Urteil des OVG Saarland vom 04.04.2008

OVG Saarlouis: stadt, öffentliche bekanntmachung, chancengleichheit, auskunftserteilung, verfügung, vorbereitung von wahlen, verteilung der sitze, herkunft, lebenserfahrung, diskette

OVG Saarlouis Urteil vom 4.4.2008, 3 A 8/07
Anfechtung einer Bürgermeisterwahl wegen unzulässiger Melderegisterauskünfte
Leitsätze
a) Soweit § 61 KWO SL auf § 47 Abs. 1 KWG SL verweist, handelt es sich um ein
redaktionelles Versehen des Verordnungsgebers, der unberücksichtigt gelassen hat, dass §
47 Abs. 1 KWG SL in seiner bis zum 16.10.2003 geltenden Fassung, auf den sich § 61
KWO SL zuvor bezogen hat, durch Einfügen eines neuen Absatzes 1 in § 47 KWG mit
Wirkung vom 17.10.2003 zu § 47 Abs. 2 KWG SL geworden ist.
b) Die Bestimmungen des § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL, die es nach näherer Maßgabe
ermöglichen, Parteien, Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen
Auskünfte aus dem Melderegister über Gruppen von Wahlberechtigten zu erteilen, sind
keine wesentlichen Wahlvorschriften im Sinne von § 47 Abs. 2 KWG SL.
c) Werden einer Partei aus Anlass einer Bürgermeisterwahl Gruppenauskünfte aus dem
Melderegister erteilt, obwohl die Meldebehörde es versäumt hat, gemäß § 35 As. 4 Nr. 1
MG SL durch öffentliche Bekanntmachung auf das Widerspruchsrecht der Einwohnerinnen
und Einwohner gegen diese Auskunftserteilung hinzuweisen, so liegt hierin jedenfalls dann
kein Verstoß gegen das vom Grundsatz der Gleichheit der Wahl mit umfasste Gebot der
Chancengleichheit, wenn der einzige Gegenkandidat beziehungsweise die ihn
unterstützende Partei aus anderen Erwägungen von vornherein darauf verzichtet hat, sich
ebenfalls solche Auskünfte erteilen zu lassen.
d) Ein erheblicher Verstoß gegen das vom Grundsatz der Gleichheit der Wahl mit umfasste
Gebot der Chancengleichheit kann prinzipiell auch darin bestehen, dass einer Partei oder
einem Kandidaten einseitig Auskünfte aus dem Melderegister in einem Umfang erteilt
werden, der über das nach § 35 Aus. 1 Satz 1 MG SL Zulässige eindeutig hinausgeht (im
entschiedenen Fall verneint).
Tenor
Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2006
ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 271/05 – wird die
Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen zu 1.; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. und des
Beigeladenen zu 3. werden nicht erstattet.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, die am 10.4.2005 erfolgte Wahl der
Beigeladenen zu 2. zur Bürgermeisterin der Beigeladenen zu 1. für ungültig zu erklären.
Bei dieser Wahl wurden ausweislich der Bekanntmachung über das Wahlergebnis
(Amtliches Bekanntmachungsblatt der Beigeladenen zu 1. vom 15.4.2005) insgesamt
11.129 gültige Stimmen abgegeben. Hiervon entfielen auf die Beigeladene zu 2. insgesamt
5.766 Stimmen (51,81 %) und auf ihren einzigen Gegenkandidaten und seinerzeit
amtierenden Bürgermeister der Beigeladenen zu 1., den Beigeladenen zu 3., insgesamt
5.363 Stimmen (48,19 %).
Am 27.4.2005 wandte sich der Kläger an den Funktionsvorgänger des Beklagten und
erklärte, er fechte die Bürgermeisterwahl an, weil bei ihrer Vorbereitung die
Wettbewerbsgleichheit verletzt worden sei. Der CDU A-Stadt hätten umfassende Daten
aus Melderegisterauskünften zur Verfügung gestanden, die nicht den Vorgaben des § 35
MG SL entsprochen hätten. Die CDU A-Stadt habe diese Daten auch intensiv genutzt,
indem sie an mindestens fünf verschiedene Adressatenkreise Serienbriefe mit
unterschiedlichen Inhalten versandt habe. Die Abgrenzung der Adressatenkreise sei dabei
nicht nur nach Lebensalter, sondern auch nach Geschlecht sowie nach Staatsangehörigkeit
erfolgt. Nach seiner Einschätzung seien bis auf wenige Einzelfälle alle 18.000 in Betracht
kommenden Haushalte in A-Stadt angeschrieben worden. Außerdem sei versäumt worden,
die Wahlberechtigten auf ihr Recht hinzuweisen, der Auskunftserteilung zu widersprechen.
Dem Beigeladenen zu 3. hätten diese Daten nicht zur Verfügung gestanden. Darin liege
eine wahlentscheidende Verletzung der Wettbewerbsgleichheit.
Der Funktionsvorgänger des Beklagten stellte auf diese und die im Wesentlichen
inhaltsgleiche Wahlanfechtung des Beigeladenen zu 3. hin Ermittlungen zur Klärung der
Frage an, in welchem Umfang der CDU A-Stadt zur Vorbereitung der Bürgermeisterwahl
Melderegisterdaten zur Verfügung gestellt worden waren. An der in diesem
Zusammenhang durchgeführten Befragung von Bediensteten des Bürgerbüros der
Beigeladenen zu 1. beteiligte sich auch der Beigeladene zu 3. als seinerzeit amtierender
Bürgermeister. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz bemühte sich ebenfalls um
Klärung der Frage, in welchem Umfang und auf welche Weise Parteien Daten aus dem
Melderegister zur Vorbereitung der Bürgermeisterwahl zur Verfügung gestellt worden
waren. Er beanstandete mit Schreiben vom 5.8.2005, dass die Herausgabe der
Melderegisterdaten erfolgt sei, obwohl es an der öffentlichen Bekanntmachung des
Hinweises auf das Widerspruchsrecht der Betroffenen gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL
gefehlt habe. Außerdem rügte er, dass der Umfang der zur Verfügung gestellten Daten
nicht dokumentiert worden sei. Die Beigeladene zu 1. und der Beigeladene zu 3.
erstatteten außerdem Strafanzeige gegen einen der mit der Angelegenheit befassten
Bediensteten des Bürgerbüros wegen eines aus ihrer Sicht erfolgten Verstoßes gegen
datenschutzrechtliche und melderechtliche Bestimmungen bei der Weitergabe von
Melderegisterdaten an die CDU A-Stadt. Das betreffende Ermittlungsverfahren - 10 Js
1502/05 - wurde später mit Verfügung vom 4.1.2006 mangels Nachweises eingestellt.
Mit Bescheiden vom 12.8.2005 wies der Funktionsvorgänger des Beklagten die
Wahlanfechtungen des Klägers und des Beigeladenen zu 3. zurück. Zur Begründung ist
ausgeführt, bei der Herausgabe von Melderegisterdaten an die CDU A-Stadt sei zwar
gegen § 35 Abs. 1 und 4 MG SL verstoßen worden, da die nach der letztgenannten
Bestimmung vorgeschriebene Bekanntmachung des Hinweises auf das Widerspruchsrecht
unterblieben sei. Hierin liege aber keine Verletzung der Chancengleichheit, weil auch
weiteren Bewerbern solche Auskünfte erteilt worden wären. Was den Umfang der
Auskünfte anbelange, so könne aus den Angaben und Einlassungen der mit der
Angelegenheit befassten Mitarbeiter des Bürgerbüros der Beigeladenen zu 1. und dem
Ergebnis eines von der Beigeladenen zu 1. veranlassten Versuchs, die Festplatte des
(Arbeitsplatz-)Rechners eines dieser Bediensteten zu rekonstruieren, nicht geschlossen
werden, dass über den zulässigen Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 MG SL hinaus weitere
Auskünfte aus dem Melderegister erteilt worden seien. Auch sei der Nachweis nicht
geführt, dass Gruppenauskünfte so gestaltet worden seien, dass sie im Ergebnis praktisch
die Umschreibung aller Wahlberechtigten enthalten hätten. Ein Aktenvorgang, der die
Beantragung und Herausgabe der Daten dokumentiere, sei nicht vorhanden. Zudem könne
aus der Rechnung an den CDU-Stadtverband, die zwar anders als bei den vorhergehenden
Wahlen nicht den Umfang der erteilten Auskünfte beschreibe, sondern allgemein die
„Erstellung einer Diskette für Wahlberechtigte“ anführe, nicht geschlossen werden, dass
die Daten aller Wahlberechtigten ausgehändigt worden seien. Die Einlassung eines
Mitarbeiters der Meldebehörde, der sich darauf berufe, sich nicht mehr scharf erinnern zu
können, erscheine zwar im Hinblick darauf, dass diese Auskunftserteilung kein alltägliches
Massengeschäft sei, wenig glaubhaft, erlaube aber ebenfalls nicht den Schluss, dass die
Daten nahezu aller Wahlberechtigten ausgeliefert worden seien. Die Auskünfte des CDU-
Stadtverbandes trügen nicht zur Erhellung des Sachverhaltes bei. Zwar werde eingeräumt,
Daten von Jungwählern und Senioren erhalten zu haben; an das Auskunftsbegehren
bezüglich anderer Altersgruppen könne man sich jedoch nicht erinnern. Auch diese
bezüglich anderer Altersgruppen könne man sich jedoch nicht erinnern. Auch diese
Einlassung erscheine wenig glaubhaft, weil bei der Planung, welche Altersgruppen von
Personen mit Wahlbriefen angeschrieben werden sollten, vom Umfang und von der
Herkunft der Daten sowie hinsichtlich der damit verbundenen Kosten sehr wohl abgewogen
werden müsse. Es widerspreche aller Lebenserfahrung, dass man bereits wenige Wochen
später vorgebe, sich daran nicht mehr erinnern zu können. Gleichwohl erlaube es diese
wenig glaubhafte Einlassung nicht anzunehmen, dass die Daten aller oder nahezu aller
Wahlberechtigten zur Verfügung gestellt worden seien. Auch die versuchte Rekonstruktion
von Daten auf der Festplatte des Computers eines der Mitarbeiter der Meldebehörde habe
keine hinreichende Aufklärung des Sachverhalts erbracht. Es seien Teilmengen von
gemeldeten Personen ab dem Geburtsdatum 1.1.1940 und eine Liste mit Frauen der
Jahrgänge 1960 bis 1963 gefunden worden. Seitens des CDU-Stadtverbandes sei die
Anforderung der Daten der Senioren eingeräumt, die Anforderung von Daten über Frauen
der Jahrgänge 1960 bis 1963 hingegen bestritten worden. Dafür, dass Daten über das
zulässige Maß hinaus geliefert worden seien, könnten die Wahlwerbeschreiben der
Beigeladenen zu 2. sowie die vom Kläger vorgelegte Liste von Empfängern von Wahlbriefen
sprechen, die Wahlberechtigte der Jahrgänge von 1946 bis 1979 enthielten. Dieses
Vorbringen wäre jedoch nur dann geeignet, eine Wahlanfechtung zu tragen, wenn andere
Quellen für die Herkunft der Daten ausgeschlossen werden könnten. Die Einlassung des
CDU-Stadtverbandes lasse es indes möglich erscheinen, dass die Mehrzahl der
Adressdaten aus anderen Quellen, z.B. aus der Datenbank von „Klicktel“ oder anderer im
Internet öffentlich zugänglicher Datenbanken beschafft worden sei. Die vorliegenden
Unterlagen seien trotz aller Bedenken wegen der auffälligen Häufung von Erinnerungslücken
aller Beteiligten kein Beleg dafür, dass dem CDU-Stadtverband und damit der Beigeladenen
zu 2. Daten zur Verfügung gestanden hätten, die unzulässig weitergegeben worden seien.
Der Bescheid wurde dem Kläger am 16.8.2005 zugestellt.
Am 14.9.2005 ist dessen Klage beim Verwaltungsgericht eingegangen. Der Kläger hat sein
Vorbringen im Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und näher ausgeführt, die
Erwägung (des Funktionsvorgängers) des Beklagten, der Verstoß gegen § 35 Abs. 4 MG SL
begründe keine Verletzung der Chancengleichheit, da auch ein anderer Kandidat
entsprechende Auskünfte erhalten hätte, wenn er sie beantragt hätte, sei reine
Spekulation. Der Gegenkandidat und Beigeladene zu 3. sei Bürgermeister und Leiter der
Meldebehörde gewesen. Er hätte bei eigenen Abfragen für die Beachtung von § 35 Abs. 4
MG SL Sorge getragen. Mangels Bekanntgabe des Hinweises auf das Widerspruchsrecht
hätten Melderegisterauskünfte in keinem Falle und an keine Partei erteilt werden dürfen.
Die Kommunalaufsichtsbehörde unterstelle, dass der Fehler des zuständigen Mitarbeiters
von einem anderen Mitarbeiter wiederholt worden wäre, wobei insgesamt vier Mitarbeiter
im Bürgerbüro der Beigeladenen zu 1. beschäftigt seien. Die SPD A-Stadt habe sich
entschlossen gehabt, keine Melderegisterauskünfte einzuholen, um Vorwürfen
zuvorzukommen, der Beigeladene zu 3. hätte unter Ausnutzung seiner Stellung als
Behördenleiter das Meldegesetz umgangen. Nach seiner, des Klägers, Information habe die
CDU 13.000 bis 18.000 Bürger angeschrieben. Es sei daher nicht auszuschließen, dass
eine Vielzahl von Betroffenen bei rechtzeitigem Hinweis von ihrem Widerspruchsrecht
Gebrauch gemacht hätte und von den persönlich gefärbten Anschreiben nicht erreicht
worden wäre. Im Übrigen müsse der Verstoß gegen § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL zwingend als
Verletzung einer wesentlichen Vorschrift des Wahlverfahrens gewertet werden, da er sonst
sanktionslos bliebe. Was den Umfang der Auskünfte anbelange, so dürfe die zugelassene
Gruppenauskunft nicht so gestaltet werden, dass sie im Ergebnis sämtliche
Wahlberechtigten umfasse. Dem Betreffsfeld der der CDU A-Stadt erteilten Rechnung lasse
sich anders als der im Jahre 2004 aus Anlass anderer Wahlen erstellten Rechnung nicht
entnehmen, für welche Gruppen Auskunft eingeholt worden sei. Das spreche dafür, dass
eine unzulässige Globalauskunft erteilt worden sei. Bei der ersten Auskunft im Januar 2005
sei ein herkömmliches Auskunftsprogramm verwendet worden. In dem vorliegenden
Ausdruck sei neben Vor- und Nachnamen auch das Geschlecht aufgeführt. Der Ausdruck
lasse es zu, die Daten weiblicher Wähler zu generieren. Auch habe ein Ehepaar L. ein
Anschreiben in russischer Sprache erhalten, obwohl der Name nicht auf eine russische
Herkunft hinweise. Diese Information könne nur aus dem Melderegister stammen. Gleiches
gelte für ein Anschreiben an eine Frau D., die in italienischer Sprache angesprochen worden
sei. Der Name von Frau D. allein weise nicht zwingend auf eine italienische Herkunft hin. Er
könnte auch portugiesischen, spanischen oder sonstigen Ursprungs sein. In anderen Fällen
sei der jeweilige Adressat des Wahlanschreibens außer mit dem Rufnamen auch mit dem
zweiten Vornamen angesprochen worden, obwohl dieser zweite Vorname nicht im
Telefonbuch aufgeführt sei. Das gelte z.B. hinsichtlich des Wahlbriefes an eine Frau B., die
überhaupt nicht im Telefonbuch stehe. Die Erinnerungslücken seien nicht verständlich, da
es sich bei der Melderegisterauskunft nicht um einen alltäglichen Vorgang gehandelt habe.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung seines Bescheides vom 12.8.2005 den
(Funktionsvorgänger des) Beklagten zu verpflichten, die am
10.4.2005 durchgeführte Wahl zum Bürgermeister/zur
Bürgermeisterin der Stadt A-Stadt für ungültig zu erklären.
Der Funktionsvorgänger des Beklagten hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf seinen Bescheid Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 1. hat ebenfalls beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Vortrag des Klägers entgegen getreten und hat ausgeführt, § 47 Abs. 1 KWG
SL betreffe nur Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das
Wahlverfahren bezögen. Dazu gehöre das Melderecht nicht. Auch § 61 KWO SL müsse als
nachrangige Norm unter Berücksichtigung von § 47 Abs. 1 KWG SL ausgelegt werden, da
er das Gesetz nicht ändern könne. Das Meldegesetz enthalte keine wesentlichen
Vorschriften über die Wahlvorbereitung. Unabhängig davon seien keine Verstöße gegen
melderechtliche Vorschriften vorgekommen. Auch könne keine Rede davon sein, dass in
Wahrheit nicht vorliegende Verstöße wahlentscheidend gewesen seien. Ein durchgreifender
Verstoß gegen § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL liege, wie in dem angefochtenen Bescheid zu
Recht dargelegt sei, nicht vor. Unklar sei, wie die Chancengleichheit verletzt sein könne,
wenn der Gegenkandidat davon abgesehen habe, sich Melderegisterauskünfte erteilen zu
lassen. Im Übrigen falle der Verstoß gegen § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL in die Verantwortung
des Beigeladenen zu 3. Die Bekanntmachung hätte acht Monate vor der Wahl erfolgen
müssen. Das sei nicht geschehen und habe nicht mehr ungeschehen gemacht werden
können. Hätte der Beigeladene zu 3. Auskünfte angefordert, wären sie ihm ebenso erteilt
worden wie dem CDU-Stadtverband. Dass ihm die Auskunft verweigert worden wäre, sei
eine lebensfremde Annahme. Für die Auskunftserteilung sei nur einer der vier Bediensteten
des Bürgerbüros zuständig, der bei Verhinderung von einem anderen Bediensteten
vertreten werde. Wenn es möglich sei, Angaben über das Geschlecht von
Wahlberechtigten zu generieren, bedeute das noch nicht, dass das auch geschehen sei.
Die Angaben des Klägers zur Anzahl der verschickten Wahlbriefe würden mit Nichtwissen
bestritten. Gleiches gelte für die unsubstantiierte Behauptung, die CDU A-Stadt sei durch
unzulässige Registerauskünfte in den Besitz der Daten nahezu aller Wahlberechtigten
gelangt. Die Rechnungen seien als Beweismittel untauglich. Unzutreffend sei die
Behauptung, die russische Herkunft der Eheleute L. hätte sich nur aus dem Melderegister
ergeben können. Immerhin hätten auch Hausbesuche stattgefunden. In der S.-Straße, in
der die Familie wohne, habe die Beigeladene zu 2. selbst Hausbesuche durchgeführt. Bei
Frau D. verweise bereits der Name auf italienische Herkunft. Die Nennung eines zweiten
Vornamens werde mit Nichtwissen bestritten; ebenso, dass sich diese Angabe weder aus
dem Telefonbuch noch aus sonstigen Adressverzeichnissen ergebe. Ebenfalls mit
Nichtwissen werde bestritten, dass die CDU A-Stadt alle Wählergruppen angeschrieben
habe.
Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben keine Anträge gestellt und sich auch nicht im
Einzelnen zur Sache geäußert.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
1.12.2006 ergangenem Urteil stattgegeben und den (Funktionsvorgänger des) Beklagten
unter Aufhebung seines Bescheides vom 12.8.2005 verpflichtet, die am 10.4.2005
durchgeführte Wahl zum Bürgermeister/zur Bürgermeisterin der Stadt A-Stadt für ungültig
zu erklären.
In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige
Verpflichtungsklage sei begründet, da wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung
im Sinne von § 61 KWO SL in Verbindung mit § 47 Abs. 1 und 2 KWG SL unbeachtet
geblieben seien, hierdurch die Möglichkeit bestehe, dass das Wahlergebnis beeinflusst
worden sei und eine Berichtigung nicht möglich sei. Ein Verstoß gegen wesentliche
Wahlvorschriften liege vorliegend darin, dass die Beigeladene zu 1. entgegen § 35 Abs. 1
und 4 MG SL überhaupt einem Träger eines Wahlvorschlages beziehungsweise einer Partei
Auskünfte aus dem Melderegister erteilt habe. Die Frage hinsichtlich des Umfanges der
Auskünfte sei daher nicht mehr entscheidungserheblich. Die Bestimmungen des § 35 Abs.
1 und 4 Nr. 1 MG SL seien zumindest wesentliche Vorschriften der Wahlvorbereitung im
Sinne von § 61 KWG SL. Schon vom Wortlaut der Bestimmung her seien ausschließlich
wahlbezogene Melderegisterauskünfte betroffen. Nach Sinn und Zweck stellten die
Bestimmungen eine Abwägung zwischen dem Recht der Parteien als verfassungsrechtliche
Institutionen auf Informationen über Wahlberechtigte im konkreten Zusammenhang mit
Wahlen und dem verfassungsrechtlich geschützten Recht der Bürger auf informationelle
Selbstbestimmung dar. § 35 MG SL diene insoweit dem Ausgleich kollidierender
Rechtsgüter. Der Zugang zum Wähler in Wahlzeiten als ein von der Chancengleichheit der
Wahlbewerber und der politischen Parteien erfasster Teilbereich des passiven Wahlrechts
werde mit individuellen Rechten des Bürgers und Inhabers des aktiven Wahlrechts zum
Ausgleich gebracht. Der Bürger erhalte mit dem Widerspruchsrecht die Möglichkeit, den
Zugang zu unterbinden. Die in der Norm zum Ausdruck kommende Abwägung gebiete es,
in § 35 MG SL eine gerade auch bei der Wahlvorbereitung zu beachtende wesentliche
Vorschrift zu sehen. Die Wahlprüfung als dem Demokratiegebot Rechnung tragendes
Instrumentarium zur Sicherung der Korrektheit der Wahl könne ihren Zweck nur erfüllen,
wenn im Rahmen des Wahlprüfungsverfahrens alle Gesetze, die wesentliche Teile des
Wahlverfahrens regelten, erfasst würden. Daher sei es unerheblich, dass sich die
Bestimmung nicht in dem Kommunalwahlgesetz oder in der Kommunalwahlordnung finde.
Eine wesentliche Wahlvorschrift sei immer dann gegeben, wenn sie sich speziell auf Wahlen
beziehe und keine bloß vernachlässigbaren Randfragen betreffe. Eine Vorschrift, die wie §
35 MG SL grundlegende Interessen des Trägers des passiven Wahlrechts mit denen von
Trägern des aktiven Wahlrechts zum Ausgleich bringe, sei eine wesentliche Wahlvorschrift.
Vorliegend sei auch gegen § 35 Abs. 1, Abs. 4 MG SL verstoßen worden. Fehle wie hier die
nach § 35 Abs. 4 MG SL vorgeschriebene Bekanntmachung, dürfe die Meldebehörde keine
Auskunft erteilen. Dass Auskünfte aus dem Melderegister erteilt worden seien, sei
unstreitig. Die Argumentation des (Funktionsvorgängers des) Beklagten, ein Verstoß gegen
die Chancengleichheit liege nicht vor, da auch dem anderen Bewerber in gleichem Umfang
Auskunft erteilt worden wäre, sei schon vom Ansatz her verfehlt. Ein unterstelltes
rechtswidriges Alternativverhalten könne keinen Rechtsverstoß heilen. Das Wahlverfahren
wäre auch bei rechtswidrigem Alternativverhalten durch den Verstoß gegen wesentliche
Wahlvorschriften geprägt. Der Verstoß habe das Wahlergebnis im Sinne von § 47 Abs. 2,
72 Abs. 1 KWG SL auch beeinflusst. Hierfür sei nicht erforderlich, dass die Wahl mit
mathematischer Gewissheit anders ausgefallen wäre. Die Möglichkeit eines anderen
Ergebnisses genüge, wobei keine Wahrscheinlichkeitserwägungen anzustellen seien. Je
knapper das Ergebnis, desto größer die Möglichkeit seiner Beeinflussung. Die Akzeptanz
des Wahlergebnisses hänge davon ab, dass selbst der „böse Schein“ einer Manipulation
des Wählerwillens ausgeschlossen werde. Vorliegend mache die Anzahl der versandten
Wahlbriefe, die auf der Grundlage der erteilten Auskünfte aus dem Melderegister erstellt
worden seien, selbst wenn nur die unstreitig erteilten Auskünfte herangezogen würden, ein
Vielfaches der Stimmendifferenz aus, mit der die Beigeladene zu 2. die Wahl gewonnen
habe. Es sei nicht auszuschließen und entbehre nicht jeglicher Lebenserfahrung, dass die
sehr persönlich gehaltenen Wahlschreiben, die eine größere Motivation der Wähler
hervorrufen und die Wichtigkeit ihrer Stimmabgabe bei der Wahl deutlich machen sollten,
sich zugunsten der Beigeladenen zu 2. ausgewirkt hätten.
Das Urteil ist der Beigeladenen zu 1. am 14.12.2006 zugestellt worden. Am 11.1.2007
hat die Beigeladene zu 1. die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und
diese nach einer ihr antragsgemäß bewilligten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
diese nach einer ihr antragsgemäß bewilligten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist
bis zum 14.3.2007 mit an diesem Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beigeladene zu 1. führt aus, es sei unstreitig, dass der Hinweis nach § 35 Abs. 4 MG
SL nicht erfolgt sei und die CDU A-Stadt Daten von Wahlberechtigten aus dem
Melderegister erhalten habe. Der von dem Kläger behauptete Umfang der Daten habe sich
bei Prüfung durch den (Funktionsvorgänger des) Beklagten und auch bei Prüfung durch die
Staatsanwaltschaft G-Stadt nicht bestätigt. Das Verwaltungsgericht habe nicht
berücksichtigt, dass der Wahltermin erst mit Schreiben des (Funktionsvorgängers des)
Beklagten vom 5.10.2004, bei ihr eingegangen am 13.10.2004, und damit erst knapp
sechs Monate vor dem Wahltag festgelegt worden sei. Die Frist des § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG
SL hätte sich von daher von vorneherein nicht einhalten lassen. Entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts handele es sich bei § 35 Abs. 1, Abs. 4 MG SL nicht um eine
Wahlvorschrift im Sinne von § 47 Abs. 2 KWG SL. Selbst wenn dem Verwaltungsgericht bei
der Beurteilung dieser Rechtsfrage zu folgen wäre, wäre der Mangel nicht kausal im
Verständnis der letztgenannten Vorschrift. Die Bestimmung des § 47 Abs. 1 KWG SL, die
über die §§ 72 Abs. 1, 80 KWG SL auch auf Bürgermeisterwahlen Anwendung finde,
betreffe Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren
bezögen. § 61 KWO SL, der über § 100 KWO SL ebenfalls auf Bürgermeisterwahlen
Anwendung finde, erläutere dies dahin, dass die Voraussetzungen insbesondere dann
erfüllt seien, wenn wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung,
die Ermittlung oder Feststellung des Wahlergebnisses unzutreffend angewandt oder
unbeachtet geblieben seien. Hier könne es allenfalls um wesentliche Vorschriften über die
Wahlvorbereitung gehen. Die Regelungen des § 35 MG SL wiesen jedoch keinen
unmittelbaren Bezug zum Wahlverfahren auf. Entscheidungen und Maßnahmen im Sinne
von § 47 Abs. 1 KWG SL beträfen ein positives Tun, das sich unmittelbar auf das
Wahlverfahren beziehe. Bleibe eine Vorschrift schlicht unbeachtet, handele es sich nicht um
ein positives Tun im Verständnis dieser Bestimmung. Das zeige ein Vergleich mit § 49
BWahlG. Entscheidungen und Maßnahmen im Sinne dieser Bestimmung müssten
gesetzlich normierte Akte von Wahlorganen und Wahlbehörden sein. Auskünfte von
Meldebehörden aus dem Melderegister gehörten nicht hierzu, da Meldebehörden weder
Wahlorgane noch Wahlbehörden seien. Allenfalls könne ein Verstoß gegen § 47 Abs. 2
KWG SL in Betracht kommen. Die Bestimmung des § 35 Abs. 4 MG SL sei indes wegen
Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Die zugehörige rahmenrechtliche
Regelung des § 22 MRRG schreibe vor, dass Wahlberechtigte auf ihr Widerspruchsrecht bei
Anmeldung und spätestens acht Monate vor Wahlen durch öffentliche Bekanntmachung
hinzuweisen seien. Nach § 23 Abs. 1 MRRG hätten die Länder ihr Melderecht innerhalb von
zwei Jahren nach Inkrafttreten der Rahmenvorschriften anpassen müssen. Die Regelung
des § 22 Abs. 1 Satz 5 MRRG sei am 3.4.2002 in Kraft getreten mit der Konsequenz, dass
die Anpassung mehr als acht Monate vor der in Rede stehenden Bürgermeisterwahl hätte
erfolgt sein müssen. Das sei indes versäumt worden. Die bloße Hinweisbekanntmachung
acht Monate vor der Wahl sei nicht ausreichend. Der Hinweispflicht bei Anmeldung komme
mit Blick auf die Regelung der Wahlberechtigung in § 13 Abs. 1 KWG SL Bedeutung zu. Die
Bekanntmachung nach § 35 Abs. 4 MG SL erfasse nämlich diejenigen Wahlberechtigten
nicht, die erst im Zeitraum zwischen dem achten und dem vierten Monat vor der Wahl eine
Wohnung in der Gemeinde begründeten. Das Wählerverzeichnis könne erst ab dem dritten
Monat vor dem Wahltag erstellt werden. Die Bestimmung des § 22 Abs. 1 Satz 5 MRRG
erfasse Wahlberechtigte; in § 35 Abs. 4 MG SL sei umfassender von Einwohnerinnen und
Einwohnern der Gemeinde die Rede. Die letztgenannte Bestimmung sei unwirksam; ihre
Nichtbeachtung habe im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Wahl keinen Verstoß gegen
wesentliche Wahlvorschriften begründen können. Die Erteilung von Gruppenauskünften
ohne Hinweis auf das Widerspruchsrecht sei rechtmäßig gewesen. Vor Inkrafttreten von §
22 Abs. 1 Satz 1 MRRG habe die Rechtsprechung Gruppenauskünfte selbst bei Fehlen
eines Widerspruchsrechts als nicht unverhältnismäßig angesehen. Dass die
melderechtlichen Vorschriften des § 35 Abs. 1, Abs. 4 MG SL keine Wahlvorschriften seien,
zeige sich auch daran, dass sie nicht mit den Bestimmungen des Kommunalwahlgesetzes
harmonisiert seien. Nach § 35 Abs. 4 MG SL bestehe die Bekanntmachungspflicht acht
Monate vor der Wahl. Zu diesem Zeitpunkt müsse jedoch der Wahltermin nach dem
Kommunalwahlgesetz und der Kommunalwahlordnung noch nicht feststehen. Nach
Kommunalwahlrecht finde die Bürgermeisterwahl frühestens neun Monate vor Ablauf der
Amtszeit des Amtsinhabers statt. Vorliegend habe die Acht-Monats-Frist im Zeitpunkt der
Festlegung des Wahltermins ohnehin nicht eingehalten werden können. Nach § 35 Abs. 4
MG SL lasse sich auch nicht die Verpflichtung zu einer späteren Bekanntmachung in
derartigen Fällen entnehmen. Sie könnte auch den Personenkreis des § 13 Abs. 1 KWG SL
nicht erreichen. Allein der Umstand, dass sich § 35 Abs. 4 MG SL im weiteren Sinne auf
Wahlen beziehe, mache die Bestimmung noch nicht zu einer wesentlichen Wahlvorschrift.
Selbst wenn es sich überhaupt um eine Wahlvorschrift handelte, sei sie nicht wesentlich,
was sich schon daran zeige, dass keine Regelung für den Fall getroffen sei, dass die Acht-
Monats-Frist wegen späterer Festlegung des Wahltermins nicht eingehalten werden könne.
Wesentliche Wahlvorschriften sollten tragende Grundsätze des Wahlrechts sichern oder ein
korrektes Wahlverfahren. Die Herausgabe von Melderegisterdaten zur Wahlvorbereitung
stelle keine unverhältnismäßige Belastung im Sinne von § 7 MG SL dar, zumal sich das
Widerspruchsrecht bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Der Gesetzgeber habe ein
besonderes Interesse an Gruppenauskünften anerkannt. Hierzu ergäbe sich ein klarer
Widerspruch, wenn solche Auskünfte deshalb nicht erteilt werden könnten, weil die
öffentliche Bekanntmachung des Hinweises auf das Widerspruchsrecht unterblieben sei.
Der angebliche Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften wäre zudem nicht kausal
gewesen. Die theoretische Möglichkeit sei hierfür nicht ausreichend. Erforderlich sei nach
den gegebenen Umständen des Einzelfalles eine nach der Lebenserfahrung konkrete und in
greifbare Nähe gerückte Beeinflussung des Wahlergebnisses. Das Verwaltungsgericht habe
lediglich auf die rechnerische Möglichkeit abgestellt. Es stelle sich die Frage, ob die
Annahme realistisch sei, dass eine größere Zahl von Wahlberechtigten aus den Gruppen,
über die Registerdaten weitergegeben worden seien, der Weitergabe dieser Daten an
politische Parteien widersprochen hätte. Zweifelhaft sei, ob die Bekanntmachung
überhaupt von einer größeren Zahl von Personen zur Kenntnis genommen worden wäre.
Nach der Lebenserfahrung sei es nicht wahrscheinlich, dass diese Personen der
Verwendung der Daten widersprochen hätten. Im Anschluss an die letzte öffentliche
Bekanntmachung aus Anlass der Bürgermeisterwahl des Jahres 1997 habe kein einziger
Wahlberechtigter Widerspruch erhoben. Auch entspreche eine Beeinflussung der
Wahlentscheidung durch Wahlwerbebriefe nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.
Wahlberechtigte, die Widerspruch gegen die Weitergabe ihrer Daten erhöben, wünschten in
der Regel keine Wahlwerbung im privaten Bereich. Erhielten sie gleichwohl Werbebriefe,
wäre das geradezu kontraproduktiv. Die Würdigung des (Funktionsvorgängers des)
Beklagten, auch dem anderen Bewerber wären in gleicher Weise Auskünfte erteilt worden,
habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht unter dem Aspekt des rechtswidrigen
Alternativverhaltens gewertet. Zwar wäre bei einer Auskunft an den Beigeladenen zu 3.
oder dessen Partei in gleicher Weise gegen § 35 Abs. 4 MG SL verstoßen worden. Dann
hätte aber nicht festgestellt werden können, dass die Auskunftserteilung an die CDU A-
Stadt das Wahlergebnis beeinflusst hätte. Das zeige, dass eine Beeinflussung allenfalls
durch die Entscheidung der SPD erfolgt sein könnte, auf Auskünfte aus dem Melderegister
zu verzichten. Ergänzend sei zu bemerken, dass die Darstellung des Beigeladenen zu 3. im
Verwaltungsverfahren, nach dem Datenbestand auf der Festplatte des
Arbeitsplatzrechners des bei ihrem Bürgerbüro beschäftigten Verwaltungsangestellten D.
sei von diesem eine Diskette mit Gruppenauskünften über Wahlberechtigte von 60 bis 69
Jahren und älter als 70 Jahre zur Verfügung gestellt worden, unzutreffend sei. Herr D. habe
zwar nach Vorsprache der Beigeladenen zu 2. zunächst zwei Dateien erstellt, da er sich
nicht mehr sicher gewesen sei, auf welche Altersgruppe(n) sich der Auskunftsantrag
bezogen habe. Nach telefonischer Rückfrage bei der Beigeladenen zu 2. habe er – wie von
dieser beantragt – nur eine Diskette betreffend die Altersgruppe „70 Jahre und älter“ bei
ihrer EDV-Abteilung in Auftrag gegeben und ausgehändigt.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1.
Dezember 2006 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des
Saarlandes – 11 K 271/05 – die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, bei § 35 MG SL handele es sich
um eine wesentliche Vorschrift über die Wahlvorbereitung im Sinne von § 61 KWO SL.
Unerheblich sei hierfür, dass die Bestimmung weder im Kommunalwahlgesetz noch in der
Kommunalwahlordnung stehe. Die Auffassung, Wahlvorschriften seien nur solche, die
Wahlorgane und deren Aufgabenbereiche beträfen, finde im Gesetz keine Stütze. Mit ihr
würde § 35 MG SL, der das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betreffe, nicht
ausreichend Rechnung getragen. Wären Verstöße der Meldebehörde der Anfechtung
entzogen, würde die Bestimmung leerlaufen. Die Einwände der Beigeladenen zu 1. griffen
ohnehin allenfalls bei § 47 Abs. 2 KWG SL. Das Verwaltungsgericht habe aber einen Fall
des § 47 Abs. 1 KWG SL angenommen. Der Umstand, dass der Wahltermin weniger als
acht Monate vor der Wahl festgelegt worden sei, mache § 35 Abs. 4 MG SL nicht obsolet.
In diesem Falle könne die Entscheidung der Meldebehörde in einer Ablehnung von
Registerauskünften bestehen. Inwieweit § 35 MG SL mit § 22 MRRG vereinbar sein, sei
unerheblich, jedenfalls liege ein Verstoß vor. Die Ausführungen zur Frage der Kausalität
seien rein spekulativ: Es genüge der „böse Schein“. Auch komme es nicht darauf an, ob zu
einem früheren Zeitpunkt Bürger von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hätten.
Ebenso wenig komme es auf eine Auskunftserteilung an den Beigeladenen zu 3. an. Selbst
wenn die Beigeladene zu 1. mit ihrer Rechtsansicht Erfolg hätte, bliebe der Streit über den
Umfang der erteilten Melderegisterauskünfte. Insoweit verweise er auf seinen
erstinstanzlichen Sachvortrag. Was den Umfang der am 14.3.2005 durch den
Gemeindebediensteten D. erteilten Auskünfte anbelange, so habe die zuständige
Sachbearbeiterin der EDV-Abteilung dem Datenschutzbeauftragten der Stadt A-Stadt
bestätigt, dass sie von Herrn D. den Auftrag erhalten habe, die Dateien der 60-69-jährigen
sowie der 70-100-jährigen Wahlberechtigten auf Diskette zu überspielen, und eine
Telefonnotiz über diesen Auftrag vorgelegt.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 2) und 3) haben zu der Berufung nicht im
Einzelnen Stellung genommen und auch keine Anträge gestellt.
Das Gericht hat gemäß in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beweisbeschluss
durch Vernehmung der beim Bürgerbüro der Beigeladenen beschäftigten
Verwaltungsangestellten C. und D. als Zeugen Beweis darüber erhoben, in welchem
Umfang Vertretern der CDU A-Stadt im Zusammenhang mit der am 10.4.2005
durchgeführten Bürgermeisterwahl Melderegisterauskünfte erteilt wurden, und durch
Vernehmung des Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes von A-Stadt F. und des
Organisationsleiters des CDU-Stadtverbandes von A-Stadt - E. als Zeugen Beweis darüber
erhoben,
a) in welchem Umfang von Vertretern der CDU-A-Stadt in Zusammenhang mit der
Bürgermeisterwahl vom 10.4.2005 Melderegisterauskünfte bei der Stadt A-Stadt eingeholt
wurden,
b) aus welchen sonstigen Quellen Anschriften wahlberechtigter Blieskasteler Bürger und
Informationen über ihre Nationalität beschafft beziehungsweise erlangt wurden.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist in der Sitzungsniederschrift festgehalten. Die
Beteiligten hatten Gelegenheit, in der mündlichen Verhandlung zum Ergebnis der
Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen
und der in dieser Angelegenheit entstanden Behördenunterlagen sowie der Akten 10 Js
1502/05 der Staatsanwaltschaft G-Stadt Bezug genommen. Er war Gegenstand der
mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Dem Rechtsmittel der Beigeladenen zu 1. ist zu entsprechen.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch darauf,
dass die am 10.4.2005 erfolgte Wahl der Beigeladenen zu 2. zur Bürgermeisterin der
Beigeladenen zu 1. von der Kommunalaufsichtsbehörde für ungültig erklärt wird.
Die vom Verwaltungsgericht gemäß den §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1
VwGO zugelassene Berufung ist von der Beigeladenen zu 1. am 11.1.2007 und damit
innerhalb der durch Zustellung des erstinstanzlichen Urteils an sie am 14.12.2006 in Lauf
gesetzten Monatsfrist des § 124 a Abs. 2 Satz 2 VwGO eingelegt und mit am 14.3.2007
bei Gericht eingegangenem Schriftsatz noch rechtzeitig vor Ablauf der zuvor durch
entsprechende Vorsitzendenverfügung antragsgemäß bis zu diesem Tag verlängerten
Berufungsbegründungsfrist (§ 124 a Abs. 3 Satz 3 VwGO) begründet worden. Sie erweist
sich auch sonst als zulässig; insbesondere ist die Beigeladene zu 1. - was nach allgemeiner
Auffassung Voraussetzung für die Zulässigkeit von Beigeladenenrechtsmitteln ist - durch
das angefochtene Urteil nicht nur formell, sondern auch materiell beschwert
vgl. Bader u.a., VwGO, 4. Aufl. 2007, § 66 Rdnr. 8 m.w.N.; OVG des
Saarlandes, Urteil vom 7.2.1986 - 2 R 349/85 - betreffend die
Berufung einer Gemeinde gegen die Ungültigerklärung einer
Gemeinderatswahl durch das Verwaltungsgericht.
Eine materielle Beschwer des Rechtsmittelführers ist anzunehmen, wenn er durch die
angefochtene Entscheidung in seinen unter Verwaltungsrechtsschutz stehenden Interessen
nachteilig berührt wird. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Denn spricht wie hier das
Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil die Verpflichtung der
Kommunalaufsichtsbehörde zur Ungültigerklärung einer Bürgermeisterwahl aus, so wird die
betreffende Gemeinde - hier die Beigeladene zu 1. - in ihrem sich aus der kommunalen
Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 117 LV SL) ergebenden Recht,
ihre Vertretungsorgane nach Maßgabe der einschlägigen kommunalverfassungsrechtlichen
Normen - zur Bürgermeisterwahl vgl. die §§ 56, 59 KSVG - von den dazu berufenen
Bürgern wählen zu lassen, in einer ihre Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln
begründenden Weise nachteilig betroffen
vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 7.2.1986 - 2 R 349/85 -.
Ebenso wie danach das Rechtsmittel der Beigeladenen zu 1. erweist sich allerdings auch
die von dem Kläger erhobene Klage als zulässig; insbesondere ist in Fällen der vorliegenden
Art nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes die
Klage auf Verpflichtung der Kommunalaufsichtsbehörde, die betreffende Wahl für ungültig
zu erklären, die zutreffende Klageart
vgl. OVG des Saarlandes, Urteile vom 29.11.1985 - 2 R 155/85 -;
vom 7.2.1986 - 2 R 349/85 -; im Übrigen Beschluss vom 14.3.2005
- 3 Q 49/04 -.
Das Verwaltungsgericht hat dieser Klage jedoch zu Unrecht in der Sache entsprochen.
Zunächst kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts vorliegend ein gemäß den §§
72 Abs. 1, 48 Abs. 3, 47 Abs. 2 KWG SL zur Ungültigerklärung der Wahl führender
erheblicher Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht darin gesehen werden, dass
die Beigeladene zu 1. als Meldebehörde dem CDU-Stadtverband von A-Stadt, der die
Kandidatur der Beigeladenen zu 2. für das Bürgermeisteramt unterstützt und ihren
Wahlkampf organisiert hat, vor der Wahl auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 MG SL
Auskünfte aus dem Melderegister über Daten von Gruppen von Wahlberechtigten erteilt
hat, obwohl entgegen § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL der Hinweis auf das den Einwohnerinnen
und Einwohnern gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz MG SL zustehende
Widerspruchsrecht gegen diese Auskunftserteilung nicht öffentlich bekannt gemacht
worden war.
Bei den Bestimmungen des § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL handelt es sich bereits nicht
um wesentliche Wahlvorschriften im Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG SL. Eine nähere,
nicht abschließende Erläuterung, welche Verstöße von der letztgenannten Bestimmung
erfasst werden, findet sich zunächst in § 61 KWO SL (in der hier maßgeblichen Fassung
der Bekanntmachung vom 4.2.2004 - Amtsbl. S. 403 -), der über § 100 KWO SL auch auf
Bürgermeisterwahlen Anwendung findet. Danach liegen solche Verstöße insbesondere
dann vor, wenn wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung, die
Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses unzutreffend angewandt wurden oder
unbeachtet geblieben sind. Die letztgenannte Vorschrift bezieht sich zwar nach ihrem
Wortlaut auf § 47 Abs. 1 KWG SL. Gesehen werden muss jedoch, dass in § 47 Abs. 1
KWG SL in seiner bis zum 16.10.2003 geltenden Fassung eben diejenige Regelung
getroffen war, die sich nunmehr in § 47 Abs. 2 KWG SL findet, während in § 47 Abs. 1
KWG SL in der seit dem 17.10.2003 geltenden Fassung nicht mehr von Verstößen gegen
Wahlvorschriften die Rede ist, sondern nunmehr - rein verfahrensrechtlich - bestimmt ist,
dass Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren
beziehen, nur mit den im Kommunalwahlgesetz und in der Kommunalwahlordnung
vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden können. Da § 61 KWO SL in seinem
Wortlaut jedenfalls seit der Bekanntmachung der Kommunalwahlordnung vom 9.2.1999
(Amtsbl. S. 374) unverändert geblieben ist, obwohl die seinerzeit noch in § 47 Abs. 1 KWG
SL getroffene Regelung über die Voraussetzungen der Wahlanfechtung (vgl.
Bekanntmachung des Kommunalwahlgesetzes vom 15.12.1998 - Amtsbl. 1999, S. 76 -)
gemäß dem Art. 2 Nr. 26 des am 17.10.2003 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung
wahlrechtlicher Vorschriften vom 10.9.2003 (Amtsbl. S. 2606) in § 47 Abs. 2 KWG
verlagert wurde und nichts dafür spricht, dass sich § 61 KWO SL bei unverändertem
Wortlaut sowohl auf die früher als auch auf die heute in § 47 Abs. 1 KWG SL enthaltene
Bestimmung bezieht, ist davon auszugehen, dass es sich bei der nach wie vor enthaltenen
Anknüpfung an § 47 Abs. 1 KWG SL - ebenso wie im Übrigen - bei der in § 48 Abs. 3 Satz
1 KWG SL enthaltenen Bezugnahme auf § 47 Abs. 1 KWG SL und bei der in § 80 KWG SL
enthaltenen Bezugnahme auf den früheren, mit Wirkung vom 17.10.2003 zu § 47 Abs. 3
KWG SL gewordenen § 47 Abs. 2 KWG SL (a.F.) - um ein Redaktionsversehen handelt, das
die „Verschiebung“ der vormals in § 47 Abs. 1 KWG SL a.F. getroffenen Regelung in § 47
Abs. 2 KWG SL n.F. nicht berücksichtigt. Streng wörtlich verstanden ergibt die
Bezugnahme auf § 47 Abs. 1 KWG SL weder in § 61 KWO SL noch in § 48 Abs. 3 KWG SL
einen Sinn.
Die danach auf § 47 Abs. 2 KWG SL zu beziehende Erläuterung in § 61 KWO SL, wonach
Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften insbesondere dann vorliegen, wenn
wesentliche Vorschriften über die Wahlvorbereitung, die Wahlhandlung, die Ermittlung oder
die Feststellung des Wahlergebnisses unzutreffend angewandt wurden oder unbeachtet
geblieben sind, mag es zwar rechtfertigen, die Regelungen des § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1
MG SL der Stufe der Wahlvorbereitung zuzuordnen. Damit ist aber noch nicht die Frage
beantwortet, ob es sich hierbei um im Verständnis der §§ 47 Abs. 2 KWG SL, 61 KWO SL
wesentliche Vorschriften handelt. Sie ist zu verneinen.
Wesentliche Wahlvorschriften sind nach den insoweit übereinstimmenden Auffassungen in
Literatur und Rechtsprechung zu inhaltsgleichen Kommunalwahlvorschriften anderer
Bundesländer, denen sich der Senat anschließt, diejenigen Bestimmungen, die die Wahrung
der auch bei Kommunalwahlen beachtlichen, von Verfassungs wegen geltenden tragenden
Grundsätze des Wahlrechts (Art. 28 Abs. 1, 38 Abs. 1 GG, Art. 117 Verf SL, §§ 56 Abs. 1
KSVG SL, 72 Abs. 1, 1 KWG SL), nämlich die allgemeine, unmittelbare, gleiche, freie und
geheime Wahl, sichern sollen
vgl. z.B. OVG Koblenz, Urteil vom 17.12.1991, NVwZ-RR 1992, 255;
OVG Weimar, Urteil vom 20.6.1996 - 2 KO 229/96 - zitiert nach
Juris, Rdnr. 94; VGH Mannheim, Urteil vom 27.1.1997 - 1 S 1741/96
-, ESVGH 47, 130, zitiert nach Juris, Rdnr. 28; Kunze/Merk/Quecke,
Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1989, § 32
Rdnr. 101.
Ebenfalls den wesentlichen Wahlvorschriften zuzurechnen sind solche Bestimmungen, die
die Öffentlichkeit des Verfahrens, korrekte wahlrechtliche Entscheidungen sowie die
zutreffende Ermittlung des Wahlergebnisses gewährleisten sollen, wobei freilich auch diese
Bestimmungen zumindest in aller Regel einen Bezug zu den allgemeinen
Wahlrechtsgrundsätzen aufweisen
vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 17.1.1997, a.a.O.;
Kunze/Merk/Quecke, a.a.O..
Hiervon ausgehend können die Bestimmungen des § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL nicht
den wesentlichen Wahlvorschriften zugeordnet werden. Allerdings ist dem
Verwaltungsgericht darin beizupflichten, dass die in Rede stehenden Bestimmungen eine
an die Durchführung beziehungsweise die Vorbereitung von Wahlen anknüpfende
Ermächtigung zur Erteilung von Auskünften aus dem Melderegister in näher beschriebenem
Umfang an Parteien, Wählergruppen und andere Träger von Wahlvorschlägen enthalten.
Auch ist dem Verwaltungsgericht ferner darin zu folgen, dass die genannten Vorschriften,
indem sie einerseits die Befugnis zur Erteilung solcher Auskünfte begründen, andererseits
diese Befugnis aber davon abhängig machen, dass kein Widerspruch gegen die
Auskunftserteilung erfolgt ist und ein Hinweis auf dieses Widerspruchsrecht zuvor nach
näherer Maßgabe von § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL öffentlich bekannt gemacht wurde, einen
Ausgleich zwischen den Interessen der in der Bestimmung genannten potentiellen
Auskunftsempfänger, die genannten Meldedaten zu erhalten, um die Anhänger der von
ihnen ausgewählten Gruppen von Wahlberechtigten gegebenenfalls mit persönlichen
Anschreiben oder auch sonst individuell ansprechen zu können, und den potentiell
gegenläufigen Interessen von Bürgerinnen und Bürgern vornehmen, die eine Weitergabe
ihrer Meldedaten an dritte nicht staatliche Stellen, generell ablehnen oder schlicht von
Wahlwerbepost oder sonstigen individuellen Ansprachen verschont bleiben wollen. Auch
wenn diese Auskunftserteilung, weil sie die Ansprache von Wahlberechtigten durch
Parteien, Wählergruppen und andere Träger von Wahlvorschlägen unterstützt und damit
die Durchführung von Wahlen fördert, im weiten Sinne einen Bezug zum Demokratieprinzip
aufweist, dient ihre Beschränkung durch das Widerspruchsrecht und die vorherige hierauf
bezogene öffentliche Hinweisbekanntmachung, die vorliegend nicht erfolgt ist, ersichtlich
nicht der Wahrung der genannten Wahlrechtsgrundsätze, sondern trägt, worauf das
Verwaltungsgericht selbst zutreffend hinweist, dem aus Art. 2 Abs. 1 abzuleitenden Recht
der Bürger auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung. Der Sache nach handelt es
sich demnach um eine datenschutzrechtliche Regelung, letztlich, da § 35 Abs. 1 MG SL in
begrenztem Umfang und abhängig von der Erfüllung weiterer Anforderungen, eben auch
des § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL, die Herausgabe von Melderegisterdaten an Dritte ermöglicht,
um eine Einschränkung des Datenschutzes zur Unterstützung demokratischer Wahlen,
nicht aber um eine eigentliche Wahlvorschrift, die auf die Sicherung der
Wahlrechtsgrundsätze abzielt. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der vom
Verwaltungsgericht hervorgehobenen Stellung der Parteien als verfassungsrechtliche
Institution
Art. 21 GG; BVerfG, Urteil vom 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 -, DÖV 1977,
282, 285,
zumal Empfänger der Melderegisterauskünfte nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL nicht nur
politische Parteien, sondern auch sonstige Wählergruppen und Träger von Wahlvorschlägen
sein können. Im Übrigen sind Adressaten des § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL nicht
die gemäß den §§ 73, 5 KWG SL zuständigen Wahlorgane, sondern die Meldebehörde.
Auch das spricht mit Gewicht dafür, dass die betreffenden Bestimmungen nicht darauf
abzielen, die Wahlrechtsgrundsätze während der Wahlvorbereitung zu wahren. Ebenfalls
fehl geht der Hinweis des Klägers, dass Verstöße gegen die genannten melderechtlichen
Bestimmungen, wenn diese nicht den wesentlichen Wahlvorschriften zugeordnet werden,
sanktionslos blieben. In Betracht kommen im Falle solcher Verstöße datenschutzrechtliche
oder melderechtliche Sanktionen (z.B. § 38 MG SL) beziehungsweise eine „Sanktion“ durch
Schadensersatzansprüche
vgl. zu letzterem Medert/Süßmuth, MRRG, Stand November 2005, §
22 MRRG Rdnr. 10 c.
Die durch § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL nach näherer Maßgabe ermöglichte Erteilung
von Melderegisterauskünften mag zwar die Parteien, Wählergruppen und sonstigen Träger
von Wahlvorschlägen dabei unterstützen, bestimmte nach Alter definierte Gruppen von
Wahlberechtigten individuell anzusprechen, stellt jedoch mit Blick auf zahlreiche andere
Möglichkeiten, Wahlwerbung zu betreiben oder in den Besitz von Adressen von
Wahlberechtigten zu gelangen (vgl. z.B. die Abfrage von im Internet angebotenen
Adressendatenbanken) keine zentrale oder gar unverzichtbare Voraussetzung für eine
Kontaktaufnahme mit Wahlberechtigten dar, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass die
SPD A-Stadt, die den Beigeladenen zu 3. unterstützt hat, von vorneherein auf eine solche
Auskunftserteilung verzichtet hat.
Kann danach § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG SL nicht als wesentliche Wahlvorschrift im
Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG SL verstanden werden, so stellt sich ferner der
Umstand, dass der CDU-Stadtverband von A-Stadt auf der Grundlage von § 35 Abs. 1 MG
SL „überhaupt“ Melderegisterauskünfte erhalten hat, obwohl die Voraussetzungen des §
35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL nicht erfüllt waren, nicht zugleich als Verstoß gegen wesentliche
Wahlvorschriften in Form einer unmittelbaren Verletzung eines der unabhängig von einer
einfachgesetzlichen Positivierung von Verfassungs wegen geltenden Wahlrechtsgrundsätze
dar.
Erörterungsbedürftig ist dies hier allein hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichheit der
Wahl, der auch das Gebot der Chancengleichheit einschließt, das wiederum verletzt sein
kann, wenn staatliche Stellen eine Partei, eine sonstige Wählergruppe oder eine
Kandidatin/einen Kandidaten einseitig unterstützen
BVerfG, Urteil vom 2.3.1977 - 2 BvE 1/76 -, DÖV 1977, 282, 285,
betreffend eine von der Regierungspartei im Wahlkampf nutzbare
Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung; VGH München, Urteil vom
29.11.1991 - 4 B 91.601 -, BayVBl. 1992, 272, betreffend die
Neutralitätspflicht der Gemeinden und ihrer Organe im
Kommunalwahlkampf; VGH Mannheim, Urteil vom 16.5.2007 - 1 S
567/07 - zitiert nach Juris, betreffend einen amtierenden
Bürgermeister, der dienstliche Mittel eingesetzt hat, um die Fertigung
ihm günstiger Leserbriefe zu unterstützen; OVG des Saarlandes,
Beschlüsse vom 3.6.2004 - 1 W 21/04 - und vom 14.3.2005 - 3 Q
49/04 -; außerdem Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik
Deutschland, Band 1, S. 240.
Freilich liegt nicht in jedem Verstoß gegen die Regelungen des § 35 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 MG
SL gleichsam automatisch auch eine Verletzung der Chancengleichheit. Ausschließen lässt
sich das beispielsweise in Fallgestaltungen, in denen die Hinweisbekanntmachung nach §
35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL versäumt wurde, gleichwohl aber sämtlichen Parteien,
Wählergruppen und anderen Trägern von Wahlvorschlägen Melderegisterauskünfte erteilt
wurden. Auf der anderen Seite kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass eine
einseitige Bevorzugung eines der nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Begünstigten bei der
Erteilung von Melderegisterauskünften die Chancengleichheit der übrigen Bewerber
verletzen kann, zum Beispiel wenn einer Seite Auskünfte erteilt werden, die den
Mitbewerbern verweigert werden oder – worauf noch zurückzukommen ist – einer „Partei“
einseitig in einem das nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässige eindeutig überschreitenden
Umfang Melderegisterauskünfte erteilt werden.
Darin, dass die Meldebehörde dem CDU-Stadtverband von A-Stadt Gruppenauskünfte nach
§ 35 Abs. 1 MG SL erteilt hat, obwohl der Hinweis auf das den Bürgerinnen und Bürgern
zustehende Widerspruchsrecht, nicht wie nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL vorgeschrieben,
zuvor öffentlich bekannt gemacht worden war, vermag der Senat indes keine, jedenfalls
keine im Sinne von § 47 Abs. 2 KWG SL erhebliche Verletzung der Chancengleichheit zu
erkennen, wobei in diesem Zusammenhang klarzustellen ist, dass sich diese Beurteilung
auf die Erteilung von Auskünften im Rahmen des nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL
Zulässigen beschränkt, deren Rechtswidrigkeit sich hier allein aus der Nichtbeachtung von §
35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL ergibt. Eine Verletzung der Chancengleichheit zum Nachteil des
alleinigen Gegenkandidaten der Beigeladenen zu 2, des Beigeladenen zu 3.,
beziehungsweise der ihn unterstützenden SPD-A-Stadt ist hier deshalb zu verneinen, weil
Letztere von vorneherein auf Melderegisterauskünfte gemäß § 35 Abs. 1 MG SL verzichtet
hat, um – nach eigenem Bekunden – den Eindruck zu vermeiden, der Beigeladene zu 3.
habe sich als seinerzeit amtierender Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter
Ausnutzung seiner Amtsstellung nicht gerechtfertigte Vorteile verschafft.
Ausgehend von ihrer eigenen Entscheidung, auf Auskünfte aus dem Melderegister zu
verzichten, mussten die SPD und ihr Bürgermeisterkandidat, dem im Übrigen als
amtierendem Bürgermeister die Verantwortung für ein korrektes Verwaltungshandeln auch
der Meldebehörde oblag, in Rechnung stellen, dass sich die Meldebehörde ordnungsgemäß
verhalten und die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung von Gruppenauskünften
gemäß § 35 Abs. 1 MG SL an Parteien, Wählergruppen und sonstige Träger von
Wahlvorschlägen herbeiführen würde und demgemäß andere Wahlbewerber diese
Auskünfte in gesetzlich vorgesehenem Umfang erhalten würden. Dass solche Auskünfte
letztlich erteilt wurden, obwohl die Hinweisbekanntmachung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL
versäumt worden war, mag die Auskunftserteilung zwar rechtswidrig machen, verletzt
aber nicht das Gebot der Chancengleichheit im Verhältnis zu dem einzigen
Gegenkandidaten, dem Beigeladenen zu 3. beziehungsweise der ihn unterstützenden SPD.
Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn dem Beigeladenen zu 3.
beziehungsweise der SPD A-Stadt die gleichen Auskünfte unter Hinweis auf das Fehlen der
vorgeschriebenen Hinweisbekanntmachung verweigert worden wären. Das behauptet der
Kläger indes selbst nicht.
Eine andere Beurteilung lässt sich nicht mit dem Argument begründen, mangels
Hinweisbekanntmachung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL hätten die der CDU-A-Stadt
erteilten Melderegisterauskünfte auch die Namen und Adressen von Wahlberechtigten
umfasst, die einer Auskunftserteilung widersprochen hätten, wenn sie rechtzeitig auf ihr
Widerspruchsrecht hingewiesen worden wären. Diese Argumentation beruht zunächst auf
der Prämisse, dass überhaupt Wahlberechtigte einer Auskunftserteilung widersprochen
hätten. Bereits das darf indes keineswegs unterstellt werden, zumal – wie die Beigeladene
zu 1. unwidersprochen vorgetragen hat (Berufungsbegründung vom 12.3.2007, Bl. 272
der Akten) – im Anschluss an die Hinweisbekanntmachung aus Anlass der
Bürgermeisterwahl im Jahr 1997 kein einziger Wahlberechtigter der Erteilung von
Melderegisterauskünften an Parteien beziehungsweise Wahlbewerber widersprochen hatte.
Aber auch wenn zugunsten des Klägers einmal unterstellt wird, die Chancengleichheit wäre
vorliegend berührt, weil unter Missachtung von § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL dem CDU-
Stadtverband von A-Stadt Melderegisterauskünfte erteilt worden sind, die auch Namen und
Adressen von Wahlberechtigten einschlossen, die einer Auskunftserteilung widersprochen
hätten, wären sie rechtzeitig auf ihr Widerspruchsrecht hingewiesen worden, läge jedenfalls
mit Blick auf diesen Personenkreis kein im Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG SL erheblicher
Verstoß gegen das Gebot der Gleichheit der Wahl als wesentlichem Wahlrechtsgrundsatz
vor.
Nach der letztgenannten Bestimmung ist ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften
nur dann erheblich, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch den Verstoß die Verteilung
der Sitze, d.h. bezogen auf die Bürgermeisterwahl (§ 72 Abs. 1 KWG SL) der Wahlausgang
beeinflusst worden ist. Auszugehen ist dabei zunächst davon, dass der saarländische
Landesgesetzgeber, indem er gemäß § 72 Abs. 1 KWG SL die Anwendung auch von § 47
Abs. 2 KWG SL für die Prüfung von Bürgermeisterwahlen vorschreibt, eindeutig zum
Ausdruck bringt, dass, obwohl es sich bei der Bürgermeisterwahl um die Wahl eines
Exekutivorganes und nicht um die Wahl eines Parlamentes handelt und von daher der
sogenannte Erheblichkeitsgrundsatz nicht von Verfassungs wegen gilt
vgl. BVerwG, Urteil vom 8.4.2003 - 8 C 14/02 - zitiert nach Juris,
die Rechtsfolge der Ungültigerklärung der Wahl nicht schon bei jedem Verstoß gegen
wesentliche Wahlvorschriften, sondern nur dann eintreten soll, wenn der Rechtsverstoß in
dem Sinne erheblich ist, dass ohne ihn die Möglichkeit eines anderen Wahlausganges
besteht.
Nicht ausreichend ist hierfür jede - theoretisch - denkbare Möglichkeit des Einflusses auf
den Wahlausgang; auch genügt nicht der „böse Schein“. Erforderlich ist vielmehr die nach
allgemeiner Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende Möglichkeit des
Einflusses des Rechtsverstoßes auf das Wahlergebnis
BVerwG, Urteil vom 18.4.1997 - 8 C 5/96 -, E 104, 323, zitiert nach
Juris, Rdnr. 21, zu den Anforderungen des von Verfassungs wegen
bei Parlamentswahlen geltenden Erheblichkeitsgrundsatzes; im
Übrigen VGH Mannheim, Urteil vom 16.5.2007 - 1 S 567/07 - zitiert
nach Juris, Rdnr. 48; OVG Weimar, Urteil vom 20.6.1996 - 2 KO
nach Juris, Rdnr. 48; OVG Weimar, Urteil vom 20.6.1996 - 2 KO
229/96 -, zitiert nach Juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom
5.1.2007 - 3 Y 14/06 -.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann nach der Lebenserfahrung nicht ernstlich von
der konkreten Möglichkeit ausgegangen werden, dass bei einer Stimmendifferenz von
(5766 – 5363 =) 403 Wählerstimmen zwischen Beigeladener zu 2. und Beigeladenem zu
3. aus den Gruppen derjenigen Wahlberechtigten, über die überhaupt
Melderegisterauskünfte erteilt wurden, eine so große Anzahl derjenigen Wahlberechtigten,
die im Falle einer rechtzeitigen Hinweisbekanntmachung der Weitergabe ihrer
Melderegisterdaten zu Wahlwerbezwecken widersprochen hätten, durch die gleichwohl an
sie gerichteten Wahlbriefe der Beigeladenen zu 2. dazu bewogen wurde, diese überhaupt
oder anstelle des Beigeladenen zu 3. zu wählen, dass es ohne die Herausgabe der auch
diesen Personenkreis umfassenden Melderegisterdaten zu einem anderen Wahlausgang
gekommen wäre. Gegen die Annahme, es hätten überhaupt Wahlberechtigte aus den
Gruppen, über die Melderegisterauskünfte erteilt wurden, in mit Blick auf die
Stimmendifferenz zwischen den beiden Kandidaten nennenswerter Anzahl der Weitergabe
ihrer Melderegisterdaten widersprochen, lässt sich bereits mit Gewicht anführen, dass –
wie bereits ausgeführt – nach der Hinweisbekanntmachung anlässlich der
vorangegangenen Bürgermeisterwahl kein einziger Widerspruch bei der Beigeladenen zu 1.
eingegangen ist.
Hinzu kommt, dass es nach der Lebenserfahrung zumindest sehr fernliegend erscheint,
dass Wahlberechtigte, die eine persönliche Ansprache durch Wahlwerbung derart ablehnen,
dass sie nach einer Hinweisbekanntmachung gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL selbst aktiv
geworden wären und der Weitergabe ihrer persönlichen Daten zu diesem Zweck
widersprochen hätten, sich in nennenswerter Anzahl gerade für die Kandidatin/den
Kandidaten entschieden haben sollten, die/der sie mit von ihnen unerwünschten
Wahlwerbeschreiben behelligt hat, und zwar gerade aufgrund dieser Schreiben.
Selbst wenn durch den Umstand, dass unter den Wahlberechtigten, über die dem CDU-
Stadtverband von A-Stadt Melderegisterauskünfte erteilt wurden, auch solche gewesen
sein könnten, die im Falle einer rechtzeitigen Hinweisbekanntmachung der Weitergabe ihrer
Daten zu Wahlwerbezwecken widersprochen hätten, überhaupt das Gebot der
Chancengleichheit tangiert gewesen sein sollte, fehlte es in Anbetracht der
Stimmendifferenz zwischen den beiden Kandidaten von rund 400 Wählerstimmen an einer
nicht bloß theoretisch denkbaren, sondern nach allgemeiner Lebenserfahrung konkreten
und nicht ganz fernliegenden Möglichkeit des Einflusses dieses Umstandes auf den
Wahlausgang im Sinne der zitierten Rechtsprechung.
Ist danach entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts darin, dass die Meldebehörde der
Beigeladenen zu 1. dem CDU-Stadtverband von A-Stadt Melderegisterauskünfte gemäß §
35 Abs. 1 Satz 1 MG SL erteilt hat, obwohl die gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 1 MG SL
vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung des Hinweises auf das den Bürgerinnen und
Bürgern gegen diese Auskunftserteilung zustehende Widerspruchsrecht versäumt worden
war, kein im Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG erheblicher Verstoß gegen wesentliche
Wahlvorschriften zu sehen, so vermochte der Senat ferner nicht festzustellen, dass dem
CDU-Stadtverband von A-Stadt beziehungsweise der Beigeladenen zu 2.
Melderegisterauskünfte in einem Umfang erteilt wurden, der als erheblicher Verstoß im
Sinne der letztgenannten Vorschrift zu werten ist.
Wie bereits dargelegt, kann der unmittelbar von Verfassungs wegen geltende Grundsatz
der Gleichheit der Wahl, der auch das Gebot der Chancengleichheit der Bewerber umfasst
und unter diesem Aspekt für staatliche Stellen im Wahlkampf eine Neutralitätspflicht
begründet, durchaus verletzt werden, wenn staatliche Stellen, eine Partei, eine
Wählergruppe oder eine Kandidatin/einen Kandidaten einseitig unterstützen. Eine solche die
Chancengleichheit tangierende einseitige Unterstützung kann zum Beispiel darin bestehen,
dass die Meldebehörde einer „Partei“ im Wahlkampf Melderegisterauskünfte zur Verfügung
stellt, die sie dem/den Mitwerber(n) verweigert oder aber auch darin, dass sie einer Seite in
einem Umfang Melderegisterdaten zur Wahlwerbezwecken zur Verfügung stellt, der über
dass nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässige hinausgeht und (daher) von den die
gesetzlichen Grenzen beachtenden anderen Teilnehmern an der Wahl so nicht beantragt
wurden oder beantragt worden wäre. Diese Möglichkeit lässt sich vorliegend nicht mit der
Erwägung ausschließen, die SPD-A-Stadt habe von vornherein auf die Erteilung von
Melderegisterauskünften verzichtet und sich damit aus freien Stücken der Möglichkeit
begeben, Auskünfte in gleichem Umfang wie die CDU-A-Stadt zu erlangen. Denn die SPD-A-
Stadt durfte bei ihrer Willensentschließung hinsichtlich des Verzichts auf eine solche
Auskunftserteilung, was die Auswirkungen ihrer Entscheidung auf ihre Wahlchancen
anbelangt, davon ausgehen, dass die CDU-A-Stadt solche Auskünfte nur im Rahmen des
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässigen erhalten würde.
Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits keiner Vertiefung, denn nach
Auswertung der Verwaltungsunterlagen des Wahlanfechtungsverfahrens bei der
Kommunalaufsichtsbehörde und der Akten 10 Js 1502/05 der Staatsanwaltschaft G-Stadt,
nach Würdigung des Vorbringens der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren und nach dem
Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nicht
feststellen, dass der CDU-A-Stadt oder der Beigeladenen zu 2. in dem der
Bürgermeisterwahl vom 10.4.2005 vorangegangenen Wahlkampf Melderegisterauskünfte
in einem Umfang zur Verfügung gestellt wurden, der als im Verständnis von § 47 Abs. 2
KWG SL erhebliche Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl und damit einer
wesentlichen Wahlvorschrift zu werten ist.
Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wurden dem CDU-Stadtverband A-Stadt
beziehungsweise der Beigeladenen zu 2. im Vorfeld der hier in Rede stehenden
Bürgermeisterwahl bei zwei Gelegenheiten Melderegisterauskünfte erteilt: Zunächst Mitte
Januar 2005 auf Antrag des Zeugen - E., der im CDU-Stadtverband von A-Stadt als
Organisationsleiter fungiert und nach seiner glaubhaften Darstellung in herausgehobener
Stellung in dem Wahlkampfteam tätig war, das die Kandidatur der Beigeladenen zu 2.
unterstützte, und sodann am 14.3.2005 auf Antrag der Beigeladenen zu 2. selbst.
Was zunächst die Mitte Januar 2005 erteilte Auskunft anbelangt, so hat der hierzu als
Zeuge vernommene Verwaltungsangestellte C., der seinerzeit als Sachbearbeiter im
Bürgerbüro der Beigeladenen zu 1. tätig war und den Auskunftsantrag des Zeugen E.
bearbeitet hatte, zwar anlässlich seiner Befragung während des
Wahlanfechtungsverfahrens bei der Kommunalaufsichtsbehörde ebenso wie anlässlich
seiner Vernehmung durch den Senat angegeben, er könne sich nicht mehr daran erinnern,
welche (Alters-)Gruppe(n) von Wahlberechtigten diese Auskunftserteilung umfasste. Bei
seiner gerichtlichen Vernehmung bekundete er indes weiter, er wisse noch, dass die
Auskunftserteilung nur einen geringen Anteil an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten
ausgemacht habe. Der Zeuge E. gab bei seiner gerichtlichen Vernehmung an, bei dem
Zeugen C. Mitte Januar 2005 eine Melderegisterauskunft über Erstwähler, das heißt die
Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren beantragt und auch erhalten zu haben. Diese
Aussage wird von dem Zeugen F. bestätigt, dem Stadtverbandsvorsitzenden der CDU-A-
Stadt, der ebenfalls nach eigenem glaubhaften Bekunden im Wahlkampfteam der
Beigeladenen zu 2. engagiert war. Der Zeuge F. hat sich anlässlich seiner Vernehmung vor
dem Senat dahin geäußert, seiner Erinnerung nach seien in dem in Rede stehenden
Bürgermeisterwahlkampf von Seiten der CDU-A-Stadt Melderegisterauskünfte über
Jungwähler und Senioren beantragt worden, das sei die übliche Handhabung. Er erinnere
sich, dass die erste Auskunft Jungwähler zum Gegenstand gehabt habe und die zweite –
auf die noch zurückzukommen ist – Senioren. Der ebenfalls als Zeuge vernommene, im
Bürgerbüro der Beigeladenen zu 1. tätige Verwaltungsangestellte D. hat angegeben, er sei
mit der Auskunftserteilung im Januar 2005 selbst nicht unmittelbar befasst gewesen,
sondern habe lediglich auf Wunsch des Zeugen C. die Rechnung erstellt, da er auf seinem
Arbeitsplatzrechner noch über eine entsprechende Textvorlage verfügt habe. Bei dieser
Gelegenheit habe er jedoch nicht erfahren, in welchem Umfang Auskünfte erteilt worden
waren.
Hinsichtlich der am 14.3.2005 von der Beigeladenen zu 2. selbst beantragten und ihr auch
erteilten Auskunft, die der Zeuge D. bearbeitet hat, haben die Zeugen übereinstimmend
bekundet, dass die auf Diskette übergebenen Melderegisterdaten die Gruppe der Senioren
zum Gegenstand hatten. Das deckt sich auch mit dem Ergebnis einer Überprüfung der
Festplatte des Arbeitsplatzrechners des Zeugen D. auf der Gruppenauskünfte betreffend
Männer und Frauen zwischen 60 und 69 Jahren sowie betreffend Männer und Frauen über
70 Jahren aufgefunden wurden. Eine gewisse Unklarheit besteht allerdings hinsichtlich der
Frage, ob auf der der Beigeladenen zu 2. seinerzeit ausgehändigten Diskette beide Dateien
abgespeichert waren oder nur die Datei, die die Personengruppe „70 Jahre und älter“
betraf. Der Zeuge D. hat hierzu ausgesagt, er habe die Anfrage nicht direkt bei Vorsprache
der Beigeladenen zu 2., sondern erst später im Laufe des Vormittags bearbeitet. Zu
diesem Zeitpunkt habe er sich nicht mehr genau daran erinnert, ob die Beigeladene zu 2.
eine Auskunft betreffend allgemein Seniorinnen und Senioren im Sinne von
Wahlberechtigten über 60 Jahren oder nur betreffend die Gruppe „70 Jahre und älter“
beantragt hatte. Er habe daraufhin beide Dateien erzeugt und, nachdem er auf
telefonische Rückfrage bei der Beigeladenen zu 2. erfahren habe, dass nur die
Personengruppe „70 Jahre und älter“ gemeint war, bei der EDV-Abteilung nur die
Speicherung der letztgenannten Datei auf Diskette in Auftrag gegeben. Diese Darstellung
wird in ihrem wesentlichen Kern durch die Bekundungen der übrigen Zeugen gestützt. So
hat der Zeuge C. angegeben, dass der Zeuge D. bei ihm am 14.3.2005 zu Hause
angerufen habe, ihn informiert habe, dass die CDU einen zweiten Auskunftsantrag gestellt
habe, der Wähler über 70 Jahre betreffe, und sich erkundigt habe, ob hierüber eine zweite
Rechnung ausgestellt werden solle. Der Zeuge E. hat ausgeführt, man habe sich nach
Diskussionen im Wahlkampfteam dahin entschieden, eine Auskunft nur hinsichtlich der
Altersgruppe „70 Jahre und älter“ zu beantragen, da es den Mitgliedern des Teams
schwierig vorgekommen sei, ein Anschreiben zu formulieren, das die gesamte Altersgruppe
60 bis 90 interessengerecht abdecke. Die damalige Überlegung sei dahin gegangen, dass
es kontraproduktiv sein könne, einen 60-Jährigen bereits als Senior anzusprechen. Der
Zeuge F. glaubte sich ebenfalls daran zu erinnern, dass die Anfrage im März 2005
„Senioren ab 70 oder 69“ betraf.
Der Senat verkennt nicht, dass den genannten Zeugen, jedenfalls aber den Zeugen C., E.
und F. ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits nicht abgesprochen werden kann.
Hinsichtlich der Zeugen E. und F. liegt das schon deshalb auf der Hand, da bei ihnen als
Vertreter des CDU-Stadtverbandes von A-Stadt ein Interesse daran, dass es bei dem für
die CDU günstigen Ergebnis der fraglichen Bürgermeisterwahl verbleibt, unterstellt werden
darf. Bezüglich des Zeugen C. gilt dies deshalb, weil die etwaige Feststellung, er habe über
dass nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässige hinaus der CDU-A-Stadt Melderegisterdaten
für Wahlkampfzwecke zur Verfügung gestellt, im Ergebnis auf die Feststellung einer nicht
unbeträchtlichen dienstlichen Verfehlung hinauslaufen könnte. Ungeachtet dieser
Interessenlagen der genannten Zeugen hat der Senat indes zunächst keinen objektiven
Grund zu der Annahme, dass diese bei ihren Aussagen hinsichtlich des Umfanges der Mitte
Januar 2005 dem CDU-Stadtverband erteilten Melderegisterauskünfte die Unwahrheit
gesagt haben. So deckt sich die Angabe des Zeugen C., bei dieser Gelegenheit seien nur in
geringem Umfange Melderegisterdaten zur Verfügung gestellt worden im Ergebnis mit den
Aussagen der Zeugen E. und F., Mitte Januar 2005 seien Meldregisterauskünfte hinsichtlich
der Gruppe der Jung- beziehungsweise Erstwähler beantragt und entgegen genommen
worden, wenn berücksichtigt wird, dass die Gruppe der Jung- beziehungsweise Erstwähler
nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beigeladenen zu 1. in einem Vermerk
vom 6.7.2005 betreffend das Ergebnis der Untersuchung der Festplatte des
Arbeitsplatzrechners des Zeugen C. lediglich 10,44 Prozent der Gesamtwähler ausmachte,
die betreffende Datei mithin in der Tat einen nur geringen Umfang hatte.
Soweit von Seiten des Beigeladenen zu 3. in der mündlichen Verhandlung in diesem
Zusammenhang geltend gemacht wurde, es sei nicht nachvollziehbar, dass der Zeuge F.
sich nunmehr genau daran erinnern könne, dass im Januar 2005 nur eine
Melderegisterauskunft über Jungwähler erteilt worden sei, während er noch in seiner
Stellungnahme vom 8.8.2005 gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde ausgeführt
habe, es sei eine Reihe von Melderegisterauskünften zu nach Lebensalter gestaffelten
Gruppen von Wahlberechtigten beantragt worden, deren Ausgestaltung im Detail sich nicht
mehr nachvollziehen lasse, ist darauf zu verweisen, dass der Zeuge F. im weiteren Gang
seiner Aussage bekundet hat, er habe in einem Gespräch mit dem Landrat L. als
Funktionsvorgänger des Beklagten, bei dem auch der (damalige) Rechtsdezernent des
Saar-Pfalz-Kreises zugegen gewesen sei, vor der die Wahlanfechtung zurückweisenden
Verwaltungsentscheidung angegeben, dass sich die von der CDU eingeholten
Melderegisterauskünfte auf Jungwähler und Senioren bezogen hätten. Diese Angaben
haben dann auch entgegen der Darstellung des Beigeladenen zu 3. in den die
haben dann auch entgegen der Darstellung des Beigeladenen zu 3. in den die
Wahlanfechtung des Klägers und seine eigene Wahlanfechtung zurückweisenden
Verwaltungsentscheidungen vom 12.8.2005 durchaus ihren Niederschlag gefunden. Zwar
sind in diesen Bescheiden die – schriftlichen - Äußerungen des CDU-Stadtverbandes von A-
Stadt vom 8.8.2005 (und inhaltsgleich in einem Schreiben vom 7.7.2005) wiedergegeben.
In der Begründung der getroffenen Entscheidung heißt es dann jedoch, der CDU-
Stadtverband habe eingeräumt, Daten von Jungwählern und von Senioren erhalten zu
haben (siehe Seite 7 des an den Kläger ergangenen Bescheides vom 12.8.2005 und Seite
8 des an den Beigeladenen ergangenen Bescheides vom 12.8.2005). Da weder den an der
betreffenden Stelle in Bezug genommenen Schreiben des CDU-Stadtverbandes vom
22.6.2005 und vom 7.7.2005 noch dem Schreiben vom 8.8.2005 die Angabe zu
entnehmen ist, dass die Melderegisterauskünfte Jungwähler und Senioren betroffen haben,
spricht alles dafür, dass die damals zuständige Kommunalaufsichtsbehörde diese
Information anlässlich des von dem Zeugen F. geschilderten Gesprächs mit dem Landrat L.
erlangt hat.
Die Unrichtigkeit der Bekundungen der Zeugen E. und F., im Januar 2005 sei (lediglich) eine
Melderegisterauskunft über die Gruppe der Jung- beziehungsweise Erstwähler beantragt
und erteilt worden, lässt sich ferner nicht aus dem Ergebnis der bereits erwähnten
Untersuchung der Festplatte des Arbeitsplatzrechners des Zeugen C. herleiten. Allerdings
wurden bei dieser Untersuchung Dateien beziehungsweise Fragmente von teilweise
überschriebenen Dateien aufgefunden, die zum einen Senioren ab Geburtsdatum 1.1.1940
und älter, Familiennamen K. bis S., insgesamt 1618 Datensätze, und zum anderen Frauen
der Geburtsjahrgänge 1960, 1961, 1962 und 1963, insgesamt 653 Datensätze, zum
Gegenstand hatten. Das erlaubt jedoch nicht den Schluss, der Zeuge C. habe Mitte Januar
2005 dem CDU-Stadtverband A-Stadt Gruppenauskünfte hinsichtlich der so beschriebenen
Gruppen von Wahlberechtigten erteilt. Der Zeuge C., dem das Ergebnis der Untersuchung
der Festplatte seines Arbeitsplatzrechners anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat
vorgehalten wurde, hat nämlich insoweit durchaus nachvollziehbar bekundet, seine
Tätigkeit bringe es des Öfteren mit sich, dass er solche Datenbestände erzeugen müsse,
um hausinternen Anfragen Rechnung zu tragen. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn
Altennachmittage veranstaltet werden sollten und das zuständige Amt die Einladungen
fertigen wolle oder wenn solche Auskünfte für Planungen, zum Beispiel die Erstellung von
Dorfentwicklungsplänen, benötigt würden. Es gebe insoweit eine Vielzahl von Anfragen zum
Beispiel auch von privaten Interessenten, für deren Beantwortung Datenbestände nach
Altersgruppen oder nach Geschlecht erstellt werden müssten. Das bedeute in den
letztgenannten Fällen freilich nicht, dass diesen Anfragern der „komplette“ Datenbestand,
etwa die Namen und die Anschriften der zu der betreffenden Gruppe gehörenden Personen
mitgeteilt würden. Herausgegeben werde in aller Regel nur die Zahl der
Gruppenangehörigen; nur in einem Promille der Fälle, jedenfalls ganz ganz selten, werde
auch eine Diskette erstellt und herausgegeben.
Die Richtigkeit dieser Darstellung sieht der Senat nicht durchgreifend durch den Einwand
des Beigeladenen zu 3. in Frage gestellt, rein statistische Auskünfte ließen sich mittels
eines Statistikprogrammes mit geringerem Aufwand erledigen, denn der Zeuge C. hat auf
diesen Einwand schlüssig erklärt, dass je nach Art der Anfrage häufig die Verwendung der
Standardfunktion erforderlich sei, und es auch Anfragen von anderen Stellen gebe, die mit
Blick auf bestimmte Wählergruppen gehalten würden und zu deren Beantwortung ebenfalls
die Standardfunktion verwendet werden müsse. Hinsichtlich des Dateifragmentes
betreffend Frauen der Geburtsjahrgänge 1960, 1961, 1962 und 1963 gab der Zeuge
freilich an, es sei ihm unerklärlich, wo dieser Datenbestand herkomme. Er könne sich auch
keinen Reim darauf machen, wozu ein nach diesen Kriterien erstellter Datenbestand
benötigt worden sein könnte. Der Zeuge C. hat jedoch im weiteren bekundet, er könnte zu
100 Prozent sagen, dass dieser Datenbestand nicht zur Beantwortung einer
Auskunftsanfrage der CDU-A-Stadt aus Anlass der hier in Rede stehenden Wahl erzeugt
beziehungsweise an die CDU-A-Stadt herausgegeben worden sei. Diese Aussage kann nicht
widerlegt werden, zumal sich weder aus den Bekundungen der übrigen Zeugen noch aus
den von der CDU erstellten Wahlwerbebriefen noch aus den Verwaltungsunterlagen
betreffend das Wahlanfechtungsverfahren oder dem Vorbringen der Beteiligten im
Gerichtsverfahren irgendwelche Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass weibliche Wähler
gerade dieser Geburtsjahrgänge von der CDU-A-Stadt in dem hier in Rede stehenden
Bürgermeisterwahlkampf gezielt angesprochen wurden.
Auch aus dem Umstand, dass der CDU-Stadtverband A-Stadt in dem in Rede stehenden
Bürgermeisterwahlkampf, wie von dem Kläger mit seiner Wahlanfechtung vorgelegte
Beispiele zeigen, in der Lage war, persönlich adressierte Wahlwerbebriefe an die
verschiedensten Wählergruppen, und zwar an die Jungwähler, an weibliche Wähler, an
männliche Wähler, die nicht zu den Erstwählern oder den Senioren gehörten, an alle
männlichen und weiblichen Senioren sowie in der jeweiligen Landessprache an russisch-
stämmige und italienisch-stämmige Wahlberechtigte zu versenden und mit diesen
individuellen Anschreiben die Wahlberechtigten praktisch „flächendeckend“ zu erreichen,
erlaubt nicht den Schluss, dass dem CDU-Stadtverband entgegen den Bekundungen der
vernommenen Zeugen im Januar 2005 über das nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässige
hinaus Auskünfte über weitere Gruppen von Wahlberechtigten erteilt wurden. Hinsichtlich
der an die Jungwähler und an die Seniorinnen und Senioren adressierten Wahlwerbebriefe,
jedenfalls soweit Letztere damals 70 Jahre und älter waren, bedarf dies keiner näheren
Erörterung, da durch entsprechende Zeugenaussagen bestätigt ist, dass hinsichtlich dieser
Wählergruppen Melderegisterauskünfte beantragt und auch erteilt wurden. Insoweit dürfte
auch zwischen den Beteiligten kein Streit bestehen. Was die übrigen durch
Wahlwerbebriefe angesprochenen Gruppen anbelangt, so haben die Zeugen E. und F.
nachvollziehbar ausgeführt, die Melderegisterauskünfte seien nur eine von mehreren
Informationsquellen gewesen, aus denen Erkenntnisse über unter anderem durch
persönliche Wahlwerbeschreiben ansprechbare Wahlberechtigte erlangt worden seien.
Weitere Quellen seien im Internet zugängliche Adressdatenbanken wie „Klicktel“ und „Das
Örtliche“ gewesen sowie Informationen, die bei Wahlkampfsitzungen und bei
Hausbesuchen gewonnen worden seien. Zu den Wahlkampfsitzungen als
Informationsquelle hat der Zeuge F. ausgesagt, an diesen Sitzungen hätten immer
zahlreiche Mitglieder teilgenommen, und es sei vorgekommen, dass von diesen Zettel mit
Namen oder Angaben von Leuten überreicht worden seien, die sie noch hätten ansprechen
können. Die Daten seien in einer Datenbank zusammengeführt worden, die von ihm
gepflegt worden und mit der Zeit, praktisch bis hin zur Wahl, immer weiter gewachsen sei.
Der Zeuge E. hat bekundet, die dritte ganz wesentliche Säule der Informationsgewinnung
neben den Melderegisterauskünften und der Abfrage von Adressdatenbanken im Internet
seien Erkenntnisse aus der Arbeit vor Ort gewesen. Hierin sei nicht nur das eigentliche
Wahlkampfteam eingebunden gewesen, sondern auch die Junge Union, die Frauenunion
und die Seniorenunion sowie die einzelnen (Zeuge F.: insgesamt 15) Ortsverbände.
Außerdem seien etwa 8500 Hausbesuche durchgeführt worden, bei denen die Beigeladene
zu 2. jeweils von zumindest einem ortskundigen Parteimitglied begleitet worden sei. Diese
Parteimitglieder hätten sich anlässlich der Hausbesuche erlangte Informationen notiert, die
dann später in einer von ihm betreuten Datenbank erfasst worden seien. Er erinnere sich
selbst daran, an einem Hausbesuch bei einer deutsch-russischen Familie teilgenommen zu
haben, bei der sie die Adressen von ca. 20 weiteren russisch-stämmigen Wahlberechtigten
erfahren hätten, die dann ebenfalls besucht worden seien. Was die italienisch-stämmigen
Wahlberechtigten anbelange, so hätten sie – was auch der Zeuge F. bestätigt hat - in
manchen Fällen allein aus dem Namen auf eine italienische Herkunft geschlossen. Es sei
aber auch so gewesen, dass sie über eine Woche oder sogar länger gezielt italienische
Haushalte aufgesucht hätten. Diese Besuche seien ein großer Multiplikator gewesen,
soweit es darum gegangen sei, Adressen von weiteren italienisch-stämmigen Mitbürgern
zu erfahren. Eine Melderegisterauskunft über die Gruppe der italienisch-stämmigen
Wahlberechtigten sei von ihnen weder beantragt noch ihnen erteilt worden.
Die Angaben bezüglich der Informationsgewinnung durch Hausbesuche wurden von der
Beigeladenen zu 2. anlässlich ihrer informatorischen Anhörung in der mündlichen
Verhandlung bestätigt. Die Beigeladene zu 2. hat die von ihr besuchten Haushalte mit
insgesamt etwa 8000 beziffert und weiter angegeben, sie sei hierbei von Parteifreunden
begleitet worden, die bei dieser Gelegenheit auch Daten und Informationen erfasst hätten.
Die russisch-stämmigen Wahlberechtigten lebten in A-Stadt relativ konzentriert in
bestimmten Straßen und in bestimmten Mehrfamilienhäusern. Gerade bei diesem
Personenkreis habe sie zahlreiche Hausbesuche durchgeführt. Hausbesuche bei italienisch-
stämmigen Wahlberechtigten seien in Begleitung eines aus Italien stammenden Bürgers
erfolgt, der zwar nicht in A-Stadt wohne, dort aber über eine große Verwandtschaft
verfüge. Von diesen Verwandten sei sie dann auf weitere Wahlberechtigte italienischer
verfüge. Von diesen Verwandten sei sie dann auf weitere Wahlberechtigte italienischer
Herkunft aufmerksam gemacht worden, die dann ebenfalls besucht worden seien.
In Anbetracht der von den Zeugen E. und F. sowie von der Beigeladenen zu 2.
geschilderten Vorgehensweise des CDU-Stadtverbandes von A-Stadt bei der Beschaffung
von Informationen über Wahlberechtigte, die prinzipiell nachvollziehbar und glaubhaft
erscheint, erlaubt der Umstand, dass die CDU-A-Stadt in der Lage war, persönlich
adressierte Wahlwerbebriefe an die genannten Gruppen von Wahlberechtigten zu senden,
nicht den zwingenden Schluss, dass ihr über die eingeräumten Gruppenauskünfte aus dem
Melderegister hinaus Melderegisterauskünfte über weitere Gruppen von Wahlberechtigten
erteilt worden waren. Wenn auch die Abfrage von Adressen Blieskasteler Bürgerinnen und
Bürger bei „Klicktel“ und „Das Örtliche“ nicht völlig zufriedenstellend erklären kann, dass die
CDU-A-Stadt, entsprechende Behauptungen des Klägers und des Beigeladenen zu 3.
einmal als zutreffend unterstellt, in der Lage war, Personen unter Angabe eines in den
Telefonverzeichnissen nicht erfassten zweiten Vornamens und auch solche Personen
anzuschreiben, die – zum Beispiel auch als Familienangehörige des Anschlussinhabers –
nicht im Telefonbuch erfasst sind, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass diese
Informationen anlässlich von Hausbesuchen oder über ortskundige Parteimitglieder, zum
Beispiel aus den zahlreichen Ortsverbänden gewonnen worden sein können. Hinsichtlich der
an die russisch-stämmigen Wahlberechtigten in Russisch adressierten Wahlwerbebriefe ist
darauf hinzuweisen, dass sogenannte Russlanddeutsche gemäß § 13 KWG SL nur dann
wahlberechtigt sind, wenn sie auch Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG sind. In
diesem Falle hätte eine Melderegisterauskunft, für die die Staatsangehörigkeit bestimmend
war (§ 3 Abs. 1 Nr. 10 MG SL), keinen Aufschluss über die Herkunft aus Russland geben
können. Rückschlüsse auf die Herkunft ließen insoweit allenfalls Daten über den Ort der
Geburt (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 KWG SL) zu. Die Angaben über den Geburtsort hätten indes mit
nicht unerheblichem Aufwand im Einzelnen ausgewertet werden müssen. Das spricht mit
Gewicht dafür, dass die Informationen über die russische Herkunft von Wahlberechtigten in
der von den Zeugen E. und F. und von der Beigeladenen zu 2. beschriebenen Weise erlangt
wurden. Auch was die Ermittlung von Namen und Anschriften der italienisch-stämmigen
Wahlberechtigten anbelangt, so erscheint es glaubhaft und nachvollziehbar, dass die
Informationsgewinnung in der von der Beigeladenen zu 2. und den Zeugen E. und F.
beschriebenen Weise erfolgte, zumal keineswegs feststeht, dass alle dieser Gruppe
zugehörigen Wahlberechtigten mit einem in Italienisch gehaltenen Wahlwerbebrief
angeschrieben wurden. Daher kann auch nicht von einer umfassenden Ansprache dieser
Gruppe von Wahlberechtigten in der Landessprache und einem sich hieraus ergebenden
Indiz für die Erteilung einer italienisch-stämmige Wahlberechtigte betreffenden
Gruppenauskunft aus dem Melderegister ausgegangen werden.
Kann es danach nicht als erwiesen angesehen werden, dass im Januar 2005 über die den
Zeugen E. und F. genannte Gruppe der Jungwähler beziehungsweise Erstwähler hinaus
Melderegisterauskünfte über weitere Gruppen von Wahlberechtigten beantragt und erteilt
wurden, so vermochte der Senat ferner nicht festzustellen, dass die zweite
Melderegisterauskunft am 14.3.2005 außer Wahlberechtigten im Seniorenalter weitere
Gruppen von Wahlberechtigten zum Gegenstand hatte. Freilich bestehen – wie auch
bereits angesprochen – auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gewisse
Unklarheiten darüber, ob die im März erteilte Auskunft lediglich, wie von den Zeugen
bekundet, Wahlberechtigte der Altersgruppe „70 Jahre und älter“ erfasst hat, oder auch die
Altersgruppe „60-69 Jahre“ einschloss. Dem in diesem Zusammenhang erhobenen
Einwand des Beigeladenen zu 3., es existiere eine Telefonnotiz der zuständigen
Sachbearbeiterin der EDV-Abteilung, dass eine Diskette mit Melderegisterauskünften
sowohl hinsichtlich der Altersgruppe „70 Jahre und älter“ als auch hinsichtlich der
Altersgruppe „60-69 Jahre“ in Auftrag gegeben worden sei, braucht jedoch nicht weiter
nachgegangen zu werden. Denn wie aus der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1.
gegenüber der Kommunalaufsichtsbehörde vom 6.7.2005 im Wahlanfechtungsverfahren
hervorgeht, erfassten die beiden Seniorengruppen zusammen 33,24 Prozent der
Wahlberechtigten. Da die Gruppe der Jung- beziehungsweise Erstwähler nach dem Bericht
über das Ergebnis der Untersuchung der Festplatte des Arbeitsplatzrechners des Zeugen
C. vom 6.7.2005 „lediglich“ 10,44 Prozent der Gesamtwähler ausmachte, wurden dem
CDU-Stadtverband von A-Stadt anlässlich der beiden Anfragen im Januar 2005 und im März
2005 Gruppenauskünfte im Umfang von 43,68 Prozent der Wahlberechtigten erteilt, wenn
die Anteile der nachweislichen Gruppenauskünfte an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten
addiert und unterstellt wird, es sei außerdem eine Auskunft über die Gruppe der 60-69-
jährigen Senioren erteilt worden. Hierin liegt ersichtlich kein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 MG
SL in Form einer Umgehung der in dieser Bestimmung enthaltenen Begrenzung auf
Gruppenauskünfte mittels einer im Ergebnis auf eine Gesamtauskunft hinauslaufenden
Summierung solcher einzelne Gruppen betreffenden Auskünfte.
Davon, dass der CDU A-Stadt beziehungsweise der Beigeladenen zu 2. im Vorfeld der hier
in Rede stehenden Bürgermeisterwahl über die vorerwähnten Gruppenauskünfte
betreffend Jung- beziehungsweise Erstwähler und Senioren der Altersgruppe „70 Jahre und
älter“ sowie – was hier einmal unterstellt werden soll – „60-69 Jahre“ hinaus
Melderegisterauskünfte über weitere durch Alter oder gar Geschlecht und/oder
Staatsangehörigkeit bestimmte Gruppen von Wahlberechtigten erteilt worden wären,
vermochte sich der Senat auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu
überzeugen. Ansätze für eine weitere Sachaufklärung sind von den Beteiligten, die im
Übrigen in der mündlichen Verhandlung auch keine diesbezüglichen Beweisanträge gestellt
haben, nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht erkennbar.
Lässt sich demnach nicht nachweisen, dass dem CDU-Stadtverband beziehungsweise der
Beigeladenen zu 2. über den vorbeschriebenen Umfang hinaus Melderegisterauskünfte
über weitere Gruppen von Wahlberechtigten erteilt wurden, so geht das zu Lasten des
Klägers, der einen dahingehenden Wahlrechtsverstoß geltend gemacht hat und insoweit
das prozessuale Risiko seiner Nichterweislichkeit trägt.
Dahinstehen kann schließlich, ob vorliegend eine Überschreitung des nach § 35 Abs. 1 Satz
1 MG SL Zulässigen darin gesehen werden kann, dass in den dem CDU-Stadtverband von
A-Stadt erteilten Melderegisterauskünften außer Name, Vorname und Anschrift der
Wahlberechtigten auch die jeweilige Anrede „Herr“ und „Frau“ aufgenommen war (so
jedenfalls die Listenausdrucke Bl. 81 bis 84 der Verwaltungsakten). Dass in dieser
zusätzlichen Angabe keine von § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL nicht gedeckte Gruppenbildung
liegt, die durch das Geschlecht bestimmt wird, bedarf keiner näheren Erörterung:
Bestimmend für die Gruppenzusammensetzung war eindeutig das Alter der
Wahlberechtigten; die betreffende Gruppe umfasst Personen beiderlei Geschlechts. Eine
andere Frage ist, ob die Aufnahme der Anrede über die in § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL
enthaltene Begrenzung der Auskünfte auf die in § 34 Abs. 1 Satz 1 MG SL bezeichneten
Daten der Gruppenangehörigen hinausgeht, die lediglich Auskünfte über Vor- und
Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften umfassen. Denn die Anrede gibt jedenfalls der
Sache nach Aufschluss über das Geschlecht des jeweiligen Wahlberechtigten. Nach Ansicht
des Senats wird indes durch die Aufnahme der Anrede in die Melderegisterauskunft, selbst
wenn dadurch der Rahmen des nach § 35 Abs. 1 Satz 1 MG SL in Verbindung mit § 34
Abs. 1 Satz 1 MG SL Zulässigen überschritten sein sollte, das Gebot der Chancengleichheit
nicht tangiert, da nicht erkennbar ist, dass diese Angabe, die namentlich in einer
elektronischen Textdatei ohne weiteres und mit relativ geringem Arbeitsaufwand
anknüpfend an den jeweiligen Namen in einer zusätzlichen Spalte ergänzt werden könnte,
über eine gewisse Arbeitsersparnis für den Auskunftsempfänger hinaus irgendwelche
merklichen Auswirkungen auf die Wahlchancen gehabt haben könnte. Aber auch wenn
hierin eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit liegen sollte, wäre er nach
den bereits dargelegten Kriterien nicht erheblich im Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG SL,
da nach der Lebenserfahrung keinerlei objektiv fassbarer Grund für die Annahme spricht,
die Aufnahme der jeweiligen Anrede in die der CDU A-Stadt erteilten
Melderegisterauskünfte sei möglicherweise ausschlaggebend für den Wahlausgang
gewesen.
Kann danach auf der Grundlage des Ergebnisses des Berufungsverfahrens nicht festgestellt
werden, dass es bei der hier in Rede stehenden Wahl zur Bürgermeisterin/zum
Bürgermeister von A-Stadt zu einem im Verständnis von § 47 Abs. 2 KWG SL erheblichen
Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften gekommen ist, so muss die Wahlanfechtung
des Klägers erfolglos bleiben und kann das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO,
wobei für einen Kostenausspruch zugunsten der Beigeladenen zu 2. keine Veranlassung
bestand, da sie keinen Antrag gestellt und damit ihrerseits kein Kostenrisiko übernommen
hat. Mangels Antragstellung scheidet ferner eine Belastung des Beigeladenen zu 3. mit
Verfahrenskosten aus.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht
erfüllt.