetzen:
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Eilverfahren beim SG Aachen
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 350,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
RVG 20,00 EURO 16 % Umsatzsteuer 59,20 EURO Summe 429,20 EURO
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Aussetzungsverfahren beim LSG NRW
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Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 250,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
RVG 20,00 EURO 16 % Umsatzsteuer 51,30 EURO Summe 321,30 EURO
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Beschwerdeverfahren beim LSG NRW
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Verfahrensgebühr Nr. 3204 VV RVG 400,00 EURO Einigungs- oder Erledigungsgebühr
Nr. 1007 VV RVG 250,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EURO 16
% Umsatzsteuer 127,30 EURO Summe 797,30 EURO
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Insgesamt forderte er somit einen Betrag von 1.547,80 EURO. Der Urkundsbeamte der
Geschäftstelle setzte - nach vorheriger Anhörung - die Kosten mit Beschluss vom
25.09.2007 wie folgt fest:
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Verfahren vor dem SG Aachen
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 208,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
RVG 20,00 EURO Verfahren vor dem LSG NRW
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Verfahrensgebühr Nr. 3501 VV RVG 160,00 EURO Einigungs- oder Erledigungsgebühr
Nr. 1007 VV RVG 250,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EURO
Zwischensumme 658,00 EURO 19 % Umsatzsteuer 125,02 EURO Summe 783,02
EURO
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Die Verfahrensgebühr in der ersten Instanz wurde gekürzt, da es sich um ein Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes gehandelt hatte. Der Urkundsbeamte hielt eine um
1/5 der Differenz zwischen Mittelgebühr (250,00 EURO) und Höchstgebühr gekürzte
Mittelgebühr für erstattungsfähig. Dies ergab einen Betrag von 208,00 EURO.
Außerdem wurden für das Aussetzungsverfahren unter Verweis auf § 16 Nr. 6 RVG
keine gesonderten Gebühren in Ansatz gebracht, weil dieses Verfahren zusammen mit
dem Beschwerdeverfahren als eine Angelegenheit betrachtet wurde. Für die Gebühren
im Beschwerdeverfahren wurde Nr. 3501 VV RVG für einschlägig gehalten, da das
Beschwerdeverfahren nicht zu den in der - vom Klägerbevollmächtigten als einschlägig
erachteten - Nr. 3204 VV RVG aufgeführten Verfahren gehöre. Hierfür gelte an sich eine
Mittelgebühr von 87,50 EURO, aufgrund des weit überdurchschnittlichen Umfangs und
der überdurchschnittlichen Schwierigkeit (neben der vierseitigen Erwiderung seien fünf
weitere Schriftsätze eingereicht worden), könne die Höchstgebühr von 160,00 EURO
angesetzt werden.
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Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 08.10.2007 Erinnerung eingelegt. Er ist
unter anderem der Auffassung, dass gerade im Bereich der Grundsicherung Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes noch wichtiger seien als das Hauptsacheverfahren.
Außerdem sei die Schwierigkeit seiner Tätigkeit nicht nur durchschnittlich gewesen.
Wenn der Gesetzgeber im Übrigen für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
eine gekürzte Gebühr gewollt hätte, hätte er dies - als er im Rahmen einer
Gesetzesänderung klarstellte, dass Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine
eigene Angelegenheit seien - ebenfalls geregelt. Außerdem bestünde ein
Ermessensspielraum des Rechtsanwalts von 20 bis 25 %. Er hielt das
Aussetzungsverfahren weiter für eine eigene Angelegenheit.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
verwiesen.
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II. Die Erinnerung ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
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Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die
Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte -
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG) sind bei der Bestimmung der
Rechtsanwaltsvergütung alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Bedeutung
der Angelegenheit, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers/Antragstellers zu
berücksichtigen. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG ist bei der Bemessung im Falle von
Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, das
Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Gebühren liegt im
pflichtgemäßen Ermessen des Anwalts. Unbilligkeit ist bei der Bemessung dann
anzunehmen, wenn die durch den Rechtsanwalt bestimmten Gebühren die nach
Ansicht des Gerichts angemessenen um mehr als 20% übersteigen (LSG Nordrhein-
Westfalen, Beschluss vom 29.01.2008, L 1 B 35/07 AS, LSG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 14.11.2007, L 10 KA 24/07).
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1. Die Verfahrensgebühr ist ausgehend von den obigen Maßgaben aus dem in Nr. 3102
VV RVG aufgeführten Gebührenrahmen zu bestimmen. Danach liegt die Mindestgebühr
bei 40,00 Euro und die Höchstgebühr bei 460,00 Euro mit der Folge, dass die
Mittelgebühr bei 250,00 EURO liegt. Vorliegend war diese Mittelgebühr nicht
anzusetzen. Zunächst ist festzuhalten, dass das Gericht grundsätzlich den
Ausführungen des Prozesbevollmächtigten folgt, dass es nicht gerechtfertigt ist, per se
bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Reduzierung der an sich zu
gewährenden Gebühr auf 2/3 vorzunehmen (zur grundsätzlichen Kürzung auf 2/3 siehe
aber LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.01.2008, a.a.O.). Denn gerade im
Bereich der Grundsicherungsleistungen (AS, SO) ist das Eilverfahren nicht selten von
erheblicher Bedeutung für die Antragsteller und nimmt auch nicht selten das
Hauptsacheverfahren vorweg, weil etwaige Probleme, die einer Leistungsgewährung
entgegenstehen, bereits im Eilverfahren behoben werden. Außerdem können auch
Eilverfahren mit viel Arbeit verbunden sein, wenn beispielsweise ein Termin mit
Zeugenvernehmung stattfindet oder in kürzester Zeit verschiedenste Unterlagen besorgt
und vorgelegt werden müssen. Wenn in solchen Fällen von der maximal anzusetzenden
Höchstgebühr pauschal ein Abschlag von 1/3 vorgenommen wird, weil es sich um ein
Verfahren des Eilrechtsschutzes handelt, wird dies dem mit dem Verfahren unter
Umständen verbundenen Aufwand nicht gerecht.
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Dies führt im vorliegenden Verfahren jedoch nicht zu einer Erhöhung der vom
Urkundsbeamten gewählten Gebühr. Denn auch unter Berücksichtigung der
vorstehenden Ausführungen hält das Gericht nur eine unter der Mittelgebühr liegende
Gebühr für angemessen. Die Mittelgebühr ist anzusetzen, wenn sich die Leistung im
Vergleich zur Gesamtheit der sozialgerichtlichen Verfahren insgesamt als
durchschnittlich erweist, mithin als "Normalfall" abbildet. Ein solcher "Normalfall" lag
hier nicht vor. Der Klägerbevollmächtigte hat in seiner Antragsschrift lediglich den - eher
einfach gelagerten - Sachverhalt geschildert, sowie in einem weiteren Schriftsatz
Kopien zur Gerichtsakte gereicht, um den Eilantrag in der ersten Instanz zu begründen.
Er hat sich nicht mit schwierigen rechtlichen oder tatsächlichen Fragen befasst und
konnte den Sachverhalt auch in einem recht kurzen Schriftsatz darstellen. Da eine
Entscheidung schon vor einer Antragserwiderung getroffen wurde, musste er sich auch
nicht mit irgendwelchen Argumenten der Gegenseite auseinandersetzen. Schließlich
war es wegen der schnellen Entscheidung des Gerichts auch nicht nötig, Akteneinsicht
zu nehmen. Aus diesem Grund wäre grundsätzlich nur eine Gebühr von 2/3 der
Mittelgebühr angemessen gewesen. Das Gericht hat diese jedoch - wie auch der
Urkundsbeamte - auf 208,00 EURO erhöht, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass
die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigen in erster Instanz mit dem Beschluss des SG
Aachen nicht beendet war. Denn da die Antragsgegnerin die Leistungen des
Antragstellers nicht auszahlte, mussten die Voraussetzungen für die Vollstreckung aus
dem Beschluss geschaffen werden. Aus diesem Grund ist für das Verfahren 1. Instanz
eine Gebühr von 208,00 EURO angemessen.
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Das Gericht konnte die Gebühr auch trotz eines Rechtsanwälten grundsätzlich
einzuräumenden Ermessensspielraums mit 208,00 EURO ansetzen. Denn wie der
Klägerbevollmächtigte zutreffend ausgeführt hat, läge dieser Ermessensspielraum
maximal bei 25 % (nach Auffassung des Gerichts eher bei 20 %) und wurde bei einem
Gebührenansatz von 350,00 EURO somit überschritten.
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2. Für das Beschwerdeverfahren vor dem LSG Nordrhein-Westfalen ist die Gebühr nach
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Nr. 3501 VV RVG zu bestimmen. Nr. 3501 VV RVG eröffnet einen Betragsrahmen von
15,00 bis 160,00 EUR als Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in den Verfahren
Betragsrahmengebühren entstehen, soweit in diesem Abschnitt keine besonderen
Gebühren bestimmt sind. Der genannte Abschnitt ist der 5. Abschnitt des 3. Teils des
Vergütungsverzeichnisses und ist näher bezeichnet mit "Beschwerde,
Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung". Bei dem Verfahren, um das es hier geht,
handelte es sich um ein Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz vor einem
Gericht der Sozialgerichtsbarkeit, nämlich dem LSG Nordrhein-Westfalen. Im 5.
Abschnitt 5 des VV RVG gibt es auch keine besondere Gebühr für dieses Verfahrensart.
Eine Anwendung der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers für zutreffend
gehaltenen Nr. 3204 VV RVG kommt nicht - auch nicht entsprechend - in Betracht. Die
in Abschnitt 5 geregelten Gebühren, zu denen auch die angewandte Nr. 3501 gehört,
entstehen gemäß Vorbemerkung 3.5 dann nicht, wenn es um die in Vorbemerkung 3.1
Abs. 2 und Vorbemerkung 3.2.1 genannten Beschwerdeverfahren geht. Vorbemerkung
3.1 Abs. 2 nennt das hier nicht einschlägige Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 1065
Zivilprozessordnung (ZPO). Vorbemerkung 3.2.1 führt die verschiedensten speziellen
Verfahrensarten auf, ohne jedoch irgendwelche Verfahren vor den Sozialgerichten zu
nennen. Im Abschnitt 2 des Teils 3 der VV RVG, der nach seiner Überschrift "Berufung,
bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht" behandelt, findet sich
bei den geregelten Gebührentatbeständen zwar die Ziff. 3204, die sich auf die
Sozialgerichtsbarkeit bezieht. Diese Verfahrensgebühr, gilt zwar "für Verfahren vor den
Landessozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen". Diese
Verfahrensart ist jedoch in der Vorbemerkung 3.2.1 nicht genannt. Deshalb ist der 5.
Abschnitt und die darin enthaltene Nr. 3501 VV RVG vorrangig (SG Düsseldorf,
Beschluss vom 26.10.2007, S 29 SO 79/05 ER). Der Vollständigkeit halber sei darauf
hingewiesen, dass in der Rechtsprechung bei Beschwerden in Eilverfahren - soweit
ersichtlich einhellig - Nr. 3501 VV RVG für einschlägig erachtet wird (LSG Hamburg,
Beschluss vom 28.11.2007, L 5 B 398/05 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
30.10.2007, L 9 B 114/07 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.09.2007, L
20 B 137/07 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.10.2006, L 12 B 16/07
AS; SG Würzburg, Beschluss vom 22.08.2007, S 9 AS 341/06.ER.Ko).
Bezüglich der Höhe der anzusetzenden Gebühr (160,00 EURO) folgt das Gericht den
Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.09.2007. Das gilt auch für die
Erledigungsgebühr.
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3. Der Klägerbevollmächtigte hat des weiteren Anspruch auf eine gesonderte Gebühr für
das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses vom 28.11.2006 (bzw.
aus Sicht des Antragstellers auf Aufrechterhaltung der Vollziehung).
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Gemäß § 16 Nr. 6 RVG sind das Verfahren über einen Antrag auf Anordnung eines
Arrests, einer einstweiligen Verfügung, auf Erlass einer einstweiligen oder vorläufigen
Anordnung, auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, auf
Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines
Verwaltungsakts und jedes Verfahren auf deren Abänderung oder Aufhebung dieselbe
Angelegenheit. Ein Verfahren, die sofortige Vollziehung eines Beschlusses
auszusetzen, ist keines der in § 16 Nr. 6 RVG aufgezählten Verfahren. Dort ist lediglich
ein Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts geregelt. Um
die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts ging es im hiesigen Rechtsstreit
jedoch nicht. Es ging um die Aussetzung der Vollziehung eines Beschlusses, weshalb
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Ziffer § 16 Nr. 6 RVG nicht einschlägig ist. Es ist auch keine andere Ziffer aus § 16 RVG
einschlägig.
Kostenrechtlich ist weitestgehend anerkannt, dass das Verfahren auf Aussetzung der
Vollstreckung eines erstinstanzlichen Urteils unabhängig vom Verfahren der
Hauptsache einen eigenständigen prozessualen Kostenerstattungsanspruch der
Beteiligten gegeneinander auslöst (Bayerisches LSG, Beschluss vom 16.07.1996, L 1
An 90/95, Leiterer, SGG 8. Auflage, § 199 Rn. 7). Aus diesem Grund hat auch das LSG
Nordrhein-Westfalen im hiesigen Verfahren auf den entsprechenden Antrag des
Klägerbevollmächtigten die Kosten des Aussetzungsverfahrens der Antragsgegnerin
auferlegt. Das spricht dafür, das Verfahren auf Aussetzung der Vollstreckung eines
erstinstanzlichen Urteils und in entsprechender Weise auch das Verfahren, die
Vollziehung eines Beschlusses auszusetzen als eigenständiges Verfahren zu
betrachten, da es keinen Sinn machen würde, eine separate Kostenentscheidung zu
treffen, wenn auf Basis dieser Kostenentscheidung letztlich unter Berufung auf den
Tatbestand des § 16 Nr. 6 RVG gar keine Kosten gelten gemacht werden könnten.
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Als Gebührentatbestand ist auch hier VV 3501 einschlägig. Bezüglich der Höhe der
Gebühr hält das Gericht einen Betrag von 30,00 EURO für angemessen. Der
Klägerbevollmächtigte hat in seinem ursprünglichen Antrag auf Kostenfestsetzung
selbst ausgeführt, dass die Sache "nicht so kompliziert" war". Tatsächlich beschränkte
sie sich darauf, im Rahmen der wegen des Beschwerdeverfahrens ohnehin
anzufertigenden Beschwerdebegründung zu beantragen, den Antrag auf Aussetzung
der Vollziehung zurückzuweisen. Eine speziell diesen Antrag betreffende Begründung
erfolgte nicht, weshalb nur ein gering über der Mindestgebühr liegender Betrag
gerechtfertigt ist.
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Hieraus ergibt sich folgende Kostenaufstellung:
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Verfahren vor dem SG Aachen
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 208,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
RVG 20,00 EURO Aussetzungsverfahren beim LSG NRW
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Verfahrensgebühr Nr. 3501 VV RVG 30,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV
RVG 20,00 EURO Beschwerdeverfahren beim LSG NRW
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Verfahrensgebühr Nr. 3501 VV RVG 160,00 EURO Einigungs- oder Erledigungsgebühr
Nr. 1007 VV RVG 250,00 EURO Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EURO
Zwischensumme 708,00 EURO 19 % Umsatzsteuer 134,52 EURO Summe 842,52
EURO
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