Urteil des OVG Saarland vom 04.03.2011

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OVG Saarlouis Beschluß vom 4.3.2011, 1 B 30/11
Ausstellung eines Feuerstättenbescheides
Leitsätze
Nach der bis 31.12.2012 geltenden Übergangsregelung in § 17 des Schornsteinfeger-
Handwerksgesetzes - SchfHwG - besteht bei kehr- und überprüfungspflichtigen Anlagen,
bei denen bis zum 31.12.2012 noch eine Feuerstättenschau durchzuführen ist, kein
Anspruch auf Erlass bzw. Ausstellung eines Feuerstättenbescheides vor Durchführung der
Feuerstättenschau.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des
Saarlandes vom 5. Januar 2011 – 6 L 2346/10 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
Der Streitwert wird – auch – für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde gegen den im Tenor genannten Beschluss des
Verwaltungsgerichts des Saarlandes bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht das sinngemäß dahingehend zu verstehende
Begehren des Antragstellers zurückgewiesen, den Antragsgegner im Wege einer
einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) zu verpflichten, einen
gebührenpflichtigen Feuerstättenbescheid für das Anwesen A-Straße in ... auszustellen.
Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung vom 20.1.2011 dargelegten Gründe,
die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben auch unter
Einbeziehung der Ausführungen im Schriftsatz vom 21.2.2011 keine Veranlassung, die
erstinstanzliche Entscheidung abzuändern, und zwar auch nicht hinsichtlich der erfolgten
Festsetzung des Streitwerts auf 2.500,- EUR.
Das Verwaltungsgericht hat die verfassungsrechtlich zu beachtenden Gesichtspunkte für
die Frage einer Vorwegnahme der Hauptsache durch Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes auf der Grundlage des § 123 VwGO in Anlehnung an die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zutreffend aufgezeigt
vgl. dazu grundlegend den bereits vom Verwaltungsgericht zitierten
Beschluss vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 = NJW
1989, 827; siehe dazu auch (u.a.) Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl.
(2009), § 123 Rdnrn. 14, 14 a, 15.
Nach der aufgezeigten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung muss (u.a.) ein hoher
Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache sprechen. Dass für das
Begehren des Antragstellers, ihm schon jetzt einen Feuerstättenbescheid auszustellen, ein
Erfolg in der Hauptsache eher zweifelhaft ist, hat das Verwaltungsgericht mit
überzeugenden Erwägungen angenommen (Seite 3 des Beschlusses). Der Senat ist
darüber hinausgehend der Auffassung, dass nach der bis 31.12.2012 geltenden
Übergangsregelung im Falle des Antragstellers derzeit ein Anspruch auf Ausstellung des
Feuerstättenbescheids klar zu verneinen ist.
Rechtsgrundlage für die Ausstellung bzw. den Erlass eines Feuerstättenbescheides bis zum
31.12.2012 ist § 17 des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes - SchfHwG -. Danach hat
der Bezirksschornsteinfegermeister bei der Feuerstättenschau (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 des
Schornsteinfegergesetzes - SchfG -) einen Feuerstättenbescheid zu erlassen (§ 17 Abs. 1
SchfHwG). Für kehr- und überprüfungspflichtige Anlagen, bei denen bis zum 31. Dezember
2012 keine Feuerstättenschau mehr durchzuführen ist, haben die
Bezirksschornsteinfegermeister den Feuerstättenbescheid auf der Grundlage der Daten
des Kehrbuchs zu erstellen (§ 17 Abs. 2 SchfHwG).
Da für das Anwesen A-Straße in A-Stadt-... die letzte Feuerstättenschau am 13.11.2007
stattgefunden hat
vgl. dazu das Schreiben des Antragsgegners vom 26.12.2010 unter
Bezugnahme auf den Kehrbuchauszug (Bl. 4 der
Verwaltungsunterlagen),
hat nach der bis 31.12.2012 gültigen Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 SchfG noch im Laufe
des Jahres 2012 eine Feuerstättenschau stattzufinden. Aus Anlass dieser
Feuerstättenschau hat der Antragsgegner gemäß § 17 Abs. 1 SchfHwG einen
Feuerstättenbescheid zu erlassen, in dem festzulegen ist, welche Schornsteinfegerarbeiten
durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu geschehen hat
vgl. dazu § 14 Abs. 2 SchfHwG in der grundsätzlich erst ab 1.1.2013
gültigen Fassung; diese Vorschrift gilt indes kraft Verweisung in den
Fällen des § 17 Abs. 1 SchfHwG, in denen bis 31.12.2012 eine
Feuerstättenschau durchzuführen ist, bereits ab 29.11.2008, so
zutreffend VG München, Beschluss vom 12.5.2010 - M 1 KO 10.487
-, dokumentiert bei Juris, Tz. 25, und OVG Lüneburg, Beschluss vom
7.2.2011 - 8 ME 239/10 -, ebenfalls dokumentiert bei Juris, hier Tz.
24 bis 28; ebenso OVG Münster, Beschluss vom 30.11.2009 - 4 B
910/09 -, dokumentiert bei Juris.
Für einen Anspruch auf vorzeitige Ausstellung eines Feuerstättenbescheides besteht mithin
in Bezug auf das streitgegenständliche Anwesen keine gesetzliche Grundlage. Aus der
Gesetzesbegründung zu § 17 SchfHwG ergibt sich nichts anderes
vgl. BT-Drucksache 16/9237 vom 22.5.2008, S. 34; von dieser
Gesetzeslage geht auch das VG München ausweislich der vom
Antragsgegner mit Schriftsatz vom 11.12.2010 vorgelegten
Sitzungsniederschrift vom 1.12.2009 in dem Verfahren M 1 K
09.2720 aus.
Gegenüber der aufgezeigten Regelung hinsichtlich der Ausstellung eines
Feuerstättenbescheides während der bis 31.12.2012 laufenden Übergangsphase
bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen und/oder europarechtlichen
Bedenken
vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der wesentlichen
Übergangsregelungen, wie sie durch das Gesetz zur Neuregelung des
Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2242)
getroffen worden sind, Nichtannahmebeschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 4.2.2010 - 1 BvR 2514/09 -,
dokumentiert bei Juris und in GewArch 2010, 456; vgl. zur
europarechtlichen Unbedenklichkeit der §§ 2 Abs. 2 SchfHwG, 13
Abs. 3 SchfG OVG Münster, Beschluss vom 22.3.2010 - 4 B
1503/09 -, GewArch 2010, 212,
weshalb sich die vom Antragsteller geforderte Vorlage der Sache an den Gerichtshof der
Europäischen Union oder an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verbietet.
Ist nach alldem bereits das Bestehen eines Anspruchs auf Ausstellen eines
Feuerstättenbescheides zum jetzigen Zeitpunkt zu verneinen, so folgt schon daraus keine
besondere Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Ungeachtet dessen
ist das Verwaltungsgericht zu Recht nicht davon ausgegangen, dass die begehrte Regelung
unabweisbar notwendig ist, weil andernfalls eintretende Nachteile für den Antragsteller
schlechterdings unzumutbar wären.
Da die vom Antragsteller gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ins Feld
geführten Einwände nicht durchgreifen, ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154
Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht ist für die Streitwertfestsetzung (§§ 63
Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 GKG) der sogenannte Auffangwert
des § 52 Abs. 2 GKG maßgebend. Das Interesse des Antragstellers erschöpft sich nicht in
dem reinen Gebührenwert, der für den Erlass des Feuerstättenbescheides in Ansatz zu
bringen ist. Wie bereits erwähnt, ist gemäß den §§ 17 Abs. 1, 14 Abs. 2 SchfHwG in dem
Bescheid – einem belastenden Verwaltungsakt – festzusetzen, welche
Schornsteinfegerarbeiten durchzuführen sind und innerhalb welchen Zeitraums dies zu
geschehen hat. Gegebenenfalls sind entsprechend § 14 Abs. 3 SchfHwG weitere vorläufige
Sicherungsmaßnahmen zu verfügen und in dem Bescheid festzuhalten, wenn bei der
Feuerstättenschau festgestellt wird, dass eine Anlage nicht betriebs- oder brandsicher ist.
Da Anhaltspunkte dafür, wie der Regelungsgehalt eines solchen Feuerstättenbescheides zu
bewerten ist, fehlen, ist auf den sogenannten Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG
zurückzugreifen, der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach allgemeiner
gerichtlicher Praxis auf der Basis des § 52 Abs. 1 GKG auf die Hälfte zu reduzieren ist
ebenso OVG Münster, Beschluss vom 30.11.2009, a.a.O..
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.