Urteil des SozG Aachen vom 06.05.2002

SozG Aachen: therapie, ärztliche behandlung, ambulante behandlung, krankenkasse, hauptsache, versorgung, empfehlung, ausschluss, abgabe, vertragsarzt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Sachgebiet:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Rechtskraft:
Sozialgericht Aachen, S 6 KR 30/02 ER
06.05.2002
Sozialgericht Aachen
6. Kammer
Beschluss
S 6 KR 30/02 ER
Krankenversicherung
rechtskräftig
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnungn bis
Anschluss des angekündigten erstinstanzlichen Klageverfahrens
verpflichtet, den Antragsteller bzw. den behandelnden Nuklearmediziner
T gegenüber der Firma B U GmbH & Co. KG T1, von den Kosten des
Arzneimittels "000-T2 " für maximal 10 Verabreichungen freizustellen.
Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des
Antragstellers. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu
erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit einer unverzüglichen
Arzneimittelversorgung des Antragstellers (ASt) mit dem vom Beigeladenen 3)
hergestellten und arzneimittelrechtlich zugelassenen apothekenpflichtigen Arzneimittel
"000-T2" (offenes Radionuklid). Der ASt leidet an Morbus Bechterew - Stadium III - und ist
seit 9 Monaten arbeitsunfähig krank. Laut Gutachten des MDK(Medizinischer Dienst der
Krankenversicherung)-Arztes Dr. U1 vom 19.12.2001 ist nach erfolgloser
schmerztherapeutischer Behandlung die vom behandelnden Nuklearmediziner T mit
Arztbrief vom 19.10.2001 an den behandelnden Rheumatologen Dr. X befürwortete
Radium-224-Therapie medizinisch indiziert.
Den Kostenübernahmeantrag für eine Behandlung mit "000-T2" des Nuklearmediziners T
vom 16.10.2001 lehnte die Antragsgegnerin (AG) mit Bescheid vom 03.12.2001 und
Widerspruchsbescheid vom 09.04.2002 aus rechtlichen Gründen ab, weil das unter
Auflagen - unter anderem Vorlage einer klinischen Studie Phase 111 binnen fünf Jahren -
vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassene "000-T2"
noch nicht abschließend erprobt und eine Erprobung zu Lasten des
Krankenversicherungsträgers unzulässig sei. Als ärztliche Behandlung unter Anwendung
eines Arzneimittels stehe die Behandlung als neue Behandlungsmethode unter dem
Vorbehalt einer Empfehlung durch den Beigeladenen 2); mangels einer entsprechenden
Gebührenposition im EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) sei die vertragsärztliche
ambulante Behandlung mit "000-T2" nicht abrechnungsfähig.
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Mit seinem am 20.02.2002 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
verweist der ASt auf folgendes:
- Eine Behandlung mit dem einzigen zur Behandlung seines Morbus Bechterew in Betracht
kommenden Basistherapeutikums "000-T2" sei eilbedürftig, weil er vor Schmerzen "die
Wände hochgehe" und sich sein Gesundheitszustand ohne die begehrte Radionuklid-
Therapie dramatisch verschlechtere; die Behandlung sei die einzige für ihn
erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit.
- Es handele sich bei "000-T2" um ein nach den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes
(AMG) durch Bescheid des BfArM vom 23.10.2000 nach Anhörung der
Strahlenschutzkommission - Stellungnahme vom 23., 24.04.1998 (152. Sitzung) -
zugelassenes Arzneimittel.
- Das Arzneimittel dürfe laut Beschluss des Länderausschusses für Atomenergie
Fachausschuss Strahlenschutz - vom 28.02./01.03.2000 ambulant verabreicht werden.
- Bei der Verabreichung durch einen Vertragsarzt handele es sich nach
arzneimittelrechtlicher Zulassung nicht um eine "neue" Behandlungsmethode, die einer
Prüfung durch den Beigeladenen 2) bedürfe.
- Die fehlende Erfassung einer Behandlung des Morbus Bechterew mit dem offenen
Radionuklid "000-T2" im Kapitel T (Strahlentherapie) V (Anwendung offener Radionuklide)
des EBM stehe der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegen, denn die hier geregelte
Verbindung von ärztlicher Leistung und aufgewandten Radionukliden sei dem
Bewertungsausschuss - dem Beigeladenen 1) - nicht zwingend vorgegeben, was der
Entwurf des EBM-Plus (Stand: 27.10.2000) mit getrennter Berechnung von Radionukliden
befege.
- Die Injizierung des Radionuklids könne unter der EBM-Gebührenposition Nr. 4
(Konsiliarpauschale) abgerechnet werden.
Zur Stützung seines Vorbringens legt er vor:
1. Zulassungsbescheid des BfArM vom 23.10.2000,
2. Monographie (224-Ra) Radiumchlorid Bundesgesundheitsamt Bundesanzeiger vom
21.11.1992, Seite 8827,
3. Therapie mit Ra-224-Radiumchlorid, Stellungnahme Strahlenschutzkommission vom
23./24.04.1 998,
4. Bundesamt für Strahlenschutz, Nuklearmedizinische Therapie mit Ra-224-
Radiumchlorid,
5. Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin, Entwurf: Stand 03.09.2001,
6. Niedersächsisches Umweltministerium, Durchführung der Strahlenschutzverordnung
(StrISchV) Therapie mit Ra-224-Radiumchlorid,
7. Stellungnahme Einordnung von 000-T2",
8. Braun u.a., Therapie der ankylosierenden Spondyli-tis (AS) mit Radiumchlorid (000-T2),
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Z Rheumatol. 2001, Seite 74, 76,
9. Reiners, Braun u.a., Therapie der Spondylitis ankylosans mit (224-Ra)-Radiumchlorid,
Der Nuklearmediziner/ Seite 105, 109,
10.Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumathologie zur Therapie der
ankyosierenden Spondylitis (AS) mit Radiumchlorid (000-T2), Z Rheumatot.60: 84-87
(2001), Seite 84,
11.Schreiben des Nuklearmediziners T vom 21.03.2002,
12.Schreiben der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, Prof. Dr. C, vom 04.02.2002,
13.Schreiben der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e.V. vom 21.11.2001 und
14.Schreiben der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin vom 24.01.2001.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des
angekündigten erstinstanzlichen Klageverfahrens zu verpflichten, den Antragsteller bzw.
den behandelnden Nuklearmediziner T gegenüber der Firma B U GmbH & Co. KG, T1, von
den Kosten des Arzneimittels "000-T2" für maximal 10 Verabreichungen freizustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf den Inhalt der von ihr erteilten Bescheide und stützt sich insbesondere
auf die von ihr vorgelegte Grundsatzstellungnahme des MDS (Medizinischer Dienst der
Spitzenverbände), Apotheker X/Orthopädin Dr. F, vom Juni 2001. Nach ihrer Auffassung
müsse für eine Leistungserbringung zu ihren Lasten eine Empfehlung des Beigeladenen 2)
ergehen oder aber eine entsprechende Gebührenposition in den EBM aufgenommen
werden. Die nur unter Auflagen erteilte Arzneimittelzulassung des "000-T2" sei keine
endgültige und setze u.a. noch eine klinische Erprobung innerhalb von fünf Jahren voraus.
Die Behandlung mit "000-T2" beinhalte erhebliche gesundheitliche Risiken, u.a.
Knochenkrebs- oder Leukämie-Erkrankung, sodass eine Abgabe an Versicherte zu Lasten
der Krankenkassen derzeit nicht vertretbar sei.
Zur Stützung ihrer Rechtsauffassung legt sie vor:
- Stellungnahme des Beigeiadenen 2) vom 07.07.2000,
- Aufsatz Doring et alt, Morbus Bechterew: Aktueller Stand der Diagnostik und Therapie für
die ambulante Betreuung, internist. prax. 42 (2202), 87 ff.,
- arzneimitteltelegramm, 31 (2000), 70 f ...
Sie hat sich - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht -mit einer Abrechnung der
vertragsärztlichen Leistung - Injizieren des Radionuklids - über die EBM-Ziffer 1 -
Ordinationsgebühr - einverstanden erklärt:
Der Beigeladene 1) schließt sich der Auffassung der AG an und verweist insbesondere
darauf, dass entsprechend der Beratung in der 210. Sitzung am 13.11.2001 ohne
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entsprechende Leistungsposition im EBM die Behandlung mit "000-T2" nicht abgerechnet
werden könne; erst nach Prüfung und Empfehlung durch den Beigeladenen 2) könne der
Bewertungsausschuss über die Aufnahme einer eigenständigen Leistungsposition beraten
und beschließen.
Der Beigeladene 2) verneint eine Befugnis des Bewertungsausschusses, das "ob" und
"wie" der Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln zu regeln. Da es sich um ein
zugelassenes Fertigarzneimittel handele, greife nicht der Erlaubnisvorbehalt des § 135
Abs. 1 SGB V für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ein, weil es nicht
Aufgabe des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen sei, ein zugelassenes
Arzneimittel einer nochmaligen gesonderten Begutachtung zu unterziehen. Jedoch
verstoße die Verabreichung des "000-T2" gegen Ziff. 12 S. 3 und Ziff. 13 S. 2 der
Arzneimittelrichtlinien (AMR), denn im Hinblick auf die noch ausstehende klinische Studie
Phase Ill und dem noch fehlenden erfolgreichen Abschluss des Zulassungsverfahrens
liege eine Erprobung vor und sei der ausreichend sichere therapeutische Nutzen noch
offen.
Die Beigeladene 3) schließt sich der Auffassung des ASt an. Sie verweist auf die
arzneimittelrechtliche Zulassung des von ihr hergestellten Medikaments. Seit der
Zulassung seien 320 Patienten " etwa 25 % bis 30 % des in Betracht kommenden Pools
behandlungsgeeigneter Patienten - mit "000-T2" behandelt worden. Es gebe
Krankenkassen, welche die Kosten übernähmen.
Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung der Auskunft der Firma Pharmazeutische
Großhandlung P H, B, vom 14.03.2002 und der Auskunft des Nuklearmediziners T vom
15.04.2002, der sich einverstanden erklärt hat, die vertragsärztliche Verabreichung des
"000-T2" über die EBM-Ziff, 1 - Ordinationsgebühr -abzurechnen.
II.
Der nach § 86 b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.
Eine sog. Regelungs-Anordnung ist danach zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in
Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Bedenken gegen die Anordnungs-
Zulässigkeit wegen der Vorwegnahme des Ergebnisses in der Hauptsache greifen nicht
durch, denn ohne die beantragte Eilentscheidung drohen dem ASt schlechthin
unzumutbare Nachteile und eine im etwaigen Hauptverfahren erhobene Klage wird mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Rn 23 a zu §
97 m.w.N.). Mangels eines Alternativ-Basistherapeutikums kann dem ASt medizinisch nur
mit der Verabreichung des "000-T2" geholfen werden. Im Hinblick auf die Schwere seiner
Erkrankung und die glaubhaften chronischen Schmerzen sowie die glaubhafte Gefahr einer
nicht wieder gutzumachenden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes sind
schlechthin unzumutbare Nachteile insgesamt glaubhaft. Im Hinblick auf einen, für eine
Vorfinanzierung der ca. EUR 4.100,- betragenden Arzneimittelkosten dem ASt monatlich
zur Verfügung stehenden Betrag von EUR 000,- ist dieser zu einer Vorfinanzierung außer
Stande. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Klageerfolgs in der Hauptsache ergibt
sich aus den Ausführungen zum Anordnungsanspruch.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrunds -
Eilbedürftigkeit der Entscheidung - , wobei sich die Anforderungen an den
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Anordnungsgrund wegen der überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache
ohnehin mindern (LSG Nds SGb 1999, 254 f.).
Auch die Voraussetzungen des erforderlichen Anordnungsanspruchs liegen vor.
Bei summarischer Abwägung des öffentlichen Interesses der AG an der Aufrechterhaltung
ihrer Leistungsablehnung mit den privaten Interessen des ASt an schnellstmöglicher
medizinischer Arzneimittelversorgung unter Einbeziehung der Erfolgsaussichten einer
Klage in der Hauptsache und sonstiger zu beachtender Folgen ist der Anspruch auf
sofortige Arzneimittelversorgung mit "000-T2" begründet. Das öffentliche Interesse der AG
ist es, die Solidargemeinschaft der Versicherten vor ungerechtfertigten Kosten zu bewahren
und die Versicherten vor nicht abzuschätzenden Gesundheitsrisiken zu schützen. Dem
Kostengesichtspunkt ist der nach § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. 945 der
Zivilprozessordnung gegebenenfalls zustehende Schadensersatzanspruch der AG gegen
den ASt entgegenzuhalten, dessen Verwirklichung mit Rücksicht auf die dem ASt
zustehenden Lohnersatzleistungen nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Beachtliche,
eine Leistungsverweigerung rechtfertigende Gesundheitsrisiken bestehen im Hinblick auf
die arzneimittelrechtliche Zulassung des "000-T2" nicht, denn entsprechend seinem
Gesetzesauftrag hat das BfArM dessen Wirkungsweise, Wirksamkeit und Qualität unter
Abwägen von Nutzen und Risiko geprüft und die Zulassung unter Auflagen
ausgesprochen. Dass die zu beachtenden Zulassungsauflagen bei Anwendung des "000-
T2" beim ASt erfüllt werden, ist unstreitig.
Das private Interesse des ASt an sofortiger Arzneimittelversorgung ist offenkundig und
bedarf keiner Erörterung.
Bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten der angekündigten Klage in der
Hauptsache ist ein Erfolg so wahrscheinlich, dass das öffentliche Interesse der AG an einer
Leistungsverweigerung zurücktreten muss. Im Kern geht es um die Streitfrage, ob bei der
Versorgung eines Krankenkassen-Patienten mit einem arzneimittelrechtlich zugelassenen
Arzneimittel seitens der Krankenkasse noch eine Prüfung und eine
Genehmigung/Versagung der vertragsärztlichen Arzneimittelverordnung zulässig sind, was
vom erkennenden Kammervorsitzenden verneint wird. Entsprechend dem in §§ 11 Abs. 1
S. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 u. Abs. 2 Nr. 3, 31 Abs. 1, 34 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - 5.
Buch/Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V -geregelten System der
Arzneimittelversorgung haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit
apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese nicht nach § 34 ausgeschlossen sind;
nach § 29 Abs. 1 S. 2 des Manteltarifvertrags-Ärzte ist die Genehmigung von
Arzneimittelverordnungen durch die Krankenkasse unzulässig. Das bedeutet, dass die
Krankenkasse insoweit keine Regelungsmacht hat. Der Versicherte erhält gegen Vorlage
der vertragsärztlichen Arzneimittelverordnung zu Lasten der Krankenkasse das verordnete
"apothekenpflichtige" Arzneimittel; die Krankenkasse hat allenfalls die Möglichkeit, im
Wege des Arzneimittelkostenregresses, z.B. wegen Verstoß gegen die AMR, einen
Schadensersatz zu erlangen (BSG Urt. v. 28.03.00 - B 1 KR 21/99 R -, "ASi"). Die Frage, ob
eine vertragsärztliche Verordnung von "000-T2" mit den AMR vereinbar ist, ist für den
Anspruch des Versicherten auf Arzneimittelversorgung ohne Bedeutung. Im Übrigen ist ein
Verstoß gegen Ziff. 12 S. 3 und Ziff. 13 S. 2 AMR entgegen dem Vorbringen des
Beigeladenen 2) nicht gegeben, denn bei der Abgabe des arzneimittelrechtlich
zugelassenen "000-T2" an den ASt handelt es sich, da er es nicht im Rahmen einer Studie,
sondern entsprechend der Arzneimittel-Zulassung als apothekenpflichtiges Arzneimittel
erhält, gerade nicht um eine Erprobung; der ausreichend sichere therapeutische Nutzen ist
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im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Prüfung vom BfArM bejaht worden für den Fall der
Verabreichung unter Einhaltung der in der Zulassung enthaltenen Auflagen.
Die Abgabe des "000-T2" steht nicht unter dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 SGB
V, denn es handelt sich nicht um eine neue Behandlungsmethode. Mit der
arzneimittelrechtlichen Zulassung, auch wenn sie unter Auflagen erfolgt ist, ist das von der
Beigeladenen 3) hergestellte "000-T2" nicht mehr neu, ebenso wie eine in den EBM
aufgenommene vertragsärztliche Behandlungsmethode nicht mehr neu ist. Bei
vertragsärztlicher ambulanter Behandlung mit Pharmakotherapie verbleibt dem
Beigeladenen 2) nur bei zulassungsfreien Rezepturarzneimitteln eine Prüfungskompetenz,
denn bei zugelassenen Fertigarzneimitteln ist der Nachweis der Unbedenklichkeit und der
Wirksamkeit des Medikaments nach der Gesetzessystematik im arzneimittelrechtlichen
Zulassungsverfahren und nicht im Wege der Zertifizierung durch den Beigeladenen 2) zu
führen (BSG Urt. v. 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R - It. Presse-Mitteilung Nr. 16/02).
Die fehlende Aufnahme der vertragsärztlichen ambulanten Behandlung mit "000-T2" in den
EBM, insbesondere in Kapitel T "Strahlentherapie" V "Anwendung offener Radionuklide"
steht einer Verabreichung des "000-T2" im Rahmen vertragsärztlicher Behandlung zu
Lasten der AG nicht entgegen. Der Ausschluss einer Pharmakotherapie mit
arzneimittelrechtlich zugelassenem Fertigarzneimittel ist durch die Ermächtigung des
Bewertungsausschusses - des Beigeladenen 1) - in § 87 Abs, 1 SGB V nicht gedeckt, denn
dieser hat das "ob" und "wie" der Arzneimittelversorgung nicht zu bewerten; gemäß § 87
Abs. 2 SGB V ist es seine Aufgabe, im EBM den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen
und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander zu bestimmen (vgl.
auch BSG, Urt. v. 13.11.1996 " 6RKa31/95 - ). Ein solcher Ausschluss wäre auch system-
und gesetzeswidrig, denn bei Arzneimitteln ist der Ausschluss gemäß § 34 SGB V nur
durch Rechtsverordnung vorgesehen (BSG, Urt. v. 30.09.1999 - B 8 KN 9/98 KR R -
"SKAT"). Selbst wenn dem Beigeladenen 1) ein Prüfungsrecht zugebilligt würde, wäre ein
Ausschluss der Pharmakotherapie mit "000-T2" durch Nichtaufnahme einer
entsprechenden Gebührenposition rechtswidrig. Die Grenzen der den Beigeladenen 1)
eingeräumten Gestaltungs -und Entscheidungsfreiheit wären überschritten, wenn er trotz
positiver Richtlinien-Empfehlung gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V keine
Leistungsposition für den Einsatz einer bestimmten Untersuchungs- oder
Behandlungsmethode schafft (BSG, a.a.O.); Gleiches müsste gelten, wenn er trotz
arzneimittelrechtlicher Zulassung eines weiteren offenen Radionuklids für eine bestimmte
Indikation den entsprechenden Gebührenabschnitt nicht erweitert.
Bei einer Abgabe des "000-T2" nach § 47 AMG an den Vertragsarzt ist nach dem
Krankenversicherungsrecht der zulässige Leistungserbringer nicht der pharmazeutische
Hersteller, sondern allein der Arzt (BSG, Urt. v. 28.03.2000 - B 1 KR 21/90 R - "ASF).
Entsprechend den Vorschriften über die vertragsärztliche Behandlung - kostenfreie
Behandlung gegen Vorlage der Krankenversichertenkarte - ist deshalb die Verpflichtung
der AG auszusprechen, den Vertragsarzt T gemäß § 257 Bürgerliches Gesetzbuch - im
öffentlichen Recht entsprechend anwendbar - von der Verpflichtung gegenüber der
Beigeladenen 3} freizustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des begründeten Antrags folgt aus entsprechender
Anwendung der §§ 183, 193, SGG.