Urteil des OVG Schleswig-Holstein vom 13.03.2017

OVG Schleswig-Holstein: schutz der familie, wohngemeinde, verwaltungsakt, jugendhilfe, eltern, besuch, klagebefugnis, tagespflege, anfechtungsklage, rechtsschutz

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Gericht:
Oberverwaltungsgericht
für das Land Schleswig-
Holstein 2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 LB 3/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 6 GG, § 25a KTagStG
SH, § 24 SGB 8
Keine Rechte der Personensorgeberechtigten aus den
Kostenausgleichsregelungen des § 25a KTagStG SH
Leitsatz
Die Kostenausgleichsregelungen des § 25a KiTaG begründen Rechte nur für die
Standortgemeinde einer Einrichtung gegenüber der Wohngemeinde. Rechte der
Personensorgeberechtigten des Kindes werden dadurch weder begründet noch tangiert.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen
Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der 15. Kammer - vom 12. Mai 2004
geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten
abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Wohngemeinde, für die
Inanspruchnahme eines Hortplatzes durch ihre Tochter ... einen Kostenausgleich
an die Standortgemeinde zu leisten.
Mit Schreiben vom 12. August 2002 beantragten die Kläger bei der
amtsangehörigen Gemeinde ... Kostenausgleich eines Hortplatzes für ihre
schulpflichtig gewordene Tochter ... in der Einrichtung ... in ... ab dem 01. August
2002. Sie führten zur Begründung aus, dass sie beide berufstätig seien und
deshalb die Betreuung ihrer Tochter nicht anders sicherstellen könnten als durch
die Inanspruchnahme einer Ganztagseinrichtung. In ... gebe es keine derartige
Betreuungsmöglichkeit.
Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17. Oktober 2002 ab. Die
Gemeinde ... sei der Auffassung, dass sie rechtlich nicht verpflichtet sei, eine
Kostenübernahme gemäß § 25 a KiTaG auszusprechen. Nachgefragte Hortplätze
seien nur in dem Umfang erforderlich, wie es keine entsprechenden Angebote im
Rahmen einer betreuten Grundschule gebe. Die Gemeinde ... halte allerdings eine
betreute Grundschule vor und erfülle somit die Anforderungen, die im Bedarfsplan
des Kreises ... für die Gemeinde ... gefordert würden.
Die Kläger legten dagegen am 24. Oktober 2002 Widerspruch ein und beantragten
mit Schreiben vom 05. Dezember 2002 die Zuweisung eines für ihre Tochter
geeigneten Hortplatzes. Die Kindertagesstätte ... e.V. habe den Hortplatz zum 31.
Dezember 2002 gekündigt, weil die Gemeinde ... keinen Zuschuss zur dortigen
Hortunterbringung zahle.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Dezember 2002 wies der Beklagte den
Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2002 mit der
Begründung zurück, dass die Gemeinde ... die besonderen Gründe gemäß § 25 a
Abs. 3 KiTaG nicht anerkenne. Hortplätze dienten der außerschulischen Betreuung
von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr außerhalb der Zeiten des
Schulunterrichtes und in der schulfreien Zeit und seien nur in dem Umfang
erforderlich, wie es keine entsprechenden Angebote im Rahmen einer betreuten
Grundschule gebe. Die Grundschule in ... halte ein entsprechendes Angebot vor.
Ein Angebot sei ausreichend, wenn damit die zu berücksichtigende Nachfrage aus
Kindertageseinrichtungen abgedeckt werden könne. Bisher sei in der Gemeinde ...
kein längerer Betreuungszeitraum nachgefragt worden. Die Betreuung von ...
könne evtl. auch über die Tagespflege gemäß § 2 KiTaG durchgeführt werden. Die
durch das Jugendamt vermittelte Tagespflege nach § 28 Nr. 1 KiTaG stelle noch
immer die häufigste Form dar, weil sie ohne großen organisatorischen Aufwand
möglich sei. Im Übrigen sei festzustellen, dass nicht die Gemeinde, sondern der
Kreis ... als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe Gewährleistungsträger für
ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertageseinrichtungen nach § 24 SGB VIII sei.
Die Kläger haben am 07. Januar 2003 Klage erhoben und geltend gemacht, der
Anspruch auf Kostenausgleich nach § 25 a KiTaG bestehe schon deswegen, weil
ihre Tochter ... schon seit 1998 die Kindertagesstätte ... ohne Unterbrechung
besucht und die Wohngemeinde dafür auch einen Kostenausgleich geleistet habe.
Die Voraussetzungen, die seinerzeit die Kostenübernahme gerechtfertigt hätten,
nämlich ganztägige Berufstätigkeit beider Elternteile und keine vergleichbare
Unterbringungsmöglichkeit in der Wohnortgemeinde, bestünden fort. Der Eintritt in
die Grundschule durch ... gebe der Wohngemeinde genauso wenig ein
Kündigungsrecht wie der Wechsel der Mutter von einer Umschulungsmaßnahme
zum festen Arbeitsverhältnis. Nach dem Bedarfsplan des Kreises ... liege ein
Bedarf nach einem Platz in einer Kindertagesstätte i.S.d. § 24 SGB VIII
insbesondere vor, wenn beide Elternteile berufstätig seien. Einen vergleichbaren
Platz halte die Wohngemeinde nicht vor. Die angebotene Tagespflege sei keine
gleichwertige Alternative zu dem Angebot der ....
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 17. Oktober 2002 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2002 aufzuheben und das beklagte
Amt zu der Feststellung zu verpflichten, dass die Gemeinde ... für den Besuch von
... in der ... e.V. in ... ab 01. August 2002 einen Kostenausgleich gemäß § 25 a
KiTaG an die Stadt ... zu leisten hat.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klage schon unzulässig sei,
weil das Recht auf Kostenausgleich der Standortgemeinde zustehe, nicht aber den
Kindeseltern oder dem Träger der jeweiligen Einrichtung. Es fehle mithin an einer
Klagebefugnis für den geltend gemachten Anspruch.
Im Übrigen bestehe der Anspruch auch materiell-rechtlich nicht. Die früher im
Zusammenhang mit dem Besuch des Ganztagskindergartens erteilte
Kostenübernahmeerklärung sei nicht mehr gültig, denn in dieser Erklärung sei
ausdrücklich nur ein Kindergartenplatz bezuschusst worden. Aus dem Umstand,
dass zwischenzeitlich für die Monate August bis Dezember 2002 ein
Kostenausgleich geleistet worden sei, könnten die Kläger ebenfalls nichts herleiten.
Bei der Bewilligung dieses Kostenausgleichs sei ersichtlich davon ausgegangen
worden, dass ... weiterhin den Kindergarten der ... besuche. Ein Anspruch auf
Kostenausgleich bestehe im Übrigen auch deshalb nicht, weil ein ausreichendes,
den Anforderungen des Gesetzes entsprechendes Betreuungsangebot für ...
vorgehalten werde.
Durch Urteil vom 12. Mai 2004 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Kläger
entsprochen.
Die Klage sei als Verpflichtungsklage zulässig. Dem Begehren der Kläger könne
damit effektiver Rechtsschutz gewährt werden als mit der bloßen Aufhebung des
Versagungsbescheides bzw. des Widerspruchsbescheides. Auch wenn das
Kindertagesstättengesetz nicht ausdrücklich ein Verfahren zur Feststellung der
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Kindertagesstättengesetz nicht ausdrücklich ein Verfahren zur Feststellung der
Voraussetzungen des § 25 a KiTaG im Verhältnis zwischen der Wohngemeinde und
den Personensorgeberechtigten vorsehe, sei im Hinblick auf das Wunsch- und
Wahlrecht der Eltern nach § 5 SGB VIII und § 12 KiTaG und im Hinblick auf die
Regelungen betreffend die Personensorgeberechtigten im Rahmen des § 25 a Abs.
2 und Abs. 3 KiTaG eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO anzunehmen, da in
derartigen Fällen ein Anspruch auf eine derartige Regelung durch Verwaltungsakt
bestehen könne. Die Verpflichtungsklage erscheine als zutreffende Klageart, die
effektiven Rechtsschutz gewährleiste. Die Kläger hätten auch zu Recht die Klage
gegen das ... und nicht gegen die amtsangehörige Gemeinde ... gerichtet. Soweit
durch Verwaltungsakt entschieden werde, sei im Außenverhältnis nicht die
Gemeinde selbst, sondern das Amt zuständig.
Die Klage sei auch begründet. Die Voraussetzungen für einen Kostenausgleich
nach § 25 a Abs. 1 KiTaG im Verhältnis der Wohngemeinde zur Standortgemeinde
der ... lägen vor, so dass den Klägern der Anspruch auf Verpflichtung des
Beklagten zur Feststellung einer Kostenübernahme durch die Gemeinde ...
zustehe.
Auf Antrag des Beklagten hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 06. Januar 2005 zugelassen.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Beklagte geltend, dass die Klage
unzulässig sei. Die Ablehnung einer Wohngemeinde, einen Kostenausgleich nach §
25 a Abs. 1 KiTaG an die Standortgemeinde zu zahlen, verletze die
Personensorgeberechtigten nicht in ihren Rechten. Den Klägern fehle es daher an
einer Klagebefugnis. Darüber hinaus sei die Klage auch unbegründet, weil eine
Kostenerstattungspflicht der Wohngemeinde gegenüber der Standortgemeinde
nach § 25 a Abs. 1 KiTaG nicht gegeben sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - Einzelrichterin der
15. Kammer - vom 12. Mai 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid des Beklagten
vom 17. Oktober 2002 in Form des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember
2002 aufgehoben wird.
Die Kläger meinen, die Auffassung, dass den Eltern aus § 25 a KiTaG kein
Anspruch gegen das ... erwachse, greife zu kurz. Sie, die Kläger, seien sehr wohl in
ihren Rechten betroffen, mindestens auf Grund von Art. 6 GG i.V.m. §§ 24, 25 SGB
VIII. Der Vertrag der Stadt ... mit dem Betreiber des Hortes, also der ..., sehe vor,
dass ein Hortplatz nur an ein Kind aus einer anderen Wohngemeinde vergeben
werden dürfe, wenn von dieser Wohngemeinde eine Kostendeckungszusage
vorliege. Diese Regelung sei weit verbreitet. Grundsätzlich gebe es daher keine
Konstellation, unter der die Standortgemeinde von der Wohngemeinde einen
Kostenausgleich einfordere, denn ein Platz werde nur vergeben, wenn die
Wohngemeinde freiwillig zahle.
Spreche man den Eltern jedwedes Recht ab, von ihrer Wohngemeinde bzw. dem
für die Wohngemeinde tätig werdenden Amt eine rechtmäßige Entscheidung über
die Bezuschussung eines Hortplatzes verlangen zu können, so laufe der vom
Bundesgesetzgeber vorgesehene Schutz der Familie, die Unterstützung der
Erziehungsarbeit, wie sie in § 24 SGB VIII formuliert sei, völlig ins Leere. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erwachse aus Art. 6 GG die
Pflicht, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern, incl. der Vereinbarkeit
von Familie und Erwerbstätigkeit. In Art. 6 Abs. 4 GG sei dann noch einmal
ausdrücklich der Anspruch der Mutter auf den Schutz und die Fürsorge der
Gemeinschaft postuliert. Dazu gehöre auch die Unterstützung der Mutter bei der
besonderen Belastung durch die Betreuung und Erziehung. An diesen Vorgaben
müsse sich auch § 25 a KiTaG messen.
Die Kläger meinen, dass § 24 SGB VIII und das darauf basierende
Kindertagesstättengesetz im Rahmen des Art. 6 GG und der Ausformulierung der
sozialen Rechte im 1. Buch des SGB, das für alle besonderen Teile des SGB gelte,
interpretiert werden müssten. Auch wenn sich der Gesetzgeber davor gescheut
habe, einen ausdrücklichen Anspruch durchzuformulieren , könne das
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habe, einen ausdrücklichen Anspruch durchzuformulieren , könne das
Kindertagesstättengesetz nicht so verstanden werden, als wolle der
Landesgesetzgeber seinen Auftrag aus Art. 6 GG und § 24 SGB VIII so schlecht
erfüllen, dass er es völlig in das Belieben der Wohnsitzgemeinde stelle, wann sie
einen Kindergarten- oder Hortplatz bezuschusse. Spreche man der betroffenen
Familie, hier insbesondere den erziehungsberechtigten Eltern, das Recht ab, einen
ablehnenden Bescheid des Beklagten über die Bezuschussung eines Hortplatzes
durch ein Gericht prüfen zu lassen, so entfalle damit jedwede rechtsstaatliche
Kontrolle über Entscheidungen der Wohngemeinde im Rahmen der Bezuschussung
eines Kindertagesstättenplatzes.
Schon in der Vorinstanz sei dargelegt worden, dass die Wohngemeinde den Bedarf
an Hortplätzen nicht ordnungsgemäß ermittelt habe. In dem Zeitraum, in dem die
Ermittlung für den Bedarfsplan durchgeführt worden sei, habe die Familie bereits in
... gewohnt, sei aber zu keiner Zeit gefragt worden. Der Beklagte habe lediglich in
den Kindergärten der Gemeinde nachgefragt, inwieweit dort Bedarf für Hortplätze
erkennbar sei. Der Beklagte könne sich daher mit den eigenen fehlenden Angaben
im Bedarfsplan nicht exkulpieren. Der Jugendhilfeträger seinerseits könne nur
einen Bedarf in die Planung aufnehmen, der ihm vom Beklagten auch gemeldet
werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die
gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Die Klage ist zwar zulässig, aber nicht
begründet. Daher ist das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage
abzuweisen.
Die Klage ist nach der im Berufungsverfahren vorgenommenen und nach § 91 Abs.
1 VwGO zulässigen Klageänderung als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO
zulässig. Die Kläger begehren die Durchführung eines Kostenausgleichs zwischen
ihrer Wohngemeinde und der Standortgemeinde der Einrichtung, in der ihr Kind
nachmittags betreut wird. Dieser Kostenausgleich zwischen Gemeinden wird durch
Geldzahlungen vorgenommen, denen - schon wegen der Gleichordnung der
Beteiligten - kein Verwaltungsakt vorausgeht (vgl. Urt. d. Senats v. 22.12.1999 - 2
L 208/98 -, Die Gemeinde 2000, 115 NordÖR 2000, 214 = SchlHA 2000, 93). Die
Vornahme dieses von den Klägern geforderten Realakts ist ihnen gegenüber durch
Verwaltungsakt abgelehnt worden. Weil die Kläger im Ergebnis keinen sie
begünstigenden Verwaltungsakt erstreben, geht es nicht um eine sogenannte
isolierte Anfechtungsklage, die nur ausnahmsweise für zulässig gehalten wird (vgl.
Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 42 Rdnr. 30 m.w.N.). Die eingeschränkten
Zulässigkeitsanforderungen für eine Anfechtungsklage bestehen bei der hier
gegebenen Anfechtung der ausschließlich belastenden Regelung nicht. Als
Adressaten des Ablehnungsbescheides des Beklagten vom 17. Oktober 2002 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Dezember 2002 sind die Kläger
klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Aufhebung der angefochtenen Bescheide können die Kläger nicht schon auf
Grund der - nicht vorgetragenen - Überlegung beanspruchen, dass es für die
Bescheide an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fehlen könnte. Das aus
dem Gesetzesvorbehalt abzuleitende Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für
Verwaltungsakte besteht für belastende Regelungen, nicht jedoch im Rahmen der
Leistungsverwaltung. Daher steht einer Gemeinde bzw. dem Amt nach der
ständigen Rechtsprechung des Gerichts - jedenfalls im subordinationsrechtlichen
Verhältnis - das Wahlrecht zu, über Kostenausgleichsansprüche nach den
Bestimmungen des Kindertagesstättengesetzes durch Verwaltungsakt zu
entscheiden oder schlicht hoheitlich zu handeln (vgl. Urt. des Senats v. 15.12.1999
- 2 L 253/98 -, Die Gemeinde 2000, 200 = NordÖR 2000, 208). Das gilt nicht nur
für Leistungsbescheide, sondern ebenso für einen feststellenden Verwaltungsakt,
wie er hier vorliegt. Zwar hat der Beklagte mit dem Bescheid vom 17. Oktober
2002 den Antrag der Kläger auf Kostenausgleich für die Inanspruchnahme eines
Hortplatzes ihres Kindes in der Einrichtung ... in ... abschlägig beschieden, doch ist
darin nicht die Regelung eines zwischen den Beteiligten bestehenden
Leistungsverhältnisses zu sehen, sondern angesichts des seit dem 01. August
1999 in § 25 a KiTaG geregelten Kostenausgleichsverfahrens zwischen
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1999 in § 25 a KiTaG geregelten Kostenausgleichsverfahrens zwischen
Wohngemeinde und Standortgemeinde liegt darin die Feststellung, dass die
Voraussetzungen für den Kostenausgleich zwischen den Gemeinden nicht
bestehen. Diese Maßnahme ist Teil der Leistungsverwaltung und bedarf daher -
abweichend von der Grundregel des Gesetzesvorbehalts auch für feststellende
Regelungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.1985 - 8 C 105.83 -, DVBl. 1986, 560) -
keiner ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage.
Die Anfechtung hat aber auch nicht deswegen Erfolg, weil entgegen der
Auffassung des Beklagten die Voraussetzungen für den Kostenausgleich vorlägen.
Diese materiell-rechtliche Frage braucht in diesem Verfahren nicht entschieden zu
werden, weil die Aufhebung der Verwaltungsakte gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO
neben der Rechtswidrigkeit erforderte, dass die Kläger dadurch in ihren Rechten
verletzt wären. Daran fehlt es hier.
Eine Verletzung von Rechten der Kläger scheidet unter jedem denkbaren
Gesichtspunkt aus. Die Kostenausgleichsregelungen des § 25 a KiTaG begründen
Rechte nur für die Standortgemeinde einer Einrichtung gegenüber der
Wohngemeinde, wenn ein Kind außerhalb seiner Wohngemeinde eine
Kindertagesstätte besucht. Rechte der Personensorgeberechtigten des Kindes
werden durch § 25 a Abs. 1 und Abs. 3 KiTaG weder begründet noch tangiert
(Beschl. des Senats v. 24.04.2003 - 2 LA 15/03 -). Die Ablehnung einer
Wohngemeinde, einen Kostenausgleich nach § 25 a Abs. 1 KiTaG an die
Standortgemeinde zu zahlen bzw. die Weigerung der Wohngemeinde, gegenüber
dem örtlichen Jugendhilfeträger einen Ersatzanspruch geltend zu machen, obwohl
die Ausgleichspflicht gegenüber der Standortgemeinde verneint wird, verletzt
daher die Personensorgeberechtigten nicht in ihren Rechten (Senatsbeschl. v.
15.12.2004 - 2 MB 155/04 -).
Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich eine rechtlich geschützte Position
für sie nicht aus § 24 SGB VIII herleiten. Abgesehen davon, dass diese Vorschrift in
Satz 2 einen Rechtsanspruch auf den Besuch eines Kindergartens nur für Kinder
vom vollendeten 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt postuliert, während die
Schaffung von Hortplätzen für schulpflichtige Kinder nur eine objektiv-rechtliche
Verpflichtung beinhaltet (vgl. Münder u.a., FK-SGB VIII, § 24 Rdnr. 22), ist Inhaber
des Rechtsanspruchs das Kind selbst. Die Personensorgeberechtigten könnten
den Rechtsanspruch nur im Namen des Kindes geltend machen, sind aber nicht
selbst antragsbefugt.
Auch wenn es nicht die erforderliche Rechtsverletzung im Sinne von § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO betrifft, sei darauf hingewiesen, dass ein etwaiger Rechtsanspruch im
Übrigen nicht gegenüber der Wohngemeinde, sondern gegen den örtlichen Träger
der Jugendhilfe besteht (vgl. Münder, a.a.O., § 24 Rdnr. 9). Nicht die Gemeinde,
sondern die Kreise und kreisfreien Städte sind als örtliche Träger der öffentlichen
Jugendhilfe Gewährleistungsträger für ein bedarfsgerechtes Angebot an
Kindertageseinrichtungen nach § 24 SGB VIII (vgl. Urt. des Senats v. 17.01.2001 -
2 L 102/99 -, Die Gemeinde 2002, 103 = NVwZ-RR 2001, 589 = SchlHA 2001, 70).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 KiTaG, wonach die
Gemeinden in eigener Verantwortung dafür Sorge tragen, dass die im Bedarfsplan
(des Kreises) vorgesehenen Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen
geschaffen und betrieben werden. Darin liegt eine Aufgabenzuweisung als
pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe nach Maßgabe von § 69 Abs. 5 SGB VIII, die
aber die Letztverantwortung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe
unberührt lässt und keine gesetzliche Grundlage für Rechtsansprüche unmittelbar
gegen die Gemeinde schafft (vgl. Otto, Schleswig-Holsteinisches Gesetz zur
Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen, Kommentar,
2. Aufl., § 8 Anm. 1 und 3; Münder, a.a.O., § 69 Rdnr. 27).
Im Hinblick auf die erforderliche Rechtsverletzung ergibt sich ein anderes Ergebnis
entgegen der Auffassung der Kläger nicht bei einer Auslegung des § 24 SGB VIII im
Lichte des Art. 6 GG. Dem Schutz der Familie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GG
dienen der Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens und die Verpflichtung zur
Schaffung auch von Hortplätzen. Daneben bedarf es - auch unter
Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 4 GG - nicht des zusätzlichen Rechtsschutzes der
Personensorgeberechtigten, insbesondere der Kindesmutter. Auch deren Belange
werden durch die mit § 24 SGB VIII verbundenen Ansprüche gewahrt.
Nach alledem kommt es auf die übrigen von den Beteiligten erörterten
Rechtsfragen in diesem Verfahren nicht an.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO, die
Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs.
2 VwGO nicht bestehen.