Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

OVG Schleswig-Holstein: satzung, gemeinde, umbau, erneuerung, bemessung der beiträge, juristische person, fahrbahn, durchgangsverkehr, bekanntmachung, grundstück

Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 KN 2/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 KAG SH, § 1 KAG SH, §
2 KAG SH
(keine Pflicht zur Steuerfinanzierung des Straßenausbaus;
Verfassungsmäßigkeit von KAG SH § 8; Bemessung des
Anliegervorteils, der zur Ausbaubeitragspflicht führt;
gerichtlicher Prüfungsumfang bei
Gemeindeanteilsfestsetzung als Gesetzgebungsakt; Pflicht
zur Festlegung von Mindestsätzen)
Leitsatz
1. Die Finanzierungsprinzipien der Kommunalverfassung stehen der Auffassung
entgegen, Straßenausbau müsse generell aus Steuern finanziert werden.
2. Die Vorschrift des § 8 KAG - eine der maßgeblichen Rechtsgrundlagen für
Straßenausbaubeitragssatzungen - verstößt nicht gegen das aus dem
Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Bestimmtheitsgebot bzw. Gebot der Normenklarheit.
3. Mit der Anknüpfung an den Vorteil als Voraussetzung für die Beitragserhebung wird
dem Charakter des kommunalen Beitrags als Entgeltabgabe Rechnung getragen. Der
unbestimmte Rechtsbegriff des "Vorteils" ist in den Kommunalabgabengesetzen der
Länder weit verbreitet und in ständiger Rechtsprechung anerkannt und näher definiert.
4. Es ist nicht zu beanstanden, dass § 8 KAG nicht regelt, nach welchen Maßgaben im
Einzelnen die Anliegervorteile zu bemessen sind und wie diese von den Vorteilen der
Allgemeinheit abzugrenzen sind. Bestimmungen dazu sind von den Körperschaften, die
nach § 1 KAG zur Erhebung von Abgaben berechtigt sind, in die nach § 2 KAG
erforderlichen Satzungen aufzunehmen.
5. Bei Vorliegen einer beitragsfähigen Maßnahme ergibt sich aus der Beziehung zur
Einrichtung der Kreis derjenigen, denen durch die Herstellung, die Erneuerung oder den
Umbau Vorteile erwachsen.
6. Die Festsetzung des Gemeindeanteils ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie
kann deshalb wie jeder andere Gesetzgebungsakt gerichtlich nur darauf überprüft
werden, ob die Gemeinde den durch das KAG und das dadurch begründete
Vorteilsprinzip der Ausübung ihres gesetzgeberischen Ermessens gesteckten Rahmen
überschritten hat.
7. Es ist fraglich, ob dem abgabenrechtlichen Vorteilsprinzip eine von Beitragspflichtigen
einklagbare Verpflichtung der Gemeinde entnommen werden kann, Mindestsätze der
Anliegeranteile festzulegen. Jedenfalls verstoßen ein Anteilssatz von 53 v.H. für
Anliegerstraßen - und daran orientierte Anteilssätze für die anderen Straßenarten -
(noch) nicht gegen das Vorteilsprinzip.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Den Antragstellern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die
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in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die
Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die drei Antragsteller begehren in einem Normenkontrollverfahren die Feststellung
der Unwirksamkeit der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von
Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von
Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 25.06.2009.
Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Allgemeines
Zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und
den Umbau
a) von vorhandenen Ortsstraßen im Sinne des § 242 BauGB,
b) von nach den §§ 127 ff. BauGB erstmalig hergestellten Straßen, Wegen und
Plätzen und
c) von nicht zum Anbau bestimmten Straßen, Wegen und Plätzen
als öffentliche Einrichtung erhebt die Gemeinde Beiträge von den
Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern oder an deren Stelle
von den zur Nutzung an diesen Grundstücken dinglich Berechtigten, denen die
Herstellung, der Ausbau, die Erneuerung und der Umbau Vorteile bringt.
§ 4
Vorteilsregelung, Gemeindeanteil
(1) Von dem beitragsfähigen Aufwand (§ 2) werden folgende Anteile auf die
Beitragspflichtigen umgelegt (Beitragsanteil)
1. für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau der Fahrbahn
(§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 a), für Radwege (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 e) sowie für Böschungen,
Schutz-, Stützmauern und Bushaltebuchten (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 h) u. i)) an Straßen,
Wegen und Plätzen,
a) die im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienen (Anliegerstraßen), bis zu
einer Fahrbahnbreite von 7,00 m,
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v.H.
b) die im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienen
(Haupterschließungsstraßen), bis zu einer Fahrbahnbreite von 10,00 m,
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v.H.
c) die im Wesentlichen dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder
überörtlichen Durchgangsverkehr dienen (Hauptverkehrsstraßen), bis zu einer
Fahrbahnbreite von 20,00 m,
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v.H.
2. für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau der übrigen
Straßeneinrichtungen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 b, c, d und g sowie Ziff. 4 und 5) an
Straßen, Wegen und Plätzen,
a) die im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienen (Anliegerstraßen),
53
v.H.
b) die im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienen
(Haupterschließungsstraßen),
35
v.H.
c) die im Wesentlichen dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder
überörtlichen Durchgangsverkehr dienen (Hauptverkehrsstraßen),
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v.H.
3. für die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von
kombinierten Geh- und Radwegen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 f) an Straßen, Wegen und
Plätzen,
a) die im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienen (Anliegerstraßen),
53
v.H.
b) die im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienen
(Haupterschließungsstraßen),
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v.H.
c) die im Wesentlichen dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder
überörtlichen Durchgangsverkehr dienen (Hauptverkehrsstraßen),
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v.H.
4. für den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen zu Mischflächen sowie den
Ausbau und die Erneuerung von vorhandenen Mischflächen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 6),
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a) die im Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienen (Anliegerstraßen),
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b) die im Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienen
(Haupterschließungsstraßen),
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v.H.
c) die im Wesentlichen dem durchgehenden innerörtlichen oder überörtlichen
Durchgangsverkehr dienen (Hauptverkehrsstraßen),
20
v.H.
5. für den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen zu Fußgängerzonen sowie
den Ausbau und die Erneuerung vorhandener Fußgängerzonen (§ 2 Abs. 1 Ziff.
6)
40
v.H.
6. für den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen zu verkehrsberuhigten
Bereichen sowie den Ausbau und die Erneuerung von vorhandenen
verkehrsberuhigten Bereichen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 6)
53
v.H.
Straßen und Wege, die nicht zum Anbau bestimmt sind (Außenbereichsstraßen),
a) die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen und keine
Gemeindeverbindungsfunktion haben (Wirtschaftswege im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr.
4 a StrWG), werden den Anliegerstraßen gleichgestellt (Abs. 1 Ziff. 1 a, 2 a, 3 a, 4
a),
b) die überwiegend der Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrswegen
innerhalb des Gemeindegebietes dienen (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 b 2. Halbsatz StrWG),
werden den Haupterschließungsstraßen gleichgestellt (Abs. 1 Ziff. 1 b, 2 b, 3 b, 4
b),
c) die überwiegend dem Verkehr zu und von Nachbargemeinden dienen (§ 3 Abs.
1 Nr. 3 b 1. Halbsatz StrWG), werden den Hauptverkehrsstraßen gleichgestellt
(Abs. 1 Ziff. 1 c, 2 c, 3 c, 4 c).
(1) Grunderwerb, Freilegung und Möblierung (§ 2 Abs. 1 Ziff. 1, 2 und 7) werden
den beitragsfähigen Teilanlagen bzw. Anlagen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 3 bis 6)
entsprechend zugeordnet.
(2) Endet eine Straße oder ein Weg mit einem Wendeplatz oder sind
Abbiegespuren angelegt, so vergrößern sich dafür die in Abs. 1 Ziff. 1
angegebenen Maße um die Hälfte, im Bereich eines Wendeplatzes auf mindestens
18 m.
Die Maße gelten nicht für Aufweitungen im Bereich von Einmündungen.
(3) Die Anteile am beitragsfähigen Aufwand, die nicht nach Abs. 1 umgelegt
werden, werden als Abgeltung des öffentlichen Interesses von der Gemeinde
getragen (Gemeindeanteil).
§ 5
Abrechnungsgebiet
(1) Das Abrechnungsgebiet bilden die gesamten Grundstücke, denen von der
Straße, dem Weg oder Platz als öffentlicher Einrichtung (§ 1) Zugangs- oder
Anfahrmöglichkeit verschafft wird (erschlossene Grundstücke im weiteren Sinne).
(2) Wird ein Abschnitt gebildet, so besteht das Abrechnungsgebiet aus den durch
den Abschnitt erschlossenen Grundstücken.
§ 14
Inkrafttreten
(1) Die Satzung tritt zum 1. Juli 2009 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Satzung vom 25.01.2007, zuletzt geändert durch Satzung
vom 08.02.2008, außer Kraft.
(3) Soweit Beitragsansprüche nach den bisher geltenden Satzungsregelungen
entstanden sind, gelten die bisherigen Regelungen weiter.
Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der
Antragsgegnerin. Die Straßen Bergedorfer Weg, Am Stadtpark und Höppnerallee,
an denen ihre Grundstücke liegen, stehen in den nächsten Jahren zur Sanierung
bzw. zum Ausbau an.
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Die Antragsgegnerin machte die Straßenbaubeitragssatzung bekannt, indem sie
den Satzungstext am 25.06.2009 auf ihrem Webserver veröffentlichte, allerdings
unter Angabe eines falschen Ausfertigungsdatums. Die Veröffentlichung des
Hinweistextes in der Bergedorfer Zeitung erfolgte aufgrund eines Versehens erst
am 04.09.2009. Die Antragsgegnerin machte die Straßenbaubeitragssatzung
vorsorglich mit unverändertem Inhalt erneut bekannt, änderte am 11.12.2009 die
Datei auf ihrem Webserver und ließ den Hinweistext in der Zeitung am 16.12.2009
abdrucken.
Am 11.11.2009 haben die Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht einen
Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung tragen sie vor:
Die Straßenbaubeitragssatzung sei unwirksam, weil sie nicht klar regele, welche
Vorteile zur Beitragspflicht von Grundstückseigentümern führten. Auch sei offen,
wie die Vorteile zu bemessen seien und wie sie sich von denen der übrigen
Straßennutzer unterschieden. Deshalb verstoße die Straßenbaubeitragssatzung
gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit und gegen das
Gleichbehandlungsgebot.
Zudem sei die Straßenbaubeitragssatzung nichtig, weil sie nicht auf einer gültigen
Rechtsgrundlage erlassen sei. § 8 KAG sei ebenfalls wegen Verstoßes gegen das
Bestimmtheitsgebot nichtig, weil auch hier der Vorteilsbegriff, der zu einer
Beitragspflicht führe, nicht definiert sei.
Grundstückseigentümer hätten - anders als bei Erschließungsmaßnahmen, die zur
Bebaubarkeit eines Grundstücks führten - durch Straßenausbaumaßnahmen
keinerlei messbaren wirtschaftlichen Vorteil. Die pauschale Vorteilsbemessung z.B.
mit 53 % für die Grundstückseigentümer an einer Anliegerstraße für die
Fahrbahnerneuerung sei willkürlich. So habe sie in der Vergangenheit im Gebiet
der Antragsgegnerin 75 % und von 2007 bis zum Inkrafttreten der
streitbefangenen Straßenbaubeitragssatzung 90 % betragen. Die Vorgaben des
Senats zur Festlegung des Gemeindeanteils und des Anliegeranteils im Urteil vom
26.4.2006 - 2 KN 7/07 - seien widersprüchlich, da sowohl auf die Möglichkeit der
Nutzung als auch auf die tatsächliche Nutzung abgestellt werde. Weder die
tatsächliche Nutzung der Straße noch die Möglichkeit zur Nutzung der Straße
seien messbar oder individuell zurechenbar.
Die Erhebung von Beiträgen von Anliegern sei auch deshalb ungerecht, weil die
Straße als Allgemeingut überwiegend von allen Bürgern der Gemeinde benutzt
werde. Zudem trügen die Grundeigentümer schon 90 % der Erschließungskosten
und zahlten Grundsteuer.
Die Anlieger seien auch für die Abnutzung des öffentlichen Straßennetzes nicht
verantwortlich, sondern im Wesentlichen der Schwerlastverkehr. Es sei unbillig,
wenn die Anlieger die verursachten Schäden an Straßen zu mehr als der Hälfte
ausgleichen müssten.
Die Erhebung von Beiträgen widerspreche dem Äquivalenzprinzip. Führende
Finanzwissenschaftler und Steuerrechtler hielten es nicht für sachgerecht und
unmöglich, Vorteile oder Sondernutzungen der Grundeigentümer festzustellen und
dazu adäquate Beiträge zu konstruieren. Rechtmäßig sei allein die Finanzierung
von Straßenausbaumaßnahmen über allgemeine Haushaltsmittel aus dem
Steueraufkommen, z.B. über die Anhebung der Grundsteuer.
Die Antragsteller beantragen,
die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Ausbau,
die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen
(Straßenbaubeitragssatzung) in der Gemeinde Wentorf bei Hamburg vom
25.06.2009 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält sowohl die Straßenbaubeitragssatzung als auch die
Ermächtigungsgrundlage in § 8 KAG für rechtmäßig und verteidigt die getroffenen
Regelungen. Allenfalls die Inkrafttretensbestimmung in § 14 der
Straßenbaubeitragssatzung sei unwirksam, weil die Satzung mangels
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Straßenbaubeitragssatzung sei unwirksam, weil die Satzung mangels
ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht am 1. Jul 2009 in Kraft getreten sei. Dies
wirke sich aber nicht auf die übrigen Satzungsbestimmungen aus.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten wird
auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie der Gerichtsakte
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 5 AGVwGO kann ein
Normenkontrollantrag gegen eine im Range unter dem Landesgesetz stehende
Rechtsvorschrift jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend
machen kann, durch die angegriffene Norm oder deren Anwendung in ihren
Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese
Voraussetzungen liegen vor. Die Antragsteller sind als Grundstückseigentümer im
Gebiet der Antragsgegnerin i.S.v. § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, da in den
Straßen, an denen ihre Grundstücke belegen sind, Straßenausbaumaßnahmen
erforderlich sind und in absehbarer Zeit durchgeführt werden sollen. Sie werden
deshalb voraussichtlich in absehbarer Zeit zu Straßenausbaubeiträgen
herangezogen. Der Antrag ist auch innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung
der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen für die
Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den Umbau von Straßen, Wegen
und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung) vom 25.06.2009 gestellt worden (§ 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Zunächst können die Antragsteller nicht mit ihrer Auffassung durchdringen,
Straßenausbau müsse generell aus Steuern finanziert werden, ein (teilweise)
beitragsfinanzierter Straßenausbau sei ungerecht und rechtswidrig.
Die Finanzierungsprinzipien der Gemeinden ergeben sich aus der kommunalen
Finanzverfassung. Nach § 3 a Satz 2 GO haben die Gemeinden die zur
ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel aus eigenen
Einnahmen aufzubringen. Diese Regelung basiert auf der aus dem kommunalen
Selbstverwaltungsrecht folgenden Befugnis der Gemeinden, eigene Finanzquellen
im Rahmen der Gesetze zu erschließen (v. Mutius/Rentsch,
Kommunalverfassungsrecht Schl.H., 5. Aufl., § 3 a Rn. 1). Ergänzend dazu
bestimmt § 76 GO die Grundsätze der – wie es in der aktuellen Fassung heißt -
Finanzmittelbeschaffung. In der Regelung des § 76 GO, wonach die Gemeinde die
zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel 1. aus Entgelten für ihre
Leistungen, 2. im übrigen aus Steuern zu beschaffen haben, soweit die sonstigen
Finanzmittel nicht ausreichen, wird durchweg eine Rangfolge gesehen, nach der die
kommunalen Abgaben zur Deckung der kommunalen Ausgaben zu erheben sind
(vgl. v. Mutius/Rentsch, a.a.O., § 76 GO Rn. 3; v. Scheliha/Sprenger, KVR SH, § 76
GO Rn. 8; Bräse/Koops/Leder, Gemeindehaushaltsrecht Schl.-H., 12. Aufl., Anm. zu
§ 76 GO; Thiem/Böttcher, KAG, § 1 Rn. 43). Ob der damit verbundene Grundsatz
der Subsidiarität der Steuererhebung zwingend ist oder es sich dabei im
Wesentlichen um eine „programmatische Finanzierungsregel“ handelt, die der
gerichtlichen Nachprüfung ihrer Natur nach grundsätzlich nicht zugänglich ist (so
OVG Lüneburg, Urt. v. 19.09.1990 – 13 OVG C 4/87 -, NVwZ 1991, 907 zum
niedersächsischen Recht), bedarf hier keiner Entscheidung. Darüber wäre allenfalls
nach einer kommunalaufsichtlichen Beanstandung der Nichterhebung spezieller
Leistungsentgelte und daraus gefolgertem Verstoß gegen den
Subsidiaritätsgrundsatz zu befinden (vgl. dazu HessVGH, Beschl. v. 15.03.1991 – 5
TH 642/89 -, GemH 1992, 206). Vorliegend hat die Antragsgegnerin im Einklang
mit § 76 GO von den gesetzlich eröffneten Möglichkeiten Gebrauch gemacht und
nach § 4 GO iVm §§ 1, 8 KAG die angefochtene Straßenbaubeitragssatzung
erlassen. Gegen diese Verfahrensweise bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Auch die Einwendungen der Antragsteller gegen § 8 KAG als eine der
maßgeblichen Rechtsgrundlagen der angefochtenen Straßenbaubeitragssatzung
sind nicht berechtigt. Diese Vorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar, sie
verstößt insbesondere nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende
Bestimmtheitsgebot bzw. Gebot der Normenklarheit.
Dieser Grundsatz fordert zwar, dass die von einer gesetzlichen Regelung
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Dieser Grundsatz fordert zwar, dass die von einer gesetzlichen Regelung
Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einzurichten
vermögen. Rechtsvorschriften brauchen aber nur so bestimmt zu sein, wie dies
nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den
Normzweck möglich ist (BVerfGE 87, 234, 263; 110, 370, 396). Die Notwendigkeit
der Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift nimmt ihr noch nicht die erforderliche
Bestimmtheit (BVerfGE 45, 400, 420 m.w.N.). Will der Gesetzgeber eine typische
Erscheinung des sozialen Lebens zum Gegenstand rechtlicher Regelungen
machen, ist er nicht gezwungen, sie im Gesetzestext mit Tatbestandsmerkmalen
zu definieren. Es genügt vielmehr, wenn er sie mit unbestimmten Rechtsbegriffen
kennzeichnet (BVerfGE 87, 234, 263). Dies entbindet den Gesetzgeber allerdings
nicht davon, die Vorschrift in ihren Voraussetzungen und ihrem Inhalt so zu
formulieren, dass die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr
Verhalten danach einrichten können. Andererseits kann nicht erwartet werden,
dass jeder Zweifel ausgeschlossen ist. Konkretisierung und Anwendung
unbestimmter Rechtsbegriffe ist Aufgabe der Verwaltungsbehörden und der
Fachgerichte (BVerfGE 87, 234, 263 f.; 31, 255, 264). Nach diesen Grundsätzen ist
die Vorschrift nicht zu beanstanden. Die Regelung ist weder insgesamt noch in
Teilen oder in einzelnen Begriffen derart ungenau, dass sie für die Betroffenen zu
einer unerträglichen Unsicherheit führen müsste und die Gerichte nicht in der Lage
wären, das Gesetz in rechtsstaatlicher Weise anzuwenden.
Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass § 8 Abs. 1 S. 1 und 2 KAG die
Erhebung von Beiträgen von Grundstückseigentümern sowie die Bemessung der
Beiträge von der Erlangung eines „Vorteils“ abhängig machen. Mit der Anknüpfung
an den Vorteil als Voraussetzung für die Beitragserhebung wird dem Charakter des
kommunalen Beitrags als Entgeltabgabe Rechnung getragen. Maßgebend ist der
Gesichtspunkt der Gegenleistung. Das Gemeinwesen stellt eine öffentliche
Einrichtung bzw. Anlage zur Verfügung und derjenige, der davon einen besonderen
wirtschaftlichen Nutzen hat, soll zu den Kosten insbesondere ihrer Errichtung
beitragen (BVerfGE 9, 291, 297).
Der unbestimmte Rechtsbegriff des „Vorteils“ ist in den
Kommunalabgabengesetzen der Länder weit verbreitet und in ständiger
Rechtsprechung anerkannt und näher definiert (vgl. nur Urt. des Senats v.
28.10.1997 – 2 L 281/95 -, Die Gemeinde 1998, 98 = DVBl. 1998, 719 = NordÖR
1998, 88). Nach der Rechtsprechung des Senats knüpft die Beitragspflicht im
Ausbaubeitragsrecht - anders als im Erschließungsbeitragsrecht - nicht an den
durch die Erschließung und damit die Bebaubarkeit vermittelten, sondern an den
Vorteil an, der dem Grundstück durch den Ausbau der öffentlichen Einrichtung
Straße deshalb zuwächst, weil es zur Straße in einer besonderen räumlich engen
Beziehung steht. Im Ausbaubeitragsrecht ist diese besondere Beziehung darin
begründet, dass diese bestimmten Grundstücke sich von allen anderen darin
unterscheiden, dass aufgrund ihrer räumlich engen Beziehung zur Einrichtung
erfahrungsgemäß angenommen werden kann, dass von ihnen aus die
Verkehrseinrichtung im stärkeren Umfang in Anspruch genommen werden kann
als von anderen Grundstücken und dass dies zu einer Steigerung ihres
Gebrauchswertes führt, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer
Weise eintritt (Urt. des Senats vom 27.01.2009 - 2 LB 53/08 -; Beschl. des Senats
vom 11.05.2000 - 2 M 8/00 -).
So verstanden widerspricht die Erhebung von Straßenbaubeiträgen entgegen der
Auffassung der Antragsteller nicht von vornherein dem Äquivalenzprinzip. Das
Äquivalenzprinzip als der auf den Beitrag bezogene Ausdruck des allgemeinen
verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit besagt, dass der
Beitrag nicht in einem Missverhältnis zu dem von der Verwaltung erbrachten
Vorteil stehen darf. Es ist indessen nur bei einer gröblichen Störung des
Ausgleichsverhältnisses zwischen Beitrag und dem einem Grundstück vermittelten
Vorteil verletzt (BVerwG, Urt. v. 24.09.1987 - 8 C 28.86 -, NVwZ 1988, 159). Dem
ist durch eine sachgerechte Vorteilsbemessung in der Satzung Rechnung zu
tragen.
Eine - von den Antragstellern verlangte - Konkretisierung des Vorteilsbegriffs durch
Darstellung von Sachverhalten, die einen besonderen Vorteil für
Grundstückeigentümer begründen, ist unter Berücksichtigung der o. g. Grundsätze
von Verfassungs wegen nicht erforderlich (so auch OVG Münster, Urteil vom
27.02.1991 - 2 A 576/90 -). Es ist nicht zu beanstanden, dass § 8 KAG nicht regelt,
nach welchen Maßgaben im Einzelnen die Anliegervorteile zu bemessen sind und
wie diese von den Vorteilen der Allgemeinheit abzugrenzen sind. Bestimmungen
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wie diese von den Vorteilen der Allgemeinheit abzugrenzen sind. Bestimmungen
dazu sind von den Körperschaften, die nach § 1 KAG zur Erhebung von Abgaben
berechtigt sind, in die nach § 2 KAG erforderlichen Satzungen aufzunehmen (vgl.
Urt. des Senats v. 26.09.2007 – 2 LB 21/07 -, Die Gemeinde 2008, 169 = NVwZ-RR
2008, 346). Ihnen kommt dabei ein Gestaltungsspielraum zu, der von den
Verwaltungsgerichten nur im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben des KAG
sowie allgemeiner verfassungsrechtlicher Prinzipien, etwa die aus Art. 3 GG
abzuleitenden Gebote der hinreichenden Abgabengerechtigkeit und
Abgabengleichheit, zu überprüfen ist (vgl. Urt. des Senats v. 11.02.1998 – 2 L
79/96 -, NordÖR 1998, 268; s. a. BVerwG, Beschl. v. 22.03.2007 - 10 BN 5.06 -,
NVwZ 2007, 955).
Hiernach ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragsteller auch keine
rechtlichen Bedenken gegen die Straßenbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin.
§ 1 der Satzung benennt die Tatbestände der Beitragserhebung und macht diese
in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 1 KAG von der Verschaffung von Vorteilen
abhängig. Dass die in § 1 aufgeführten Straßen, Wege und Plätze öffentliche
Einrichtungen iSv § 8 Abs. 1 KAG sind, zu deren Herstellung, Aus- und Umbau
Beiträge zu erheben sind, wird auch von den Antragstellern nicht in Zweifel
gezogen. Einrichtungen in diesem Sinne sind auch Sachen, die im
Gemeingebrauch stehen, insbesondere die durch öffentlich-rechtliche Widmung für
die Allgemeinheit zur Benutzung bereitgestellten Straßen, Wege und Plätze (vgl.
Habermann in: Dewenter u. a., KAG, § 8 Rn. 2 m.w.N.).
Der Begriff der Einrichtung in § 8 Abs. 1 KAG – an den § 1 der Satzung anknüpft -
dient der Klarstellung, dass Beiträge nicht für die Finanzierung beliebiger
Maßnahmen erhoben werden dürfen, sondern nur für solche, die auf eine
Einrichtung bezogen sind. Im Bereich der Straßenausbaubeiträge, die für den
(weiteren) Aus- oder Umbau bereits fertig gestellter Erschließungsanlagen
erhoben werden, entspricht die Einrichtung in diesem Sinne grundsätzlich der
jeweiligen Erschließungsanlage, auf die sich die Baumaßnahme bezieht. In
Übereinstimmung mit dem Erschließungsbeitragsrecht ist auch für die Feststellung
der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung, ausgehend von einer natürlichen
Betrachtungsweise und ungeachtet einer wechselnden Straßenbezeichnung, auf
das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z. B. Straßenführung, Straßenbreite,
Straßenlänge, Straßenausstattung, Zahl der "erschlossenen" Grundstücke), seine
Verkehrsfunktion sowie vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen),
die eine Verkehrsfläche augenfällig als ein eigenständiges Element des
Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen (Urt. des Senats v. 28.10.1997,
a.a.O.).
Bei Vorliegen einer beitragsfähigen Maßnahme ergibt sich aus der Beziehung zur
Einrichtung der Kreis derjenigen, denen durch die Herstellung, die Erneuerung oder
den Umbau Vorteile erwachsen. Für die Beitragsrelevanz des Vorteils ist
maßgebend nicht der nach der Vorstellung des Einzelnen zu realisierende Nutzen,
sondern ob die betreffende Maßnahme typischerweise geeignet ist, der Gruppe
der Beitragspflichtigen Sondervorteile zu bieten (vgl. Thiem/Böttcher, Rn. 54 zu § 8
KAG; Urteil des Senats vom 28.10.1997, a.a.O.). Dies sind nach ständiger
Rechtsprechung des Senats auch bei einem Teilstreckenausbau regelmäßig alle
Grundstücke, die zu der Einrichtung in einer räumlich engen Beziehung stehen und
von denen deshalb angenommen werden kann, dass sie die Einrichtung in
stärkerem Maße in Anspruch nehmen können als andere Grundstücke. Dies trifft
im Regelfall auf die an die Einrichtung angrenzenden Grundstücke und
Hinterliegergrundstücke zu, es sei denn, die Gemeinde hat einen wirksamen
Abschnittsbildungsbeschluss gefasst (vgl. Urt. des Senats v. 17.08.2005 – 2 LB
38/04 -, Die Gemeinde 2007, 237 = NordÖR 2006, 84). Dem trägt § 5 der Satzung
mit der Umschreibung des Abrechnungsgebietes Rechnung. Eine - unzulässige -
vom öffentlichen Einrichtungsbegriff i.S.d. § 8 Abs. 1 KAG abweichende
Bestimmung eines ortsrechtlichen Einrichtungsbegriffs ist damit nicht verbunden
(vgl. hierzu Urt. des Senats. v. 28.10.1997, a.a.O.).
Die bei Vorteilsentgelten notwendige Differenzierung nach Art und Umfang des
Vorteils wird durch § 6 der Satzung vorgenommen. Zu einer vergleichbaren
Regelung hat der Senat im Urteil vom 26. September 2007 zum Verfahren 2 LB
21/07 (Die Gemeinde 2008, 169 = NVwZ-RR 2008, 346) ausgeführt:
„Die Ermittlung des Beitrags beruht auf der Regelung des § 6 ABS. Danach wird
der Beitragsanteil nach der gewichteten Grundstücksfläche auf die das
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der Beitragsanteil nach der gewichteten Grundstücksfläche auf die das
Abrechnungsgebiet bildenden Grundstücke verteilt. Diese Bestimmung ist im
Grundsatz nicht zu beanstanden.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 KAG, nach der die Beiträge auf der Grundlage fester
Verteilungsmaßstäbe nach den Vorteilen zu bemessen sind, die
Grundstückseigentümern, zur Nutzung von Grundstücken dinglich Berechtigten
und Gewerbetreibenden durch die Herstellung sowie den Ausbau und Umbau von
notwendigen öffentlichen Einrichtungen erwachsen, enthält keine ausdrückliche
Normierung konkreter Maßstäbe für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes
unter den Beitragsschuldnern. Es obliegt vielmehr dem örtlichen Satzungsgeber,
gerechte und praktikable Verteilungsmaßstäbe auszuwählen und in einer
Beitragssatzung im Einzelnen zu regeln. Der vom Ortsgesetzgeber gewählte
Verteilungsmaßstab muss geeignet sein, den umlagefähigen Aufwand in einer
dem Grundsatz der Vorteilsgerechtigkeit genügenden Weise zu verteilen. Dieser -
mit gleichem Inhalt sowohl aus dem Landesrecht als auch dem Bundesrecht
(Gleichbehandlungsprinzip) herzuleitende - Grundsatz verlangt allerdings keine
Gerechtigkeit im Einzelfall, sondern lediglich eine Typengerechtigkeit, d.h. ein
Abstellen auf Regelfälle eines Sachverhalts und deren gleichartige Behandlung als
so genannte typische Fälle (vgl. Senatsurt. v. 11.02.1998 - 2 L 79/96 -, NordÖR
1998, 268 m.w.N.). Für die Gestaltung eines Verteilungsmaßstabes ist an ein
Merkmal anzuknüpfen, von dem - nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten -
angenommen werden darf, es sei von besonderem Aussagewert für den Umfang
des durch die ausgebaute Anlage (die Straße) gebotenen Vorteils (Senatsurt. v.
21.12.1993 - 2 L 185/93 -). Der Umfang der Steigerung des Gebrauchs- und/oder
Verkehrswertes hängt von der Größe und der Nutzbarkeit des jeweiligen
Grundstücks ab (Senatsurt. v. 11.02.1998, a.a.O.).
Der Beitragsmaßstab des § 6 ABS differenziert auch zutreffend nach der Art der
Nutzbarkeit der bevorteilten Grundstücke. Danach wird die Grundstücksfläche, die
baulich, gewerblich, industriell oder vergleichbar nutzbar ist, mit dem Vervielfältiger
1,0 berücksichtigt, für sonstig nutzbare Flächen ist – von bestimmten Sonderfällen
abgesehen – ein Vervielfältiger von 0,05 vorgesehen. Gegen diese Abstufung der
Vorteile bestehen keine Bedenken (vgl. Senatsbeschl. v. 02.07.2002 – 2 M 38/02 -,
NordÖR 2002, 520). Es liegt auf der Hand, dass der Gebrauchswert eines
Baugrundstücks und dessen Bebaubarkeit in einem engen Verhältnis zueinander
stehen und der Gebrauchswert mit der Bebaubarkeit wächst. Eine
Außenbereichsfläche, die grundsätzlich kein Bauland ist, erfährt einen geringeren
Vorteil, ist aber bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ebenfalls bei der
Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen (Senatsurt. v.
11.02.1998, a.a.O.). Diese Unterschiede sind auch auf einem Grundstück zu
beachten.
Auch im Straßenbaubeitragsrecht gilt der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff.
Dies bedeutet aber nicht, dass die gesamte Grundstücksfläche beitragsrechtlich
einheitlich zu behandeln ist. Beschränken sich die Vorteilswirkungen einer
Ausbaumaßnahme eindeutig auf eine oder mehrere Teilflächen eines (Buch-)
Grundstücks, so nehmen ausnahmsweise nur diese Teilflächen des Grundstücks
an der Aufwandsverteilung teil (Senatsurt. v. 11.02.1998 - 2 L 136/96 -, Die
Gemeinde 1998, 220). Wird ein Grundstück auf Teilflächen unterschiedlich genutzt
oder ist es unterschiedlich nutzbar, so sind die Teilflächen unterschiedlich zu
gewichten. Das findet seinen Ausdruck z.B. in der Tiefenbegrenzung, die darauf
abstellt, dass nur die Fläche bis zu dieser Grenze Bauland und die Fläche dahinter
als Nicht-Bauland im geringeren Maße bevorteilt ist. Mit einer solchen
Satzungsbestimmung soll im Interesse der Rechtssicherheit und
Verwaltungspraktikabilität ausgeschlossen werden, in jedem Einzelfall prüfen zu
müssen, bis zu welcher Tiefe ein Grundstück Baulandqualität besitzt (Senatsurt. v.
26. 05 1999 - 2 K 23/97 -, Die Gemeinde 1999, 185, zum
Anschlussbeitragsrecht).“
An dieser Auffassung wird auch für das vorliegende Verfahren festgehalten.
Die Straßenbaubeitragssatzung regelt in § 4 auch hinreichend konkret die
Verteilung des umlagefähigen Aufwandes nach den Vorteilen, die der
Allgemeinheit auf der einen Seite und den anliegenden Grundstückseigentümern
auf der anderen Seite durch die Herstellung, den Ausbau, die Erneuerung und den
Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen als öffentliche Einrichtung entstehen.
Die Festsetzung des Gemeindeanteils ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie
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Die Festsetzung des Gemeindeanteils ist ein Akt gemeindlicher Rechtsetzung. Sie
kann deshalb wie jeder andere Gesetzgebungsakt gerichtlich nur darauf überprüft
werden, ob die Gemeinde den durch das KAG und das dadurch begründete
Vorteilsprinzip der Ausübung ihres gesetzgeberischen Ermessens gesteckten
Rahmen überschritten hat. Maßgebendes Kriterium für die Aufteilung des
beitragsfähigen Aufwandes auf die Gemeinde und die Eigentümer ist der Vorteil,
der der Allgemeinheit und den Eigentümern durch die Möglichkeit, die ausgebaute
Anlage in Anspruch zu nehmen, geboten wird. Je mehr die ausgebaute Anlage
erfahrungsgemäß von der Allgemeinheit benutzt wird, desto höher ist der Wert des
der Allgemeinheit vermittelten Vorteils zu bemessen und desto höher muss
dementsprechend der Gemeindeanteil sein. Umgekehrt muss der
Eigentümeranteil (Anliegeranteil) umso höher sein, je mehr die ausgebaute Anlage
erfahrungsgemäß von den Eigentümern der anliegenden Grundstücke genutzt wird
(Urt. des Senats v. 26.04.2006
– 2 KN 7/05 -, Die Gemeinde 2006, 241 = NordÖR 2006, 470 m.w.N.).
Die Vorgabe des § 8 Abs. 1 Satz 3 KAG, wonach die Beitragsberechtigten
mindestens 10 v.H. des Aufwandes tragen, hat die Antragsgegnerin eingehalten.
Darüber hinaus steht der Gemeinde ein gewisser Einschätzungsspielraum zu, weil
eine sichere Prognose über das Verhältnis der wahrscheinlichen Inanspruchnahme
der ausgebauten Anlage und damit der Werte der der Allgemeinheit einerseits und
den Eigentümern andererseits durch deren Inanspruchnahmemöglichkeit
gebotenen Vorteile nicht möglich ist.
Die von der Antragsgegnerin in § 4 der Satzung getroffene Vorteilsregelung hält
sich im Rahmen des ihr zustehenden Einschätzungsspielraumes. Die Satzung
differenziert hinsichtlich der Festlegung des Anlieger- bzw. Gemeindeanteils – wie
es erforderlich ist – nach der Verkehrsbedeutung der ausgebauten Straße. § 4
Abs. 1 Satz 1 Ziffern 1 bis 6 unterscheiden zwischen Anliegerstraßen (im
Wesentlichen dem Anliegerverkehr dienend), Haupterschließungsstraßen (im
Wesentlichen dem innerörtlichen Verkehr dienend), Hauptverkehrsstraßen (im
Wesentlichen dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr oder überörtlichen
Durchgangsverkehr dienend), Fußgängerzonen und verkehrsberuhigten Bereichen.
Die Satzung der Antragsgegnerin wird auch dem Differenzierungsgebot nach
Teileinrichtungen hinreichend gerecht. Bei den Haupterschließungsstraßen und
den Hauptverkehrsstraßen richtet sich die Höhe des auf die Beitragspflichtigen
umzulegenden Aufwandsanteils (Beitragsanteil) danach, ob die Fahrbahn,
Radwege, Böschungen, Schutz-, Stützmauern und Bushaltebuchten oder die
übrigen Straßeneinrichtungen, kombinierte Geh- und Radwege bzw. Mischflächen
hergestellt, ausgebaut, erneuert oder umgebaut werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1
Nummer 1 b, c, 2 b, c, 3 b, c, 4 b, c). Dass bei den Anliegerstraßen der
Beitragsanteil hinsichtlich sämtlicher Straßeneinrichtungen, die Gegen-stand einer
beitragsfähigen Maßnahme sind, einheitlich 53 % beträgt (§ 4 Abs. 1 Satz 1
Nummer 1 a, 2 a, 3 a, 4 a), ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Grund, bei
Haupterschließungs- und Hauptverkehrsstraßen den Beitragsanteil hinsichtlich der
Fahrbahn, der Radwege, der Böschungen, der Schutz- und Stützmauern sowie der
Bushaltebuchten niedriger zu bemessen als hinsichtlich der kombinierten Geh-
und Radwege, der Mischflächen sowie der übrigen Straßeneinrichtungen, wozu u.a.
Park- und Abstellflächen, Straßenbegleitgrün, Beleuchtungs- und
Entwässerungseinrichtungen sowie die sogenannte Möblierung gehören (vgl. § 2
Abs. 1 Nummer 3 d, g, 4, 5 und 7), liegt darin, dass letztere mehr dem Vorteil der
Anlieger zu dienen bestimmt sind als etwa die Fahrbahn einer Haupterschließungs-
bzw. Hauptverkehrsstraße, hinsichtlich derer der allgemeine Nutzen umso größer
ist, je weiträumiger der Verkehr ist. Insbesondere Gehwege werden hingegen
unabhängig von der Straßenkategorie überwiegend von Anliegern genutzt. In
Anliegerstraßen dagegen, in denen vorwiegend Verkehr von und zu den
Grundstücken (so genannter Ziel- und Quellverkehr) stattfindet, wird auch die
Fahrbahn überwiegend von den Anliegern genutzt mit der Folge, dass sie
hinsichtlich des Beitragsanteils ebenso behandelt werden kann wie die
kombinierten Geh- und Radwege und die oben genannten übrigen
Straßeneinrichtungen (vgl. zum Ganzen Urt. d. Senats v. 26.04.2006, a.a.O.,
m.w.N.).
Die Anteilssätze sind in der angegriffenen Satzung auch hinsichtlich der Straßenart
und der Teileinrichtungen vorteilsgerecht aufeinander abgestimmt (vgl. dazu
Thiem/Böttcher, a.a.O., § 8 Rdnr. 480). Die Festlegung etwa der
Anliegeranteilssätze für Herstellung, Ausbau, Erneuerung und den Umbau der
Fahrbahn auf 53 v.H. für Anliegerstraßen, 25 v.H. für Haupterschließungsstraßen
und von 10 v.H. für Hauptverkehrsstraßen beinhaltet eine nicht zu beanstandende
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und von 10 v.H. für Hauptverkehrsstraßen beinhaltet eine nicht zu beanstandende
Differenzierung zwischen den gewählten Straßenarten. Entsprechendes gilt für die
übrigen Teileinrichtungen.
Die Unwirksamkeit des § 4 der Satzung kann auch nicht damit begründet werden,
dass die von der Antragsgegnerin festgelegten Anliegeranteilssätze deutlich hinter
den allgemein üblichen Werten (vgl. dazu Thiem/Böttcher, a.a.O., § 8 Rn 481)
zurückbleiben. Es ist fraglich, ob dem abgabenrechtlichen Vorteilsprinzip eine von
Beitragspflichtigen einklagbare Verpflichtung der Gemeinde entnommen werden
kann, Mindestsätze der Anliegeranteile festzulegen (so für das niedersächsische
Recht OVG Lüneburg, Beschl. v. 06.06.2001 – 9 LA 9 LA 907/01 -, NVwZ-RR 2002,
294). Prozessual hätte dies zur Folge, dass Beitragspflichtige sich gegen ihre
Heranziehung mit dem Argument zu Wehr setzen könnten, der von ihnen zu
tragende Anteil am umlagefähigen Aufwand sei zu niedrig bemessen. Die
aufgeworfene Frage kann hier offen bleiben, weil jedenfalls der hier festgelegte
Anteilssatz von 53 v.H. für Anliegerstraßen – und daran orientierte Anteilssätze für
die anderen Straßenarten – nicht gegen das Vorteilsprinzip verstößt (vgl. OVG
Lüneburg, ebenda, mit weiterer Begründung).
Es besteht kein Anlass, im Weiteren alle Regelungen der Satzung rechtlich zu
beurteilen. Zwar handelt es sich angesichts des uneingeschränkten Antrages bei
der zu überprüfenden Rechtsvorschrift um die gesamte
Straßenbaubeitragssatzung (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.02.2005 – 7 CN 6.04 -, NVwZ
2005, 695), doch ist dem Umstand, dass die Antragsteller nur hinsichtlich
einzelner Satzungsbestimmungen – die hier nicht einmal konkret bezeichnet –
Rechtsverletzungen geltend machen, durch entsprechende Beschränkung des
Kontrollumfangs Rechnung zu tragen; denn das Rechtsschutzbegehren darf bei
der Prüfung der Rechtsgültigkeit einer Norm nicht aus den Augen verloren werden
(BVerwG, Urt. v. 17.02.2005, a.a.O., unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 17.04.2002 -
9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188, 196).
Im Hinblick auf den Vortrag der Antragsgegnerin ist lediglich darauf hinzuweisen,
dass auch die Inkrafttretensregelung in § 14 der Straßenbaubeitragssatzung einer
rechtlichen Überprüfung standhält.
Gemäß § 69 LVwG treten Satzungen, soweit in ihnen nichts anderes bestimmt ist,
mit dem Tag nach der Bekanntmachung in Kraft. Hier ist etwas anderes bestimmt,
weil nach ihrem § 14 Abs. 1 die Straßenbaubeitragssatzung zum 1. Juli 2009 in
Kraft tritt. Dieser Zeitpunkt liegt vor der Bekanntmachung und enthält damit eine
Rückwirkung. Nach § 14 Abs. 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin sind
öffentliche Bekanntmachungen in der Form der Internetbekanntmachung
vorzunehmen. Hierbei wird die Bekanntmachung nach § 7 Abs. 1 Nr. 3
Bekanntmachungsverordnung (BekanntVO) drei Tage nach Erscheinen des nach §
4 Abs. 1 S. 1 BekanntVO erforderlichen Hinweises in der Zeitung bewirkt, wenn zu
diesem Zeitpunkt die Satzung im Internet abrufbar ist. Der Satzungstext wurde
zwar im vorliegenden Fall am 25.6.2009 auf dem Webserver der Antragsgegnerin
gespeichert. Die Veröffentlichung des Hinweises in der Bergedorfer Zeitung
erfolgte jedoch erst am 08.09.2009. Die Bekanntmachung erfolgte damit erst am
11.09.2009. Gegen die damit – ungewollt – verbundene Rückwirkung bestehen
auch vor dem Hintergrund des Schlechterstellungsverbots des § 2 Abs. 2 KAG
keine Bedenken, da mit dieser angefochtenen Satzung eine frühere Satzung
außer Kraft gesetzt worden ist, die ausnahmslos zu höheren Belastungen der
Beitragspflichtigen führte.
Der Antrag konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieses Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar, § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Beschluss
15.000,-- Euro
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).